von Rüdiger Stobbe

In dieser Woche war die regenerative Stromerzeugung insgesamt stark und liegt mit 63,4% Beitrag zum Strombedarf Deutschlands  weit über dem Durchschnitt des bisherigen Jahres, der bei aktuell bei 50,6% liegt.  Vergleichen Sie diesen Wert mit den Durchschnittwerten des gleichen Zeitraums mit den vergangenen Jahren ab 2016. Es ist eine Tendenz noch oben festzustellen. Das Jahr 2020 ist ein Ausreißer. Da die konventionelle Stromproduktion wegen des ersten Lockdowns massiv eingebrochen ist, hat die regenerative Stromerzeugung automatisch einen größeren Anteil an der Gesamtstromerzeugung. Regenerativ erzeugter Strom wird immer in das Stromnetz eingespeist. Die aktuelle Analysewoche im Überblick der Fakten zur Energiewende.

Detailanalyse

Bei der Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und dem daraus generierten Chart handelt es sich um Werte der Nettostromerzeugung, den „Strom, der aus der Steckdose kommt“, wie auf der Website der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird. Nutzen Sie den höchst empfehlenswerten virtuellen Energiewende-Rechner (Wie viele Windkraft- und PV-Anlagen braucht es, um Kohle- und/oder Kernkraftstrom zu ersetzen? Zumindest im Jahresdurchschnitt.). Ebenso wie den bewährten Energierechner.

Schauen Sie sich an, wie sich eine angenommene Verdoppelung (Original-Excel-Tabelle) bzw. Verdreifachung (Original-Excel-Tabelle) des Wind- und Photovoltaik (PV)-Stroms auswirken würde. Beachten Sie bitte, dass der Strom bei entsprechender Kennzeichnung im Chart (= 1) oft eben nur im Tagesdurchschnitt ausreicht. Das ist immer vor allem dann der Fall, wenn, wie an allen Tagen zum Beispiel der 18. Kalenderwoche, die PV-Stromerzeugung stark bei gleichzeitig schwacher Windstromerzeugung ist. Da würde Strom zur Deckung des Bedarfs in Zeiträumen fehlen, an denen nur (schwacher) Windstrom zur Verfügung steht. Insbesondere des Nachts. Auch bei einer Verdoppelung oder Verdreifachung würde es nicht reichen. In der Vergangenheit war, aktuell ist die regenerative Stromerzeugung zur kompletten Bedarfsdeckung „Strom in Deutschland“ praktisch immer unzureichend. Dieser Chart belegt den Sachverhalt eindrucksvoll. Man erkennt darüber hinaus, dass zum Beispiel knapp 50 Prozent regenerative Stromerzeugung im Jahr 2020 eben auch nur ein Durchschnittswert ist. In der Jahresübersicht 2020 zum Beispiel schwankt der Tageswert regenerative Erzeugung zwischen 16,6 Prozent am 10. Dezember 2020 und 92,2 Prozent am 16. Februar 2020.

Die Charts mit den Jahres– und Wochen-Im-/Exportzahlen sowie der Vortrag von Professor Brasseur von der TU Graz sind sehr erhellend. Der Mann folgt nicht der Wissenschaft. Er betreibt Wissenschaft. Sehr bemerkenswert ist auch der Bericht des ZDF zum aktuellen Windkraftausbau, welcher in der Reihe ZOOM+ gezeigt wurde. Dass die Energiewende faktisch gescheitert ist, veranschaulicht Prof. Fritz Vahrenholt in seinem aktuellen Vortrag beim „Berliner Kreis in der Union“.

Lesenswert ist auch der aktuelle Artikel vom 3.6.2022 der Enexion Kolumne zur Energiewende: Energiewende & die Bundesnetzagentur, Politik und Gaswirtschaft

Sehr zu empfehlen und lesenswert ist das aktuelle Kompendium für eine vernünftige Energiepolitik der Bundesinitiative Vernunftkraft e.V. Es kann auch als Nachschlagewerk genutzt werden.

Die Werte des bisherigen Jahres 2022 belegen, dass die Energiewende kaum in den angestrebten Zeiträumen gelingen wird. Trotz weiteren Zubaus von Windkraft- und PV-Anlagen und der aktuellen Rekordwoche in Sachen regenerativer Stromerzeugung, liegt die regenerative Stromerzeugung immer noch bei nur gut 50 Prozent. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Auch im Bereich CO2 hat sich seit 2019 kaum etwas getan, wenn man vom ersten Corona-Jahr 2020 absieht.

Da stellt sich die Frage, ob die deutsche Bevölkerung in der Mehrheit so leben will wie im Jahr 2020, dem Jahr mit wenig konventioneller Stromerzeugung wegen des Lockdowns und deshalb auch wenig CO2-Ausstoß.

Beachten Sie bitte unbedingt die Stromdateninfo-Tagesvergleiche 2016 in der jeweiligen Tagesanalyse unten. Dort finden Sie die Belege für die im Analyse-Text angegebenen Durchschnittswerte und vor allem auch die Im- und Exportwerte. Falls Sie die Agora-Handelstage vermissen: Bitte die verlinkte Agora-Chartmatrix aufrufen. Der Vergleich beinhaltet einen Schatz an Erkenntnismöglichkeiten. Überhaupt ist das Analysewerkzeug stromdaten.info ein sehr mächtiges Instrument, welches mit dem Tool „Fakten zur Energiewende“ nochmals erweitert wurde.

Wichtige Info zu den Charts: In den Charts von Stromdateninfo ist Solarstrom gelb markiert und immer oben, oft auch über der Bedarfslinie. Das bedeutet aber nicht, dass dies der Strom ist, der exportiert wird. Im Gegenteil. Wegen des Einspeisevorrangs wird dieser Strom, genau wie anderer regenerativ erzeugter Strom, bevorzugt in das Netz eingespeist. Zum Export bleibt praktisch nur konventionell erzeugter Strom übrig, der immer allein aus Netzstabilisierungsgründen benötigt wird. Gleiches gilt für zusätzliche Stromsenken, umgangssprachlich Stromverbraucher genannt. Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge zum Beispiel erhöhen den Bedarf erheblich, so sie denn im geplanten Umfang realisiert werden sollten.

Dieser Strom wird aber durchaus nicht regenerativ gedeckt. Die Sonne scheint nicht mehr und länger, der Wind weht nicht stärker, nur weil zusätzlicher Strom benötigt wird. Deshalb wird der zusätzlich benötigte Strom immer zusätzlich konventionell erzeugt. Jedenfalls so lange, bis der „massive Ausbau“ der „Erneuerbaren“ plus Speicher realisiert wurde und 100 Prozent grüner Strom nicht nur im Durchschnitt, sondern auch tatsächlich zur Verfügung steht, wenn er benötigt wird.

Tagesanalysen

Montag, 23.5.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 60,60 Prozent, davon Windstrom 32,28 Prozent, PV-Strom 16,42 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,89 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. DieAgora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Die Woche beginnt mit ein wenig Stromimport am Vormittag.  Die konventionellen Erzeuger fahren zur Mittagsspitze die Produktion so weit wie verantwortbar (Zuviel gefährdet die Netzstabilität) herunter. Der Strompreis sinkt zur Nacht massiv. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn  können hier analysiert werden.

Belege für Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 23. Mai ab 2016.

Dienstag, 24.5.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 55,13 Prozentdavon Windstrom 28,54 Prozent, PV-Strom 13,63 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,96 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Heute bricht vor allem die Windstromerzeugung ein. Vormittags und zum Abend sind Stromimporte notwendig, um die Versorgung Deutschlands sicherzustellen. Dass die Preise zu den Importzeiten anziehen und über 200€/MWh liegen, ist genauso selbstverständlich, wie der Preisrückgang über die Mittagsspitze, als Deutschland seinen überschüssigen Strom vermarktet.  Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 24. Mai ab 2016.

Mittwoch, 25.5.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 59,55 Prozent, davon Windstrom 26,93 Prozent, PV-Strom 19,48 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,14 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Die regenerative Stromerzeugung nimmt über Tag zu und lässt bezogen auf das Niveau bis zum Sonntag nicht mehr nach. Dennoch kommt es heute beim Nachlassen der PV-Stromerzeugung zur Vorabendlücke, die mit Importstrom hochpreisig geschlossen werden muss. Die konventionelle Erzeugung müsste über Tag zu viel erzeugten Strom wahrscheinlich verschenken, wenn die Produktion rechtzeitig so angepasst würde, dass die Lücke zum Abend geschlossen werden könnte. Da lässt man doch lieber den Stromkunden den notwendigen Importstrom bezahlen. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 25. Mai ab 2016.

Donnerstag, 26.5.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 74,00 Prozent, davon Windstrom 44,71 Prozent, PV-Strom 16,31 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,98 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Heute sind keine Stromimporte nötig. Im Gegenteil. Deutschland produziert wegen des geringen Feiertagsbedarfs (Christi Himmelfahrt) so viel regenerativ erzeugten Strom, dass die Bedarfslinie fast erreicht wird. Mit der Konsequenz, dass der Strompreis nicht nur verfällt. Er ist zeitweise sogar negativ. Deutschland verschenkt den Strom nicht nur. Es wird sogar noch Geld mitgegeben. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 26. Mai ab 2016.

Freitag, 27.5.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 75,06 Prozent, davon Windstrom 48,26 Prozent, PV-Strom 15,06 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,74 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Der Freitag zeichnet sich ebenfalls durch starke regenerative Stromerzeugung plus negativen Strompreisen aus. Das Preisniveau ist insgesamt niedrig. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 27. Mai ab 2016.

Samstag, 28.5.2022: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 73,03 Prozent, davon Windstrom 42,26 Prozent, PV-Strom 18,49 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,28 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Der bedarfsarme Einstieg in´ s Wochenende führt dank starker regenerativer Stromerzeugung wieder zum Preisverfall und negativen Strompreisen über Tag. Das Preisniveau bleibt niedrig. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 28. Mai ab 2016.

Sonntag, 29.5.2022 : Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,66 Prozent, davon Windstrom 21,55 Prozent, PV-Strom 18,53 Prozent Strom Biomasse/Wasserkraft 14,59 Prozent. Quelle der prozentualen Auswertung ist die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts. Die Agora-Chartmatrix mit Handelstag „Strom-Import/Export“.

Am Sonntag sinkt die Wind- und PV-Stromerzeugung über Tag so weit ab, dass zum Vorabend wieder Stromimporte notwendig sind. Sofort springt der Preis pro MWh Strom wieder über die 200 €-Marke. Die Im- und Exportwerte Deutschlands und die von Deutschlands Nachbarn können hier analysiert werden.

Belege für die Werte im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 29. Mai ab 2016.

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über sechs Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

image_pdfBeitrag als PDF speichernimage_printBeitrag drucken