Vorhersagen des Ölpreises gleichen heute einem Roulette-Spiel oder einem Marktschreier vergangener Tage; es geht rund und runder, und niemand weiß, wo das Spiel aufhört.

Vor einigen Wochen schrieb ich zur Notwendigkeit zu offenem Zugang zu mittelatlantischen Ölreserven:

Angesichts des gegenwärtigen Überflusses an Öl könnte dies eine unpassende Zeit sein, nach noch mehr Öl zu trachten. Allerdings rollen die legalen Räder, die den begrenzten Zugang zu riesigen, noch nicht angetasteten Ölreserven erlauben, nur sehr langsam. Die heutigen Marktbedingungen werden zwischen jetzt und dem Jahr 2035 fluktuieren. Um das Jahr 2035 ist eine deutliche Steigerung der Energienachfrage zu erwarten. Und nicht vergessen darf man die zunehmend volatile Lage im Nahen Osten, wo sich schon jetzt neue Koalitionen bilden: Iran und Irak, Saudi Arabien und Südkorea – um nur zwei zu nennen. Falls noch eine Enthauptung mehr stattfindet oder eine Bombe das richtige (oder falsche) Ziel trifft, könnte die Region explodieren und die gesamte Energiedynamik würde sich ändern. Betrachtet man die Variablen, ist die amerikanische Energiesicherheit etwas, nach dem man unbedingt streben sollte“. [Und die Energiesicherheit in Deutschland? Anm. d. Übers.]

Nun, inzwischen hat sich die „gesamte Energiedynamik“ geändert.

Zunächst zum Offensichtlichen: Krieg im Nahen Osten.

Unruhen im Nahen Osten haben Ölpreise traditionsgemäß immer stark steigen lassen. Diesmal jedoch sind die Ölpreise weiterhin gefallen, trotz der jüngsten regionalen Konflikte unter Einschluss des ISIS. Grund hierfür ist die gestiegene Versorgung mit OPEC-Öl, geführt von Saudi Arabien als Reaktion auf den neuen amerikanischen Energie-Überfluss, welcher die gesamte Energiedynamik verändert hat.

Diese Dynamik hat sich jüngst erneut geändert.

Unter Verweis auf den ISIS und den zunehmenden Terrorismus in der gesamten Region sagte der jordanische König Abdullah im Dezember: „Dies ist unser Dritter Weltkrieg“. Zu jener Zeit reagierten die Kritiker mit so etwas wie „na ja, vielleicht“. Aber das war damals. Jetzt bombardiert Saudi Arabien mit Rückendeckung durch König Abdullah – der erklärt hat, dass „Jordanien in vollem Umfang hinter den arabischen militärische Bemühungen im Jemen steht“ – sowie eine arabische Koalition einschließlich der Vereinigten Arabischen Emirate, Qatar, Bahrain, Ägypten und Kuwait plus Marokko und Pakistan, das sein Interesse bekundet hat beizutreten, die jemenitischen Huti-Rebellen, unterstützt durch Geheimdienst- und logistische Unterstützung durch die USA. Die Huti-Rebellen bekamen Training, Waffen und Berater aus dem Rivalen Iran.

Über ein Ergebnis der Offensive berichtete CNN Money: „Ölpreise sind am Dienstag gestiegen parallel zu Luftschlägen seitens Saudi Arabiens im Jemen. Dies ließ Besorgnisse aufkommen, dass ein regionaler Konflikt die Versorgung unterbrechen könnte“. Weiter hieß es dort: „Saudi Arabien ist der größte Ölproduzent der Welt, und Investoren fürchten, dass die Unruhen negative Auswirkungen auf die Erzeugung haben“.

Auch die Financial Times nahm sich des Themas an. In einem Artikel schreibt das Blatt: „Es ist nicht zu erwarten, dass der Angriff zu wesentlichen Unterbrechungen der Versorgung führt“. Und in einer anderen Aufmachung: „Selbst wenn Einige ihrer Besorgnis Ausdruck verleihen, blieben Andere ruhiger wegen der geringen Menge von Öllieferungen aus Jemen“.

Es ist offensichtlich, niemand weiß, wo „das Spiel aufhört“. Aber der Faktor „Risiko“, den die Märkte Richard Mallinson zufolge, einem geopolitischen Analysten an der in London ansässigen Beratungsfirma Energy Aspects, „im vorigen Jahr aufgegeben haben noch Aufmerksamkeit zu widmen“ ist wieder da. Die FT zitiert ihn mit den Worten: „Realität ist, dass das geopolitische Risiko wieder genauso hoch ist wie lange Zeit nicht mehr“. Zunehmendes Risiko bedeutet höhere Preise.

Aber jetzt wird es noch komplizierter.

Die Obama-Administration verhandelt weiterhin mit Iran in der Absicht, ein Abkommen zu Kernkraft zu erreichen, das ultimativ zur Aufhebung der Sanktionen gegen das Öl produzierende Land führen soll – womit dem Land erlaubt würde, seine Ölexporte zu steigern. Wegen der Sanktionen haben sich die Exporte halbiert – mit der Folge einer „erheblich geschwächten Ökonomie“. Schon jetzt hat Iran riesige Mengen Öl auf Lager und wird der FT zufolge „für seine Anteile am Markt kämpfen“.

[Das Abkommen soll angeblich inzwischen stehen, was zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels natürlich noch nicht abzusehen war. Aber wenn man diesen Beitrag liest, erscheint das Interesse Irans an einem solchen Abkommen in einem ganz neuen Licht. Anm. d. Übers.]

Iran möchte die Sanktionen ab sofort aufgehoben haben. Falls dies passiert, wird es einem Bericht der FT zufolge „eine Injektion von hunderttausenden Barrel pro Tag in den Ölmarkt geben, der schon jetzt mit einem Überhang an Rohöl kämpft“ – was „die Preise noch weiter drücken könnte“. Zunehmende Versorgung bedeutet niedrigere Preise.

Der Energieökonom Tim Snyder erklärt es so: „Den Iranern steht es frei, dem Weltmarkt eine weitere Million Barrel Öl zukommen zu lassen. Die iranische Produktion wird zu einer Verdoppelung der gegenwärtigen Überversorgung führen und den Abwärtsdruck auf den Rohölpreis verstärken“.

Iran nennt uns immer wieder den „großen Satan“ und hasst die USA weiterhin. Fallende Ölpreise könnten als Totenglocke dienen für den amerikanischen Öl-Überfluss (um nicht die Länder zu nennen, die von Öleinkommen abhängig sind wie z. B. Venezuela). Allerdings wären die niedrigen Ölpreise alles in allem gut für die westlichen Ökonomien – und schlecht für Iran und dessen Freund Russland.

Der bessere Weg, der iranischen Wirtschaft zu helfen wäre es, nach Aufhebung der Sanktionen für steigende Ölpreise zu sorgen – was Iran via des Krieges im Jemen machen kann.

Vielleicht waren die Angriffe Saudi Arabiens im Jemen überstürzt. Vielleicht hat Iran gedacht, es hätte das Abkommen mit der P5 + 1-Gruppe unterzeichnet, bevor die Unruhen die Preise treiben.

Wenn Iran im Jemen das Sagen hätte, könnte es die Meerenge Bab El-Mandeb kontrollieren und damit die Millionen Barrel Rohöl, die jeden Tag durch diese Meerenge transportiert werden, um die Güter aus Fernost, die diese Meerenge als Transit nutzen, nicht zu erwähnen. CNN Money schreibt: „Die Unsicherheit wird verstärkt durch Jemens strategische Lage an einer Schiffsroute, welche das Mittelmeer mit dem Indischen Ozean verbindet“. Jeden Tag fließen bis zu 3,8 Millionen Barrel Öl und raffinierte Petroleum-Erzeugnisse durch die Meerenge in das Rote Meer – was die Meerenge zu einem der Schlüsselpunkte der Welt bzgl. Öl macht. Eine Blockade der Enge könnte eine wesentliche Störung der globalen Ölpreise zur Folge haben.

Aber da ist noch mehr.

Iran kann den Verkehrsfluss durch die Straße von Hormuz behindern, ist diese doch der wichtigste Öl-Durchflusspunkt der Welt mit 17 Millionen Barrel Öl pro Tag (was über 30% der Öltransporte über das Meer ausmacht).

Mit der Möglichkeit, beide Meeresstraßen zu unterbrechen, hätte Iran die Möglichkeit – falls die Sanktionen wegen der Begierde der Obama-Administration für ein Abkommen aufgehoben würden – die Ölpreise auf 200 Dollar pro Barrel steigen zu lassen – was nicht nur die Geopolitik, sondern auch die Ökonomien der Welt drastisch ändern würde. (Man erinnere sich, Iran hat die OPEC-Entscheidung vom November, die Produktion hoch und die Preise niedrig zu halten nicht unterstützt {hier}). Iran würde einen großen Teil der weltweiten Ölflüsse kontrollieren, und die hohen Preise würden nicht nur des Landes eigene Wirtschaft, sondern auch die von Russland massiv fördern – während der begrenzte Zugang Saudi Arabien sowie die westlichen Ökonomien schädigt. Und weder Iran noch Russland müssten für diese Förderung die Produktion erhöhen – aber falls sie es doch tun, würde ihre ökonomische Renaissance sogar noch größer werden.

Wird Iran das Abkommen unterzeichnen, und werden die Sanktionen aufgehoben? Wird dem Land damit gestattet, Millionen Barrel Öl in einen jetzt schon übersättigten Markt zu injizieren? Ob es den Vertrag nun unterzeichnet oder nicht – Iran kann immer noch die USA und Saudi-Arabien bestrafen und als Folge davon auch die übrige Welt – was Jemen zu einem Ort auf der Landkarte macht, den wir alle beachten sollten.

In der Geopolitik geht es rund und runder, und niemand weiß, wo das aufhört. „Betrachtet man die Variablen, ist die amerikanische Energiesicherheit etwas, nach dem man unbedingt streben sollte“.

Marita Noon

Link: http://news.heartland.org/editorial/2015/03/30/geopolitics-oil-go-round-and-round

Übersetzt von Chris Frey EIKE

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