In der vorigen Woche warnte Lamprell Plc, eine internationale Konstruktions-Firma, die Märkte, dass man einen Verlust von etwa 80 Millionen Dollar erwarte (hier) hinsichtlich des Anteils dieser Firma an der Errichtung der ScottishPower Renewables, dem East Anglia ONE Offshore Wind-Projekt, welches gerade in den britischen Gewässern vor der Küste von Suffolk im Gange ist.
Der Verlust ist groß genug, um das Unternehmen insgesamt zu treffen, was auch unumwunden in der Ankündigung ausgesprochen wird, ebenso wie in der nachfolgenden Diskussion, um Marktängste abzumildern:
„Wie die Dinge laufen hinsichtlich des EA1-Projektes wird die Profitabilität der Gruppe im Jahre 2017 signifikant beeinträchtigt, wobei sich der Gesamtverlust des EA1-Projektes bis zur Vollendung auf etwa 80 Millionen Dollar belaufen wird. Die zusätzlichen Kosten des Projektes wurden verursacht durch eine Anzahl variabler Faktoren einschließlich Investitionen in weitere, nicht geplante Erweiterungen der Arbeitskräfte und der Ausrüstung ebenso wie bedeutende Zusatzkosten für Transport und Subunternehmer. In diesen vorhergesagten Verlust bzgl. des Projektes gehen noch nicht irgendwelche potentielle Abwicklungs-Kosten ein. Wir bleiben in konstruktiven Gesprächen mit unserem Kunden und sind zuversichtlich, dessen Erwartungen hinsichtlich der Lieferungsverpflichtungen zu erfüllen“.
Die Schwierigkeiten waren zwar kaum vorherzusehen, sind aber beileibe keine Überraschung. East Anglia ONE will 102 Windturbinen mit einer Gesamt-Kapazität von 714 MW liefern, was die Turbinen zu den größten derzeit verfügbaren Turbinen macht. Jede einzelne Turbine hat eine Kapazität von 7 MW, eine Höhe von insgesamt 197 Metern und einem Durchmesser der Rotoren von 154 Metern. Die Fundamente allein sind jeweils 65 Meter hoch und wiegen 845 Tonnen. Dies ist Bauingenieurswesen in einem extrem großen Maßstab und unter sehr schwierigen maritimen Bedingungen. Irgendetwas kann dabei immer schwer schief gehen und wird auch schief gehen (Daten von 4C Offshore.)
Eindeutig hat dies Implikationen für die Schätzungen der Kapitalkosten des Windparks, dem Vernehmen nach 2,7 Milliarden Pfund, aber die Größenordnung der Unterschätzung ist bis jetzt unklar. Lamprell ist nicht für das gesamte Projekt verantwortlich, sondern den Kosten nach vielleicht nur zu einem Viertel, und bislang hat noch kein anderer Subunternehmer Schwierigkeiten hinsichtlich dieses oder irgendwelcher anderer Projektes vermeldet. Aber der kürzlich erfolgte Kollaps von Carillion gibt Grund, sich zu fragen, ob Lamprell einfach nur ehrlicher ist als andere Unternehmen in diesem Bereich.
Tatsächlich war Carillion selbst bis zu seinem Kollaps ein bedeutender Teilnehmer am Offshore-Windsektor. Es war verantwortlich für die Front-End Engineering Design (FEED)-Studien hinsichtlich der Verkabelung der Offshore-Windparks und Anderes, was damit im Zusammenhang steht. Zum Beispiel war es vertraglich verpflichtet, die Netzanbindung zu konstruieren für das 1,3 Milliarden Pfund teure Rampion Offshore-Windprojekt (hier), ebenso wie für einen 30 Millionen Pfund-Vertrag bezüglich des Dudgeon Offshore-Windparks, welcher im November 2017 in Betrieb ging. Natürlich war Carillion auch in anderen Bereichen aktiv. U. A. war es involviert in drei großen Arbeiten für das nationale Netz (hier) einschließlich einer Netzverbindung für das Horizon-Kernkraftwerk in Wylfa. Eines der vielen interessanten Dinge, die sich aus der Carillion-Untersuchung ergeben könnten wird sein, ob eine aggressive und unrealistische Unterbietung der Netz-Infrastruktur in Relation zu Offshore-Windprojekten Teil der Schwierigkeiten war, und falls ja, was das für die allgemein optimistischen Abschätzungen der Kosten bedeutet, UK mit neuen Fernleitungen zu überziehen, um einen hohen Anteil an Wind- und Solarenergie aufzunehmen.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine Unterschätzung der Kosten und damit ein unrealistisches Angebot ein drückendes und sehr reales Problem für Lamprell ist, so dass einige von dessen Anteilseignern, bisher nur eine kleine Gruppe, fragt, ob die Kapitalkosten für Offshore-Wind wirklich rückläufig sind (hier). Es wäre interessant zu erfahren, was ScottishPower Renewables daraus macht, aber vielleicht misst man dem dort nicht so viel Bedeutung bei. Wie das Beispiel der notwendigen Erwähnung „potentieller Abwicklungs-Schäden“ und der hoffnungsvollen Erwähnung „konstruktiver Diskussionen mit unserem Kunden“ seitens Lamprell zeigt, können Dinge wie Kostenexplosionen und verspätete Zulieferung, soweit es den Entwickler betrifft, die Probleme Anderer sein.
Link: https://www.thegwpf.com/lamprell-carillion-and-offshore-wind-costs/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
Wir freuen uns über Ihren Kommentar, bitten aber folgende Regeln zu beachten:
Technische Laien meinen oft, das mit zunehmenden Stückzahlen doch die Kosten gewaltig sinken müssten.
Dabei gilt das ausschließlich nur für vollautomatisch hergestellte Serien-„Produkte“.
Z.B. „ausgereifte“ Elektronikplatinen für große Serien, kann ich sehr gut einfach nach Fläche kostenmäßig abschätzen. Die Kosten der Bauelemente, die eingesteckt / aufgeklebt und verlötet werden, machen fast keine Unterschiede aus.
Entwicklungskosten und was dazugehört, erfordern jedoch entsprechende Stückzahlen, auf die sie umgelegt werden können, damit sie nicht ins Gewicht fallen.
Anlagentechnik, dazu gehören auch Windkraftanlagen und Solarfelder, erfordern jedoch viele Produktions- „Handarbeiter-„stunden – die eine gute Konstruktionsidee vielleicht verringern kann – die jedoch immer anfallen. Materialkosten und Transport und auch Aufwand für Inbetriebsetzung, bleiben gleich. Zusatzkosten für besondere Umweltbedingungen, z.b. offshore, sind zusätzlich und haben die Tendenz, mit wachsender Erfahrung, mehr zu werden. Auch sind die Wartungskosten durch „Ferndiagnose“ nur geringfügig zu beeinflussen – es muss immer ein Fachmann an den Ort des Geschehens hinkommen.
Daher werden die Windanlagen und vor allem offshore, nicht nur gegenüber den „Sonnenscheinplanungen“ sondern auch mit fortschreitenden Jahren teurer werden (u.a. steigende Löhne und Zusatzbelastungen der Unternehmer).
Anders ausgedrückt: Deshalb werden „Produkte“ gerne in Länder mit geringeren Lohnkosten ausgelagert. Lagern Sie doch mal die offshore Winddinger nach Bangladesch aus. Dort sind die Arbeitslöhne ggü. Deutschland sehr niedrig.
Ergänzung: Die ach so tollen „Radnabenantriebe“ der Elektroautos, sparen zwar evtl. Teile wie Achswellen und Gewicht ein, erhöhen die Ersatzteil- und Reparaturkosten fast bis zur Unwirtschaftlichkeit.
Sehr geehrter Herr Demmig,
mir wurde von einem französischen (E-)Autohersteller erklärt, dass Radnabenmotoren aus einem simplen Grund nicht verwendet werden: die ungefederten Massen würden dadurch drastisch erhöht und dadurch der Fahrkomfort praktisch kaum mehr vorhanden. Wissen Sie, welche Hersteller Radnabenmotoren verwenden?
Sehr geehrter Herr Pecka,
ja, ihr Gesprächspartner hat Recht bzgl. ungefederten Massen. Der Fahrkomfort kann darunter leiden, bzw. die „Straßenlage“ verschlechter sich, weil die Räder nicht mehr so schnell den Unebenheiten folgen können.
Gesehen habe ich das im Fraunhofer Institut, die uns / mir einen VW Golf gezeigt haben. Dadurch kann natürlich der ganze Motorblock mit Getriebe und Achswelle entfallen. Filigraner Maschinenbau.
Danke Herr Demmig,
danke für Ihre Bestätigung.
„filigraner Maschinenbau“. Aber schon sehr. Wenn ich mir vorstelle, ein 40kW-Motor (4x; und das ist fast das untere Ende der Leistung) in der Größe innerhalb einer Felge…
Zu meiner Zeit (ist allerdings kein Maßstab mehr, war in den 70ern), baute ein 40kVA-Synchrongenerator mindestens so groß wie ein Achtzylinder! Da gab es aber auch noch Lebensdauer! Obwohl heute Neodym und auch bessere Stähle für die Lager viel helfen, habe ich da so meine Zweifel.
Hier gibt es aktuelles
https://www.stromschnell.de/elektroautos/vw-egolf-strom-im-golfpelz_5141510_5093780.html
Angaben von 85 KW bis neu 100 KW (Da Drehstrom-Synchromotoren verbaut werden, weiß ich nicht, ob das Wirk- oder Scheinleistung sein soll. Autobauer und Käufer nehmen noch immer gern PS, KVA u.ä. stört da nur)
Es wären dann wenigstens zwei Motoren, deren Maximal- (Überlast-) Leistung angegeben ist. Die Dauerleistung (eines Elektromotors) liegt bei etwa 50% davon. Das wird auch noch Temperatur-überwacht sein, sodass kurzzeitige Überlast kein Problem darstellt.
Siehe Link, Vergleich mit einen 1,0 TSI, v-max >200, E-140 km/h
Beschleunigung kann gleich gesetzt werden.
Ich will hier nicht weiter ein Nebenthema aufmachen. Ich denke, die Zukunft wird neue Daten bringen.
Gibt es eigentlich Kostenunterschiede bei Wechselrichter Output als Treppe, Trapez, Rechteck, Sinus? Oder ist da was vorgegeben; je näher an Treppe ist ja auch näher an potentiellen Störungen. Das EIKE Archiv fand nichts (bis ~2016 zurück).
Ja, die Kostenunterschiede sind beträchtlich, und auch der benötigte Einbauraum:
Rechteck ist der Anfang, die Halbleiter werden voll durchgesteuert und erzeugen nur die minimalst möglichen (Wärme-) Verluste.
Trapez ist eine Zwischenlösung, die Halbleiter werden jedoch im verlustbehafteten Bereich betrieben.
Sinus wird mit konventionellen Drosseln und Kondensatoren [Filter] „erzwungen“, diese sind dem Ausgang nachgeschaltet.
Alle obigen Geräte erfordern Netzfilter an Eingang und Ausgang, um schädliche „~Funkstörungen“ zu begrenzen (-> EMV Filter)
Je höher die Leistung, umso größere Bauteile sind nötig – die dann aber auch ihre Verluste erzeugen.
Diese Erklärung ist stark vereinfacht.
Googeln Sie einfach mal nach Sinus Filter und … Aufbau
Besten Dank Herr Demming.
Oh Gott, dass ist doch Technisches Museum. Noch nie was von Pulsweitenmodulation gehört?
Auch ich bin „technisches Museum“. Sogar TGM. Mit PWM mögen sie alles mögliche in der Leistung steuern können (ich habe noch gelernt, dass sich die EVUs maßlos freuen über den „zerhackten“ Stromverlauf), aber wie machen sie daraus jetzt einen sinusförmigen Spannungsverlauf?