Die Bundesregierung will, dass im Tsau-Khaeb-Nationalpark

„grüner“ Strom und Wasserstoff für die deutsche Energiewende produziert wird.

von Dagmar Jestrzemski (Red. PAZ)*

Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im vergangenen Dezember nach Namibia und Südafrika reiste, um sogenannte Energiepartnerschaften mit den beiden Staaten zu festigen, standen die Eckpunkte des deutsch-namibischen Wasserstoffprojekts „Hyphen“ bereits fest. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Klimapartnerschaften mit bestimmten Entwicklungs- und Schwellenländern abgeschlossen werden, „um deren Entwicklungs- und Klimaziele zu unterstützen“.

Gleichzeitig und vorrangig verfolgt die Ampelkoalition das Ziel, Deutschlands zukünftigen Bedarf an „grünem“ Wasserstoff großenteils durch Importe aus dem globalen Süden zu decken. Als wichtiges Erzeuger- und Exportland wurde Namibia ausersehen. Irrelevant scheint zu sein, dass hochrangige Politiker des Landes in einen Fischerei-Skandal verwickelt sind und Korruption zur Rodung der ökologisch wichtigen Wälder im Norden des Landes geführt hat.

Das Bundeswissenschaftsministerium lobt Namibias „enormes Potenzial“ für eine „grüne“ Wasserstoffwirtschaft. Die Windgeschwindigkeit und 3500 Sonnenstunden pro Jahr würden eine höchst profitable Erzeugung von „grünem“ Strom und Wasserstoff ermöglichen. Deutschland habe ab 2030 einen Bedarf von 1,7 Millionen Tonnen Wasserstoff. Den Zuschlag für das auf 40 Jahre Dauer angelegte deutsch-namibische Projekt erhielt das in Windhoek ansässige Konsortium Hyphen Hydrogen Energy, ein Joint Venture der südafrikanischen Tochter des im brandenburgischen Schenkenberg sitzenden Energieunternehmens Enertrag und der britischen Nicholas Holdings.

In der kleinen Hafenstadt Lüderitz am Rand der Wüste Namib sowie südwestlich des Ortes im Tsau-Khaeb-Nationalpark will das in Windhoek ansässige Konsortium Wind- und Solarindustrieanlagen im Gigamaßstab für die Strom- und Wasserstoffproduktion errichten. In dem früheren Diamantensperrgebiet baute die Kolonialmacht Deutschland seit 1908 Diamanten ab.

Windpark mit 600 Windrädern

Zwar ist das Gebiet „menschenleer“, wie die „Tagesschau“ meldete, abgesehen von geführten Touren mit Urlaubern. Jedoch ist der Tsau-Khaeb-Nationalpark die artenreichste Region Namibias. Auf nur zwei Prozent der Landesfläche sind 20 Prozent aller Pflanzenarten Namibias beheimatet, vor allem Sukkulenten. Seit 2013 sind große Teile der Namib mit dem Tsau-Khaeb-Nationalpark als Namib Sand Sea (Namib-Sandmeer) UNESCO-Welterbe.

Dessen ungeachtet planen die Deutschen und ihre Partner dort im Rahmen der 9,4 Milliarden US-Dollar schweren Investition einen Windpark mit 600 Windrädern und riesige Fotovoltaikanlagen sowie Übertragungskapazitäten mit einer Gesamtleistung von fünf Gigawatt (GW). Dazu kommen Elektrolyseure mit einer Leistung von drei GW, eine Meerwasserentsalzungsanlage für das benötigte Wasser und eine Fabrik zur Produktion von Ammoniak aus Stickstoff und Wasserstoff. Zum Vergleich: Namibias Bruttoinlandsprodukt belief sich 2020 auf 10,7 Milliarden Euro. Weitere 4,4 Milliarden Euro werden laut englischsprachigen Medien bis zur Erreichung der Zwei-GW-Phase benötigt. Für den Schiffsexport von jährlich 300.000 Tonnen „grünem“ Wasserstoff und Ammoniak ab 2027 muss der Hafen von Lüderitz zum Tiefseehafen ausgebaut werden. Ob und wie viel Strom für die lokale Versorgung erübrigt wird, ist unklar. Hyphen verspricht die Schaffung von 15.000 Arbeitsplätzen und 3000 weitere Jobs während der Aufbauphase. Neun Zehntel der Jobs würden an die lokale Bevölkerung vergeben. Allerdings hat Lüderitz nur 15.000 Einwohner.

Riesige Photovoltaikanlagen

Ein Stadtverordneter aus Lüderitz äußerte hingegen Zweifel. Die Stadt sei vermutlich zu klein für den geplanten Strukturaufbau, angefangen bei der Bereitstellung von Wohnungen. Auch hätten sich frühere Großprojekte für die Einwohner kaum rentiert. Die Arbeitslosigkeit liegt nach wie vor bei 50 Prozent. Ein Mitarbeiter der Universität Kapstadt erinnerte daran, dass für das Projekt noch weitere Mittel aus dem öffentlichen und privaten Sektor aufgebracht werden müssen. Zudem fehle in ganz Afrika die Erfahrung für die Erzeugung von Wasserstoff. Zum größten Problem dürfte die Wartung von 600 Windrädern und ausgedehnter Fotovoltaikanlagen werden. Das dafür ausgebildete Personal ist mit den bestehenden vier Tsau-Khaeb-Windparks voll ausgelastet. Die Trümmer der havarierten Windräder könnten für alle Zeit in dem ruinierten Naturreservat verbleiben.

Chris Brown, Chef der Namibischen Umweltkammer, kritisiert, dass ein angeblich „grünes“ Projekt in einem Naturpark mit einzigartiger Umgebung errichtet werden soll. Er findet es unangemessen, dass Deutschland wegen der Dekarbonisierung seiner Energiesysteme nun Namibia für die Zerstörung seiner global wichtigen Ökosysteme und der biologischen Vielfalt bezahlen will, statt die Probleme zu Hause anzugehen.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung;  03. März 2023, S.7; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie der Autorin Dagmar Jestrzemski für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/ ; Hervorhebungen im Text: EIKE-Redaktion.

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