Auf die Nebenwirkungen unseres Handelns kommt es an

Überlegungen zu ESG und Klima-Ethik

Edgar L. Gärtner

Psychologen wissen, dass man das Erwünschte nur selten erreicht, indem man versucht, es direkt anzusteuern. Oft landet man beim Gegenteil. Das gilt auch in Politik und Wirtschaft das heißt für die Ziele Frieden und Unternehmensgewinn bzw. persönlicher Erfolg. Es ist also wichtiger, sich auf Grundsätzliches statt auf quantitative Ziele zu konzentrieren. Menschliche Gesellschaften werden weniger durch Evidenzen und rationale Diskurse zusammengehalten als durch Missverständnisse. Wobei man zwischen produktiven und destruktiven Missverständnissen unterscheiden kann. Wie ich auf dieser Plattform bereits vor über drei Jahren dargelegt habe, wurde die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft durch die missverständliche Formel „Soziale Marktwirtschaft“ geprägt. Das ist ein Pleonasmus, weil der Markt nach dem Familienleben ohnehin den zweitwichtigsten Ort gesellschaftlicher Kontakte darstellt. Die Leerformel erwies sich dennoch über einige Jahrzehnte lang als tragfähig und friedensstiftend. Die zur gleichen Zeit von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern geforderte „Soziale Gerechtigkeit“ wirkt hingegen polarisierend und ist aktuell in Form der „Klima-Gerechtigkeit“ destruktiv, wenn nicht selbstmörderisch.

In diesen Schlagworten schlägt sich das Ressentiment angeblich zu kurz gekommener gegen die (kapitalistische) Marktwirtschaft nieder. Das Gewinn- bzw. Profitmotiv, oft denunziert als Gier, hat heute schlechte Presse. Während bei echten, das heißt persönlich haftenden Mittelständlern der Zusammenhang zwischen dem Angebot von Dienstleitungen zur Befriedigung konkreter Bedürfnisse ihrer Kunden und dem Gewinnmotiv der Anbieter meist noch auf der Hand liegt, haben vor allem Großunternehmen oft Schwierigkeiten mit der Rechtfertigung ihrer Angebots- und Preispolitik. Deshalb wundert es nicht, dass die Manager der Konzerne in letzter Zeit gerne mit Organisationen zusammenarbeiten, die ihnen mithilfe zum Teil aufwändiger Systeme messbarer Indikatoren wie ESG (Environmental, Social, Governance), oder DEI (Diversity, Equity, Inclusion) und der Ausstellung kostenpflichtiger Zertifikate die ethische Ausrichtung und „Nachhaltigkeit“ ihrer Investitionen bescheinigen.

Investoren bekommen kalte Füße

Doch damit könnte bald Schluss sein. Wir haben an dieser Stelle ausführlich darüber berichtet, dass führende Investmentfonds und Großbanken sich aus dem Geschäft des virtuellen Klimaschutzes zurückziehen. Selbst die „New York Times“, die lange als eine Art Zentralorgan der internationalen Klima-Bewegung fungierte, hat inzwischen den Klima-Wahn für beendet erklärt. Ihnen dämmert die Erkenntnis, dass die Politik Milliarden-, wenn nicht Billionen-Investitionen veranlasst hat, denen kein messbarer Nutzen gegenübersteht – außer bei der Minderheit der Nutznießer angeblich wissenschaftlich begründeter staatlicher Auflagen. So fragen jetzt nicht nur gebeutelte Steuerzahler, sondern auch jene, die ihre Altersvorsorge politisch korrekten, d.h. nach ESG-Kriterien zertifizierten Investitionsfonds anvertraut haben, nach dem Sinn der ganzen Veranstaltung. Statt der klimapolitisch erwünschten Gleichschaltung des Wirtschaftslebens gilt nun in wachsendem Maße die Devise: „Rette sich wer kann!“

Es lässt sich zum Beispiel experimentell nicht klären, ob die Zunahme der Konzentration des atmosphärischen Spurengases Kohlenstoffdioxid (CO2), wie die ESG-Vorschriften behaupten, den Klimawandel hervorruft oder eine Folge des Klimawandels ist. Es lässt sich nicht beweisen, dass Erdöl und Erdgas begrenzte Ressourcen sind. Das führt zu Fragen wie: Gibt es überhaupt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen „fossilen“ und „erneuerbaren“ Rohstoffen? Kann die „Energiewende“, die wahrscheinlich Billionen kosten wird, überhaupt funktionieren?

Diese Fragen werden von einer aufgeregten, aber Ton angebenden Szene ausgeblendet, weil das Ziel „Klimaschutz“, was immer auch darunter zu verstehen sein mag, gar nicht die Verbesserung des natürlichen und /oder gesellschaftlichen Klimas ist, sondern die Befriedigung narzisstischer Bedürfnisse der grünen Aktivisten in Regierungen und so genannten Nicht-Regierungs-Organisationen.

Welchem Kompass können wir folgen?

Damit bin ich mitten im Thema dieses Aufsatzes: Wir Menschen haben zwar grundsätzlich die Möglichkeit, verschiedene Konsequenzen unserer Handlungen (einschließlich unseres eigenen Todes) vorauszusehen und aus kurz- und mittelfristiger Sicht zielgerichtet zu handeln. Wir gelten zwar als mit einem freien Willen begabte Abbilder Gottes, doch fehlt uns die Fähigkeit, komplexe Prozesse in Natur und Gesellschaft ganzheitlich zu begreifen und in die fernere Zukunft zu schauen. Diese Fähigkeit ist nach Überzeugung des führenden mittelalterlichen Philosophen Thomas von Aquin Gott vorbehalten. Selbst der „Aufklärer“ Emmanuel Kant ging davon aus, dass wir Menschen nur beobachtbare Trends um einige Jahre zu extrapolieren vermögen und jedenfalls kein Allwissen erlangen, sondern nur so genannten regulativen Ideen folgen und aus Beobachtungen von Datenmustern und Experimenten unter kontrollierten Randbedingungen relative bzw. provisorische Wahrheiten ableiten können.

Zu den regulativen Ideen gehören die Begriffe Freiheit und Wahrheit, die in der Lage sind, Leidenschaften und Kampfesmut zu fördern. Gläubige Christen sind überdies davon überzeugt, dass uns das Wort Gottes in der Bibel zumindest einen Zipfel der absoluten Wahrheit offenbaren kann, wofür allerdings eine oberflächliche Lektüre in der Regel nicht ausreicht. Wichtige naturwissenschaftliche Erkenntnisse wie etwa Einsteins Relativitätstheorien sollten m.E. auch von Skeptikern als Offenbarungen gewertet werden, weil sie nicht experimentell hergeleitet wurden. Ohne festen Glauben an geoffenbarte Empfehlungen und Wahrheiten wie den Dekalog von Moses ist es schwer, im Leben einen Kompass zu finden. Auch Nicht-Christen tun m.E. gut daran, sich an diese Einsicht zu halten. Denn wer diese verdrängt, verliert leicht den Zweck jedes privaten Unternehmens, Gewinn zu erwirtschaften, aus dem Blickfeld und landet beim Versuch, angemaßtes Wissen koste es, was es wolle mit gewaltsamen Methoden umzusetzen und sich dadurch zumindest in der Propaganda an Gottes Stelle zu setzen – auch wenn das Unternehmen dabei mittelfristig baden geht.

Ordo amoris statt Größenwahn

Tiefere Ursache dieser Anmaßung ist die seit der „Aufklärung“ im 18. Jahrhundert fortschreitende Entchristlichung Europas und des gesamten „Westens“. Denn in der Scholastik des christlichen Mittelalters stand es außer Frage, dass Gott und nur Gott für das große Ganze zuständig ist, während die Menschen nur wenige Zusammenhänge durchschauen und in ihrem Handeln nur begrenzten Interessen nachgehen können. Das hat der Dominikaner Thomas von Aquin (gest. 1274) in seinem Hauptwerk „Summa theologiae“ auf den Punkt gebracht: „Das Gut der ganzen Welt ist nun aber das, was von Gott erfasst wird, der ja der Schöpfer und Lenker der Welt ist. Daher will er alles, was er will, im Blick auf das allen gemeinsame Gute, das sein Gutsein selbst ist; dieses ist nämlich das Gut der ganzen Welt. Die Erfassungsweise des Geschöpfes geht aber seiner Natur gemäß auf ein besonderes Gut – wie es seinem Wesen entspricht.

Hienieden „ganzheitliche“ Problemlösungen bzw. das absolut Gute anzustreben, galt deshalb zu Recht als blasphemisch. Wer so handelte, musste mit der Strafe Gottes (bzw. der Selbstbestrafung) rechnen, denn die meisten Menschen gingen nicht ohne Grund davon aus, dass jeder Versuch, Gott zu spielen, im Chaos enden würde. Die Menschen sollten sich stattdessen auf das Wohl ihrer Familie, ihrer Glaubensgenossen, ihrer Kommune und ihrer Nation, d.h. (in den Worten der Bibel) „die Nächsten“ konzentrieren. Die katholische Soziallehre spricht mit Hinweis auf Thomas von Aquin vom „ordo amoris“: die eigene Familie an erster Stelle, dann Angehörige meines Volkes bzw. der politischen Nation und die weltweiten Glaubensgenossen und ganz zuletzt die Menschheit. Allgemeine Menschenrechte gibt es in der Bibel nicht, dafür aber Pflichten, eben die 10 Gebote.

Wir wissen heute nicht zuletzt aus den Erfahrungen mit der von politisch-ideologischem Wunschdenken angestoßenen Umwandlung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in die Europäische Union (EU), dass die Nation bzw. der Nationalstaat die größte Gemeinschaft ist, mit der sich normale Individuen noch spontan identifizieren können. Probleme, die anscheinend zu groß sind für einzelne Nationalstaaten, können kein Argument für den Aufbau internationaler oder gar globaler Verwaltungsstrukturen in Form eines Weltstaates sein. Dieser wäre notwendigerweise totalitär. Mit der Wahrung der individuellen Freiheit und Eigenverantwortung vereinbar wäre nur die Anerkennung unlösbarer Probleme wie des Klimawandels oder auch der ungewollten Verbreitung potenziell gefährlicher Viren als „höhere Gewalt“, mit der die Menschen irgendwie leben lernen müssen.

Balanceakt zwischen Demut und Wissensanmaßung

Eine Ethik der Verantwortung anstelle einer repressiven Gesinnungsethik ist deshalb ein Balanceakt zwischen Demut und Wissensanmaßung. Das Neue Testament fordert von uns keine unbegrenzte Verantwortung, sondern ein konzentrisches System abgestufter Verantwortung. Nach dem Evangelisten Matthäus lauten Jesu Worte: „Ehre deinen Vater und deine Mutter. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Mt 19,19) Von „Fernstenliebe“, wie sie der verstorbene Papst Franziskus oder Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber dem Strom illegaler Migranten aus muslimischen Ländern gefordert hat, ist nicht die Rede. Thomas von Aquin sprach die noch heute gültige Warnung aus: „Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit; Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die Mutter der Auflösung.“

Die jüdisch-deutsche bzw. amerikanische Philosophin Hannah Arendt (1906-1975) hat in ihrem Meisterwerk „Vita activa“ (1958, 1960) betont, dass es uns Menschen nicht möglich ist, mit unseren Handlungen Ungerechtigkeit vollständig zu vermeiden. Versprechen und deren versuchte Einlösung auch unter widrigen Umständen schränken die Unvorhersagbarkeit gesellschaftlicher Entwicklungen ein. Als Heilmittel gegen die Unwiderrufbarkeit unbefriedigender Handlungsergebnisse fungiert die menschliche Fähigkeit zum Verzeihen. Dieses bezieht sich nur auf die handelnde Person, nicht auf die Sache. Die Kultur der Vergebung, zu der sich echte Christen im täglichen Vaterunser bekennen, verdrängt die kannibalistische Kultur der Rache, die in vorchristlichen Gesellschaften leicht die Oberhand gewinnt. Das ist einer der wichtigsten Beiträge der christlichen Kultur zum Gemeinwohl.

Mit den 10 Geboten des Moses, eigentlich Regeln, die im Futur und nicht im Imperativ formuliert sind (den einen Gott respektieren, nicht morden, nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht neiden), beginnt aus christlicher Sicht das Ende der kannibalistischen Vorgeschichte der Menschheit. Nach Ansicht des liberalen Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich-August von Hayek handelt es sich dabei um „Regeln, die uns zwar nicht sagen, was in dieser Welt geschieht, aber sagen, dass uns wahrscheinlich nichts geschehen wird, wenn wir sie befolgen.“
Nur die freie Marktwirtschaft ist ohne Abstriche mit dem Dekalog vereinbar. Denn das Gebot „Du wirst/sollst nicht stehlen“ lässt nur freiwilligen Tausch zu beiderseitigem Vorteil zu. Allerdings käme eine totale Marktwirtschaft mit anderen Forderungen des Dekalogs in Konflikt. Das ist bei Geschäften mit Sklaverei, Prostitution, Leihmutterschaft und Kinderhandel zweifelsohne der Fall. Nicht nur die größenwahnsinnige Planwirtschaft, sondern auch das auf allgemeine Regeln – unter Abstraktion vom Inhalt des Tausches – verkürzte und zum Allheilmittel erklärte Wechselspiel von Angebot und Nachfrage kann zur totalitären Repression führen.

Bibel und Marktwirtschaft

Überdies erscheint es mir als sehr bedenklich, wenn Marktmechanismen funktionalisiert werden sollen, um bestimmte politische und/oder moralische Ziele anzusteuern. Westeuropa und Nordamerika sind nicht primär durch die Verkündigung und Durchsetzung frommer Bekenntnisse und moralischer Grundsätze (vorübergehend?) zu den dynamischsten und wohlhabendsten Regionen der Welt geworden, obwohl die sicher auch eine Rolle spielten, sondern infolge des Schutzes des Privateigentums sowie der individuellen Freiheit und Verantwortung. Beides fußt nicht ausschließlich auf dem Dekalog, sondern auch auf der klassischen griechischen Philosophie und dem römischen Recht. Es war die enge Verbindung dieser drei geistigen Strömungen, die die Kultur der Renaissance, die Philosophie der Freiheit, den Aufschwung der wissenschaftlichen Forschung und die industrielle Revolution ermöglicht hat. (Der Aufschwung von Naturwissenschaft und Technik im Mittelalter wurde übrigens dadurch begünstigt, dass nicht weltliche Mächte mit ihren beschränkten konkurrierenden Interessen, sondern die Kirche dafür zuständig war. Das wollen viele heute nicht wahrhaben.)

Fazit: Ohne die Bibel wären Europa und der ganze Westen nicht geworden, was sie sind, bis vor kurzem also die wirtschaftlich und kulturell erfolgreichste Region der Welt. Dass unsere Stärke zu einem beträchtlichen Teil aus dem Geist der Bibel kommt, müssen sich die Europäer heute allerdings von einem Inder erklären lassen. Ich meine damit „Das Buch der Mitte“ von Vishal Magalwadi. Wichtig ist dabei, dass in Europa und Nordamerika nur selten eine direkte Politik für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand gemacht wurde. Beides waren Nebenwirkungen einer Politik, die im Einklang mit dem Dekalog Eigentum und wirtschaftliche Freiheit begünstigte. Deshalb warne ich immer vor einer Politik, die Ziele wie Wohlstand oder „soziale Gerechtigkeit“ proklamiert. Beide können nur Nebenprodukte der Marktwirtschaft sein. In Europa und Nordamerika hat bis vor kurzem im Widerspruch zum in der US-Verfassung erwähnten „Pursuit of Happiness“ (Streben nach Glück) nie das Lustprinzip gegolten. Dieses galt nicht, wie die US-Verfassung vielleicht nahelegen könnte, als allgemeines Menschenrecht. Wäre Glück das primäre Ziel unseres Handelns, könnte man auch Drogen nehmen. Für Christen gelten stattdessen die Worte Jesu: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Mt 16,24). Das oberste Ziel jedes Einzelnen sollte die Rettung seiner Seele sein. Ganz nebenbei entsteht dadurch auch materieller Wohlstand.

 




Gibt es eine Zeitkonstante für die Absorption unserer CO2-Emission?

Anmerkung der Redaktion 

Der Beitrag von Dr. Beppler hat offenbar einen Nerv getroffen. Fast 500 Kommentare sind bis dato dazu eingegangen. Einer der Hartnäckigsten ist Herr Peter Dietze. Viele stimmen mit seinen Herleitungen der CO2 und seiner Verweilzeit, um nur einige seiner Punkte zu nennen, nicht überein. Andere hingegen durchaus. Wir wollen daher Herrn Dietze die Gelegenheit geben seine Überlegungen etwas breiter darzustellen.

Dipl.-Ing. Peter Dietze

In dem letzten EIKE-Beitrag von Dr. Beppler hatte sich eine Kontroverse um die Interpretation von IRF, der Impulsresponse-Funktion G(t) des IPCC-Modells mit 3+1 Zeitkonstanten tau sowie zu meinem C-Modell mit nur einem tau entwickelt. Da dies von erheblicher Relevanz (insbesondere für unsere Dekarbonisierung) ist und die Diskrepanzen geklärt werden sollten, jedoch die Kommentarfunktion beendet wurde, wurde hierzu der folgende Beitrag erstellt.

Ein Bild, das Text, Reihe, Software, Diagramm enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Wird C(t)=Summe(Ai exp(-t/taui)) – so wie unter https://cdatac.de/index.php/co2-conc/bern-cc/ und auch von Dr. Joos dokumentiert – auch für die Berechnung mit Emissionen benutzt, müssen diese (z.B. pro Jahr) jeweils als neuer Impuls zum Inventar der Atmosphäre addiert werden und sich mit C(t) reduzieren (d.h. anfangs sehr schnell und danach zunehmend langsam). Alldieweil reduziert sich auch das ältere CO2-Inventar parallel dazu langsam.

Damit kommen wir zu einem Faltungsintegral sowie zu der Erkenntnis dass beim IPCC die Abklingrate tau vom Alter des CO2 abhängt, was natürlich physikalisch unsinnig ist. Im Endeffekt äussert sich das in etwa so dass anfangs weniger als die Hälfte der Emission sehr schnell in die Senken geht und sich später gut die Hälfte quasi akkumuliert. Das ist offenbar der Grund für das effektive tau von 570 Jahren, welches ich bei Simulationsechnungen ermittelt habe – und auch ein Hinweis auf das Kumulationsmodell.

Fazit: Der längerfristig weit überhöhte ppm-Anstieg beim IPCC ist durch grob falsche Modellierung verursacht. Es gibt nur eine globale CO2-Zeitkonstante, und die kann nicht vom Alter der Emission abhängen.

Zunächst gilt für die Zusammenfassung paralleler Senkenflüsse aus der Atmosphäre

Inventar/tau=Inventar•(1/tau1+1/tau2+1/tau3)

wobei das anthropogen verursachte atmosphärische CO2-Inventar (proportional zu ppm-280) gemeint ist. Wenn man durch Inventar kürzt, ergibt sich ein summarisches tau für parallele Senken. Soweit eine Senke aus seriellen Boxen besteht (was beim CO2-Transport aus der ozeanischen Oberflächenschicht zur Tiefsee zumindest für den Anteil der Wirbeldiffusion ein Thema ist) gilt das tau gemeinsam für diese seriellen Boxen und geht so in die Summenformel ein. Möglicherweise ist die Unkenntnis dieses Sachverhalts der Grund dafür dass das falsche Bern-Modell (mitsamt dem garnicht existenten Ewigkeitsrest) selbst von vielen Fachleuten für sinnvoll gehalten wird.

Bei der anthropogenen Modellierung des weitgehend linearen Systems wird der etwa um den Faktor 20 größere natürliche überlagerte konstante Kreisfluss bei 280 ppm mit der „turnover time“ von nur etwa 4 a ausgeklammert. Soweit dieser sich durch die anthropogene Störung verändert, wird das als Anteil der anthropogenen Berechnung erfasst. Der anthropogen bedingte, zu ppm-280 proportionale Senkenfluss sowie der über 170 Jahre aufgrund unserer CO2-Emission beobachtete ppm-Verlauf von Mauna Loa führt zu einer effektiven globalen 1/e-Zeitkonstante von 55 Jahren.

Das Problem beim IPCC-Modell ist dass hier grob falsch mit verschiedenen IRF-Termen für zunehmendes Alter des restlichen CO2 ein stark steigendes tau angenommen wird, was ich bei ChatGPT widerlegt habe. ChatGPT brachte mich anhand der Frage nach dem Verlauf der CO2-Konzentration nach Nullemission auf den Nachweis dass altersabhängige (!!) Zeitkonstanten für die globale Absorption des CO2 aus verschiedenen Boxen der Atmosphäre NICHT gelten können – und dies hat eine immense Auswirkung auf die falsch berechneten ppm-Anstiege des IPCC (welche ja durch ein 5fach zu hohes (!) ECS den Klimaeffekt noch deutlich verschlimmern).

ChatGPT wies mich ausdrücklich darauf hin dass man für CO2 im Gegensatz zu radioaktivem Material keine feste Halbwertszeit (tau•ln(2)) angeben kann und deshalb von drei verschiedenen Bereichen (kurzfristig, mittelfristig und langfristig) ausgeht, was offenbar bedingt ist durch das fragliche Berner Wirbeldiffusionsmodell. In einem vierten Bereich wird darin tau unendlich, d.h. es entsteht eine remanente ppm-Erhöhung.

Ich brachte ChatGPT in Verlegenheit als ich fragte, wie denn das Alter des CO2 festgestellt werden kann, weil es ja sonst verschiedene Zeitkonstanten garnicht geben kann. Dazu erklärte ich trickreich, dass wir uns die Emission als einen Impuls denken können. Nach tau1 entfernt man das restliche CO2 schnell aus der Atmosphäre und emittiert es gleich wieder. Dann muss doch hierfür wieder das kurzfristige tau1 gelten und kein tau2, denn das System kann doch nicht altes und neues CO2 unterscheiden – also kann es kein tau2 und tau3 geben.

ChatGPT war verblüfft und attestierte mir, das sei eine intelligente (!) Überlegung. Natürlich versuchte es (weil es während einer Diskussion offenbar nicht dazulernt), mir dann durch ausgesuchte Textpassagen (vergeblich) klarzumachen warum die Modellierer doch mit verschiedenen Zeitkonstanten arbeiten.

Bei meinem Modell ist im Gegensatz zu IPCC die Atmosphäre nur EINE Box mit Pufferinhalt und EINEM tau, bedingt durch den globalen Senkenfluss und die einfache Differentialgleichung ist

dC/dt = Emission – C/tau.

Herr Heß hatte dazu für die Impulsantwort IRF eine gute Vergleichsrechnung mit meinem tau=55 a gemacht (Abb.1), aber sich erstaunlichherweise jeder Kritik an IPCC enthalten („Ich habe das Bern-IRF-Modell anders verstanden: Das Bern-Modell ist nicht per se falsch, sondern eine Näherung. Mathematisch lässt sich eine Impulsantwort als Summe von Exponentialtermen darstellen“). Dabei ist doch mein tau=55 a die Realität und approximiert den ppm-Anstieg von Mauna Loa optimal, während die ppm beim Bern-Modell längerfristig erheblich zu weit ansteigen und sich eine Approximation mit einem völlig unrealistischen tau von 570 (!) Jahren ergibt.

In Abb.1 wurde gemäß Dr. Joos 2013 sowie mit dem Dietze-tau von 55 a nachgerechnet. Hier würde (abgesehen vom Remanent-Term von 21,73%, der auch für jede Emission gilt) anfangs z.B. für +140 ppm und tau=4,3 a der anthropogene Senkenfluss Inventar/tau=69,1 GtC/a (!!) sein und beim höchsten tau=394 a nach längerer Zeit nur 0,75 GtC/a – also nur etwa 1/100 (!!) des Anfangswerts (wobei natürlich noch der Boxenfaktor Ai zu berücksichtigen wäre). Beim Modell mit tau=55 a und 33% Zusatzpuffer beträgt der Senkenfluss anfangs realistische 7,2 GtC/a.

Hier wird deutlich, wie extrem das IRF-Modell die reale CO2-Physik durch G(t) vergewaltigt, zumal ja die Atmosphäre nicht in getrennte Boxen aufgeteilt werden kann, die nach einiger Zeit wegen unterschiedlichem tau ganz unterschiedliche ppm-Werte haben, welche dann (multipliziert mit dem Faktor Ai) addiert (!) werden.

Dass sich in der Simulation für IPCC bis 2130 für den ppm-Anstieg ein effektives tau von 570 a ergibt, zeigt Abb.2, wo auch zu sehen ist dass bei einer Testrechnung mit Konstanthaltung der heutigen Emission über 110 Jahre CO2 wegen ansteigender Senkenflüsse nur bis auf max. harmlose 500 ppm ansteigt – beim IPCC wären es etwa 700 ppm.

Abb.1: Vergleichsrechnung von G(t) nach Nullemission, IPCC-IRT vs. Dietze von Herrn Heß.

Abb.2: Testrechnung für den weiteren ppm-Anstieg bei konstanter heutiger globaler Emission für 110 Jahre, Dietze vs. IPCC.

 

 




Ein Monitoringbericht oder: Keine Wende bei der Wende

Nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Regierung versprach Wirtschaftsministerin Katherina Reiche eine Bestandsaufnahme der Energiewende. Sie gab einen Monitoringbericht in Auftrag, der mit Hoffnungen oder Befürchtungen verbunden wurde. Nun wissen wir, es wird sich wenig ändern. Raider heißt jetzt Twix.

 

von Frank Hennig

Energiewende effizient machen“ lautet der offizielle Titel des Berichts. Ministerin Reiche hatte mit dem Energiewirtschaftlichen Institut der Uni Köln (EWI) und der privaten BET Consulting GmbH zwei Institutionen mit dem Monitoringbericht beauftragt, die als energiebranchenfreundlich gelten, aber nicht dezidiert die „Erneuerbaren“ als Arbeitsschwerpunkt haben. Das weckte frühzeitig Kritik von Seiten der Wind- und Sonnenbarone und ihrer Verbände. Es bestand die Gefahr, dass nicht mehr alle Entscheidungen der CO2-Minderung und dem Ausbau der „Erneuerbaren“ untergeordnet werden, sondern eine – eigentlich längst überfällige – systemische Betrachtung erfolgt. Nicht Agora und das DIW durften erwartbare Ergebnisse aufschreiben, sondern Institute, denen eine Nähe zur Energiewirtschaft unterstellt wird. Wie schrecklich – Wirtschaftsnähe! Eine Wirtschaft, die täglich konkret das System am Laufen hält und immer liefert, auch wenn kein Energiewende-Wetter herrscht.

Am 15. September stellten Vertreter der Auftragnehmer den Monitoringbericht der Presse vor. Zentrale Themenfelder wurden bearbeitet: der künftige Strombedarf, der Ausbau der „Erneuerbaren“, der Stromnetzausbau, der Wasserstoff-„Hochlauf“, die Versorgungssicherheit und die Digitalisierung.

Verkürzt kann man konstatieren, dass von einem „Abwürgen“ der Energiewende nicht die Rede sein kann. Weder werden das 80-Prozent-Ziel („Erneuerbaren“-Produktion im Jahr 2030) noch die illusorische Dekarbonisierung bis 2045 in Frage gestellt. Sanfte Korrekturen werden beim erwarteten Stromverbrauch angebracht, was nicht gerade eines hochkarätigen Gutachtens bedurfte. Dass sich E-Mobile und Wärmepumpen schlechter verkaufen, als im Habeckschen Staatsplan vorgesehen, dürfte sich herumgesprochen haben. Die Abwanderung von Industrie hat sich als Trend verfestigt. Viele Sachverhalte werden korrekt beschrieben, nötige Folgerungen fehlen. Teils sind die Ausführungen widersprüchlich.

Dass weitere Industrie abwandern wird, ist keine gewagte Prognose, sondern eine ziemlich sichere Perspektive. Wenn sogar die selbsternannte „Transformationsgewerkschaft“ IG BCE konstatiert, dass der Emissionshandel unsere Betriebe umbringt und der Zeitplan zur Dekarbonisierung die Unternehmen überfordere, wenn ostdeutsche Betriebsräte noch nie so viele Arbeitsplätzte wie heute bedroht sehen, die Energiewende mit einer Operation am offenen Herzen der Volkswirtschaft vergleichen und fürchten, dass dieser Patient droht, auf dem OP-Tisch zu sterben, wären deutlichere Worte der Sprecher der beauftragten Institute zu erwarten gewesen. Stattdessen samtweiche Formulierungen, wohl um nicht anzuecken.

Nach mehr als 25 Jahren Energiewende bestand in Erwartung des Berichts die Hoffnung auf ein Energiewende-Management, dass die Abhängigkeiten im System, zum Beispiel beim Zubau volatiler Erzeuger und dem Netzausbau, berücksichtigt.

Stattdessen soll ungebremst der Ausbau der „Erneuerbaren“ weitergehen, obwohl der Netzausbau sich nicht mehr beschleunigen lässt und Speicher riesenhafter Kapazitäten mittelfristig nicht entstehen können. Eine bessere „räumliche Steuerung“ des „Erneuerbaren“-Ausbaus ruft hingegen nach weitergehenden Gesetzen und Regelungen durch Behörden. Damit ist ein weiterer Bürokratieaufbau vorprogrammiert.

Desweiteren ist vom Wasserstoff-„Hochlauf“ die Rede, als hätte es die zahlreich gestorbenen H2-Projekte der letzten Wochen und Monate nicht gegeben. Die fehlende Wirtschaftlichkeit eines Wasserstoffsystems wird zwar angesprochen, aber Folgerungen werden nicht abgeleitet.

Der größte Mangel des Monitorings besteht darin, dass es offenbar keine deutlichen Änderungen am Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geben soll. Damit bleiben die Verwerfungen durch Einspeisevorrang, Festvergütung und Bezahlung von Phantomstrom bestehen. Die PV-Vergütung für Neuanlagen soll entfallen. Das wäre heute schon und auch für Bestandsanlagen zumutbar.

Die Vergütung von Ökostrom bei negativen Preisen an der Strombörse ist an volkswirtschaftlicher Idiotie kaum zu überbieten. Die Tatsache, dass schon bei der Herstellung eines Produkts das Wissen um seine kostenpflichtige Entsorgung besteht, ist skandalös und die daraus folgenden negativen Marktpreise entspringen blankem wirtschaftspolitischem Unfug und widersprechen jeglicher Vernunft. Auch dafür steht nun Katherina Reiche. Weitere schädliche Gesetze stünden zur Änderung, besser noch, zur Streichung an, zum Beispiel das wachstumsfeindliche hochbürokratische Energieeffizienzgesetz (EnEfG).

Einzig ableitbare Konsequenz aus der verfahrenen Lage wäre ein Ausbaumoratorium der „Erneuerbaren“. Mit den vorgelegten Ergebnissen und folgenden kosmetischen Maßnahmen wird es nicht gelingen, Wirtschaftlichkeit herzustellen, Versorgungssicherheit zu erhalten und die deutsche Wirtschaft wieder international konkurrenzfähig zu machen.

Natürlich finden sich Kritiker, denen schon leichte Veränderungen zu viel sind. Greenpeace beklagt, dass die Klimaschäden nicht eingepreist würden. Wie die berechnet werden bei einem 1,6-prozentigen deutschen Emissionsanteil und dass Klima-Anpassungskosten ohnehin anfallen werden, interessiert grüne Ideologen nicht. Von deutschem Boden aus werden wir am globalen Klimawandel nichts ändern, wenn China im Jahr 2024 eine Rekordzahl an Kohlekraftwerken in Betrieb nahm und auch andere wachsende Länder ihre fossilen Kapazitäten ausbauen. Es gehört zur Ideologie von Greenpeace und regierungsbezahlter „Nichtregierungs“-Organisationen, trotzdem an der Forderung nach Klimakampf um jeden Preis festzuhalten und weiter die Schuldzuschreibung den Menschen hierzulande zu betreiben. Ziel ist, die Forderung nach „mehr Erneuerbaren“ permanent zu indoktrinieren und die Menschen dazu zu bringen, regierungsamtliche Zumutungen klaglos hinzunehmen.

Mitleid mit Politkern?

Dabei kann einem Katherina Reiche eigentlich leidtun. Mit ihrem Vorwissen aus Politik und Energiewirtschaft unterscheidet sie sich deutlich von ihren minderleistenden Vorgängern. Peter Altmaier war ein fachfremder Paladin Merkels, Habeck ein knallharter ideologisierter Philosoph, beide waren in Fragen der Wirtschaft weitgehend ahnungslos. Vorvorgänger Sigmar Gabriel nahm die Realitäten insofern wahr, dass er feststellte, dass wir hinsichtlich der Energiewende für die meisten Länder der Welt sowieso die Bekloppten seien.

Wenn Ministerin Reiche dürfte, würde sie mit Sicherheit deutliche Entscheidungen treffen. Allein der Versuch wäre das Ende der Koalition und würde von Kanzler Merz verhindert. Sie wäre dann auch ihr Amt los. Der Kanzler ohne Rückgrat würde umfallen, wenn die SPD-Fraktion auch nur den Mund zum Pfeifen spitzt.

Kritik ließ vom Koalitionspartner nicht lange auf sich warten. Mit diesem wird es keine zukunftsfähige Energiewende-Wende geben. Doktor Nina Scheer ist für die SPD Obfrau im Ausschuss für Wirtschaft und Energie und will das Erbe ihres Vaters, dem Solarpapst Herrmann Scheer, erfüllt sehen. Forderungen nach Kürzungen im „Erneuerbaren“-Bereich wie auch eine Verlängerung von Laufzeiten der Kohlekraftwerke werden hier auf erbitterten Widerstand treffen.

Da es aber terminlich ausgeschlossen werden kann, dass im Jahr 2030 eine nennenswerte Zahl an neuen Gaskraftwerke läuft, müsste man schon heute über den Elefanten im Raum, das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG), reden und es zeitnah novellieren. Die SPD wird das verhindern, solange es geht und bis der Druck der Realitäten zu groß wird.

Egal, was Ministerin Reiche künftig an Handlungsspielraum bleibt, es wird nicht reichen. Sie wird obendrein die „Gas-Kathi“ sein, weil die Rotgrünen ein Feindbild brauchen, das man regelmäßig auf niedrigem Niveau angreifen kann. Eine Wende von der Wende wird es nicht geben.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

 




Die Klimakonferenzen werden immer dekadenter

Das brasilianische Belém hat als Austragungsort der diesjährigen Klimakonferenz zu wenig Unterkünfte. Deshalb sind die Preise für Unterbringung ins Unermessliche gestiegen. Doch die Bettennot ist nur einer der Auswüchse der monströsen Weltrettungs-Anlässe.

Von Peter Panther

«Unsere Zimmer verfügen über erotische Stühle. Möchten Sie, dass wir diese entfernen?» Diese Frage bekommen die Klimakonferenz-Teilnehmer per E-Mail gestellt, die ihre Nächte in Belém im Liebeshotel «Love Lomas» verbringen werden. Ricardo Teixeira, Besitzer des Lokals, stellt seine 48 Zimmer im kommenden November für andere Zwecke als die üblichen bereit. Um seine Gäste nicht vor den Kopf zu stossen, unterzieht Teixeira die Räumlichkeiten einer «Ent-Erotisierungskampagne», wie im britischen «Guardian» zu lesen war: Stangen zum Pole Dance werden verdeckt, Matratzen ausgetauscht und kitschige Kunstwerke eingelagert.

Die Bettennot ist gross in Belém. Bis zu 50’000 Teilnehmer aus der ganzen Welt werden für die 30. Austragung der Uno-Klimakonferenz vom 10. bis 21. November erwartet. Doch die Stadt am Amazonas verfügt eigentlich nur über rund 18’000 Unterkünfte. Darum wird jetzt überall händeringend nach zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Neben Liebeshotels sind beispielsweise auch die Besitzer von abgelegenen Ferienhäuschen bereit, ihre Lokalitäten temporär umzufunktionieren.

Mehrere Tausend Franken für eine einzige Nacht 

Und nicht wenige Immobilienbesitzer wittern das grosse Geschäft. Jedenfalls sind die Preise für Zimmer während der COP 30 in schwindelerregende Höhen gestiegen. Zum Teil werden mehrere tausend Dollar verlangt – für eine einzige Nacht.

Doch es reicht dennoch hinten und vorne nicht. Noch immer haben zahlreiche Länder keine Unterbringung für Ihre Delegierten organisieren können. Entsprechend wächst der Unmut. So liess Krzysztof Bolesta, Leiter der polnischen Delegation verlauten: «Wir haben keine Unterkünfte. (…) Im Extremfall müssen wir gar nicht erscheinen.»

Bereits im Juli hielt die Uno wegen der fehlenden Betten in Belém eine Dringlichkeitssitzung ab. Es wurde dabei unter anderem gefordert, dass ärmere Staaten ihre Delegationen verkleinern sollten. Das stiess Richard Muyungi, Vorsitzender der African Group of Negotiators, sauer auf. «Wir sind nicht bereit, die Zahl [unserer Vertreter] zu kürzen», gab er bekannt. «Brasilien hat viele Optionen, um eine bessere COP auszurichten.»

In der Tat wurde von Brasilien gefordert, den Klimagipfel in eine andere Stadt zu verlegen, wenn es nicht rasch genug bezahlbare Unterkünfte gebe. Denn es dürfe nicht sein, dass ausgerechnet die ärmsten Länder, die angeblich am meisten unter dem Klimawandel leiden,wegen der hohen Zimmerpreise von der Konferenz ausgeschlossen würden.

«Schlafen Sie unter den Sternen – und es wird wunderbar sein»

Brasilien ging darauf nicht ein – ebenso wenig wir auf die Forderung, allen Delegierten die Hotelkosten während des Klimagipfels zu subventionieren. «Schlafen Sie unter den Sternen – und es wird wunderbar sein», lautete der lapidare Kommentar von Brasiliens Präsident Lula da Silva zur Bettennot. Die Watchdog-Organisation Climate Observatory warnte indes, der Gipfel könne zum «ausschliessendsten der Geschichte» werden.

Eine Massnahme gegen fehlende Unterkünfte hatte Brasilien schon im Juni angekündigt: Während der Konferenz sollen die beiden Kreuzfahrtschiffe «MSC Seaview» und «Coast Diadema» im Hafen von Belém liegen und Platz für etwa 6000 Teilnehmer bieten. Diese Massnahme wirkt besonders schräg – stehen Kreuzfahrtschiffe wegen ihres relativ hohen CO₂-Ausstosses doch ganz oben auf der Hassliste von Klimaschützern.

Zu reden gab in den letzten Monaten auch der Bau einer neuen Autobahn bei Belém. Die vierspurige Strasse führt quer durch den Regenwald – mit entsprechender Zerstörung von Natur. Brasilien stellte zwar in Abrede, dass die Strasse in Zusammenhang mit dem Klimagipfel stehe. Es scheint aber offensichtlich, dass dieser Neubau mit der Teilnehmerflut an der COP 30 zu tun hat.

Fast alle Konferenz-Teilnehmer reisen mit dem Flugzeug an

Das Problem ist grundsätzlicher Art: Die Klimakonferenzen der Uno haben sich zu einem monströs grossen Happening entwickelt. Jahr für Jahr pilgern Zehntausende von Staatschefs, Verhandlern, Aktivisten und Journalisten an einen anderen Ort irgendwo auf der Erde, um hier ihr Weltrettungsprojekt voranzubringen.

An der ersten Klimakonferenz 1995 in Berlin gab es erst einige Tausend Teilnehmer. 2015 in Paris waren dann erstmals über 30’000 dabei. Vor zwei Jahren in Dubai nahmen angeblich fast 100’000 Personen teil, während die Teilnehmerzahl letztes Jahr in Baku (Aserbaidschan) wieder auf etwa 50’000 zurückging. Auffällig dabei: Sonnige, warme Konferenz-Destinationen scheinen besonders beliebt zu sein.

Und fast alle diese Konferenz-Touristen reisen mit dem Flugzeug an. Belém etwa ist auf dem Landweg nur sehr schwer erreichbar. Viele Klimaschützer werden bei der Ankunft eine Reise um den halben Globus hinter sich haben – was insgesamt mit einem gigantisch hohen CO₂-Ausstoss einhergeht.

Manche besonders betuchten Teilnehmer benutzen für die Anreise gar ihr Privatflugzeug. Jedenfalls wurden an den Klimakonferenzen der letzten Jahre auf den umliegenden Flughäfen jeweils Hunderte von gelandeten Kleinflugzeugen registriert. Flüge mit dem Privatflugzeug verursachen pro Person besonders viele Klimagase.

So leicht lässt man sich einen Urlaub an der Sonne nicht madig machen

Es gibt keine Anzeichen, dass die mittlerweile 30-jährige Geschichte der Uno-Klimakonferenzen irgendeinen dämpfenden Effekt auf die globalen CO₂-Emissionen gehabt hätte. Doch von Misserfolgen lassen sich die Klimabewegten nicht abbringen. Unbeirrbar führen sie den Konferenz-Zirkus weiter. Ihre Veranstaltungen sind zwar längst zu einem höchst dekadenten Ereignis geworden. Doch so leicht lässt man sich einen zwölftägigen «Klimaurlaub» – am liebsten irgendwo an der wärmenden Sonne – nicht madig machen.

 




Die arme Frau Reiche: Bloß nicht Bankrott sagen!

Eigentlich tut mir die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche ein bisschen leid. Sie muss jetzt Dinge über die Energiepolitik sagen, von denen sie weiß, dass die Wahrheit im Text so verklausuliert versteckt ist, dass nicht einmal Fachleute sie noch erkennen können.

von Manfred Haferburg

Katherina Reiche muss Ziele verkünden, von denen sie weiß, dass sie unerreichbar sind. So schlicht, dass sie das nicht wüsste, ist sie auf keinen Fall. Sie hat ein Chemiestudium an erstklassigen Hochschulen erfolgreich abgeschlossen, das ist kein dünnes Brett.

Aber sie ist seit dem 6. Mai 2025 Bundesministerin für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merz. Und im Bundeskabinett gelten wohl eher die Regeln über Realitätswahrnehmung und die Definition von Wahrheit von Merz und Klingbeil. Und wenn sie Ministerin bleiben will, um etwas zu verbessern, hält sie sich irgendwie daran.

Man kann Frau Reiche für die Energiewende-Misere nicht verantwortlich machen. Man konnte bei ihr schon manchmal den Versuch erahnen, die schlimmsten Fehler der Energiewende wenigstens anzusprechen. Die begangenen Schandtaten stammen ja nicht von ihr, sie muss sie nur ausbaden. Das wird auch der AfD so ergehen, wenn sie an die Regierung kommen sollte. Und Reiche ist von einem ganzen Heer von Energiewende-Ideologen und Energiewende-Nutznießern in allen möglichen Ämtern, Funktionen, Medien und Kabinettssälen umzingelt, die auf Biegen und Brechen die Energie zu ihrem eigenen Nutzen wenden wollen. Mission impossible, besonders mit einem Chef wie Friedrich Merz.

Ich hörte beispielsweise zwischen Reiches Zeilen heraus, dass sie den Wildwuchs beim Ausbau von Solarenergie stoppen will. Und schon heulen die Energiewender auf und erfanden den Schimpfnamen „Gas-Katie“, um sie zu verunglimpfen. Jeder noch so zaghafte Versuch von ihr, einen der Geburtsfehler der Energiewende zu korrigieren, wird mit einem veritablen Schei…sturm beantwortet werden. Reiche weiß beispielsweise, dass im Jahr 2024 irre 29 Prozent des Solarstroms mit negativen Strompreisen produziert wurden. Das ist Strom, den keiner braucht. Fast ein Drittel! Und die installierte Leistung Solar soll in den nächsten Jahren mehr als verdoppelt werden. Man darf gespannt sein, wie lange die Frau das aushält.

Energiewende! Effizient! Machen!

Katherina Reiche stellt die Ergebnisse des 260-seitigen Monitoring-Berichtes zum Start der 21. Legislaturperiode unter dem sehr seltsamen Titel „Energiewende. Effizient. Machen“ im Duktus eines Insolvenzverwalters vor.

Insgesamt haben an dem Bericht 31 Konsultanten gearbeitet, nämlich Mitarbeiter vom EWI (Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln) und BET (BET Consulting GmbH). Da fragt man sich unwillkürlich: „Was machen eigentlich die 2.187 Personen, die hauptamtlich im Bundeswirtschaftsministerium arbeiten, beruflich?“ Die Konsultanten haben jedenfalls das Deckblatt ihres Dokuments mit vier Hieroglyphen verziert, von denen ich nur eine deuten kann. Doch die Entzifferbarkeit des Inhaltes des Dokuments steht den kryptischen Zeichen auf dem Deckblatt in nichts nach.

Reiche beginnt bei der Vorstellung des Monitoringberichtes mit einem Bekenntnis. Die schwarz-rote Bundesregierung setzt die Klimapolitik der Ampel nahtlos fort. So Illusorisch dies auch ist, 80 Prozent Strom aus Erneuerbaren bis 2030, Kohleausstieg bis 2038 und „Klimaneutralität“ bis 2045 zu erreichen, also noch fünf Jahre früher, als der Europäische Green Deal fordert. Dies sagt sie, genau wissend, dass der aktuelle Monitoringbericht zeigt: Die meisten explorativen Szenarien verfehlen das 2045-Ziel deutlich, insbesondere beim Strombedarf, Netzausbau und Wasserstoffhochlauf. Wer sich die Mühe macht, die 260 Seiten des Berichts zu lesen, bemerkt, dass Frau Reiche gerade die mit viel frischen Blumen geschmückte Bankrotterklärung der Energiewende verkündet.

Beim Strombedarf im Jahre 2045 kommt der erste schönfärberische Rechentrick. Im Monitoringbericht steht, dass „bei einem moderateren Anstieg der Stromnachfrage (Anm. des Verfassers im vgl. mit heute) kommt es aber zur Verfehlung der Klimaziele“. Als Strombedarf 2045 wurden 600 bis 750 TWh angesetzt. Damit der Blumenduft den Verwesungsgeruch übertrifft, rechnet die Ministerin einfach mit 600 TWh weiter. Das bedeutet aber, dass die Deindustrialisierung ungebremst weitergehen muss und der Ausbau der künstlichen Intelligenz und die Wasserstofferzeugung (je +50TWh) aus Energiemangel unterbleiben.

Der Übertragungsnetzausbau hinkte bisher dem staatlichen Plan kläglich hinterher. Das wird auch so bleiben, dafür sorgen schon die Unzahl der Bürokraten und Leute, die vor ihrem Fenster keine Freileitung sehen wollen. Die Kostensteigerungen bei der Umsetzung des Netzentwicklungsplans (NEP) 2037/2045 (Version 2023) werden von 320 auf 440 Milliarden Euro prognostiziert. Und die Kosten für die Stromverteilungsnetze werden bis 2045 noch mal deutlich über 235 Milliarden Euro steigen. Da wären wir schon bei 675 Milliarden Euro, nur für den Netzausbau.

Nach dem Wasserstoff-Delirium kommt der Wasserstoff-Kater

Der Bericht stellt hinsichtlich des Hochlaufens des Wasserstoffes fest:

„Im Gebäude- und Verkehrssektor sind die Bedarfe (für Wasserstoff – Anm. des Verfassers) in allen Szenarien nicht signifikant. Derzeit existiert kaum marktseitige Nachfrage… Die Bereitstellungskosten, insbesondere für erneuerbaren Wasserstoff, liegen deutlich über der aktuellen Zahlungsbereitschaft… Das Ziel von 10 GW heimischer Erzeugung bis 2030 erscheint angesichts der aktuellen Projektpipeline kaum erreichbar.“

Der Monitoring-Bericht stellt klar, dass Herr Habeck mit seinem „Turbo für den Wasserstoffhochlauf“ (Wasserstoffbeschleunigungsgesetz) aus dem Jahre 2024 nichts weiter als deliriert hat. Vor einem Jahr tönte Habeck: Die deutsche Wirtschaft soll dafür Investitionen in Anlagen, die Wasserstoff erzeugen und speichern können, „zügig und rechtssicher tätigen können und damit auch weltweit ihre Technologie-Führerschaft in der Wasserstoffwirtschaft ausbauen“.

Wir hier bei der Achse nannten die Habeck-Visionen das „Wasserstoff-Delirium“. Nunmehr kommt der Wasserstoff-Kater zum Vorschein. Der Steuerzahler haftet nach dem Ausscheiden des Visionärs mit etwa 18 Milliarden Euro, Geld, welches die KfW-Bank, die staatliche Förderbank, als Kredite für den Wasserstoff-Netzausbau vorgesehen hatte. Energiewende-Leugner kritisierten, dass der Bundestag darüber nur unzureichend informiert wurde und die Finanzierung teils außerhalb des regulären Haushaltsprozesses erfolgte. Nun ist er halt weg, der Herr Habeck.

Die Stromversorgung ist sicher, wenn…

Der Monitoring-Bericht betrachtet auch die Versorgungssicherheit der deutschen Netze. Dazu wird lakonisch gesagt:

Die zukünftige marktseitige Versorgungssicherheit ist unsicher und hängt maßgeblich von der Entwicklung der Nachfrage, der steuerbaren Kapazitäten und von Flexibilitäten sowie deren systemischer Interdependenz ab“. Es wird festgestellt, dass „Ein Ausbau gesicherter Leistung sowie eine Erhöhung von Flexibilitäten bleibt unabhängig von der Nachfrageentwicklung zentral und ist zur Aufrechterhaltung des definierten Versorgungssicherheitsstandards erforderlich“.

Und es wird hinzugefügt: „der signifikante marktgetriebene Zubau von Gaskraftwerken im ERAA und im VSM scheint ohne sonstige Anreize angesichts politischer und regulatorischer Unsicherheiten fraglich“. Das heißt, keiner außer dem Steuerzahler wird die 71 Gaskraftwerke der 500-MW-Klasse bezahlen. Kosten: geschätzte 50 Milliarden Euro.

Interessant ist auch, dass das Heizungsgesetz die Bürger zwingen will, auf eigene Kosten ihre Gasheizung gegen eine Wärmepumpe auszutauschen, die ja in Wahrheit eine Elektroheizung ist, wenn auch mit gutem Wirkungsgrad. Mit dem so frei werdenden Gas können dann staatliche Gaskraftwerke, die vom Bürger bezahlt werden, Strom für die Wärmepumpen erzeugen. Mit diesem Strom, der leider etwas teurer ist, können die Bürger dann ihr Häuschen wärmen. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich.

Das Stromnetz benötigt stets eine Mindestzahl an großen rotierenden Generatoren, die durch ihre Masseträgheit die Frequenz stabilisieren. Da Solarkollektoren keine und Windräder nur minimale rotierende Massen haben, wird jetzt versucht, diese Schwankungs-Elastizität des Netzes elektronisch zu simulieren oder extrem teure Phasenschieber – das sind riesige sich drehende Maschinen – bei hundertprozentiger Erneuerbaren-Einspeisung irgendwie zu erreichen. Dazu legte die Regierung eine „Roadmap zur Systemstabilisierung“ auf. Der Monitoring-Bericht sagt dazu lakonisch: „Der kürzlich erschienene Systemstabilitätsbericht der ÜNB identifiziert Handlungsbedarfe bei der Deckung von Momentanreserve- und Blindleistungsbedarfen sowie der Etablierung von netzbildenden Stromumrichtern“. Soso, Handlungsbedarfe also.

Noch viel mehr Handlungsbedarfe

Im Weiteren zeigt der Monitoring-Bericht Handlungsbedarfe auf. Da wird’s noch kryptischer. Besonders der Teil: „Flexibilitäten systemdienlich betreiben” hat es in sich. Wenn Sie sich durch das Fach-Chinesisch durchgewühlt haben, bleiben einige wenige verständliche Dinge übrig. Der schöne Satz: „Eine weitere Option ist es, in Ergänzung zur netzdienlichen Steuerung, systemdienliches Verhalten der Netznutzer über zeitvariable Strompreissignale, etwa durch dynamische Tarife oder flexible Netzentgelte, anzureizen und die Voraussetzungen für deren operative Umsetzung zu schaffen“ bedeutet, dass die Verbraucher in Zukunft mehr bezahlen müssen, wenn der Wind- und Sonnengott es so beschließen. Und der Unternehmer schickt am Morgen seine Leute mit den Worten heim: „Ich rufe Euch an, wenn es wieder bezahlbaren Strom gibt“.

Seit 35 Jahren subventionieren deutsche Steuerzahler und der Stromkunde eine Energiewende mit bisher weit über 500 Milliarden Euro. Das Resultat ist Angst vor „Strommangellagen“, „Dunkelflauten“, „Hellbrisen“, „Systeminstabilitäten“ und neuerdings auch vor politisch motivierten „Anschlägen auf die Infrastruktur“.

Die Hälfte aller Kraftwerke wurden in Schutt und Schrott verwandelt, darunter ganz neue Anlagen, wie das Kraftwerk Moorburg bei Hamburg. Eine ganze Industrie, die Kernkraftwerke bauen und betreiben konnte, wurde in die Tonne getreten. Einst wunderschöne Landstriche wurden zu Industriebrachen verschandelt. Der mühsam aufgebaute Naturschutz von Wäldern, Vögeln und Meerestieren geschleift. Der Strompreis bricht jährlich immer neue Rekorde, jetzt sind wir bei Endverbraucherpreisen von durchschnittlich über 41 Cent/kWh angelangt. Für die jüngeren Leser unter uns: 1999 lag er bei 16,5 Cent/kWh. Die Industrie flüchtet oder „hört auf zu produzieren“.

So schließt denn das Fazit und der Ausblick des jüngsten Monitoring-Berichtes mit einem inhaltsschweren Satz, auf den wir ohne unsere bemitleidenswerte Ministerin für Wirtschaft und Energie niemals gekommen wären.

Für das Gelingen der Energiewende sollten neben technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit auch Fragen der Finanzierung, Regulierung und Risikominimierung in den Blick genommen werden…“.

 

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier