Die geplatzte grüne Lebenslüge: Das Video einer Veranstaltung des Berliner Kreises in der Union

Das Video „Energiesicherheit in Zeiten europäischer Konflikte und ideologischer Umwälzungen“ spricht aus, was deutsche Politiker aller Couleur mit gesundem Restverstand schon längst wissen. Ob es zu den überlebenswichtig schnellen Konsequenzen führt, ist leider zu bezweifeln.

Hier das Video



Zusammenfassung der Fakten und erforderliche Maßnahmen

Auf Basis purer Ideologie und ohne jedwede ordentliche Sachbasis hat sich die deutsche Regierungspolitik seit Beginn der Regierung von Dr. Angela Merkel bis heute immer weiter in eine aussichtslose Situation der Energieversorgung hineinmanövriert. Die mit aller Kraft geförderten „neuen Energien“ Wind und Sonne tragen nämlich trotz extremer Naturzerstörungen durch aktuell bereits über 30.000 Windräder gerade einmal 5% zur deutschen Gesamtenergie bei. Dass diese Art der Stromerzeugung generell für hochentwickelte Länder ungeeignet ist, beginnt die gesamte  „westlichen Welt“ allmählich zu begreifen. China, Indien, Russland, Afrika, Südamerika, aber auch die EU-Visegrad-Staaten wissen es schon länger.

Der deutschen Bevölkerung wurden bis heute durch Politik und eine absolute rot-grüne Mehrheit der deutschen Medien die Fakten über „neue Energien“ vorenthalten. Um den flatterhaften Strom (Fake-Power) aus Wind und Sonne überhaupt nutzbar zu machen, waren (ohne dass dies die Politik offen zu kommunizieren wagte) eine Unmenge von schnell reagierenden Gaskraftwerken und eine neue Gaspipeline „north-stream 2“ vorgesehen, die bei Flaute, Wolkenbedeckung bzw. nächtens Stromersatz schaffen sollten. Kohle- und Kernkraftwerke wurden auf der anderen Seite bedenken- und verantwortungslos nach und nach gesetzlich abgeschafft.  Der Hauptlieferant des Gases war und ist bis jetzt Russland, welches unter Putin aktuell einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine führt.

Es ist inzwischen unstrittig, ausgenommen grüne Überzeugung infolge Realitätsverweigerung, dass eine plötzliche und dauerhafte Unterbrechung der russischen Gaslieferung zu einer unvermeidbaren Katastrophe für unser Land führen würde. Dies geht allein aus folgenden Zahlen hervor: 55% des deutschen Gasverbrauchs wird aktuell mit russischem Gas gespeist, 38% davon verbraucht die deutsche Industrie, der Rest verteilt sich auf Hausheizungen, Stromerzeugung etc. Die Folgen einer völligen Kappung russischen Gases kann durchaus mit der Situation Deutschlands im Jahre 1945 verglichen werden. Wir hätten mit einem Schlag Millionen von Arbeitslosen, die wichtigsten Industrietätigkeiten kämen zum erliegen, es gäbe gefährliche Versorgungsengpässe, insbesondere auch in der Nahrungsbereitstellung von Supermärkten. Der zu erwartende Zerfall der öffentlichen Ordnung braucht dann kaum noch erwähnt zu werden.

Eine dauerhafte Unterbrechung russischer Gaslieferungen wäre durch folgende Ereignisse bzw. Maßnahmen zu befürchten, die fatalerweise der Realität immer näher kommen:

  • Russland setzt seine potentielle energiepolitische Waffe des Absperrens der deutschen Gasversorgung von sich aus ein. Dies würde wohl auch das Absperren russischer Kohle und russischen Erdöls bedeuten.
  • Deutschland schließt sich extremen Steigerungen der Sanktionen gegen Russland an, mit der absurden Konsequenz, damit von selbst jede weitere Gaslieferung aus Russland zu beenden.

Es steht EIKE und den Autoren dieser Zeilen nicht an, diese denkbaren politischen Entwicklungen zu kommentieren oder gar zu bewerten. Es ist lediglich daran zu erinnern, dass Deutschland an erster Stelle aller europäischen Länder gefährdet ist. Polen beispielsweise setzt dagegen immer noch voll auf Kohle, indem es sich Jahre lang klugerweise dem Druck der Brüsseler CO2-Jakobiner entzog, inzwischen dediziert nach Kernenergie strebt und längst für Ersatz russischen Gases aus Norwegen gesorgt hat. Dann lassen sich natürlich entspannt härtere Sanktionen gegen Russland fordern.

Alle Maßnahmen, den Ausfall russischer Gaslieferungen durch neue Lieferanten auszugleichen, haben technisch bedingt nicht abzukürzbare Vorlaufzeiten, die in Jahren zählen – selbst dann, wenn die deutsche Politik  unverzüglich und mit allen Mitteln handeln würde. Aber auch die Kosten wären extrem, denn das hier wohl allein in Frage kommende LNG-Gas aus den USA ist drei Mal so teuer wie russisches Erdgas. Der Ausgleich fehlenden russischen Erdöls und russischer Kohle wäre im Gegensatz zum Gas zwar schwierig, aber immerhin in erträglichen Vorlaufzeiten ohne katastrophale Folgen vielleicht machbar. Hier würde die deutsche Braunkohle eine Schlüsselstellungen einnehmen.

„Was können wir tun“?

Das Prinzip „hoffen und abwarten“ wäre die nicht ganz unwahrscheinliche Spekulation, dass Russland mit dem Blick auf die Zeit nach dem Krieg nicht von sich aus einen totalen Lieferstop anordnet. Eine vernünftige deutsche Handlungsoption ist dieses Prinzip natürlich nicht.

Deutschland ergreift deswegen unverzüglich folgende Maßnahmen, denn jeder verlorene Monat verursacht Milliardenschäden:

  • Erhalt und Ertüchtigung bestehender Kohlekraftwerke, ferner sofortiger Neubau von modernen Braunkohle- und Steinkohle-Kohlekraftwerken – mit carbon capture und storage Technologie (CCS), wenn dies denn politisch zur Wahrung grüner Weltrettung sein muss.
  • Weiterbetrieb der drei noch laufenden Kernkraftwerke und Wiederbelebung der letztes Jahr abgeschalteten drei Anlagen. Prüfung des Kaufs neuer KKW im Ausland (z.B. USA, China, Korea, Frankreich) und vor allem sofortiges Wiedereinsteigen in die Forschung an der neuen Generation IV von Kernkraftwerken wie zum Beispiel am Konzept des Dual Fluid Reaktors.

In diesen Fällen sind die zugehörigen Gesetze des Kohle- und Kernenergieausstiegs sowie des Verbots von CCS vom Gesetzgeber zu kassieren. Zumindest kann der grünen Gesichtswahrung wegen der Kohle- und KKW-Ausstieg auf wesentlich längere Zeitspannen ausgedehnt werden, so dass die heutigen Verantwortlichen längst ihr Pensionsalter erreicht haben, oder sogar nicht mehr leben und damit wieder Vernunft anstelle von Ideologie in der deutschen Politik zum Zuge käme.

Was Gas angeht, ist zu betonen, dass wir heimische Quellen haben, die aber nur zu winzigen Teilen genutzt werden. Deutschland fördert nach wie vor, wenn auch mit abnehmender Tendenz, Erdgas nach konventionellen Methoden. Die geförderte Menge liegt aktuell bei ca. 4,75 Mrd m3, deckt also nur rd. 5 % des Bedarfes an Erdgas und lässt sich wegen der Erschöpfung der Quellen bzw. der Kosten für bessere Fließwege nur mit mehr Aufwand steigern, dann aber deutlich. Mittels Einsatz der bekannten Technik beim Schaffen besserer Fließwege ließe dessen Anteil auf ca.  10 – 15 % anwachsen, also verdoppeln oder verdreifachen. So teilte es der  Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau an der TU Bergakademie Freiberg, Prof. Moh’d Amro, der WiWo in einem Interview kürzlich mit.

Noch besser ist die Situation bei der Gewinnung von Erdgas mittels unkonventioneller Methoden (Fracking). Dafür gibt es Vorräte bis zu 2.340 Mrd. m3 gemäß einer Untersuchung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), hier und hier. Hinzu kämen die förderbaren Mengen aus Kohleflözen, von denen bis zu 450 Mrd. m3 förderbar wären. Diese Mengen würden ausreichen, die russischen Lieferungen für knapp 50 Jahre zu ersetzen. Das wichtigste daran ist natürlich, die Förderung innerhalb von nur 6 bis 12 Monaten zu beginnen und danach schnell zu steigern. Die Erhöhung der Förderung aus konventionellen Quellen ist sogar innerhalb weniger Wochen machbar, wie es der oben schon genannte Experte Amro unlängst ebenfalls in einem Beitrag für die Wirtschaftswoche ausführte. Zusammengefasst ist festzustellen, dass Deutschland ohne große Verrenkungen seinen russischen Anteil an Erdgaslieferungen innerhalb weniger Wochen reduzieren und dann Schritt für Schritt sogar auf Null bringen könnte. Natürlich ist auch für das Fracking die Gesetzeslage entsprechend zu ändern.

Letzter nicht zu vergessender Punkt sind „Klimaschutz-“ und Energiewende-Maßnahmen, die Deutschland Jahr für Jahr in der Größenodnung von 20-30 Milliarden Euro Kosten verursachen – und dies ohne irgend einen Gegenwert. 5% der Primärenergie aus Wind und Sonne, die nur mit aufwendigen Redispatch- und Abregelungsmaßnahmen unter hohen Zusatzkosten brauchbar ins Netz gelangen, die extremen Natur- und Landschafts-Schädigungen durch Windräder und die steigende Blackout-Gefahr sind insgesamt alles Andere als ein Gegenwert und erfordern bei gesundem Verstand sofortiges Beenden des gigantischen Energiewende- und „Klimaschutz“-Unsinns.

  • Die an DDR-Zeiten erinnernde Energie-Planwirtschaft Deutschlands ist zu beenden, und die „Neuen Energien“ sind ganz einfach dem freien Markt zu überlassen – mit der Zulassungseinschränkung, dass ihr Strom bedarfsgerecht geliefert wird und sie strengsten Naturschutz erfüllen. Infolgedessen ist die aktuelle juristische Aufweichung des Naturschutzes zum Zweck weiteren Windradausbaus wieder durch wirklichen Naturschutz zu ersetzen, der keine Ausnahmen für ideologische Verirrungen wie „Rettung des Globalklimas“ zulässt (nebenbei: ein globales Klima gibt es nicht, nur Klimazonen von tropisch bis polar).
  • Die Energiewende und alle Subventionen für „neue Energien“ sind durch entsprechende Gesetzesänderungen zu beenden. Dazu gehört auch die Zurückweisung entsprechender EU-Vorschriften zur CO2-Vermeidung, zum CO2-Emissionshandel und weiterer Fehlentwicklungen. Die Verweigerung Deutschlands von EU-Strafzahlungen infolge zu hoher CO2-Emissionen ist dringend angebracht, denn der Anstoß zu „Klimaschutz“ und all der sich weiter daraus ergebende Abersinn kommt letztlich aus Brüssel. Deutschland als größter Nettoeinzahler der EU hat ausreichendes Schwergewicht für eine solche Zurückweisung und damit für die Wiedererstarkung des Subsidaritätsprinzips. Es muss dieses Gewicht zur Wahrung seiner Interessen aber auch einsetzen! Nicht nur die Entscheidung für oder gegen CO2-Vermeidung, auch viele andere Maßnahmen sollten übrigens in Befolgung des Subsidaritätsprinzips, das bei Gründung der EU ausdrücklich vorgesehen war, Brüssel entzogen und wieder den Nationalstaaten vorbehalten bleiben (hier).
  • Die EU ist leider zu einem sozialistischen Bürokratiemonster verkommen, welches sogar schon italienische Ziegenhirten dazu zwingt, ellenlange Zulassungsbestimmungen für ihre Arbeit zu befolgen und zu dokumentieren. Die EU ist für alle von uns ein zu hohes Gut, um sie zu einer Spielwiese für sadistische Brüsseler Bürokraten, für Ökosozialisten, für bürokratische Behinderungen der selbst gestalteten wirtschaftlichen Entwicklungen ihrer Mitgliedsstaaten und für Gelddruckorgien der EZB verkommen zu lassen. Die aktuelle Krise wäre ein guter Anlass, die EU wieder auf den Weg zurück führen, der von ihren Gründervätern vorgesehen war.

Schlussendlich muss durch die gesetzlich vorgeschriebene Informationsplicht der deutschen Regierung und deutscher Medien die Bevölkerung über die fachwissenschaftlichen Ungewissheiten des Klimawandels (natürliche Klimavariabilität oder anthropogen) neutral aufgeklärt werden wie beispielsweise über die mehrere 100% Unsicherheit der Klimasensitivität (Quellen IPCC und Klimafachliteratur), über die Unverhältnismäßigkeit von „Klimaschutz“ bei unseren praktisch nichts bewirkenden 2% Anteil an den CO2-Emissionen aller Länder, über unsere Stellung in der Spitzengruppe der Länder mit den besten Quotienten von Produktivität zu CO2-Emissionen (s. das hier besprochene Video) und über die segensreiche Rolle des anthropogenen CO2 beim Zurückdrängen von Wüsten und bei besseren Ernten von Nahrungspflanzen (hier), um nur wenige stellvertretende Beispiele zu nennen. Deren Nennung ist leider immer noch mit einem Tabu belegt. Unter diesen neuen Umständen werden dann auch wieder freie Fachdiskussionen in Universitäten sowie populäre Diskussionen in den rechtlich-Öffentlichen Talkshows stattfinden, aus denen neutrale Klima- und Energie-Experten nicht mehr verbannt sind.

Es ist leider zu erwarten, dass die hier geschilderten Maßnahmen der reinen Vernunft erst dann erfolgen, wenn es endgültig zu spät ist, denn es ist bereits jetzt schon zu spät. Leider gibt es keine Haftung für unverantwortlich handelnde politische Mandatsträger. Dann nämlich hätte sich der von irregeleiteten Ideologen verantwortete Spuk von „Klimaschutz“ und Energiewende erst gar nicht durchgesetzt, und die Verantwortlichen säßen wegen unterlassener Hilfeleistung längst im Gefängnis.

Horst-Joachim Lüdecke und Michael Limburg, April 2022

 

 

 

 




Deutschland müsste auch bei Gas-Importstopp an Gazprom zahlen

Aufgrund der bestehenden Gas-Lieferverträge müsste Deutschland vermutlich auch dann Gazprom weiterhin bezahlen, wenn man auf den Bezug russischen Erdgases verzichten würde.

von Henrik Paulitz

Das liegt an den „Take-or-Pay“-Klauseln in den Lieferverträgen. Es könnte die kuriose Situation entstehen, dass Deutschland weit überteuertes LNG-Gas beispielsweise aus den USA bezieht und zugleich an Russland Überweisungen „für heiße Luft“ vornehmen müsste. Das müsste eigentlich all jenen sehr bewusst sein, die Deutschland derzeit heftig drängen, vertragsbrüchig zu werden. Was steckt dahinter?

Nach jüngsten russischen Forderungen zur künftigen Bezahlung von Gas-Lieferungen verwies die deutsche Bundesregierung auf die bestehenden Verträge und begründete damit ihre Ablehnung einer Zahlung in Rubel. Die Verträge für den Import von Erdgas aus Russland beinhalten aber weitere beachtenswerte Aspekte, über die in der deutschen Öffentlichkeit bislang nicht gesprochen wird.

 

Take-or-Pay-Verträge, die über das Jahr 2020 hinausgehen

Es geht überwiegend um langfristige Verträge mit Laufzeiten von 10 bis 25 Jahren mit festgelegten Mengen und Preisen. Mehr noch: Es handelt sich um so genannte Take-or-Pay-Verträge, bei denen die deutschen Importeure eine unbedingte Verpflichtung zur Zahlung übernommen haben, unabhängig davon, ob man das Erdgas tatsächlich importiert oder nicht. Man muss also die für etliche Jahre vor-bestellte Abnahmemenge bezahlen, ob das Gas am Ende fließt oder nicht.

Um Schwankungen bei der Nachfrage gerecht zu werden (z.B. industrielle Konjunktur, Temperaturen etc.), werden dabei gewisse Flexibilitäten eingeräumt, oft ein Korridor von 80 bis 110 Prozent der vereinbarten Jahresmenge, so ein mit den Modalitäten vertrautes Beratungsunternehmen. Daneben werden oft auch monatliche Flexibilitäten vereinbart. Wer diese Mengen unterschreitet, bezahlt die abgenommenen Mengen trotzdem (kann sie aber teilweise dann zu einem späteren Zeitpunkt noch abnehmen) – take or pay. Ein ehemaliger hochrangiger Manager der Gasbranche bestätigt das: Wenn man einen solchen Liefervertrag breche, dann entstünde eine unmittelbare Fälligkeit. Das sei auch keine Frage für ein Schiedsgericht, da es sich ja nicht um eine Ermessensentscheidung handelt. Man könne der Zahlungsverpflichtung nicht entgehen. Seiner Aussage nach wollen die deutschen Erdgasunternehmen die Verträge einhalten. Man wäre auch tatsächlich gut beraten, die Lieferungen weiterhin anzunehmen.

Entsprechend hatte der größte Importeur russischen Erdgases, Uniper, am 7. März mitgeteilt, man verurteile den russischen Einmarsch in die Ukraine scharf. Man werde auch keine neuen langfristigen Lieferverträge für Erdgas mit Russland abschließen. Mit dem Neustart des LNG-Terminalprojekts in Wilhelmshaven plane man eine verstärkte Diversifizierung der Bezugsquellen. Bezüglich der laufenden Verträge hält man aber fest: „Bestehende langfristige Gasimportverträge mit Russland bleiben Teil der sicheren europäischen Gasversorgung.“ Medienberichten zufolge hat Uniper Verträge mit russischen Energieunternehmen, die über das Jahr 2030 hinausgehen.

 

Höhere Gewalt in Form von Sanktionen?

Das oben genannte Beratungsunternehmen geht davon aus, dass die Take-or-Pay-Klausel für die aktuelle Situation nur begrenzt relevant wäre. Die Sanktionen seien als „höhere Gewalt“ zu sehen, was die Erfüllung von Verträgen objektiv unmöglich mache. Die importierenden Unternehmen wären somit vermutlich aus dem Schneider. Es ist aber davon auszugehen, dass die finanziellen Forderungen von Gazprom sich dann an den sanktionierenden deutschen Staat, somit an die Steuerzahler richten würden.

Man würde es sich wohl auch zu einfach machen, davon auszugehen, Moskau würde und müsse das dann einfach so hinnehmen. Dabei ist von Bedeutung, dass Gazprom keineswegs dem russischen Staat alleine gehört: Nahezu die Hälfte der Gazprom-Aktien befinden sich in der Hand privater Aktionäre, ein Großteil aus dem Westen. Die US-Großbank Bank of New York Mellon verwaltete – jedenfalls vor Jahren – rund 26 Prozent der Gazprom-Aktien.

Es dürften also auch sehr viele westliche sowie US-amerikanische Großaktionäre ein ganz erhebliches Interesse daran haben, dass Deutschland seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gazprom zuverlässig nachkommt. Sie wären sicherlich „not amused“, würde Deutschland seinen Vertragsverpflichtungen nicht nachkommen. Sehr schnell könnte Deutschland dann vielleicht doch vor einem internationalen Schiedsgericht verklagt werden.

 

Erfahrungen der Ukraine

Ausgerechnet die Ukraine kennt die Situation, dass es mit Take-or-Pay-Verträgen mit Gazprom kaum möglich ist, unbeschadet die vereinbarten Gasliefermengen nicht zu bezahlen. Jahrelang litt die Ukraine unter den von Julija Tymoschenko 2009 unterzeichneten Verträgen mit hohen Abnahmeverpflichtungen und hohen Preisen. Nach jahrelangen Verhandlungen, in denen die ukrainische Nachfolgeregierung vergeblich versuchte, zu günstigeren Konditionen zu kommen, entschied das Land schließlich, zunehmend eigenes Erdgas zu fördern und verstärkt wieder Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung zu nutzen. Die Ukraine war 2012 auf dem besten Weg, seine Erdgasimporte zu halbieren.

Gazprom bzw. Russland verwiesen aber auf die bestehenden Take-or-Pay-Verträge und sprachen von ukrainischen „Schulden“ für das zwar teilweise nicht mehr bezogene, dennoch aber zu bezahlende Erdgas. Man beharrte auf Einhaltung der Verträge.

Es folgten die auch vom westlichen Ausland kräftig unterstützten Maidan-Proteste in Kiew. 2014 kam es zum Regime-Change, zur Annexion der Krim und zum Ostukraine-Krieg. Mit dem Ostukrainekrieg wurden Kohlebergwerke im Donbass zerstört und außer Betrieb gesetzt, so dass die Ukraine ihre Kraftwerke nicht in geplantem Umfang zur Stromerzeugung mit eigener Kohle befeuern konnte. Mit der Annexion der Krim und der „Nationalisierung“ des ukrainischen Erdgas-Förderunternehmens Tschernomorneftegas auf der Krim war die geplante Ausweitung der Erdgasförderung der Ukraine im Schwarzen Meer nicht mehr durchführbar. Royal Dutch Shell und ExxonMobil stoppten ihre „ukrainischen“ Erdgasprojekte.

Die Krim-Annexion und der Ostukrainekrieg sorgten insofern dafür, dass die Ukraine ihre angestrebte Energie-Unabhängigkeitsstrategie nicht wie vorgesehen durchführen konnte, so auch die Einschätzung des NATO Defence College in Rom vom April 2015. Vor diesem Hintergrund hatte die Akademie Bergstraße schon vor Jahren damit gerechnet, dass Russland weitere Gebiete entlang des Asowschen Meeres einschließlich der Hafenstadt Mariupol und die Küste entlang des Schwarzen Meeres militärisch unter Kontrolle bringen könnte, um der Ukraine weitere Möglichkeiten der Erdgasförderung zu entziehen. Nun ist es geschehen.

Der aktuelle Krieg in der Ukraine könnte insofern insbesondere auch der „Ressourcenkontrolle“ dienen, wobei es sich dabei nach den Analysen der Akademie Bergstraße um ein praktisch universelles Kriegsziel handelt. Die reichen Energievorkommen der so genannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk könnten jetzt dauerhaft unter russische Kontrolle kommen, ebenso wie die reichhalten Erdgasvorkommen der Region. Wieder einmal also würde Russland mit militärischer Macht dafür sorgen, das Energie-Angebot knapp zu halten und ein Land daran zu hindern, seine eigenen Energie-Vorkommen nutzen zu können.

 

Wirtschaftskrieg gegen Deutschland?

Diese Interessen Moskaus bzw. von Gazprom (und seinen auch westlichen Aktionären) sollte man zumindest kennen und mit in Erwägung ziehen, wenn Deutschland derzeit an einer möglichen Neuausrichtung seiner Erdgaspolitik arbeitet. Unterhalb der Schwelle eines Krieges gibt es weitere Möglichkeiten für unfreundliche Aktivitäten, die erheblichen Schaden anrichten können. Ein Cyberangriff beispielsweise auf die Stromversorgung könnte im ungünstigsten Fall zu einer Katastrophe nationaler Tragweite führen.

Die aktuellen Geschehnisse könnte man in Teilen schon als einen gegen Deutschland gerichteten Wirtschaftskrieg interpretieren. Der erhebliche Erwartungsdruck nicht nur der ukrainischen Regierung, sondern auch von Seiten der USA und von anderen westlichen Verbündeten, Deutschland solle seine langfristigen Erdgaslieferverträge nicht einhalten, wohl wissend, dass Gazprom auf eine vertragsgemäße Zahlung Deutschlands bestehen wird, ist schon bemerkenswert.

Würde man diesen Forderungen nachgeben, dann könnte die kuriose Situation eintreten, dass Deutschland jetzt langfristige Lieferverträge für den Bezug von hochpreisigem LNG-Gas u.a. aus den Vereinigten Staaten abschließt, zusätzlich aber weiterhin gegenüber Gazprom zahlungspflichtig wäre, selbst wenn kein russisches Erdgas mehr importiert wird. Irgendwann müsste Deutschland diese „Schulden“ dann möglicherweise doch begleichen. „Putins Krieg“ ist auch für Deutschland brand-gefährlich. Die Sanktionen könnten in Deutschland weitaus mehr Schaden anrichten als sie dem Kreml weh tun. Ein potenzieller Erdgas-Lieferstopp bedroht die gesamte Volkswirtschaft.

Der Vorstandsvorsitzende des Chemieriesen BASF, Martin Brudermüller, sagte der FAZ, dass die russischen Gaslieferungen bisher die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und der europäischen Industrie seien. Über die Geschäftsbeziehungen ist direkt oder indirekt ein Großteil der Unternehmen betroffen, gerade auch im Mittelstand. Brudermüller fragt: „Wollen wir sehenden Auges unsere gesamte Volkswirtschaft zerstören?“

Ebenso fürchtet auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) einen „Zusammenbruch unserer Industrie“ als Folge eines Gas-Embargos. Möglicherweise geht es manchen, die jetzt den sofortigen Verzicht auf russisches Erdgas fordern, weniger um das Leid der ukrainischen Bevölkerung und um die Beendigung des Kriegs in der Ukraine, als vielmehr um eine drastische Reduktion der deutschen Industrie und des Wohlstands, „um die Klimaziele zu erreichen“. Viele Andeutungen von Studiogästen in Talkshows oder auch bei Phoenix deuten darauf hin, dass man die aktuellen Geschehnisse gerne nutzen möchte für die weitere „Transformation“ Deutschlands. Ein Einbrechen der Wirtschaft und potenzielle Massenarbeitslosigkeit werden zugunsten eines „Klimaschutzes“ achselzuckend in Kauf genommen, dabei wären solche Entwicklungen dazu geeignet, den gesamten Kontinent zu destabilisieren und den Krieg in Europa auf gefährliche Weise auszuweiten, statt zu beenden.

 

Hinweis der EIKE-Redaktion

Wir danken Herrn Paulitz ganz herzlich für die freundliche Genehmigung, seinen Artikel in den EIKE-News übernehmen zu dürfen. Der Beitrag erschien am 2. April 2022 bei „Tichys Einblick“ in sehr geringfügig anderer Form, verglichen mit der, die uns seitens des Autors Herrn Paulitz persönlich zuging. Wir geben hier die Originalform wieder und haben lediglich zwei Überschriften angepasst. Das Artikelbild wurde von EIKE dem lizenzfreien unsplash entnommen.

Henrik Paulitz ist Leiter der Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung. Siehe: www.akademie-bergstrasse.de.




Komplett sinnentleert: Christian Lindners „Freiheitsenergien“

Zitat Christian Lindner: „Erneuerbare Energien leisten nämlich nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherheit und -versorgung. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien.“

von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Diese Aussage machte Christian Lindner anlässlich der Sondersitzung des Bundestags zum Krieg in der Ukraine am 28.02.2022 (hier). Sachlich verrückter geht’s kaum noch, und unsere derzeitige Welt ist alles andere als arm an Verrücktheiten. Nun ist die deutsche Sprache aber manchmal heimtückisch, so dass man Lindner’s Aussage nicht als komplett falsch bezeichnen darf. Wind- und Sonnenenergien sind tatsächlich Freiheitsenergien, denn sie kommen und gehen frei, wann sie wollen. Leider belegt der Kontext der Aussage von Lindner, dass er es nicht in diesem Sinne gemeint hat. Schade für unseren Finanzminister, er hat aus kompletter Unkenntnis der realen Eigenschaften von Wind- und Sonnenenergie ein super Bonmot verpasst und stattdessen nur sachlichen Unsinn von sich gegeben.

Dass die Eigenschaft des „Kommens und Gehens“ von Wind- und Sonnenenergie nicht gerade UNSERE Freiheit fördert, haben bereits die ersten Politikwendehälse begriffen, die ungerührt kürzester Wendezeit und fragwürdiger Aussagen unseres Finanzministers plötzlich von grünen Energien nichts mehr wissen wollen und wieder „Kohle- und Kernenergie“ wünschen. So beispielsweise der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, aber auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze gemäß BILD, 4. März 2022 und BR24 (hier). Rekordwendehals Söder möchte die letzten 3 verbliebenen AKW 3 bis 5 Jahre länger laufen lassen. Schulze möchte die Frage der 3 noch im Betrieb befindlichen AKW „diskutieren“.

Ähnlich kühne Forderungen ertönen gemäß BILD auch seitens Politikern der zweiten und dritten Reihe – ein Schelm, wer dabei an erträumte zukünftige Karrieren denkt. Vom Sachinhalt ihrer Wenden haben sie zwar kaum Ahnung, anderenfalls hätten wir es mit Zynikern ohne Verantwortungsbewusstsein zu tun. Jeder Einzelfall gibt daher ein kleines Rätsel auf. Nicht ungewiss ist freilich die technische Expertise von Chritian Lindner über „Erneuerbare“: keine Ahnung, Hauptsache regieren. Selbst der deutsche „Savonarola“ von „Klimaschutz“ und Energiewende, unser Wirtschaftsminister Robert Habeck, scheint allmählich zu begreifen, dass mit Erneuerbaren kein gesundes Industrieland zu betreiben ist (hier, hier). Vielleicht hat er sich ja den Vortrag von Prof. Hans-Werner Sinn „Energiewende ins Nichts“ angesehen (hier), oder gar, noch schlimmer, ein wenig auf der EIKE-Webseite herumgestöbert? Vor wenigen Tagen jedenfalls konnte sich noch niemand den Verständnis- und Sinneswandel von Habeck vorstellen.

Man kann Freiheit in Sachen Energieversorgung aber auch einmal realistisch mit den Augen der von Medien und Politik konsequent ignorierten Fachleute sehen. Echte Freiheitsenergien sind unsere heimische Braunkohle und waren es unsere heimischen Kernkraftwerke. Steinkohle gehört auch noch dazu, wenngleich etwas vom Weltmarkt abhängig.

Freiheitsenergie ist jedenfalls nicht das russische Gas, wie es die deutsche Politik jetzt bitter erfahren musste. Bereits schon aus Preisgründen gehört russisches Gas nicht zu den Freiheitsenergien, denn bekanntlich ist der Energiepreis der Brotpreis unserer Wirtschaft. Und schon gar keine Freiheitsenergie ist das LNG aus den USA. Die politische Anhängigkeit hat hier zwar nicht einmal annähernd russische Brisanz, aber sie ist vorhanden. Vielleicht „schwant“ es ja inzwischen auch unserem Politikpersonal, dass JEDE Abhängigkeit, sogar die von befreundeten Nationen, niemals den Interessen des Abhängigen dient.

USA-LNG ist zudem noch teurer als russisches Gas. Es darf nicht vergessen werden, dass der CO2-Fußabdruck von USA-LNG alle Grenzen sprengt und vermutlich sogar den der Kohleverbrennung übersteigt. Die CO2-Emissionen durch Fracking, Förderung und Transport des USA-LNG verhageln gnadenlos seine CO2-Bilanz. Und falls man sich überhaupt noch für CO2-Bilanzen interessiert (es sieht angesichts der weltpolitischen Entwicklung nicht gut für CO2-Fanatiker aus), wird man die CO2-Frage zugunsten weit wichtigerer Probleme zumindest ans letzte Ende des politischen „to do“ stellen.

Hinzu kommt, dass die Mehrheit des deutschen Politikpersonals in Sachen Qualität keinen Spielraum mehr nach unten aufweist. Heruntergewirtschaftete Bundeswehr, eine zerstörte ehemals sichere Energieversorgung, Verbrechen gegen Natur- und Landschaftsschutz durch unnütze Windräder und Photovoltaik, Genderunfug, wachsende Unfreiheit und zunehmende Bildungsferne an Schulen und Universitäten, Abschaffung des Verbrenungsmotors, sowie immer mehr platte Staats- und Medienzensur sind nur die wichtigsten Negativbeispiele. Was Zensur und Staatspropaganda angehen, sind viele Zeitgenossen inzwischen der aktuellen Meinung, dass ARD/ZDF auch nicht besser sind als RT. Mit dem heutigen Sperren von RT und Sputnik hat sich die EU (hier) als eine überstaatliche Zensurbehörde entpuppt, die es ihren Bevölkerungen nicht mehr zutraut, selber zu entscheiden, was Fakes oder was vernünftige Nachrichten sind. Eine derartige Organisation wird sich reformieren müssen, oder sie wird nicht überleben.

Also liebe Politiker, die ihr durch den Ukraine-Krieg an einem vom Fuchs aufgeschreckten Hühnerstall erinnert (Pardon für diesen leider zutreffenden Vergleich), lasst jetzt besser von „Klimaschutz“ und jedem CO2-Vermeidungsunsinn die Finger. Wendet Euch besser den beiden dringlichsten und überlebensnotwendigen Aufgaben zu, welche sind:

– Unserem Land wieder eine verlässliche Energieversorgung zu verschaffen, in dem Kohle und Kernkraft absolute Priorität haben und

– für unser Land eine funktionierende und ernst zu nehmende Bundeswehr aufzubauen, indem Ihr das Personal an der politischen Spitze der Bundeswehr postwendend in den verdienten Ruhestand schickt, durch Militärfachleute ersetzt und unser Nato-Soll von 2% des deutschen Bruttoinlandsprodukts erfüllt.

Wenn ihr dies ernsthaft anpackt, bleibt für Euren oben aufgezählten sachlichen Unsinn der Vergangenheit ohnehin weder Zeit noch Geld übrig.

 




Wie die Wissenschaftler der Welt für den »Klimawandel« weichgeklopft wurden

Eine Buchrezension von

Siegfried Hettegger

Dieses Buch, direkt beim Verlag und im Buchhandel erhältlich, behandelt die Anfänge der Klimabewegung und die Frühzeit des UN-Klimarates (IPCC) [1] bis zu seiner Korrumpierung in Madrid 1995 – einem Wendepunkt in der Geschichte der Klimawissenschaft, der weitreichende Folgen hatte. Das Buch ist im Original auf Englisch [2] erschienen und wurde jetzt vom Ahriman-Verlag ins Deutsche übersetzt.

Der Autor Bernie Lewin ist Australier und von Beruf Soziologe und Archivar. Schon als Teenager war er in der Umweltschutzbewegung aktiv, stand der Klimabewegung aber von Anfang an skeptisch gegenüber. Weil das Klimathema alle anderen Umweltanliegen immer mehr in den Hintergrund drängte, wollte er genau wissen, warum die Meinung vorherrschte, dass die Gefahr einer weltweiten Klimaerwärmung eine gesicherte wissenschaftliche Basis habe. Das führte ihn zu einer jahrelangen und umfangreichen Recherche: Er sprach mit den beteiligten Wissenschaftlern aller Seiten und beschreibt als Historiker akribisch die Geschehnisse, Personen und zahlreiche Konferenzen. Das Ergebnis ist eine brisante Wissenschaftsgeschichte der Klimaideologie. Es geht in dem Buch also nicht um die Frage, ob es eine gefährliche menschengemachte Erderwärmung gibt oder nicht – dafür bietet im deutschen Sprachraum Horst-Joachim Lüdecke eine gute Übersicht [3] –, sondern um die Frage: Wie konnte sich die Behauptung einer menschengemachten Klimaerwärmung überhaupt durchsetzen und zum allgemeinen wissenschaftlichen Dogma werden?

Eiszeit oder Erderwärmung?

Weltuntergangspropheten gab es schon immer in der Geschichte der Menschheit – neu ist heute nur, dass sie sich auf die Wissenschaft berufen. Bereits Ende des 19. Jh. hatte es Spekulationen über eine damals durchaus erwünschte Klimaerwärmung durch die industrielle Freisetzung von CO2 gegeben, die in der Wärmeperiode der ersten Hälfte des 20. Jh. wieder aufgegriffen wurden, aber keine Anerkennung fanden. In Folge der Erdabkühlung zwischen 1940-1975 kam es ab 1970 zu Katastrophenmeldungen und Panik­mache wegen einer drohenden Eiszeit. Klimaän­derungen traten erstmals in das öffentliche Bewusstsein, und die Nixon-Regierung setzt einen „Sonderaus­schuss für das gegenwärtige Interglazial“ ein. Als die Jahre wieder wärmer wurden, drehte auch die Panikmache ihre Richtung, hin zu einer gefährlichen Klimaerwärmung durch Umweltver­schmutzung.

Alles begann mit dem großen Kohlendioxyd-Forschungsprogramm

Die Energiekrise Anfang der 1970er Jahre löste weltweit eine Debatte über die Energiepolitik aus und führte zu einer Kontroverse über die Vorteile von Kohle- und Kernenergie. Bereits 1974 warb die USA bei den UN für ein internationales Klimaprogramm, während gleichzeitig national die Weichen dafür gestellt wurden, die Auswirkungen fossiler Energieträger zu untersuchen. Das amerikanische Energieministerium startete ein großangelegtes und langandauerndes CO2-Forschungsprogramm, das die Universitäten und das große Netz der National Laboratories über viele Jahre hin mit millionenschweren, nie versiegenden Fördergeldern überflutete. Dadurch wurde die CO2-Frage zum beherrschenden Hauptthema der Klimaforschung, noch lange bevor sie in das Bewusstsein der Öffentlichkeit trat.

Umweltschutzbewegung und Politik

Zeitgleich mit der Energiekrise formierte sich eine weltweite Umweltschutzbewegung, die Kritik an Umweltverschmutzung, Bevölkerungsexplosion und Ressourcenverbrauch übte, deren Leitthema jedoch die Ablehnung der Kernenergie wurde. Internationale Umwelt- und Klimakonferenzen wurden organisiert und Ende der 1980er Jahre erobert die Klimahysterie die Welt. Eine zweite Welle der Umweltschutzbewegung rollte an unter dem Schlagwort „nachhaltige Entwicklung“ und fokussierte sich auf Klimaerwärmung durch CO2, die zum Haupt­problem der Menschheit erklärt wurde. Ein politischer Aktivismus begann und Regierungen forderten erstmals Emissions­beschränkungen. Die Umweltorganisation der Vereinten Nationen [4] war eine treibende Kraft hinter dem UN-Klimaabkommen.

Die Haltung der Wissenschaft

Die meisten führenden Wissenschaftler sahen die CO2-Frage nicht als dringlich an und nahmen dazu eine kritische Haltung ein. Denn solange man die natürlichen Klimaschwankungen, die es ja nachweislich gibt, nicht erklären und keine Messlatte aufstellen kann, ist es nicht möglich, einen behaupteten menschengemachten Anteil daran zu identifizieren. Wissenschaftlich galt die anthropogene Klimaerwärmung bis 1995 als hypothetische Spekulation.

Doch die Politik war der Wissenschaft weit voraus und forderte Maßnahmen gegen den Klimawandel. Der Druck auf die Wissenschaftler nahm zu, einen Nachweis für den menschlichen Einfluss auf das Klima zu finden, um den unsicheren Klimamodellen eine empirische Absicherung zu geben. Die meisten Wissenschaftler hingen am finanziellen Tropf des CO2-Forschungsprogrammes, womit eine neue „Wissenschafts­gemeinde“ herangezüchtet worden war, die für die „Jagd auf den ersten Nachweis“ bereitstand.

Gründung des IPCC

In Washington war man sich uneins: Die US-Umweltschutzbehörde und das State Department beteiligten sich an der Kampagne für ein internationales Klimaabkommen, doch gab es auch Gegenstimmen, und ein Regierungsgutachten hatte sich gegen politische Maßnahmen ausgesprochen. Als Kompromiss legte sich die amerikanische Regierung auf ein internationales Gremium der UNO zur wissenschaft­lichen Lagebeurteilung fest. Damit schlug die Geburtsstunde des IPCC, der von der WMO [5] gemeinsam mit der UNEP gegründet wurde und den Auftrag hatte, die Frage des Klimawandels wissenschaftlich zu begutachten und Empfehlungen für die geplante Klimakonvention zu erarbeiten. 1990 erschien der erste Sachstandsbericht des IPCC. Zwar wurde darin eine Klimaerwärmung prognostiziert, doch bezüglich der politisch wichtigen Frage der Ursache kam der Bericht zum ernüchternden Ergebnis, dass es noch keinen Nachweis für eine anthropogene Erderwärmung gebe und ein empirischer Nachweis noch jahrzehntelang dauern könne. Auch beim zweiten Sachstandsbericht, an dem ab 1994 gearbeitet wurde, kamen die Wissenschaftler zunächst zum gleichen Ergebnis. Damit, so schien es, war politisch das Ende des IPCC besiegelt, denn die Politik hatte sich von ihm erwartet, dass er nicht den Klimawandel in Frage stellt, sondern wissenschaftliche Begründungen dafür liefere, warum gegen die drohende Klimaerwärmung gehandelt werden müsse.

Madrid 1995 als Wendepunkt

Doch dann kam es zu einer überraschenden Wende. Der zum Leitautor des entscheidenden Ursachenkapitels ernannte junge amerikanische Klimamodellforscher Ben Santer hatte in letzter Minute unter Berufung auf eine eigene, unveröffentlichte Arbeit die Aussage hinzugefügt, dass in den Klimadaten „ein Muster erkennbar ist, wonach das Klima auf menschliche Aktivitäten reagiert.“ Diese Behauptung widersprach der skeptischen Grundhaltung des gesamten Kapitels und stand in direktem Widerspruch zu dessen Resümee. Santer präsentierte als Beweis ein Diagramm mit dem Verteilungsmuster atmosphärischer Erwärmung und Abkühlung nach Breitengraden und Höhe, das angeblich einen menschlichen „Fingerabdruck“ im Himmel zeigt (das Diagramm ist auf dem Cover des Buches abgebildet). Santer stieß auf den entschiedenen Widerspruch zahlreicher Wissenschaftler, die Frage blieb aber unentschieden. Als Santers Arbeit Monate später veröffentlicht wurde, konnten seine Kritiker aufzeigen, dass das verräterische Muster bei der Berücksichtigung weiterer Daten wieder verschwand, d. h. der angebliche Beweis löste sich in Luft auf.

Zurück zum IPCC. Auf der abschließenden Sitzung der Arbeitsgruppe in Madrid 1995 kam es dann zum Showdown: Santers Befund, der Nachweis sei erbracht, war als zentrale Erkenntnis in den Bericht aufgenommen worden. Es gab erbitterten und anhaltenden Widerstand gegen die Änderungen, doch schlussendlich ließen sich die Wissenschaftler weichklopfen und beschlossen nach drei zermürbenden Verhandlungstagen die folgende Formulierung über den Nachweis: „Die Abwägung des Belegmaterials weist auf einen erkennbaren menschlichen Einfluss auf das Weltklima hin.“ Noch in der Nacht gelangte dieser Durchbruch an die Medien und die Meldung „Experten einig: Weltweite Erwärmung hat begonnen“ ging um die Welt. Im Mittelpunkt der Berichterstattung stand, dass nun jede wissenschaftliche Unsicherheit ausgeräumt wäre.

Nach der Veröffentlichung des IPCC-Berichtes konnte Frederick Seitz, eine Autorität in amerikanischen Wissenschaftskreisen, aufdecken, dass die beschlossene Textfassung vom Leitautor Santer nachträglich abgeändert worden war. Kritische Formulierungen waren eigenmächtig geändert oder entfernt worden, um jeden Widerspruch zum neuen Fazit zu beseitigen. Seitz schreibt in seinem Leitartikel im Wall Street Journal mit dem Titel „Eine große Täuschung über die globale Erwärmung“: „In meinen mehr als 60 Jahren als Mitglied der amerikanischen wissenschaftlichen Gemeinschaft, einschließlich meiner Tätigkeit als Präsident der National Academy of Sciences und der American Physical Society, habe ich nie eine beunruhigendere Korruption des Peer-Review-Prozesses erlebt als die Ereignisse, die zu diesem IPCC-Bericht geführt haben.“

Der konkrete Hintergrund für diese nachträgliche Fälschung wurde auch noch bekannt: Vor dem Treffen in Madrid hatte die US-Regierung beim IPCC schriftlich interveniert und gefordert, dass der ursprüngliche Bericht in „geeigneter“ Weise abgeändert werden müsse. Mitgeschickt wurden konkrete Anweisungen, welche Punkte in welcher Hinsicht zu verändern wären.

Es folgte die heftigste öffentliche Auseinandersetzung, die es jemals um den IPCC gab. Zahlreiche führende Wissenschaftler kritisierten die Täuschung des IPCC. Die Folge war aber, dass gegen diese massive Kritik alle wissenschaftlichen Institutionen ihre Reihen schlossen und sich hinter den IPCC stellten.

Die Folgen

Madrid 1995 war die „Schlacht von Hastings [6] in der Klimawissenschaft, als die Feinde der Wissenschaft die Linien durchbrachen und alle ihre Institutionen überrannten“, schreibt Lewin. Diese schwerwiegende Täuschung über den angeblichen ersten Nachweis einer anthropogenen Klimaerwärmung ist heute kaum noch bekannt und fehlt auch in einschlägigen Sachbüchern.

Die Folgen waren weitreichend: Der Widerstand von betroffenen Unternehmen („Carbon Club“) zerbröckelte und die Unternehmen gaben sich fortan einen grünen Anstrich. Die Politik kann sich bei Klimamaßnahmen auf die „Wissenschaft“ berufen, und die Kritiker können als „Klimaskeptiker“ oder sogar „Klimaleugner“ denunziert und ausgegrenzt werden. Dem IPCC dagegen rettete die Täuschung über den ersten Nachweis das Leben und machte es zur ersten wissenschaftlichen Autorität in Klimafragen.

Das Buch von Lewin füllt eine Lücke in der Wissenschaftsgeschichte des IPCCs und dokumentiert detailliert, dass der – übrigens bis heute nicht erbrachte – „erste Nachweis“ nur auf Täuschung und Fälschung beruht und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn man weiß, mit welchen Mitteln die Klimaideologie durchgesetzt wurde, dann kann man sie besser durchschauen. Das ist das große Verdienst dieses Buches, das deshalb in keiner Bibliothek fehlen sollte.

Quellenangaben:

[1] Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen)

[2] Searching for the Catastrophe Signal: The Origins of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Global Warming Policy Foundation (GWPF), 2017.

[3] Horst-Joachim Lüdecke: Energie und Klima, 4. Auflage, Expert-Verlag 2020

[4] United Nations Environment Programm (UNEP, gegründet 1972)

[5] World Meteorological Organisation (Weltorganisation für Meteorologie)

[6] Erster Sieg des normannische Heeres 1066 unter Wilhelm dem Eroberer gegen die Angelsachsen.

 

In den EIKE News sind bisher folgende Beiträge von und über Bernie Lewin erschienen:

Der letzte Tag, an dem die Klimatologie noch eine Wissenschaft war. Bernie Lewin, 12.09.2012, übersetzt von Chris Frey und Helmut Jäger

Nach dem ,Katastrophensignal‘ – als die Wissenschaft das politische Treibhaus betrat. Bernie Lewin, 01.12.2017, übersetzt von Chris Frey

Künstlich fabrizierter Konsens: Historie der Anfänge des IPCC. Judith Curry, 07.01.2018, übersetzt von Chris Frey

 




Wald.Holz.Energie: Eine fragwürdige Broschüre des Österreichischen Biomasse-Verbands

Die Broschüre propagiert die stärkere Nutzung des Waldes wie zum Beispiel durch Holzheizungen und vermehrte Holznutzung im Hausbau. Dabei schießt sie mit frei erfundenen Behauptungen von Klimakatastrophen weit über dieses Ziel hinaus und entwertet damit komplett ihren durchaus ordentlichen Sachinhalt; warum?

von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Die Frage, wer den Inhalt der aufwendig gestalteten Broschüre (hier) maßgebend prägt, beantworten bereits zwei ihrer insgesamt vier Vorworte. So folgt die Autorin eines dieser beiden Vorworte, Frau Katharina Rogenhofer, in der Sachaussage der bekannten Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Aber auch das Hauptvorwort von Franz Titschenbacher, Präsident des österreichischen Biomasse-Verbands, erinnern mehr an Klimaideologie – Markenzeichen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung -, als an das unschuldige Thema „Holzwirtschaft“. Auffallend, weil sogar deutsche Verhältnisse weit in den Schatten stellend, ist die „Expertise“ von Frau Leonore Gewessler, Autorin des letzten Vorworts und Bundesministerin Österreichs für gleich sechs(!) Staatsressorts auf einmal, nämlich „Klimaschutz“, „Umwelt“, „Energie“, „Mobilität“, „Innovation“ und „Technologie“.  Als akademisch-berufliche Basis weist sie für diese Mammutaufgabe ein Bachelorstudium der Politikwissenschaften auf, einschlägige Berufstätigkeit ist dagegen leider Fehlanzeige (hier). Da kann man nur noch für unser schönes Nachbarland die Daumen drücken.

Worum geht es in der Broschüre?

Es ist unübersehbar, dass die Hauptforderung der Broschüre die vermehrte Nutzung der Biomasse des Waldes ist. Sie soll durch eine intensivere Aufforstungspflege erreicht werden. Mag sein, dass dies ein vernünftiger Weg ist, dies soll hier nicht vertieft werden. Zumindest ist die Forderung naheliegend und legitim, denn die Broschüre wird schließlich vom Biomasse-Verbands Österreichs gezeichnet.

Ungewöhnlich ist dagegen, dass die Forderung eines Lobbyverbands ( das ist nicht abwertend gemeint, nichts gegen Lobbyismus ) deutlich erkennbar von grüner Ideologie gekapert wurde. Grünideologische Begründungen für die Forderung des österreichischen Verbands Biomasse finden sich nicht nur in den oben genannten Vorworten sondern auch in vielen Sachbeiträgen der Broschüre. Sogar der emeritierte Professor Hans-Joachim Schellnhuber, Klimaaktivist von etwas fragwürdigem Weltruf, wurde mit einem Artikel des Titels „Klimastabilität braucht negative Emissionen“ betraut, obwohl er wohl kaum zu den Forstexperten zu zählen ist.

Was ist an der Broschüre zu kritisieren?

Der Autor ist natürlich auch kein Forstexperte. Seine naive Vermutung bestand sogar zuerst darin, dass die absolute Naturbelassung des Waldes mit nur wenigen, ausschließlich der notwendigsten Forstpflege dienenden Maßnahmen auch von den „Grünen“ propagiert würde. Das wird aber in den klimaaktivistisch geprägten Beiträgen der Broschüre vehement abgelehnt. Und dies wiederum belegt unmissverständlich, dass es den Grünen nicht um Naturschutz, sondern um gesellschaftlichen Umsturz geht. Ebenfalls abgelehnt wird die wohl selbstverständliche Logik, dass die Kernenergie die primäre Lösung des CO2-Emissionsproblems ist – immer vorausgesetzt, dass anthropogene CO2-Emissionen wirklich ein Problem sind, was wissenschaftlich nicht belegt ist / 6 /. Nur die Zunahme des weltweiten Pflanzenwuchses und damit auch der Welternten an Nahrungspflanzen durch mehr CO2 ist gesichert (hier). Aber auch hierauf soll nicht weiter eingegangen werden.

Interessanter ist die Frage, welche klimaaktivistischen Argumente für die Nutzung des Waldes als Biomasse in der Broschüre verwendet werden und wie stichhaltig sie sind. Um hier etwas Ordnung zu schaffen, im Folgenden in 6 Punkten A) – F) die wesentlichen in der Broschüre aufgeführten Argumente (kursiv) zusammen mit ihren Autoren:

  1. Die Menschheit befindet sich auf dem Weg in eine Klimakatastrophe. Stürme, Überflutungen, Dürren, Waldbrände und Missernten haben zugenommen…: Vorwort des Autors Franz Titschenbacher.
  2. Wir haben mit der Hochwasserkatastrophe in Deutschland, den Verwüstungen durch einen Tornado in Tschechien, den verheerenden Borkenkäferschaden im Waldviertel und einen der größten Waldbrände der österreichischen Geschichte im Wiener Quellschutzwald in den vergangenen Monaten einen Vorgeschmack davon bekommen, welche Folgen der Klimakrise uns in den nächsten Jahren erwarten. Die Wälder werden weiter und immer schneller sterben, wenn wir nicht schnell und entschlossen handeln…: Vorort von Katharina Rogenhofer.
  3. .. um die verheerenden Folgend es Klimawandels zu verhindern… und weiter … Klimasystem massiv gestört … und weiter … Gefahr von Kippunkten …: Beitrag von Michael Obersteiner, S. 18.
  4. … die Erde erwärmt sich rapide … und weiter …dies führt zu Extgremwetterereignissen, wie lang anhaltenden Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen … und weiter … im Jahr 2020 eine Rekordzahl von 29 Wirbelstürmen im Atlantik … und weiter …Seit Beginn des holozäns sind das Klima und die globale Mitteltemperatur sehr lange stabil geblieben …: Beitrag von Hans-Joachim Schellnhuber, S. 28.
  5. … Klimaneutralität … und weiter … die Klimakrise …: Beitrag von Martin Höbarth, S. 38.
  6. … Weg zur Klimaneutralität …: Beitrag von Stefan Zwettler, S. 48

 

Die von A) – F) freien Beiträge der Broschüre sind, nicht unerwartet, von besserer fachlicher Qualität. Sie gehen von den inzwischen gesetzlichen Klimaschutz-Maßnahmen als gegebenen Voraussetzungen in ihrer Argumentation aus. Das ist in Ordnung, denn ein Unternehmen kann nur in einem realen Umfeld erfolgreich Geschäfte betreiben, und es ist selten sinnvoll, sich offen gegen die Strömungen der Zeit zu stemmen.

Wir wollen uns daher nur mit den Behauptungen A) – F) beschäftigen. Zutreffend oder nicht? Werden sie überhaupt belegt? Dazu ist es zuvor nötig, im Folgenden die Basis der hier vorgenommenen Kritik zu nennen:

  1. Die begutachtete Klimafachliteratur. Sind die Befürchtungen A) – F) in der Fachliteratur, wissenschaftlich belegt und gesichert, überhaupt aufzufinden?
  2. Die Aussagen des IPCC (intergovernmental panel on climate change) zur Fragestellung von Extremwetterveränderungen, hier insbesondere der IPCC-Sachstandsbericht AR5 von 2013. Um Missverständnisse zu vermeiden: die IPCC-Sachstandsberichte (jeder stets von riesigem Umfang und deswegen von Medienschaffenden kaum jemals gelesen) sind nicht mit den viel kürzeren „IPCC-Berichten für Politiker“ zu verwechseln. Letztere werden von den jeweiligen Regierungen mitgeschrieben und sind daher für verlässliche Fachaussagen wertlos. Sie stimmen mit den allein maßgebenden Sachstandsberichten oft nicht überein. Wenn nämlich den Regierungen bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse der Sachstandsberichte nicht passen, werden sie in den Berichten für Politiker einfach weggelassen. Als Paradebeispiel können die weiter unten ausführlich behandelten IPCC-Aussagen zu Extremwetterereignissen dienen. Diese kommen in den deutschen IPCC-Berichten für Politiker überhaupt nicht vor!

 

Was ist eigentlich Klima, was „Klimaschutz“, und was sind Klimakatastrophen?

Das Klima jeder Klimazone von tropisch bis polar ist das jeweilig lokale statistische Mittel des Wetters über mindestens 30 Jahre. So definiert es die Klimawissenschaft und die Weltmeteorologie-Organisation. Ein Globalklima gibt es infolgedessen nicht. „Klimaschutz“ gibt es ebenso wenig ( deswegen wird dieser Begriff im vorliegenden Beitrag stets in Anführungszeichen gesetzt ), denn ein statistisches Mittel kann man nicht schützen. Aber selbst, wenn man es könnte: Welche Klimazone soll dann vor einer befürchteten Erwärmung zuerst geschützt werden, die Tropen oder die kälteren Zonen? Die Russen wären über ein etwas wärmeres Sibirien vermutlich nicht unglücklich.

Über Klima und „Klimaschutz“ sagte Prof. Heinz Miller, ehemaliger Vize-Direktor des Alfred-Wegener Instituts (AWI) in Bremerhaven / 1 /:

Wer von Klimaschutz redet, weckt Illusionen. Klima lässt sich nicht schützen und auf einer Wunschtemperatur stabilisieren. Es hat sich auch ohne Einwirkungen des Menschen oft drastisch verändert. Schlagworte wie Klimakollaps“ oder Klimakatastrophe“ sind irreführend. Klima kann nicht kollabieren, die Natur kennt keine Katastrophen“.

Die Klimas unterschiedlicher Erdregionen ändern sich noch nicht einmal immer gleichsinnig. So wird die Antarktis aktuell kälter, die Arktis dagegen wärmer. Dieser Vorgang kehrt sich zyklisch etwa alle 60 Jahre um, die Wissenschaft spricht von Klimaschaukel / 2 /.

Es ist daher zu betonen: Steter Klimawandel ist naturgesetzlich, Klimakonstanz gab es noch nie. Die EU und Deutschland glauben an eine Klimaschädlichkeit des anthropogenen CO2 und erstreben globale Klimastabilität mit CO2-Vermeidungsmaßnahmen . Dieses Vorhaben ist pure Hybris, denn es kollidiert mit den Naturgesetzen. Vorteilhafter Klimawandel für die Menschen war beispielsweise die Periode der mittelalterlichen Warmzeit (Grönland = Grünland, die Wikinger konnten im Mittelalter dort bescheidenen Ackerbau betreiben), katastrophal für die Menschen dagegen die „kleine Eiszeit“ von Mitte des 15. bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Eine Umkehrung der Regel „warmes Klima ist vorteilhaft“, „kaltes Klima ist nachteilig“, ist aus der Menschheitsgeschichte nicht bekannt. Kaltes Klima bedeutete stets Hungersnöte und Seuchen, warmes Klima dagegen war stets gleichbedeutend mit kulturellen Höhepunkten. Ohne die zweite große Holozän-Warmzeit um 4500 Jahre vor uns mit ihren dadurch begünstigsten Hochkulturen an Nil und Euphrat gäbe es unsere modernen Zivilisationen vermutlich nicht.

 

Haben Extremwetter nach Beginn der Industrialisierung in Klimazeiträumen zugenommen?

Die Befürchtungen A) – F) in der Broschüre behaupten dies. Aber stimmt das überhaupt? Meist wird in solchen Behauptungen ganz einfach Klima mit Wetter verwechselt. Als erstes Beispiel dafür kann die Überschwemmungskatastrophe im deutschen Ahrtal dienen. In den deutschen Medien wurde so gut wie nicht darüber berichtet, dass eine mindesten gleich starke Überschwemmung an exakt der gleichen Stelle (Ahrtal) im Jahre 1804 stattfand, als es praktisch noch kein menschgemachtes CO2 gab / 3 /. An vielen Flüssen sind zudem historische Hochwasserpegelwände zu finden, welche, in Stein gehauen, die Behauptung von zunehmenden Hochwassern als falsch entlarven. Sogar das Gegenteil ist richtig. Die stärksten Hochwasserereignisse ereigneten sich in der schon erwähnten „kleinen Eiszeit“ zwischen Mitte des 15. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts / 4 /. Und dabei gab es damals noch mehr Ausweichmöglichkeiten für Hochwasser, weil Flüsse und Bäche noch nicht so verbaut waren wie heute.

 

Die Aussagen von IPCC und der Klimafachliteratur über Extremwetter

Klimaerwärmung lässt vordergründig einen Verstärkungstrend für heftige Wetterereignisse erwarten, weil chemische Reaktionen bei höherer Temperatur schneller ablaufen. Diese Sicht ist aber falsch. Unwetter und Stürme hängen nicht von absoluten Temperaturen, sondern von Temperaturdifferenzen ab. Nur wenn sich die Temperaturdifferenz zwischen Polar- und Äquatorial-Gegenden erhöht, muss mit heftigeren Extremwetterereignissen gerechnet werden. In der jüngsten Klimaänderung war aber die Temperaturerhöhungen im polnahen Norden wesentlich stärker als die am Äquator. Dies bedeutet verringerte Temperaturdifferenzen zwischen Pol und Äquator und somit Abnahme, nicht Zunahme von Extremwetterheftigkeiten und -häufigkeiten auf der Nordhalbkugel. Dies entspricht, ganz im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung, den Messungen. Sie sind vom IPCC in seinem Bericht AR5 ab 1950 dokumentiert / 5 /, dem Beginn guter direkter Messdaten. Im Folgenden wörtlich aus dem AR5, Kapitel 2.6, des IPCC Sachstandsbericht von 2013 zitiert (es gibt keine deutschen Versionen der Sachstandsberichte):

Tropische Zyklone, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 216:

Current datasets indicate no significant observed trends in global tropical cyclone frequency over the past century and it remains uncertain whether any reported long-term increases in tropical cyclone frequency are robust, after accounting for past changes in observing capabilities”.

Dürren, in AR5, WG1, Technical Summary, S. 50:

There is low confidence in a global-scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall), owing to lack of direct observations, dependencies of inferred trends on the index choice and geographical inconsistencies in the trends

Zusammenfassung, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 215:

In summary, the current assessment concludes that there is not enough evidence at present to suggest more than low confidence in a global scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall) since the middle of the 20th century, owing to lack of direct observations, geographical inconsistencies in the trends, and dependencies of inferred trends on the index choice. Based on updated studies, AR4 conclusions regarding global increasing trends in drought since the 1970s were probably overstated. However, it is likely that the frequency and intensity of drought has increased in the Mediterranean and West Africa and decreased in central North America and north-west Australia since 1950.

Überflutungen, in AR5, WG1, Technical Summary, S. 112:

„There continues to be a lack of evidence and thus low confidence regarding the sign of trend in the magnitude and/or frequency of floods on a global scale over the instrumental record.

Hagel und Gewitter, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 216:

In summary, there is low confidence in observed trends in small-scale severe weather phenomena such as hail and thunderstorms because of historical data inhomogeneities and inadequacies in monitoring systems.

Und schließlich fasst das IPCC in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 219 zusammen:

There is limited evidence of changes in extremes associated with other climate variables since the mid-20th century.

Für die Dokumentation von Tornados in den USA ist die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) zuständig. Sie hat die historischen Trends von Tornados in den USA ab 1954 mit entsprechenden Grafiken publiziert und keine auffälligen Zunahmen an Häufigkeit oder Stärke gefunden (hier,hier) Schaut man auf die Südhemisphäre, sieht es dort nicht nur ähnlich aus, hier nehmen die Zyklone an den australischen Küsten sogar auffallend ab. Mit einem simplen Mausklick gelangt man auf die entsprechende Grafik der offiziellen australischen Wetterbehörde (hier).

Die starken kurzfristigen Schwankungen im Bereich weniger Jahre in der vorgenannten australischen Grafik verdeutlichen, wie die in den Medien regelmäßig auftauchenden Nachweise“ von Extremwetterzunahmen zustande kommen. Die Zeiträume sind für klimarelevante Aussagen stets zu kurz. Eine global zunehmende Heftigkeit oder auch Anzahl von Stürmen, Tornados und Zyklonen im 20. Jahrhundert und weiter bis heute ist ein Mythos. Dasselbe gilt generell für alle Extremwetter weltweit. Übrigens hat hinsichtlich Extremwettern auch der AR6 des IPCC nichts Neues gefunden, was verständlich ist, denn die 8 Jahre zwischen 2013 bis 2021 sind dafür zu kurz. Einzige Ausnahme davon ist in leichtes Ansteigen von Temperaturextremen. Dies ist aber für den Zeitraum von 1850 bis heute, in welchem eine natürlicher Wiedererwärmung nach der kleinen Eiszeit stattfand und immer noch stattfindet, zu erwarten und nicht ungewöhnlich.

Fazit

Klimakatastrophen seit Beginn der Industrialisierung 1850, die sich statistisch signifikant von der natürlichen Klimavariabilität abheben, finden sich weder in der Klimafachliteratur noch den Sachstandsberichten des IPCC, ebenso wenig maßgebende Veränderungen von Extremwetterereignissen an Stärke oder Häufigkeit in Klimazeiträumen von mindestens 30 Jahren. Von „Klimanotstand“ kann keine Rede sein. Es sei der Vermeidung von Missverständnissen wegen noch einmal betont, dass „das Gewöhnliche am Wetter seine Ungewöhnlichkeit ist“, was leider bedeutet, dass wir, genauso wie unsere noch so weiten Vorfahren, stets mit Extremwetterkatastrophen zu rechnen haben. Die Broschüre des Österreichischen Biomasse-Verbands bedarf daher einer Korrektur, welche die wissenschaftlich belegten Fakten berücksichtigt.

Quellenangaben

/ 1 / http://www.zeit.de/2007/24/P-Heinz-Miller

/ 2 / P. Chylek et al., 2010, Twentieth century bipolar seesaw of the Arctic and Antarctic surface air temperatures, Geophys. Res. Lett. 37

/ 3 / https://de.wikipedia.org/wiki/Hochwasser_der_Ahr_am_21._Juli_1804

/ 4 / http://real-planet.eu/hochwasser.htm

/ 5 / IPCC, 2013. Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge and New York: Cambridge University Press.

/ 6 / Die sog. Klimasensitivität als globale Temperatursteigerung bei jeder Verdoppelung der atmosphärischen CO2 – Konzentration wird vom IPCC und von der Fachliteratur mit so hoher Unsicherheit angegeben (von 0,5 °C bis herauf zu 5 °C), dass von einer verlässlichen Handlungsgrundlage für die Politik nicht die Rede sein kann.

Zum Autor

Begutachteten Klimafachveröffentlichungen von Horst-Joachium Lüdecke sind in EIKE, https://eike-klima-energie.eu/, unter „Publikationen“ aufgeführt, ferner (hier); sie erschienen in Fachjournalen wie Climate of the past der European Geoscience Union, in Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics, in Hydrology: regional studies (beide Elsevier Verlag), in „Polarforschung“ des Alfred-Wegener Instituts Bremerhaven usw. Seit ca. 2 Jahren ist Lüdecke regelmäßig eingeladener (anonymer) Reviewer für neue Fachartikel in drei verschiedenen Klimafachjournalen.