Sozioökonomie einer Kernkraft-Werk-Baustelle

Der Besuch einer modernen AKW-Baustelle zeigt eindrücklich, dass Deutschland nicht nur eine sichere Stromversorgung verloren hat, sondern eine Armada von Jobs und Berufen mit wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften.

von Dr. Klaus-Dieter Humpich

Es wird immer viel über die „teuren Kernkraftwerke“ lamentiert. Dabei wird gern unterschlagen, dass die Ausgabe des Bauherrn grundsätzlich auch der Umsatz der Auftragnehmer ist. Was die Milliardenausgaben bewirken, kann bestenfalls von Volkswirtschaftlern nachvollzogen werden. Viel sichtbarer sind die Vorgänge auf und im Zusammenhang mit der Baustelle.

Ein Beispiel: Im Dezember 2018 begann der Bau des britischen Kernkraftwerks Hinkley Point C mit zwei Reaktoren vom Typ EPR mit zusammen 3.260 MWel. Ursprünglich geplant war die Inbetriebnahme des ersten Blocks für 2025. Inzwischen wurde der Termin vorläufig auf 2030 verschoben – ein wenig Corona und viel französische Leistungsfähigkeit. So geht es halt, wenn man in einem Land 30 Jahre kein Kernkraftwerk mehr gebaut hat. Der Faden ist gerissen, und man fängt wieder ganz von vorne an.

Dies betrifft insbesondere das qualifizierte Personal. 30 Jahre sind praktisch ein volles Arbeitsleben. Die Fachkräfte von damals sind längst im Ruhestand und man hat vergessen, deren Erfahrung weiterzugeben. Heute müssen die Erbauer wieder ihre eigenen Erfahrungen mit all den üblichen Rückschlägen machen. Ein Kernkraftwerk ist halt kein Stahlturm mit Plastikflügeln. Selbst die Chinesen müssen noch bestimmte Komponenten importieren und sind auf ausländische Hilfe angewiesen.

Ganz anders bei Windmühlen und Sonnenkollektoren. Die haben Sie in kürzester Zeit nachgebaut und sogar optimiert. Unsere Kombinatsleiter rufen nun verzweifelt nach Subventionen, aber der Drops ist längst gelutscht: „Einfache Technik“ können Schwellenländer immer billiger produzieren, denn die Material- und Lohnkosten sind dort geringer. Es war schon ein genialer Plan, Deutschland von Kernenergie auf Wind und Sonne umzustellen. Nun müssen unsere Windmüller und Sonnenbarone halt warten, bis das Lohnniveau bei uns wieder auf chinesische Werte geschrumpft ist.

Die Baukosten sind – wie bei EDF leider üblich (OlkiluotoFlamanville) – auch wieder aus dem Ruder gelaufen. Inzwischen mussten sie von 26 Milliarden Pfund Sterling auf 31 bis 34 Milliarden (in 2015er Preisen) hochgerechnet werden. Das braucht die Engländer nicht weiter zu stören, da sie die Energie zum fest vereinbarten Preis geliefert bekommen – die Verluste muss EDF und letztendlich der französische Steuerzahler übernehmen. Warum EDF immer wieder solche Fehleinschätzungen bei Bauzeit und Kosten unterlaufen, ist ein Rätsel. Wahrscheinlich ist hier viel Politik im Spiel.

Die Dimension der Baustelle

Bisher wurden auf der Baustelle 23.500 neue Arbeitsplätze geschaffen (Stand Anfang 2024). Wohlgemerkt, nur auf der Baustelle, auf der nur Hochbau und die Montage der Komponenten (Druckgefäß, Dampferzeuger, Turbine etc.) stattfindet. Es gibt in einem Kernkraftwerk nahezu keine Technik, die es nicht gibt. Insofern werden unzählige Fachkräfte und Spezialisten gebraucht. Aber nicht nur.

Für die Unterbringung und Versorgung von über 20 000 Mitarbeitern reicht eine Imbissbude nicht aus. Jeder, der schon mal mit Gastronomie und Hotellerie zu tun hatte, kann sich vorstellen, wie viele Köche, Küchenhilfen, Hotelfachangestellte usw. nötig sind. Ein immenser Aufschwung für eine „etwas zurückgebliebene“ Region wie die Grafschaft Somerset, die bis zum Projekt Hinkley Point C stark unter Abwanderung litt.

Inzwischen verzeichnet die Region ein Wachstum von 25 Prozent bei jungen Menschen im Alter von 25 bis 39 Jahren – dreimal höher als der nationale Durchschnitt. Nichts ist für junge Menschen attraktiver als gut bezahlte und interessante Arbeitsplätze. Jedenfalls, wenn sie nicht mit dem goldenen Löffel, wie z.B. die Reemtsma-Girlies, geboren wurden. Wenn man alles hat und schon alles gesehen hat („Meilen-Luisa“), muss man die Langeweile und Leere anders bekämpfen.

EDF und das britische Bildungssystem

Zu viele junge Menschen in Großbritannien brechen ihre Aus- und Weiterbildung nach der Schule ab, sodass sie in Jobs mit niedrigen Löhnen und begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten gefangen sind. Ein Problem, das auch in Deutschland um sich greift. Schule ist viel zu weit entfernt von der realen Welt. Woher sollen Schüler wissen, welche Berufe es gibt und welche Anforderungen sie stellen?

EDF hat deshalb in Zusammenarbeit mit den Schulen der Umgebung das „Young HPC-Programm“ (HPC = Hinkley Point C) geschaffen und wesentlich finanziert. Es richtet sich an Schüler ab 13 Jahre. Es soll jungen Menschen die große Anzahl von Möglichkeiten zeigen, die eine solche Baustelle bietet: Von einer Lehre über angelernte Tätigkeiten bis zu einem einfachen Job. Es geht darum, in die nächste Generation von Fachkräften für Großbritannien zu investieren und Menschen auf einen Karriereweg zu bringen, der gute Bezahlung, Fortschritt und persönliche Entwicklung bietet.

Es werden kostenlose Veranstaltungen und Einzelberatungen für junge Menschen angeboten, die über ihren nächsten Lebensabschnitt nachdenken. Es wird beim Schreiben von Lebensläufen geholfen, Vorstellungsgespräche werden erklärt und geübt und auf die benötigten Soft Skills verwiesen. Regelmäßig werden Teilnehmer und ihre Eltern zu Besichtigungstouren auf der Baustelle eingeladen.

Das Programm scheint ein voller Erfolg zu sein, was andererseits ein Armutszeugnis für das staatliche Bildungssystem ist. Bisher sind 24 Millionen Pfund in dieses Programm geflossen. Es wurden 77 Veranstaltungen durchgeführt, an denen allein 7.400 Menschen in 2023 teilgenommen haben. 820 Menschen sind in die Schulungsmaßnahmen aufgenommen worden und erhalten regelmäßige Unterstützung, um einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden.

HPC bietet für alle Branchen Praktika zu einer T-Level-Ausbildung an. T-Level findet an dafür geeigneten Fachschulen statt. Eingangsvoraussetzung ist ein GCSE (General Certificate of Secondary Education; entspricht einem deutschen mittleren Schulabschluss). Die Studenten erhalten einen Mentor und praktische Erfahrung mit dem Projekt, der sie auf eine zukünftige Beschäftigung vorbereitet. Eine echte Alternative zum Zwang, studieren zu müssen und dann aus Verlegenheit „irgendwas mit Medien“ zu machen.

Nichts geht ohne (eigene) Ausbildung

Will man eine so komplexe Anlage wie ein Kernkraftwerk bauen, braucht man geeignetes Personal. Dies war und ist der Hinderungsgrund in sogenannten „Entwicklungsländern“ – leider inzwischen auch in Zentraleuropa. Zu wenig Arbeitskräfte lässt alle Termine platzen. Dies ist der wesentliche Grund, warum Russland und China (inzwischen) ihre Termine einhalten können. Man hat gewaltig in die Ausbildung investiert. Das so entstandene System ist heute ein Exportschlager für deren Baustellen in der Türkei, Ägypten, Bangladesh, Pakistan usw. Gerade in solchen Ländern findet man jede Menge junger Menschen, die etwas lernen wollen, um ihre persönliche Situation zu verbessern. Das ist im saturierten Europa etwas anders geworden.

EDF betreibt das „Hinkley Point C-Jobportal“. Eine Datenbank, in der inzwischen über 10.000 Bewerber registriert sind. Dort kann man kostenlos seinen Lebenslauf und seine Wünsche eingeben. Als Anreiz bekommen dort Registrierte unmittelbar exklusiv ein Angebot, wenn eine Stelle frei wird. Erst nach 48 Stunden werden die Angebote über weitere Kanäle öffentlich gemacht. Auch hier steht wieder die Unterstützung im Vordergrund: Bisher wurden über 18.000 Menschen kostenlos beraten. 6.000 Menschen nahmen an Veranstaltungen teil, bei denen Karriereberatung und Unterstützung bei Bewerbungen das Ziel war.

Wichtig für den Erfolg ist die Niedrigschwelligkeit und das Zugehen auf die Menschen. Für Menschen, die nur „gejobbt“ haben, ist ein Bewerbungsschreiben und ein aussagekräftiger Lebenslauf bereits ein unüberwindliches Hindernis. Das Gefühl, „bei einem solchen Projekt brauchen die keinen wie mich“, muss erst mal durch „dort kann jeder Arbeit finden“ ersetzt werden. Bei HPC geht man ausdrücklich so weit, dass man ein Programm für Menschen mit Beeinträchtigungen aufgelegt hat. Menschen mit Lernschwächen oder körperlichen Einschränkungen werden 10 Wochen Praktika unter intensiver Betreuung auf der Baustelle angeboten. Umgekehrt schafft so etwas starke Bindungen zu dem Projekt, wenn dort Menschen eine Arbeit finden, die bisher durch alle Raster durchgefallen sind – gelebte Inklusion, die eine ganze Gemeinde positiv beeinflusst.

Während man in Deutschland immer nur über „Fachkräftemangel“ lamentiert und darauf wartet, diesen durch Einwanderer lindern zu können, ist man bei HPC längst in der Realität angekommen: Zu wenig Arbeitskräfte —> Terminverzug —> Kostenexplosion. Also muss man versuchen, das vorhandene gewaltige Potenzial zu heben. Die meisten Menschen erkennen nach einigen Jahren, dass sie in der Falle der „Sozialleistungen“ gefangen sind, während in ihrem Umfeld die Menschen „Karriere“ machen und sich dadurch ihren Lebensstandard verbessern. Letztendlich hilft nur die persönliche Entwicklung. Wer immer nur den Facharbeiter oder Ingenieur mit Berufserfahrung sucht, wird kaum fündig werden. Bei HPC hat man deshalb ein System von Praktika, Anlerntätigkeiten und klassischer Lehre eingeführt.

Das Denken in einem Jahrhundert

Ein Kernkraftwerk ist nicht nur eine riesige Baustelle, sondern kann auch ein Arbeitgeber „fürs Leben“ sein. Zu der Entwicklung der Region gehört auch eine spezielle Förderung lokaler Unternehmer und eine Ansiedelungspolitik. Auf diesem Gebiet arbeitet HPC eng mit den lokalen Gemeinden zusammen. HPC bietet Unternehmern langfristige Verträge mit festem jährlichen Auftragsvolumen. Diese Verträge ermöglichen den Banken, Kredite zu vergeben. Umgekehrt wird ein Businessplan verlangt, der insbesondere einen entsprechenden Personalaufbau erwartet.

So ist es gelungen, viele lokale Unternehmen beträchtlich zu vergrößern und – vor allem – zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze bereitzustellen. Inzwischen hat sich dieses Programm auf ganz England ausgedehnt. Es wurde speziell die Schweißtechnik gefördert (Desaster bei Flamanville), und man hat inzwischen die übliche Pyramide der Ausbildung von „einfachen Tätigkeiten“ bis zu höchsten Anforderungen der Nukleartechnik wieder erschaffen. Dies ist ein Bereich, der insbesondere Menschen aus einfachen Jobs (Systemgastronomie, Reinigungskräfte etc.) völlig neue Kariere und Gehaltsstufen ermöglicht. Dies gilt insbesondere auch für Frauen: von der Friseuse zur Vermessungsgehilfin oder zur Fachkraft für zerstörungsfreie Materialprüfung.

HPC als guter Nachbar

Von Anfang an hat sich EDF stark für soziale Projekte engagiert: vom Karnevalsumzug bis zum Instandsetzungsprojekt für alte Fahrräder. Man sponsert sogar den Weiterbetrieb einer eingestellten Buslinie. Wen wundert es da, dass die üblichen Hetzgruppen aus der „Anti-Atom-Bewegung“ oder selbsternannte „Klimaschützer“ keine Resonanz finden? Frankreich hatte schon immer ein geschickteres Vorgehen bei der Kernenergie als Deutschland. Wer kennt nicht die Propagandafilme im deutschen Staatsfernsehen über geknechtete und verstrahlte Reinigungskräfte in „Atomanlagen“? Die Bilder von schwer bewaffneten Polizisten zur Durchsetzung der „Atompolitik“. HPC fördert die Stelle einer Gemeindepolizistin, die für die Ordnung in den Kneipen sorgen soll, weil das Gegröle angetrunkener Bauarbeiter die Einwohner belästigt hat…

Das polnische Programm

Ortswechsel. Polen hat schon 2014 ein Kernenergieprogramm aufgelegt. Von staatlicher Seite hat man den Bau von sechs AP1000 Reaktoren von Westinghouse beschlossen (es gibt noch weitere, rein privatwirtschaftliche Projekte). In Analogie zu GB (Hinkley Point C und Sizewell C) werden diese auch in zwei Schritten gebaut. Baubeginn für das erste Los ist 2026 in Lubiatowo-Kopalino an der Ostseeküste. Dort werden drei AP1000 mit insgesamt 3.354 MWel gebaut – also eine ähnliche Größenordnung wie die Baustelle von Hinkley Point C.

Im Moment beginnen die ersten Vorbereitungen auf der Baustelle. Insofern sind noch keine wirtschaftlichen Auswirkungen messbar. Es wurde aber von PriceWaterhouseCoopers (pwc) eine Studie über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projekts für Polen durchgeführt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Bruttoinlandsprodukt (GDP) um 27 Milliarden Euro über die Projektlaufzeit von 20 Jahren ansteigt, etwa 205.000 Mannjahre mit über 12 Milliarden Euro Arbeitseinkommen und rund 12 Milliarden Steuereinnahmen anfallen werden. Grob gerechnet, kann man diese Zahlen für das erste Los in Lubiatowo-Kopalino halbieren. Ein gewaltiges Entwicklungsprogramm für die westliche Küstenregion in Polen. Interessant wird der Vergleich des Wohlstandsniveaus mit dem angrenzenden Mecklenburg-Vorpommern in zehn Jahren werden: High Tech in Polen, gegenüber Windenergie und Erdgasanlandung in Meck Pomm.

Selbstverständlich laufen Steuereinnahmen und Einkommen auch während der Betriebszeit (60 plus 40 Jahre) in erheblichem Maße weiter. Kernkraftwerke erfordern eine laufende Prüfung, Wartung und gegebenenfalls Modernisierungen. Viel interessanter ist der Aufbau einer eigenen Zulieferkette. Man geht von weiteren Bauvorhaben für den AP1000 in Europa aus. Bei jedem weiteren Reaktor bieten sich für Polen Chancen auf Aufträge im Volumen von 3.300 Mannjahren mit entsprechender Lohnsumme und zusätzlichen Steuereinnahmen von über 180.000 Euro.

Der Besuch einer modernen AKW-Baustelle zeigt eindrücklich, dass Deutschland nicht nur eine sichere Stromversorgung verloren hat, sondern eine ganze berufliche Kaskade mit gewaltigem wirtschaftlichen und sozialen Hintergrund.

Inzwischen erkennen immer mehr Menschen den Zusammenhang zwischen den höchsten Strompreisen in Deutschland und der Abschaltung der Kernkraftwerke: Die Strompreise werden weiter steigen, und damit setzt sich die Deindustrialisierung weiter fort. Wer soll den „Sozialstaat“ eigentlich zukünftig finanzieren? Die Zusammenschrauber der Sonnenkollektoren? – Die Kollektoren selbst kommen ja aus China.

Vielleicht sollten sich die „Atomkraftgegner“ mal einen Augenblick die Frage stellen, was wäre, wenn die „viel zu teuren AKW“ nach wie vor aus Deutschland exportiert würden? Das ist der eigentliche Verlust für Deutschland, darüber kann auch das Gefasel über den Verlust, der Sonnenkollektoren, der Windmühlen, der Elektroautos usw. an die „bösen“ Chinesen nicht hinwegtäuschen.

Einfache Technik wurde schon immer ausgelagert. Das deutsche Wohlstandsergebnis funktionierte nur, weil wir technisch anspruchsvolle Produkte (teuer) exportieren konnten und damit (billige) Konsumgüter importieren konnten.

 

Dr. Klaus Humpich studierte Maschinenbau und Energie- und Verfahrenstechnik mit Schwerpunkt Kerntechnik, bevor er zehn Jahre am Institut für Kerntechnik in der Technischen Universität Berlin arbeitete. Seit 20 Jahren ist er freiberuflich im Bereich Energietechnik tätig.

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Dänischer Ökostrom – oder doch eher Stromimport aus Kernkraft?

Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie sind wir zum Netto-Stromimporteur geworden. Nicht so schlimm, das sei halt marktgerecht, sagen die einen. Was, wenn jetzt alle dem „Vorreiter“ Deutschland folgen würden? Zum Glück tut das kein einziges Land der Welt und unsere Nachbarn werden uns Strom liefern können, hoffentlich immer zur rechten Zeit die rechte Menge. 

Von Frank Hennig

Kernenergie ist Teufelszeug, das ist spätestens seit 1998 eine Staatsräson. Fast die dritte Generation deutscher Kinder und Jugendlicher bekommt dies von Kindheitsbeinen an eingetrichtert. So wurde der Boden bereitet, der schon bei Aufruf des Themas in breiten Teilen der Bevölkerung einen Pawlowschen Reflex auslöst. Das Instrument Angst wurde und wird erfolgreich eingesetzt.

2011 stimmte nicht nur eine Mehrheit im Bundestag, sondern auch eine Mehrheit der Menschen im Land dem Atomausstieg zu. 13 Jahre später ist die Welt eine andere, wie auch die öffentliche Meinung. Naturstrom ist immer noch unfähig, Versorgungssicherheit herzustellen, und die Klimaangst erreicht den Stand der Atomangst, sodass fast parallel zum Atomausstieg der Kohleausstieg eingeleitet wurde. Das sah man 2011 mit der Änderung des Atomgesetzes zum Zweck des Ausstiegs noch anders. Zwei Bedingungen waren für die Abschaltung der Kernkraftwerke genannt worden: der Bau der großen Nord-Süd-Leitungen (Sued-Link und andere) sowie der Bau hochmoderner Kohlekraftwerke als Ersatz. Beide Punkte wurden nicht erfüllt, abgeschaltet wurde trotzdem. Proteste aus Bayern und Baden-Württemberg gab es zumindest bis kurz vor Ultimo nicht.

Die großen Trassen werden frühestens 2028 Strom je nach Windaufkommen in den Süden transportieren. Neue Kohlekraftwerke gab es nur wenige, im Fall Hamburg-Moorburg wurde eines der weltweit modernsten nach nur sechs Jahren Betrieb wieder stillgelegt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, sagte sich Eigentümer Vattenfall, beteiligte sich an den Ausschreibungen zur Stilllegung und bekam noch Geld dafür, die Feuer zu löschen. Wiederum viel Geld wird gebraucht für die Umsetzung der sogenannten Kraftwerksstrategie, also für den beabsichtigten Bau vieler Gaskraftwerke. Fossil für Fossil. Wir seien ein reiches Land, sagt man.

Standhaft wird behauptet, der Ausstieg aus Kernkraft und Kohle sei richtig. Damit diese offizielle Sicht der Regierung weiter akzeptiert wird, muss das entsprechende Framing dauerhaft betrieben werden. Am Ende würde eine Akzeptanz der Kernkraft den heiligen Satz, das zentrale Mantra der Energiewende, erschüttern: „Wir brauchen mehr Erneuerbare!“ Die Menschen würden umso deutlicher fragen, ob der Einschlag von Wäldern für Windkraftanlagen und die Versiegelung von Flächen durch ökologisch tote Photovoltaik-Anlagen überhaupt sinnvoll seien.

Der fast Tag genau am 15. April 2023 mit der Netztrennung der verbliebenen drei Kernkraftwerke einsetzende bilanzielle Stromimport wird dahingehend uminterpretiert, dass es vor allem Ökostrom sei, der uns geliefert wird. Dazu muss als Präzedenzfall das Lieferland Dänemark herhalten, von dem 2024 bisher tatsächlich mehr Strom als aus Frankreich zu uns kam.

Strom unter dem Dannebrog

Richtig ist, dass Wind und Biomasse im dänischen Erzeugungsmix gut vertreten sind. Ebenfalls sind Erdgas, aber auch Steinkohle enthalten. Insgesamt ist das dänische Portfolio zu gering, um deutsche Wünsche zu erfüllen, insbesondere in wind- und sonnenschwachen Zeiten. Windstrom aus Dänemark brauchen wir angesichts der Vielzahl eigener Anlagen nicht.

Das kleine freundliche Land mit knapp sechs Millionen Einwohnern hat kein Problem mit der eigenen Versorgung. Es gibt wenig Schwerindustrie und die Lage im europäischen Netz ist günstig. Kabel- und Leitungsverbindungen nach Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Deutschland schaffen Sicherheit, jemand von denen kann immer liefern und der Bedarf ist mit etwa 35 Terawattstunden pro Jahr, so viel wie Hessen, überschaubar.

Dennoch schaut Dänemark in Richtung Kernkraft. Copenhagen Atomics forscht an Thorium-Reaktoren und auch an SMR („small modular reactors“) besteht Interesse. Selbst Norwegen denkt über Investitionen in SMRs nach, bei mehr als 90 Prozent Wasserkraft im eigenen Netz. Warum das selbst die Ökostrom-Musterländer tun, sollte tieferes Nachdenken bei unseren Energiewendern auslösen.

Das ist natürlich kein Thema für deutsche sogenannte Qualitätsmedien. Die Aufgabe für unsere Regierungsbegleitenden besteht darin, die Stromimporte auf „billigen“ Ökostrom zurückzuführen und die Erwähnung importierten Stroms aus Kernkraft zu vermeiden. Bei näherer Betrachtung der Zahlen wird allerdings deutlich, dass unser nördlicher Nachbar vor allem Transitland ist. Norwegische Wasserkraft, schwedische Wasser- und Kernkraft, dazu in Teilen Strom aus Biomasse und fossiler Strom kommen via Dänemark zu uns.

Die Grande Stromnation

Erhebliche Strommengen fließen aus Frankreich zu uns, das lässt sich auch medial nicht uminterpretieren. Waren vor Kurzem noch schlechte Verfügbarkeiten französischer Kernkraftwerke (KKW) dankbares Anti-Atom-Argument, so ist dies inzwischen entfallen. Nun taucht ein neues Problem auf. Französische KKW könnten zwar über die Grenzen liefern, sogar mehr als bisher, aber seit Anfang März sind die Exporte über die Ostgrenzen in Richtung Belgien, Deutschland, Schweiz und Italien so groß, dass eine Gefahr für das französische Netz entsteht.

Besondere Maßnahmen seien notwendig, zeitweise müssten die Exportmengen begrenzt werden, sagt der Netzbetreiber RTE. Das hat Folgen. Die für den Mai gehandelten Strompreise für französischen Strom liegen in Deutschland mehr als doppelt so hoch als in Frankreich. Die europäische Netzsituation gibt inzwischen einige Rätsel auf, es kommt zu größeren Frequenzsprüngen, ohne dass die Ursache eindeutig zu benennen ist, und die Ausregelung dieser Schwankungen dauert merkwürdig lange.

Drei atomstromfreie Länder sind die größten Stromimporteure in Europa. Sie werden zur Belastung und zum Risiko des europäischen Netzbetriebes: Italien, Deutschland und Österreich. Die Deutschsprachigen sind vehement in ihrer Ablehnung eigener Kernkraftkapazitäten, greifen aber gern auf solchen Strom aus Frankreich, Belgien, der Schweiz, Tschechien, Ungarn, Slowenien und Schweden zurück, wenn eigener Strom knapp oder zu teuer ist. Bisher war Deutschland ein sicherer Exporteur von Strom via Schweiz nach Italien. Tempi passati. Die Regierung Meloni erwägt inzwischen den Atomeinstieg, aber wenn es dazu kommt, braucht es Zeit.

Mehr „Erneuerbare“ brauchen wir nicht

Durch den starken Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaik in Deutschland werden die ins System eingetragenen Schwankungen immer größer, oft wird zu viel Ökostrom erzeugt. Am 14. April um 11:30 Uhr lieferten Wind, Solar und die Laufwasserkraft in Deutschland mehr als 52 Gigawatt (GW) bei einem Bedarf von knapp über 49 GW. Das heißt, es war keine (ergänzende) Residuallast mehr nötig. Der Überschuss musste dringend außer Landes geschafft werden, unter Zugabe eines Geldbetrages von 60 Euro pro Megawattstunde. Wurde damit unsere Vollversorgung durch die „Erneuerbaren“ erreicht? Nein, auch hier muss wieder Wasser in den Wein gekippt werden. Zum gleichen Zeitpunkt waren Braunkohle-, Steinkohle- und Gaskraftwerke mit einer Leistung von 5,4 GW am Netz.

Warum denn das? Zum einen, um Wärmelieferverträge zu erfüllen. In Anlagen mit Kraft-Wärmekopplung (KWK) kann man Wärme ohne gleichzeitige Stromproduktion nicht liefern. Zum anderen, weil ohne rotierende Massen die Momentanreserve im Netz nicht gegeben ist und die so genannten Systemdienstleistungen (Frequenz- und Spannungshaltung) von den „Erneuerbaren“ nicht geliefert werden können. Jede neue Windkraftanlage, jede neue PV-Anlage, die ins Netz einspeist, erhöht die Systemkosten.

Nun einigten sich die G7-Staaten auf einen Kohleausstieg bis 2035, was in Deutschland heftig begrüßt wird. Das fällt den anderen leicht, weil sie Kernkraft nutzen, mit Ausnahme Italiens, das aber kaum Kohle verstromt. Ausgerechnet Deutschland, das mit dem Ersatz von Kohlestrom die größten Probleme bekommt, jubelt darüber. Die anderen freuen sich im Wissen darüber, dass die deutsche Wirtschaftskraft dadurch enorm geschwächt wird.

Diese einigermaßen irre Netzsituation ist dem Energiewende-Missmanagement geschuldet, das zum einen den Zubau volatiler Erzeuger nicht mit dem Netzausbau harmonisiert und zum anderen diese vor allem nicht für den regelbaren Netzbetrieb in die Pflicht nimmt. Im Gegenteil, die anarchischen Regelungen aus dem Ur-EEG, der Einspeisevorrang und die Entschädigung für nicht ableitbaren Strom („Phantomstrom“) haben immer noch Bestand.

Das Netz stellt gnadenlose 50 Hertz als Bedingung, sodass sich immer mehr die Frage der Regelung stellt. Schon zur Ausregelung unserer eigenen Lastschwankungen sind wir auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen. Zeitweise exportieren wir tagsüber den Sonnenstrom, mit sinkender Sonne setzt der Import ein – zu höheren Preisen.

Heraus zum 1. Mai!

Am 1. Mai gab es eine klassische „Hellbrise“, das Gegenstück zur Dunkelflaute. Unsere Vorfahren arbeiteten Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte daran, in der Energieversorgung unabhängig von den Launen der Natur zu werden, und sie hatten es geschafft. Unser Kurs geht zurück ins energetische Mittelalter. Dunkelflaute wie Hellbrise bringen das System an den Rand der Funktionstüchtigkeit.

An diesem Tag verschenkten wir wieder erhebliche Strommengen ins Ausland unter Zugabe von Geld. Zwischen 10 und 17 Uhr lagen die Börsenpreise im Minus, in der Spitze nach unten bei minus 120 Euro pro Megawattstunde. Die zahlt der deutsche Stromkunde und aus seinem Steuergeld wird die EEG-Umlage für diesen überflüssigen Strom bezahlt. Das ist die Folge, wenn grünökologische Planwirtschaft auf den europäischen Strommarkt trifft.

Zeitweise importieren wir auch durchgängig, wie an den Werktagen der 17. Kalenderwoche. Regelbare Kapazitäten werden abgebaut, Zufallsstromerzeuger zugebaut. Dieser Trend wird sich fortsetzen, bis die Netzbetreiber zu rigiden Maßnahmen gezwungen sein werden, die hoffentlich einen Blackout verhindern.

Propagandistisch wird uns das grüne Zukunftsparadies erhalten bleiben. Es wird immer weiter in die Zukunft verschoben oder man wird in bewährter Weise beim Scheitern nach Schuldigen suchen. Dazu kommen mehrere in Frage, zum Beispiel alte weiße Männer, die tumbe Landbevölkerung, Putin, der Klimawandel, die CSU, Schröder, soziale Medien, Sahra Wagenknecht oder eine besonders verhasste Partei, die aber nicht regiert. Erkenntnisprozesse dauern in Deutschland immer etwas länger. In 30 Jahren wird die Kernenergie vielleicht kein Teufelszeug mehr sein, wenn dann grüne Politikfossilien keine Deutungsmacht mehr haben. Menschen sind lernfähig, der Pawlowsche Reflex wirkt begrenzt.

Hoffen wir bis dahin auf immer ausreichend Strom von unseren Nachbarn.

Daten: https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE

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G7-Energieminister vereinbaren Ausstieg aus Kohle bis 2035

Kohleausstieg bis 2035: Darauf haben sich die Minister für Umwelt, Energie und Klima der G7-Staaten geeinigt. Die Kraftwerke sollen auf Pellets umgerüstet werden – ein merkwürdiges Vorgehen, billige Kohle gegen teure Pellets einzutauschen, für die viele Wälder abgeholzt werden müssen. 

Von Holger Douglas

Klar, dass auch das grüne Bundeswirtschaftsministerium und grüne Umweltministerium im Kohle-Ausstiegs-Chor singen. Man habe sich für ein »klares« Enddatum eingesetzt, so ein Sprecher des Hauses Habeck. Keine Frage war mehr, ob überhaupt, sondern nur, wer schneller im Überbietungswettbewerb »aussteigt«. Deutschland will derzeit 2038 aus der gesicherten Stromerzeugung aussteigen, Nordrhein-Westfalen bereits 2030.

Von einer »historischen Übereinkunft« spricht der britische Energiestaatssekretär Bowie, »die wir beim COP 28 in Dubai im vorigen Jahr nicht erreichen konnten«. In Turin wird dies als Kompromiss zwischen den »Kohle«-Ländern und denjenigen, die kaum mehr Kohle nutzen, bezeichnet. Zum Beispiel Frankreich, wo nur noch zwei Kohlekraftwerke kalt herumstehen. Als es im vergangenen Winter doch zu kalt wurde, schalteten sie ein Kohlekraftwerk wieder ein. Komplett auszusteigen wagt die französische Energiepolitik denn doch nicht.

Nun sollen die mächtigen Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1,4 GW auf Pellets umgerüstet werden; ein merkwürdiges Vergnügen, billige Kohle gegen teure Pellets einzutauschen, für die irrsinnige Mengen an Wäldern abgeholzt werden müssen. Auf 4,8 Millionen Tonnen Pellets wird der Bedarf für ein Jahr geschätzt. Die sollen überwiegend aus den USA herübergeschippert werden und Frankreich zum größten Pelletverbraucher Westeuropas machen. Interessanter Beitrag zur »Klimaneutralität«.

Dabei hatte Kohle einst Holz als Brennmaterial abgelöst, als nahezu sämtliche Wälder in Mitteleuropa abgeholzt waren. Dann begann nämlich einst der Siegeszug der Kohle. Die hat den Vorteil, preiswert und überall verfügbar zu sein. »Kohle ist der günstigste und sicherste Energieträger. Lagerstätten gibt es weltweit, die den Energiebedarf der Menschen noch für Jahrhunderte decken können«, stellt Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel, Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz, fest. »Transport und Lagerung brauchen keine Pumpen, Rohrleitungen oder spezielle Behälter. Das haben die meisten Länder der Welt verstanden – außer Deutschland.«

Dort hätten Leute wie Rainer Baake, damals als grüner Staatssekretär von Trittin, maßgeblich an der Verteufelung der Kohlekraftwerke mitgewirkt und dazu beigetragen, dass mittlerweile Deutschland fast gänzlich auf Energieimporte angewiesen ist und jederzeit von den Lieferanten erpresst werden kann.

Gut, dass die Gruppe der sieben nur ein informelles Forum sieben großer Industriestaaten ist. Wenn es kalt und dunkel wird, sehen die Entscheidungen wieder ganz anders aus.

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Kohle ist günstigster Stromlieferant

Kohle ist der günstigste und sicherste Energieträger. Lagerstätten gibt es weltweit, die den Energiebedarf der Menschen noch für Jahrhunderte decken können. Transport und Lagerung brauchen keine Pumpen, Rohrleitungen oder spezielle Behälter. Das haben die meisten Länder der Welt verstanden –  außer Deutschland. 

Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz

Vor mehr als 20 Jahren wurde von der Rot-Grünen Regierung unter Bundeskanzler Schröder und Umweltminister Trittin die Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland beschlossen. Damals hat die Regierung noch mit Fachleuten der Energieerzeuger nach dem besten Weg gesucht, die Stromversorgung ohne Kernkraftwerke weiterhin sicher und preiswert zu gestalten.

Die Kapazitäten der Kernkraftwerke sollten durch Kohlekraftwerke ersetzt werden. Da zu der Zeit die Steinkohleförderung in Deutschland wegen zu hoher Kosten beendet wurde, sollte Importkohle eingesetzt werden. Die sichere Erzeugerleistung bliebe so erhalten bei einer Erhöhung der Stromkosten um 0,5 bis 1 Cent pro Kilowattstunde. Am Tiefwasserhafen von Wilhelmshaven wurden zusätzlich zu dem vorhandenen 750 Megawatt-Kraftwerk von Uniper noch drei weitere Kraftwerke mit der gleichen Leistung geplant. Nur ein Kraftwerk ist von dieser Planung realisiert worden. Auch in Hamburg Moorburg wurde ein neues Kohlekraftwerk mit zwei 825 Megawatt-Blöcken gebaut. Weiter sollten die mit heimischer Braunkohle betriebenen Kraftwerke modernisiert und ausgebaut werden.

 

Agora-Energiewende steuert die deutsche Energiepolitik  

Verhandlungsführer der Bundesregierung war Rainer Baake, grüner Staatssekretär im Ministerium von Trittin. Nach Insider-Berichten stimmte er zunächst dem Bau neuer Kohlekraftwerke zu, um beim nächsten Treffen wieder Einwände zu erheben. Es seien keine vertrauensvollen Absprachen möglich gewesen. Baake hat dann auch später als Direktor der Deutschen Umwelthilfe maßgeblich an der Verteufelung der Kohlekraftwerke mitgewirkt. Weiter hat er als Direktor die Agora-Energiewende aufgebaut, eine Lobby-Organisation für die Energiewende, die weitgehend von US-Amerikanischen Stiftungen finanziert wird. Diese Gruppe ist hervorragend in der Politik vernetzt und bestimmt weitgehend die deutsche Energiepolitik.

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung beruht maßgeblich auf Empfehlungen von Agora Energiewende. Es wurde behauptet, man könne Deutschland mit den sogenannten regenerativen Energien aus Sonne, Wind und Biomasse sicher und bezahlbar mit Strom versorgen. Die von der Praxis gelieferten Ergebnisse sehen anders aus. Wir müssen lernen, dass dies nicht möglich ist. Mit jeder weiteren „Ökostromanlage“ steigt der Strompreis und sinkt die sichere Stromversorgung. Ursache sind die geringen und nicht regelbaren Leistungen der Wind- und Solaranlagen, die je nach Wetterlage nur zwischen 0 und 60 Prozent der installierten Leistung liefern. Mit solchen unzuverlässigen Leistungen kann kein Stromnetz aufgebaut werden, das jederzeit die gewünschte Leistung für den Verbraucher bereit stellt. „Ökostrom“ sollte daher als Fakepower bezeichnet werden, um diesen Sachverhalt klar herauszustellen.

 

Industrievermögen wird vernichtet 

Das neu gebaute Kraftwerk Moorburg gehörte zu den ersten, das nach dem Kohleausstiegsgesetz abgeschaltet wurde. Es hat nur 6 Jahre Strom produziert. Der Gesamtumsatz lag bei 1,7 Milliarden Euro, wenn man einen Erlös von 5 Cent/Kilowattstunde ansetzt. Der Bau kostete 3 Milliarden Euro. Es ist ein riesiger Verlust an Industrievermögen, den wir alle mit Steuern und höheren Strompreisen bezahlen müssen.

Die Energieversorgung in Deutschland wird mit Fortführung der Energiewende immer teurer und unsicherer. Was ist zu tun, um wieder Anschluss an die Weltwirtschaft zu erreichen? Wir brauchen wieder sicher verfügbare und bezahlbare Energie. Nur so kann die industrielle Abwanderung gestoppt  werden. Auch die Wehrkraft der Bundeswehr ist nur gegeben, wenn jederzeit genügend Energie verfügbar ist.

 

Deutschland wird immer erpressbarer 

Doch mit der geplanten Abschaltung der Kohlekraftwerke ist Deutschland fast gänzlich auf Energieimporte angewiesen und kann jederzeit von den Lieferanten erpresst werden. Wir müssen unbedingt die heimische Braunkohle weiter zur Stromerzeugung nutzen, damit eine Grundversorgung gesichert ist. Darüber hinaus muss der Zugang zu den Öl- und Gaslagern im Schiefergestein aufgeschlossen werden, um bei Bedarf kurzfristig die Förderung aufnehmen zu können. Die Lieferländer von Kohle, Erdgas und Erdöl sollten breit gestreut werden. Für flüssiges Erdgas (LNG) wird das schwierig, weil es nur wenige Lieferländer mit Verflüssigungsanlagen gibt.

Das Festhalten an der Energiewende mit der Subventionierung von Fakepower verteuert die Energie deutlich durch die ideologisch bedingten Kosten. In erster Linie müssen die Abgaben auf CO2-Emissionen fallen. Sie verteuern die Energie um mehr als 30 Milliarden Euro/Jahr. Geplant ist eine Verdopplung bis Verdreifachung dieser Abgaben. Das sind bis zu 1000 Euro pro Einwohner und Jahr. Weiter müssen die Subventionen für Fakepower, die Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), abgeschafft werden. Die Fakepower-Erzeuger müssen ihren Strom direkt vermarkten.

 

Energievorräte sind notwendig 

Die Stromerzeuger müssen verpflichtet werden, Brennstoff für mehrere Wochen vorzuhalten. Für Erdöl ist das seit vielen Jahren der Fall. Der Bedarf für 3 Monate wird in Salzkavernen gelagert. Erdgas lagert in Kavernen, die für den hohen Winterverbrauch gefüllt werden. Auch dies ist eine Reserve für einige Tage bis einige Wochen. Für Kohle ist keine Reserve vorgeschrieben und auch nicht vorhanden. Die meisten Kohlekraftwerke haben Kohle nur für wenige Tage. Für eine sichere Stromversorgung muss sich das ändern. Es müssen Kohlevorräte für einige Wochen angelegt werden. Dies ist einfach, denn Kohle kann problemlos auf Halde im Freien gelagert werden. Wie sollte nun eine optimale Energieversorgung in Deutschland aussehen?

 

Optimale Energienutzung

Der Strom muss weitgehend mit Kohlekraftwerken erzeugt werden. Um Leistungsspitzen abzudecken, sind Gaskraftwerke am besten geeignet. Die Subventionierung und sonstige Stützung von Fakepower einschließlich der CO2-Abgaben sind sofort zu beenden. Zur Vermeidung von Stromverlusten müssen Kraftwerke in unmittelbarer Nähe von Großverbrauchern betrieben werden. Dann kann auf teure neue Stromtrassen quer durch das Land verzichtet werden, die viel Energie schlucken (Die Leitungen werden bei Volllast bis zu 60 °C warm). Die Heizungen sollten vorwiegend weiter mit Erdgas betrieben werden. Wärmepumpen sind keine wirtschaftliche Alternative. Sinnvoll und kostensparend ist dazu eine Warmwasserversorgung mit Sonnenkollektoren. Im Sommer wird dann keine weitere Wärmequelle mehr zur Warmwassererzeugung gebraucht.

Mit diesen Maßnahmen wird der Strompreis halbiert und der Brennstoff optimal ausgenutzt, also verringert. Nach den Berichten in den öffentlichen Medien geht die Ampelregierung nicht diesen Weg. Ihre Ideologie fordert die Energiewende, durch die immer mehr erzeugte Energie vernichtet wird, bevor sie den Verbraucher erreicht. Wann wird sich das endlich ändern?

 

 

 




Die Windkraftindustrie hat es schwer in Frankreich

Von Edgar L. Gärtner

Seit dem 8.März 2024 (viele denken da an der „Weltfrauentag“) haben die französischen WKA-Gegner Grund zum Jubeln. Umgekehrt könnte man auch sagen, dass die WKA-Lobby in Frankreich vor dem durchaus einflussreichen Staatsrat zittert. Denn an diesem Tag hat dieser die hochfliegenden Pläne dieser skrupellossenn Interessenvertretung durchkreuzt. Schon im vergangenen Jahr hatten Appellationsgerichte in der französischen Provinz den teuren Rückbau ganzer Windparks aus ästhetischen bzw. kulturhistorischen Gründen angeordnet. Im März 2024 ging es hingegen um die Klage einer Bürgerinitiative des Dorfes Echauffour im nordfranzösischen Département Orne gegen den Bau eines Windparks im Jahre 2019 nur wenige hundert Meter vor ihrer Haustür. Die Dorfbewohner klagten über eine unerträgliche Belastung mit teilweise hörbarem, teilweise aber auch unhörbarem Infraschall und verlangten, dass die Präfektur überprüfen ließ, ob das zulässig sei.

Die Präfektur schickte einen „Experten“, mit dessen Arbeit die Mitglieder der Bürgerinitiative und deren Fachberater aber nicht zufrieden waren. Es stellte sich heraus, dass es keine von beiden Seiten akzeptierte Norm für die Messung des Lärms von WKA gab. So zog sich der Streit hin. Zwischendurch versuchte die französische Regierung den Betreibern der WKA durch einen Ministererlass Rechtssicherheit zu verschaffen. Doch die Bürgerinitiativen verlangten eine neue Messvorschrift, die die Belange der Anwohner besser berücksichtigt. Der Staatsrat hat schließlich den Streit zumindest vorläufig beendet, indem er feststellte, es gebe kein Mess-Protokoll, festgelegt in AFNOR, dem französischen Gegenstück zur DIN, nach dem die Lärmbelästigung durch WKA zuverlässig gemessen und im Hinblick auf mögliche Gesundheitsbelastungen bewertet werden können. Alle bis dahin ausgesprochenen Betriebsgenehmigungen für WKA seien also nichtig. Die Anti-WKA-Bürgerinitiativen feierten diese Entscheidung als Sieg, denn sie liefere Argumente für den Stopp aller WKA-Projekte an Land. Allerdings sind einige französische WKA-Gegner so realistisch, dass sie nicht ausschließen, die notwendige normative Klärung könne am Ende für sie noch ungünstiger ausfallen.

Obwohl Frankreich eine deutlich größere Landfläche als Deutschland hat, also viel dünner besiedelt ist und vor allem gegenüber Deutschland über eine unvergleichlich lange Küstenlinie verfügt (selbst wenn man die vielen Inseln, die Reste des ehemaligen Kolonialreiches, nicht berücksichtigt) lieferte die Windkraft dort Ende 2022 weniger als 19 Gigawatt (GW) elektrische Leistung im Vergleich zu den über 60 GW in Deutschland. Um dem Druck der EU nachzugeben, propagiert die französische Regierung unter Emmanuel Macron und Gabriel Attal weiterhin den beschleunigten Bau von WKA. Da das an Land wegen des wachsenden Widerstands der örtlichen Bevölkerung schwierig geworden ist, setzt die Regierung seit einiger Zeit auf größere Offshore-Projekte. Eine WKA-Kapazität von 45 GW soll in den nächsten Jahren vor den französischen Küsten entstehen.

An Land berücksichtigen die Gerichte bei Auseinandersetzungen mit Protestgruppen neben kulturellen und medizinischen Aspekten nun auch die durch den WKA-Betrieb hervorgerufene Wertminderung von Immobilien. So hat das Appellationsgericht im bretonischen Rennes im März 2024 den WKA-Betreiber FP Lux Wind zur Zahlung von Entschädigungen zwischen 27.000 und 80.000 Euro, insgesamt 730.000 Euro an betroffene Immobilienbesitzer verurteilt. Kein Pappenstiel für den WKA-Betreiber.

WKA-Offshore-Projekte stoßen vor allem in bekannten Urlaubsregionen auf wachsenden Widerstand. Kein Wunder, weil es hier um das wichtigste Kapital ansonsten wirtschaftlich benachteiligter Regionen geht. In letzter Zeit haben sich hier das Département Vendée und insbesondere Yannick Moreau, der Bürgermeister des bekannten Urlaubsortes Les Sables d’Olonne (gleichzeitig Vorsitzender der Mandatsträger der Küstenregion), hervorgetan. Moreau weist darauf hin, dass die benachbarten Inseln Yeu und Noirmoutier bereits durch weit sichtbare Offshore-Windparks beglückt wurden. Nun komme ein dritter Windpark hinzu, der den ohnehin bereits notleidenden mittelständischen Fischern die Arbeit erschwere. José Journeau, der lokale Vorsitzende der Fischer, weist auf die traditionell große Kampfbereitschaft der Bewohner des Vendée hin.

Kurz: In Frankreich ist es für die Wind-Lobbyisten und die hinter ihnen stehenden Anhänger der Agenda des „Great Reset“, zu der sich Staatspräsident Emmanuel Macron und sein Premierminister Gabriel Attal bekennen, nicht so leicht, einfach auf stur zu schalten wie in Deutschland, zumal Macrons globalistische Partei „Renaissance“ in den bevorstehenden Europawahlen voraussichtlich sehr schlecht abschneiden wird. Parteien, die die nationalen und regionalen Belange in den Vordergrund rücken, werden das Rennen machen.