Die Reform-Räder drehen sich langsam, aber am 15. Juli haben die ersten internationalen Investoren ihren Fuß in das flache Wasser der Ölgewinne in Mexiko gesetzt – könnten doch die Ressourcen „genauso groß sein wie die nachgewiesenen Reserven in Kuwait“. Die Financial Times bewertet das Potential in Mexiko mit 107,5 Milliarden Barrel Öl: „Ein ziemliches Festmahl“. Das Blatt fügt hinzu: „Das Land wird betrachtet als eine der abnehmenden Anzahl von Gelegenheiten, dem Portfolio substantielle Reserven hinzuzufügen nach vielen Jahren, in denen die Ölriesen Mühe hatten, noch große Funde zu machen“.
Enttäuschender Beginn
Und doch, trotz dieser Möglichkeiten war die erste von drei für dieses Jahr erwarteten Auktionen mit der Bezeichnung Runde 1.1 enttäuschend, um es gelinde auszudrücken. In Runde 1.1 wurden Flachwasser-Blöcke angeboten. Nur zwei davon zeigten erfolgreiche Angebote: Block 2 vor der Küste von Veracruz und Block 7 bei Tabasco. Den Zuschlag bekommen hat für beide Angebote Sierra Oil & Gas, ein mexikanisches Unternehmen als Teil eines Konsortiums mit dem US-Unternehmen Talos und dem UK-Unternehmen Premier Oil.
38 Unternehmen – darunter Riesen wie ExxonMobil, Chevron und das russische Lukoil – waren qualifiziert, an den Auktionen teilzunehmen, obwohl nur 9 an Runde 1.1 teilgenommen haben. Bloomberg Business berichtet: „Sprecher von Exxon und Chevron ließen verlauten, dass sie zwar nicht interessiert seien an der Runde mit Flachwasser-Angeboten, jedoch nicht die Absicht aufgegeben haben, Teil der Energiereform in Mexiko zu sein“.
Als die mexikanischen Energiereformen begannen, lag der Ölpreis für ein Barrel Öl bei etwa 100 Dollar. Die mexikanische Regierung hatte erwartet, dass vier bis sieben Blöcke verkauft werden könnten – was ein Ziel von 30% bis 50% bedeutete. Im Juli 2015 lag die Erfolgsrate bei 14%, viel weniger als erwartet.
Schlechtes Timing
Unglücklicherweise für Nieto hätte das Timing nicht schlechter sein können. Nicht nur, dass die globalen Ölpreise nur noch etwa 50% des Niveaus zum Zeitpunkt der Verfassungsänderungen haben, sondern auch, dass in der Woche der geplanten Auktion schlechte Nachrichten für Nietos Hoffnungen eingingen.
Erstens, vier Tage vor der Auktion ist „El Chapo“, der berüchtigste Drogenboss von Mexiko, aus einem Gefängnis mit einem der höchsten Sicherheitsstandards des Landes ausgebrochen – wieder einmal. Der Economist schreibt dazu: „Die Flucht von El Chapo ist ein Beweis, dass die Gesetze in Mexiko immer noch auf tönernen Füßen stehen“. In der FT stand zu lesen: die Flucht zeigt, dass „Straflosigkeit, Korruption und die schwachen Gesetze in Mexiko eher die Regel als die Ausnahme sind“.
Die bei der Auktion zum Verkauf stehenden Bereiche waren solche mit geringeren Erfolgswahrscheinlichkeiten – 6% bis 54%, wie aus einem Bericht von FuelFix hervorgeht. Während kleinere Unternehmen risikobereiter sind, um zum Erfolg zu kommen, können sie sich die Sicherheit oder die Bestechungsgelder nicht leisten, die für die Koexistenz neben den Kartellen erforderlich sind. Der Economist erklärt: „Unordnung hält Investoren nicht immer ab, die sich bewaffnete Autos und Leibwachen leisten können, aber sie hält kleinere Geschäftsbereiche außen vor. Sowohl mexikanische als auch ausländische“.
Ein kleines US-Unternehmen sagte mir: „Die Geschichte Mexikos ist gekennzeichnet durch politische Instabilität, Enteignungen, schnelle Änderungen der Politik der Regierung, Bestechung und Korruption, Ineffizienzen und eine Haltung und Philosophie nach Art des Sozialismus. Wenn es vielfältige Möglichkeiten hierzulande gibt, einhergehend mit einem geringeren Risiko, warum sollten wir dann in Mexiko investieren?“
Zur gleichen Zeit platzten die Nachrichten über El Chapo herein, und Berichte deuteten auf einen bevor stehenden Deal mit Iran. Das Nuklearabkommen wurde am Tag vor der historischen Auktion in Mexiko unterzeichnet. Bedenken, dass Iran demnächst 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag auf den Markt werfen will, was zu einem weiteren Rückgang der Rohölpreise führen würde, haben das Interesse an neuen Erkundungen deutlich gelähmt.
Die Flucht von El Chapo beleuchtete das Risiko, während das Iran-Abkommen die Belohnung reduziert. Das Schicksal meint es nicht gut mit Mexiko.
Armselige Angebote
Während die Auktion vom 15. Juli nicht der erhoffte Erfolg war, gibt es Grund zu Optimismus. Vielleicht um Zeit zu gewinnen, die beste diesbezügliche Strategie zu finden, bot die National Hydrocarbon Commission die weniger gewünschten Pakete zuerst an. Die NYT schreibt dazu: „Die in der ersten Runde eines mehrjährigen Auktionsprozesses angebotenen Waren waren nicht unter den kommerziell attraktivsten“.
Die Riesen, welche der ersten Auktion fern geblieben waren, sind mehr an Tiefwasser-Projekten interessiert – welche anzubieten für die Auktion Anfang 2016 geplant ist – bei welchen das Risiko geringer und die Belohnung höher ist. Die NYT erklärt: „Das größte Wachstum wird es wahrscheinlich in Tiefenwasser-Bereichen geben, welche neben reichlichen amerikanischen Produktionsfeldern liegen, die noch sorgfältig erkundet werden müssen. Die Felder werden als groß angesehen, außerdem besteht der Vorteil, dass sie nahe dem riesigen Pipeline-Netzwerk liegen im amerikanischen Sektor des Golfes von Mexiko ebenso wie in der Nähe der amerikanischen Raffinerien und dem amerikanischen Markt selbst“. Zusätzlich dürfte das Onshore-Potential interessanter sein für die neuen mexikanischen Ölunternehmen – von denen viele zuvor für Pemex gearbeitet hatten als Service-Unternehmen. Sie haben Erfahrung mit Bohrungen auf dem Festland, brauchen jedoch auswärtige Partner für die Offshore-Erkundung. Die Onshore-Blöcke anzubieten ist für die Auktion im Dezember geplant.
Unattraktive Bedingungen
Als die Bedingungen zum ersten Mal verkündet wurden, weckten sie nur wenig Interesse, waren sie doch mehr dazu gedacht, Mexikos Einstiegschancen zu maximieren als Investitionen anzulocken. Die Bedingungen sind danach schon zweimal abgeschwächt worden – und werden vermutlich vor der nächsten Auktion nochmals attraktiver gemacht.
Die Gewinner, die vorqualifiziert waren, die finanziellen Erfordernisse stemmen zu können, wurden durch den höchsten Profit bestimmt, welcher mit der mexikanischen Regierung geteilt und den versprochenen Investitionen über dem festgesetzten Minimum liegen müssen. Das wurde vom Finanzministerium festgelegt und in einem verschlossenen Umschlag hinterlegt, der auf der Auktion geöffnet wurde. Für die beiden Blöcke der Auktion vom 15. Juli boten die Gewinner 55,99% für den ersten Block und 68,99% für den zweiten. In beiden Fällen wurde ein Angebot gemacht, dass um 10% über dem Minimum lag. Einige der nicht an den Mann gebrachten Blöcke erhielten zwar Angebote, die jedoch unter dem Minimum lagen – obwohl das WSJ berichtet: „Viele zurück gewiesene Angebote lagen geringfügig unter dem Minimum“.
Eine der Bedenken hervorrufenden Bedingungen ist die Forderung nach stringenten Garantien im Falle einer Explosion wie auf der Deepwater Horizon. Der Economist bezeichnet sie als „jenseits internationaler Normen“ liegend, und die FT berichtet: „Vier vorqualifizierte Unternehmen haben sich vorige Woche zurückgezogen – zumindest eines davon wegen dieser Garantien, die „im Wesentlichen ein Blankoscheck waren“.
Zusätzlich hat sich Mexiko das Recht vorbehalten, Verträge zu widerrufen – was potentielle Investoren ein wenig zu stark an Mexikos Historie der Zwangsenteignungen erinnerte.
Pablo Medina, ein Lateinamerika-Analyst bei Wood MacKenzie, sagte im WSJ: „Ich würde erwarten, dass die Regierung ihre Erfahrungen bei den nächsten Angeboten berücksichtigt“.
Vorsichtiger Optimismus
Trotz der vielen Schlaglöcher sind viele vorsichtig hoffnungsvoll. Juan Carlos Zepeda, Präsident der National Hydrocarbon Commission, hat dem WSJ zufolge „hinsichtlich folgender Auktionen höhere Erwartungen“.
Auf dem Blog OilPro.com stellt Richard Sanchez, Marktanalyst für Nord- und Südamerika fest: „Mexiko verfügt über ein gewaltiges Tiefwasser-Potential, vergleichbar mit Ölfeldern auf der US-Seite des Golfes von Mexiko“. Es ist zu groß, um nicht beachtet zu werden. Ein Berater der neuen mexikanischen Ölunternehmen sagte mir: „Die Ressourcen sind Weltklasse. Mexikos Energiereformen werden ultimativ erfolgreich sein“.
„Die Regierung schätzt, dass nahezu die Hälfte seiner nicht nachgewiesenen Reserven in der Tiefsee des Golfes von Mexiko liegt“, berichtet die FT. „Zusätzlich befindet sich dort das sechstgrößte, technisch ausbeutbare Schiefergas-Reservoir der Welt und das achtgrößte Schieferöl-Potential“.
Jim Hoffman, ein Fachmann für Öl und Gas, der seit 35 Jahren im Bereich dieser Industrie arbeitet, sagte mir: „Mit der Zeit wird die Erschließung Mexikos einen gewaltigen Schub sowohl für US-amerikanische Erzeuger als auch Service-Unternehmen zu geringeren Kosten bieten. Es wird nicht sofort passieren, aber mit dem Ausbau der Infrastruktur werden die Ergebnisse immer besser werden“. Er fügte hinzu: „Was ist mit Arbeitsplätzen für Mexikaner, die nicht mehr illegal über die Grenze gehen müssen? Was ist mit Amerikanern, die die Gelegenheit bekommen, neue und bessere Technologie und Verfahren in eine unterentwickelte Industrieregion zu bringen? Was für eine großartige Gelegenheit!“
Mexikos Energiereform ist auf dem Weg. Die Auktion von 15. Juli gab dem Land eine Chance, sie zu testen und langsam weiter in Fahrt zu bringen – mehr eine Evolution als eine Revolution. Für die Zukunft gibt es Enthusiasmus. Das Thema Ölpreise wird sich selbst erledigen, da es drei bis fünf Jahre dauert, neue Felder zu erschließen. Mit dem Abbau der Stützräder werden die Bedingungen besser und die Angebote attraktiver, die Ergebnisse werden immer besser werden – für eine ganze neue Industrie in Mexiko und neue Gelegenheiten für amerikanische Unternehmen.
Link: http://www.cfact.org/2015/07/20/mexicos-energy-reform-is-rolling-albeit-with-training-wheels/
Übersetzt von Chris Frey EIKE
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Irgendwie ist es schon bezeichnend, daß unter staatlicher Regie nichts so richtig funktioniert. Nun hat nach China und Russland auch Mexico einen Schritt in Richtung Privatwirtschaft gewagt. Unter dieser Einsicht dürften in naher Zukunft noch weitere sozialistische Länder einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben. Nur unsere luxusverwöhnten Salonsozis werden die Zusammenhänge wohl nicht begreifen.