Wald.Holz.Energie: Eine fragwürdige Broschüre des Österreichischen Biomasse-Verbands

Die Broschüre propagiert die stärkere Nutzung des Waldes wie zum Beispiel durch Holzheizungen und vermehrte Holznutzung im Hausbau. Dabei schießt sie mit frei erfundenen Behauptungen von Klimakatastrophen weit über dieses Ziel hinaus und entwertet damit komplett ihren durchaus ordentlichen Sachinhalt; warum?

von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Die Frage, wer den Inhalt der aufwendig gestalteten Broschüre (hier) maßgebend prägt, beantworten bereits zwei ihrer insgesamt vier Vorworte. So folgt die Autorin eines dieser beiden Vorworte, Frau Katharina Rogenhofer, in der Sachaussage der bekannten Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Aber auch das Hauptvorwort von Franz Titschenbacher, Präsident des österreichischen Biomasse-Verbands, erinnern mehr an Klimaideologie – Markenzeichen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung -, als an das unschuldige Thema „Holzwirtschaft“. Auffallend, weil sogar deutsche Verhältnisse weit in den Schatten stellend, ist die „Expertise“ von Frau Leonore Gewessler, Autorin des letzten Vorworts und Bundesministerin Österreichs für gleich sechs(!) Staatsressorts auf einmal, nämlich „Klimaschutz“, „Umwelt“, „Energie“, „Mobilität“, „Innovation“ und „Technologie“.  Als akademisch-berufliche Basis weist sie für diese Mammutaufgabe ein Bachelorstudium der Politikwissenschaften auf, einschlägige Berufstätigkeit ist dagegen leider Fehlanzeige (hier). Da kann man nur noch für unser schönes Nachbarland die Daumen drücken.

Worum geht es in der Broschüre?

Es ist unübersehbar, dass die Hauptforderung der Broschüre die vermehrte Nutzung der Biomasse des Waldes ist. Sie soll durch eine intensivere Aufforstungspflege erreicht werden. Mag sein, dass dies ein vernünftiger Weg ist, dies soll hier nicht vertieft werden. Zumindest ist die Forderung naheliegend und legitim, denn die Broschüre wird schließlich vom Biomasse-Verbands Österreichs gezeichnet.

Ungewöhnlich ist dagegen, dass die Forderung eines Lobbyverbands ( das ist nicht abwertend gemeint, nichts gegen Lobbyismus ) deutlich erkennbar von grüner Ideologie gekapert wurde. Grünideologische Begründungen für die Forderung des österreichischen Verbands Biomasse finden sich nicht nur in den oben genannten Vorworten sondern auch in vielen Sachbeiträgen der Broschüre. Sogar der emeritierte Professor Hans-Joachim Schellnhuber, Klimaaktivist von etwas fragwürdigem Weltruf, wurde mit einem Artikel des Titels „Klimastabilität braucht negative Emissionen“ betraut, obwohl er wohl kaum zu den Forstexperten zu zählen ist.

Was ist an der Broschüre zu kritisieren?

Der Autor ist natürlich auch kein Forstexperte. Seine naive Vermutung bestand sogar zuerst darin, dass die absolute Naturbelassung des Waldes mit nur wenigen, ausschließlich der notwendigsten Forstpflege dienenden Maßnahmen auch von den „Grünen“ propagiert würde. Das wird aber in den klimaaktivistisch geprägten Beiträgen der Broschüre vehement abgelehnt. Und dies wiederum belegt unmissverständlich, dass es den Grünen nicht um Naturschutz, sondern um gesellschaftlichen Umsturz geht. Ebenfalls abgelehnt wird die wohl selbstverständliche Logik, dass die Kernenergie die primäre Lösung des CO2-Emissionsproblems ist – immer vorausgesetzt, dass anthropogene CO2-Emissionen wirklich ein Problem sind, was wissenschaftlich nicht belegt ist / 6 /. Nur die Zunahme des weltweiten Pflanzenwuchses und damit auch der Welternten an Nahrungspflanzen durch mehr CO2 ist gesichert (hier). Aber auch hierauf soll nicht weiter eingegangen werden.

Interessanter ist die Frage, welche klimaaktivistischen Argumente für die Nutzung des Waldes als Biomasse in der Broschüre verwendet werden und wie stichhaltig sie sind. Um hier etwas Ordnung zu schaffen, im Folgenden in 6 Punkten A) – F) die wesentlichen in der Broschüre aufgeführten Argumente (kursiv) zusammen mit ihren Autoren:

  1. Die Menschheit befindet sich auf dem Weg in eine Klimakatastrophe. Stürme, Überflutungen, Dürren, Waldbrände und Missernten haben zugenommen…: Vorwort des Autors Franz Titschenbacher.
  2. Wir haben mit der Hochwasserkatastrophe in Deutschland, den Verwüstungen durch einen Tornado in Tschechien, den verheerenden Borkenkäferschaden im Waldviertel und einen der größten Waldbrände der österreichischen Geschichte im Wiener Quellschutzwald in den vergangenen Monaten einen Vorgeschmack davon bekommen, welche Folgen der Klimakrise uns in den nächsten Jahren erwarten. Die Wälder werden weiter und immer schneller sterben, wenn wir nicht schnell und entschlossen handeln…: Vorort von Katharina Rogenhofer.
  3. .. um die verheerenden Folgend es Klimawandels zu verhindern… und weiter … Klimasystem massiv gestört … und weiter … Gefahr von Kippunkten …: Beitrag von Michael Obersteiner, S. 18.
  4. … die Erde erwärmt sich rapide … und weiter …dies führt zu Extgremwetterereignissen, wie lang anhaltenden Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen … und weiter … im Jahr 2020 eine Rekordzahl von 29 Wirbelstürmen im Atlantik … und weiter …Seit Beginn des holozäns sind das Klima und die globale Mitteltemperatur sehr lange stabil geblieben …: Beitrag von Hans-Joachim Schellnhuber, S. 28.
  5. … Klimaneutralität … und weiter … die Klimakrise …: Beitrag von Martin Höbarth, S. 38.
  6. … Weg zur Klimaneutralität …: Beitrag von Stefan Zwettler, S. 48

 

Die von A) – F) freien Beiträge der Broschüre sind, nicht unerwartet, von besserer fachlicher Qualität. Sie gehen von den inzwischen gesetzlichen Klimaschutz-Maßnahmen als gegebenen Voraussetzungen in ihrer Argumentation aus. Das ist in Ordnung, denn ein Unternehmen kann nur in einem realen Umfeld erfolgreich Geschäfte betreiben, und es ist selten sinnvoll, sich offen gegen die Strömungen der Zeit zu stemmen.

Wir wollen uns daher nur mit den Behauptungen A) – F) beschäftigen. Zutreffend oder nicht? Werden sie überhaupt belegt? Dazu ist es zuvor nötig, im Folgenden die Basis der hier vorgenommenen Kritik zu nennen:

  1. Die begutachtete Klimafachliteratur. Sind die Befürchtungen A) – F) in der Fachliteratur, wissenschaftlich belegt und gesichert, überhaupt aufzufinden?
  2. Die Aussagen des IPCC (intergovernmental panel on climate change) zur Fragestellung von Extremwetterveränderungen, hier insbesondere der IPCC-Sachstandsbericht AR5 von 2013. Um Missverständnisse zu vermeiden: die IPCC-Sachstandsberichte (jeder stets von riesigem Umfang und deswegen von Medienschaffenden kaum jemals gelesen) sind nicht mit den viel kürzeren „IPCC-Berichten für Politiker“ zu verwechseln. Letztere werden von den jeweiligen Regierungen mitgeschrieben und sind daher für verlässliche Fachaussagen wertlos. Sie stimmen mit den allein maßgebenden Sachstandsberichten oft nicht überein. Wenn nämlich den Regierungen bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse der Sachstandsberichte nicht passen, werden sie in den Berichten für Politiker einfach weggelassen. Als Paradebeispiel können die weiter unten ausführlich behandelten IPCC-Aussagen zu Extremwetterereignissen dienen. Diese kommen in den deutschen IPCC-Berichten für Politiker überhaupt nicht vor!

 

Was ist eigentlich Klima, was „Klimaschutz“, und was sind Klimakatastrophen?

Das Klima jeder Klimazone von tropisch bis polar ist das jeweilig lokale statistische Mittel des Wetters über mindestens 30 Jahre. So definiert es die Klimawissenschaft und die Weltmeteorologie-Organisation. Ein Globalklima gibt es infolgedessen nicht. „Klimaschutz“ gibt es ebenso wenig ( deswegen wird dieser Begriff im vorliegenden Beitrag stets in Anführungszeichen gesetzt ), denn ein statistisches Mittel kann man nicht schützen. Aber selbst, wenn man es könnte: Welche Klimazone soll dann vor einer befürchteten Erwärmung zuerst geschützt werden, die Tropen oder die kälteren Zonen? Die Russen wären über ein etwas wärmeres Sibirien vermutlich nicht unglücklich.

Über Klima und „Klimaschutz“ sagte Prof. Heinz Miller, ehemaliger Vize-Direktor des Alfred-Wegener Instituts (AWI) in Bremerhaven / 1 /:

Wer von Klimaschutz redet, weckt Illusionen. Klima lässt sich nicht schützen und auf einer Wunschtemperatur stabilisieren. Es hat sich auch ohne Einwirkungen des Menschen oft drastisch verändert. Schlagworte wie Klimakollaps“ oder Klimakatastrophe“ sind irreführend. Klima kann nicht kollabieren, die Natur kennt keine Katastrophen“.

Die Klimas unterschiedlicher Erdregionen ändern sich noch nicht einmal immer gleichsinnig. So wird die Antarktis aktuell kälter, die Arktis dagegen wärmer. Dieser Vorgang kehrt sich zyklisch etwa alle 60 Jahre um, die Wissenschaft spricht von Klimaschaukel / 2 /.

Es ist daher zu betonen: Steter Klimawandel ist naturgesetzlich, Klimakonstanz gab es noch nie. Die EU und Deutschland glauben an eine Klimaschädlichkeit des anthropogenen CO2 und erstreben globale Klimastabilität mit CO2-Vermeidungsmaßnahmen . Dieses Vorhaben ist pure Hybris, denn es kollidiert mit den Naturgesetzen. Vorteilhafter Klimawandel für die Menschen war beispielsweise die Periode der mittelalterlichen Warmzeit (Grönland = Grünland, die Wikinger konnten im Mittelalter dort bescheidenen Ackerbau betreiben), katastrophal für die Menschen dagegen die „kleine Eiszeit“ von Mitte des 15. bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Eine Umkehrung der Regel „warmes Klima ist vorteilhaft“, „kaltes Klima ist nachteilig“, ist aus der Menschheitsgeschichte nicht bekannt. Kaltes Klima bedeutete stets Hungersnöte und Seuchen, warmes Klima dagegen war stets gleichbedeutend mit kulturellen Höhepunkten. Ohne die zweite große Holozän-Warmzeit um 4500 Jahre vor uns mit ihren dadurch begünstigsten Hochkulturen an Nil und Euphrat gäbe es unsere modernen Zivilisationen vermutlich nicht.

 

Haben Extremwetter nach Beginn der Industrialisierung in Klimazeiträumen zugenommen?

Die Befürchtungen A) – F) in der Broschüre behaupten dies. Aber stimmt das überhaupt? Meist wird in solchen Behauptungen ganz einfach Klima mit Wetter verwechselt. Als erstes Beispiel dafür kann die Überschwemmungskatastrophe im deutschen Ahrtal dienen. In den deutschen Medien wurde so gut wie nicht darüber berichtet, dass eine mindesten gleich starke Überschwemmung an exakt der gleichen Stelle (Ahrtal) im Jahre 1804 stattfand, als es praktisch noch kein menschgemachtes CO2 gab / 3 /. An vielen Flüssen sind zudem historische Hochwasserpegelwände zu finden, welche, in Stein gehauen, die Behauptung von zunehmenden Hochwassern als falsch entlarven. Sogar das Gegenteil ist richtig. Die stärksten Hochwasserereignisse ereigneten sich in der schon erwähnten „kleinen Eiszeit“ zwischen Mitte des 15. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts / 4 /. Und dabei gab es damals noch mehr Ausweichmöglichkeiten für Hochwasser, weil Flüsse und Bäche noch nicht so verbaut waren wie heute.

 

Die Aussagen von IPCC und der Klimafachliteratur über Extremwetter

Klimaerwärmung lässt vordergründig einen Verstärkungstrend für heftige Wetterereignisse erwarten, weil chemische Reaktionen bei höherer Temperatur schneller ablaufen. Diese Sicht ist aber falsch. Unwetter und Stürme hängen nicht von absoluten Temperaturen, sondern von Temperaturdifferenzen ab. Nur wenn sich die Temperaturdifferenz zwischen Polar- und Äquatorial-Gegenden erhöht, muss mit heftigeren Extremwetterereignissen gerechnet werden. In der jüngsten Klimaänderung war aber die Temperaturerhöhungen im polnahen Norden wesentlich stärker als die am Äquator. Dies bedeutet verringerte Temperaturdifferenzen zwischen Pol und Äquator und somit Abnahme, nicht Zunahme von Extremwetterheftigkeiten und -häufigkeiten auf der Nordhalbkugel. Dies entspricht, ganz im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung, den Messungen. Sie sind vom IPCC in seinem Bericht AR5 ab 1950 dokumentiert / 5 /, dem Beginn guter direkter Messdaten. Im Folgenden wörtlich aus dem AR5, Kapitel 2.6, des IPCC Sachstandsbericht von 2013 zitiert (es gibt keine deutschen Versionen der Sachstandsberichte):

Tropische Zyklone, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 216:

Current datasets indicate no significant observed trends in global tropical cyclone frequency over the past century and it remains uncertain whether any reported long-term increases in tropical cyclone frequency are robust, after accounting for past changes in observing capabilities”.

Dürren, in AR5, WG1, Technical Summary, S. 50:

There is low confidence in a global-scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall), owing to lack of direct observations, dependencies of inferred trends on the index choice and geographical inconsistencies in the trends

Zusammenfassung, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 215:

In summary, the current assessment concludes that there is not enough evidence at present to suggest more than low confidence in a global scale observed trend in drought or dryness (lack of rainfall) since the middle of the 20th century, owing to lack of direct observations, geographical inconsistencies in the trends, and dependencies of inferred trends on the index choice. Based on updated studies, AR4 conclusions regarding global increasing trends in drought since the 1970s were probably overstated. However, it is likely that the frequency and intensity of drought has increased in the Mediterranean and West Africa and decreased in central North America and north-west Australia since 1950.

Überflutungen, in AR5, WG1, Technical Summary, S. 112:

„There continues to be a lack of evidence and thus low confidence regarding the sign of trend in the magnitude and/or frequency of floods on a global scale over the instrumental record.

Hagel und Gewitter, in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 216:

In summary, there is low confidence in observed trends in small-scale severe weather phenomena such as hail and thunderstorms because of historical data inhomogeneities and inadequacies in monitoring systems.

Und schließlich fasst das IPCC in AR5, WG1, Kapitel 2.6, S. 219 zusammen:

There is limited evidence of changes in extremes associated with other climate variables since the mid-20th century.

Für die Dokumentation von Tornados in den USA ist die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) zuständig. Sie hat die historischen Trends von Tornados in den USA ab 1954 mit entsprechenden Grafiken publiziert und keine auffälligen Zunahmen an Häufigkeit oder Stärke gefunden (hier,hier) Schaut man auf die Südhemisphäre, sieht es dort nicht nur ähnlich aus, hier nehmen die Zyklone an den australischen Küsten sogar auffallend ab. Mit einem simplen Mausklick gelangt man auf die entsprechende Grafik der offiziellen australischen Wetterbehörde (hier).

Die starken kurzfristigen Schwankungen im Bereich weniger Jahre in der vorgenannten australischen Grafik verdeutlichen, wie die in den Medien regelmäßig auftauchenden Nachweise“ von Extremwetterzunahmen zustande kommen. Die Zeiträume sind für klimarelevante Aussagen stets zu kurz. Eine global zunehmende Heftigkeit oder auch Anzahl von Stürmen, Tornados und Zyklonen im 20. Jahrhundert und weiter bis heute ist ein Mythos. Dasselbe gilt generell für alle Extremwetter weltweit. Übrigens hat hinsichtlich Extremwettern auch der AR6 des IPCC nichts Neues gefunden, was verständlich ist, denn die 8 Jahre zwischen 2013 bis 2021 sind dafür zu kurz. Einzige Ausnahme davon ist in leichtes Ansteigen von Temperaturextremen. Dies ist aber für den Zeitraum von 1850 bis heute, in welchem eine natürlicher Wiedererwärmung nach der kleinen Eiszeit stattfand und immer noch stattfindet, zu erwarten und nicht ungewöhnlich.

Fazit

Klimakatastrophen seit Beginn der Industrialisierung 1850, die sich statistisch signifikant von der natürlichen Klimavariabilität abheben, finden sich weder in der Klimafachliteratur noch den Sachstandsberichten des IPCC, ebenso wenig maßgebende Veränderungen von Extremwetterereignissen an Stärke oder Häufigkeit in Klimazeiträumen von mindestens 30 Jahren. Von „Klimanotstand“ kann keine Rede sein. Es sei der Vermeidung von Missverständnissen wegen noch einmal betont, dass „das Gewöhnliche am Wetter seine Ungewöhnlichkeit ist“, was leider bedeutet, dass wir, genauso wie unsere noch so weiten Vorfahren, stets mit Extremwetterkatastrophen zu rechnen haben. Die Broschüre des Österreichischen Biomasse-Verbands bedarf daher einer Korrektur, welche die wissenschaftlich belegten Fakten berücksichtigt.

Quellenangaben

/ 1 / http://www.zeit.de/2007/24/P-Heinz-Miller

/ 2 / P. Chylek et al., 2010, Twentieth century bipolar seesaw of the Arctic and Antarctic surface air temperatures, Geophys. Res. Lett. 37

/ 3 / https://de.wikipedia.org/wiki/Hochwasser_der_Ahr_am_21._Juli_1804

/ 4 / http://real-planet.eu/hochwasser.htm

/ 5 / IPCC, 2013. Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge and New York: Cambridge University Press.

/ 6 / Die sog. Klimasensitivität als globale Temperatursteigerung bei jeder Verdoppelung der atmosphärischen CO2 – Konzentration wird vom IPCC und von der Fachliteratur mit so hoher Unsicherheit angegeben (von 0,5 °C bis herauf zu 5 °C), dass von einer verlässlichen Handlungsgrundlage für die Politik nicht die Rede sein kann.

Zum Autor

Begutachteten Klimafachveröffentlichungen von Horst-Joachium Lüdecke sind in EIKE, https://eike-klima-energie.eu/, unter „Publikationen“ aufgeführt, ferner (hier); sie erschienen in Fachjournalen wie Climate of the past der European Geoscience Union, in Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics, in Hydrology: regional studies (beide Elsevier Verlag), in „Polarforschung“ des Alfred-Wegener Instituts Bremerhaven usw. Seit ca. 2 Jahren ist Lüdecke regelmäßig eingeladener (anonymer) Reviewer für neue Fachartikel in drei verschiedenen Klimafachjournalen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Das Ende von „Klimaschutz“ und Energiewende

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, und sogar die Ampel-Pfeifen wissen es: Es ist nichts mehr mit „Klimaschutz“ und Energiewende, aus und vorbei! Nur Deutschland wird bei diesem gefährlichen Unsinn als Letztes zurückbleiben.

von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Ein interessanter Artikel in der WELT

Man darf sich keinesfalls auf das öffentlich-rechtliche TV, die Aussagen von Industriebonzen, oder gar auf die Verlautbarungen von Advokatenwissenschaftlern wie Stefan Rahmstorf und Claudia Kemfert verlassen, weil es sich hier um Sprachrohre der jeweils aktuellen Regierung handelt. Die einzigen ordentlichen Informationen zu Klima und Energie findet man dagegen in neutralen alternativen Medien wie Tichys Einblick, Achgut, Politically incorrect (PI), die podcasts von Roger Köppel, insbesondere fachlich aber in EIKE, no tricks zone von Gosselin und der kalten Sonne, medial allgemeiner schließlich in der jungen Freiheit, der preußischen Allgemeinen und der Schweizer Weltwoche. Hatte man sich irgendwo dort informiert, wusste man es bereits schon länger: Das Endspiel von „Klimaschutz“ und Energiewende läuft. Das zum Sprichwort gewordene Phänomen von Nagetieren, die sinkende Schiffe verlassen, ist bereits in den ersten mutigen Mainstream-Medien zu spüren.

Hier soll aber von einem medial bekannten Meteorologie-Professor Hans v. Storch die Rede sein, der sich stets konsequent durch einen nie festzulegenden, weiten Meinungskorridor bewegte und dabei sowohl mit Gesinnungsfreund  (hier) als auch Gesinnungsfeind (hier) unhöflich-ruppig umging. Seine offenkundige Vorgehensweise, sich nie festzulegen, bewirkte immerhin, dass er dem öffentlichen Verdikt eines „Klimaleugners“ bislang nicht zum Opfer fiel. Bei den Medien, die sich „Klimaleugner“ heute nicht mehr leisten können, war von Storch daher immer willkommener Gast. Insofern ging seine Strategie auf. Ob dies auch in Zukunft so sein wird, ist freilich fraglich. Denn überraschenderweise hat er endlich einen entscheidenden Schritt zusammen mit seinem Mitautor Professor Nico Stehr in einem zumindest für seine Verhältnisse sensationell-kritischen Artikel in der WELT gewagt. Der Titel „Deutschlands Klimapolitik ist chancenlos – weil sie das falsche Ziel verfolgt“ lässt auf den ersten Blick nicht an Deutlichkeit zu wünschen übrig.

Was sagen denn nun diese beiden Professoren Neues und Kritisches? Leider hat der Artikel eine Bezahlschranke, daher hier erst einmal maßgebende Zitate, mehr ist nicht möglich:

Zum CO2 und dessen Klimaeinfluss: Zitat – „Dabei wird der Effekt global gesehen kaum spürbar sein, und eine deutsche Vorbildfunktion ist illusorisch. Dass sich das Klima ändert, ist unvermeidbar“ – Zitatende.

Zur missbräuchlichen Zuordnung von Wetterkatastrophen zum Klimawandel: Zitat – „Stattdessen werden Extremereignisse wie etwa die Flutkatastrophe an der Ahr 2021 als Folge des menschengemachten Klimawandels gedeutet, gegen die nur die Minderung der deutschen Emissionen helfen würde. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit, weltweit die Emissionen zu mindern, geht es in diesem Fall vor allem um regionale Anpassungen in direkter Verantwortung der Länder“ – Zitatende.

Zur Senkung der Treibhausgase die Überschrift des Artikels: Zitat – „Deutschlands Klimapolitik ist chancenlos – weil sie das falsche Ziel verfolgt“ – Zitatende.

Zum Klimawandel: Zitat – „Ob der vom Menschen verursachte Klimawandel wirklich reversibel ist, bleibt unsicher. Die IPCC-Berichte, auch der jüngste von 2018, schätzen, dass sich der Klimawandel erst in Hunderten von Jahren umkehren könnte, nachdem die Emissionen vollständig gestoppt wurden. Mit anderen Worten: Der anthropogene Klimawandel ist mindestens viele Generationen lang irreversibel“ – Zitatende.

Was ist zu tun: Zitat – „Die Verletzlichkeit unserer Existenzgrundlagen steigt in dem Maß, in dem die wachsende Weltbevölkerung in Regionen siedelt, die gefährdet sind, in denen wachsende Bevölkerungsgruppen schutzlos marginalisiert werden und aufgrund der politischen Ökonomie Opfer von sogenannten Naturkatastrophen werden. Dramatisch hat sich diese gewachsene Verletzlichkeit gezeigt bei der Ahrflut, die zu einer Katastrophe wurde in einer Region, die trotz historischer Evidenz auf ausreichende Anpassung weitgehend verzichtet hatte“ – Zitatende.

 

Was steht eigentlich im WELT-Artikel, und ist alles in Ordnung?

Ist der Artikel uneingeschränkt ok? Nicht ganz! Warum wird von v. Storch und von Stehr nicht das Ende der CO2-Vermeidung gefordert, eine Aktion, deren volkswirtschaftliche Schädlichkeit ihnen bestens bekannt sein müsste. Die Autoren schreiben nämlich Zitat – „Derzeit wird das vorhandene politische Kapital fast ausschließlich in die Vermeidung nationaler Emissionen investiert. Das ist zweifellos ein förderungswürdiges Unterfangen – aber es ist nur beschränkt wirksam“ – Zitatende.

Mit Verlaub, liebe beiden Autoren, das ist purer Quatsch und wieder das schon bekannte „Herumdrucksen“ und Feigheit vor einer ungeschminkten Wahrheitsaussage. Wenn nämlich etwas beschränkt wirksam ist ( vermutlich ist CO2-Einsparung sogar von vernachlässigbarer Wirksamkeit und angesichts des weltweiten besseren Pflanzenwuchs durch mehr CO2 sogar mit Sicherheit kontraproduktiv ), dann kann man nicht ernsthaft von „förderungswürdig“ sprechen, ohne verlässliche wissenschaftliche Belege in der Hand zu haben. Die gibt es aber bekanntlich heute nicht und wird es auch in naher Zukunft nicht geben. Der sachliche Unsinn der Autoren von „förderungswürdig“ erinnert an den Spruch von Mark Twain „als sie ihr Ziel völlig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten sie ihre Anstrengungen„, denn eine bessere Beschreibung der derzeitigen Bemühungen der Ampel-Koalition zu Klimaschutz und Energiewende gibt es nicht.

Leider fehlen im WELT-Artikel auch zwei/drei dringend erforderlichen Worte zum unabdingbaren Beenden der Energiewende, die bekanntlich ohne „Klimaschutz“ nicht denkbar ist. Aber ist dann wenigstens der Rest paletti? Auch dies leider nein. Das, was in der WELT nun steht, ist wie oben erwähnt zum Einen nicht vollständig korrekt, und zum Anderen sind die zutreffenden Aussagen längst schon viel früher gemacht worden, daher bekannt und ein alter Hut. Beispiele gefällig? Bitte schön:

  1. Es ist fast täglich in den bereits eingangs erwähnten alternativen Medien und vor allem in EIKE zu finden.
  2. Es steht in einfacheren Worten und verständlicherweise kürzer im Parteiprogramm der AfD. Damit besitzt diese demokratisch gewählte, wie die Pest von den Altparteien gefürchtete und mit unfairen Mitteln bekämpfte Volkspartei ein anzuerkennendes Alleinstellungsmerkmal im Spektrum der großen politischen Parteien Deutschlands. Um Missverständnisse zu vermeiden: EIKE ist politisch strikt neutral. Falls aber eine politische Partei, egal welcher Farbe, mit den Aussagen von EIKE zu Klima und Energie übereinstimmt, dann freuen wir uns darüber und denken gar nicht daran, dies irgend einer Rücksichtnahme wegen unseren Lesern zu verschweigen.
  3. Es ist in vielen ordentlichen Sachbüchern zu finden. Als die beiden ersten Adressen zum Klimathema sind zu nennen die „Unerwünschten Wahrheiten: Was Sie über den Klimawandel wissen sollten“ von Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning und zum Zweiten das Sachbuch „Energie und Klima: Chancen, Risiken, Mythen“ von Horst-Joachim Lüdecke, welches gleichgewichtig mit Klima die dazugehörige Energiewende zum Gegenstand hat.
  4. Es wird in der Klimaschau von Sebastian Lüning (hier) darüber berichtet – einer Serie im Wochentakt zu Klima- und Energie-Themen auf hohem wissenschaftlichen Niveau, weil stets auf begutachteten Fachpublikationen basierend.

Zur Energiewende noch nebenbei: hier ist die Anzahl der guten Sachbücher, welche sich nur mit diesem Thema beschäftigen und in aller Regel schonungslos die Fakten dieses bodenlosen, verhängnisvollen Unfugs schildern, einfach zu groß, um Empfehlungen zu geben. Daher, liebe Leser, googeln Sie bitte selber. Sie werden übrigens kaum Bücher finden, die positiv über die Energiewende berichten, einfach deswegen, weil es über diese hirnrissige Aktion nichts Positives zu berichten gibt.

Besser zu spät als nie

Natürlich ist es immer noch verdienstvoll, wenn endlich auch v. Storch und Nico Stehr, zwar unvollständig und viel zu spät, nun auch selber Farbe bekennen, sich im Großen und Ganzen unmissverständlich kritisch äußern und das bestätigen, was bereits an unzähligen anderen Stellen gesagt und veröffentlicht wurde. Beide sind anerkannte Wissenschaftler, und für solche gehört es sich eigentlich, Vorgängerpublikationen und Institutionen mit gleichen Aussagen wie den ihren zu zitieren. Das ist im Artikel der WELT nicht erfolgt. Zur Ehrenrettung der beiden Autoren ist allerdings zu vermuten, dass die Redaktion der WELT aus nachvollziehbaren Gründen damit nicht einverstanden gewesen wäre. Eigentlich ist es in einer funktionierenden Demokratie ein absolutes „no go“, wenn unzählige fachlich ernst zu nehmende Stimmen über eine gefährliche Entwicklung öffentlich nicht nur totgeschwiegen, sondern auch noch allen denkbaren Übeln zugeordnet werden.

Ob den Autoren Hans von Storch und Nico Stehr ihr Artikel in der WELT gut bekommen wird? Wie es gegenwärtig in Deutschland (noch) steht, ist nicht davon auszugehen. Man wird sie als „Klimaleugner“diffamieren und in eine wie auch immer geartete (selbstverständlich rechte) Ecke stellen. Mit den Medieneinladungen wird es wohl auch vorbei sein – es sei denn, das schon erwähnte Phänomen von aus Schiffen fliehenden Nagetieren ergreift jetzt auch mutige Medienvertreter, die sich bisher nur nicht trauten. Dies ist aber bei den heutigen Staatsmedien und den angeblich freien Medien, die sich mehrheitlich in freiwilliger Selbstgleichschaltung üben, kaum so schnell zu erwarten.

Mitleid mit den beiden WELT-Autoren ist nicht angebracht. Warum sollen nicht auch einmal sie zu spüren bekommen, was es bedeutet, die Wahrheit zu sagen, wenn diese politisch höchst unerwünscht, ja anstößig ist. Obwohl das, was im WELT-Artikel steht, den beiden Wissenschaftlern schon ewig lange bekannt ist und sie dennoch bis heute zum „Klimaschutz“-Unfug schwiegen oder herumredeten, dankt ihnen EIKE an dieser Stelle trotzdem für ihren späten Schritt. Es ist immer noch besser zu spät, als niemals.

 

 




EU Taxonomie und der Vorstandsvorsitzende der BASF, Dr. Brudermüller

Auch wenn die EU Taxonomie durch die neuen Vorschläge, Kernenergie und Gas als nachhaltig einzustufen, insgesamt kaum besser wird, so zeigt sie doch, dass die EU wenigstens verstanden hat, dass der Plan für einen Green Deal, schon bevor er überhaupt umgesetzt werden konnte, zum alten Eisen gehört.

 

Von Andrea Andromidas und Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Deshalb hat man nun beschlossen, Investitionen in moderne Kernkraft- und Gastechnik mit Hilfe der neuen Taxonomie zu fördern. Damit sind aber auch Phantasien, die deutsche Energiewende sei ein leuchtendes Beispiel für den Rest der Welt, endgültig vom Tisch gefegt. Entsprechend laut ist das Geschrei der grünen Ideologen.

Die entscheidende Frage aber lautet jetzt: Wird wenigstens die deutsche Industrie den Anschluss finden? Man muss leider daran zweifeln, überall ist nur Kotau vor Grün zu finden.

Die frisch gedruckte Ausgabe des Magazins „TREND“ des Wirtschaftsrates der CDU e.V., welches jedem Mitglied zugestellt wird (Mitglied im Wirtschaftsrat der CDU bedeutet nicht, auch automatisch Mitglied der CDU zu sein, jeder kann Mitglied im Wirtschaftsrat werden), präsentiert ganz ungeniert, selbst nach dem Scheitern der COP 26 Konferenz in Glasgow, frisch und munter die alten Lügen und den gleichen Unsinn.

Allen voran Prof. Edenhofer, gefolgt von Friedrich Merz, Markus Söder, Vertretern der Banken, der EU, den Energiekonzernen und natürlich des Wirtschaftsrates, von dem man eigentlich etwas mehr Sachverstand erwarten sollte. Sie alle folgen weiterhin der verrückten Vorstellung, dass man nicht nur eine Industrienation wie Deutschland mit verschwindend geringen Leistungsdichten des Mittelalters (bewegte Luft und Sonneneinstrahlung) erfolgreich in die Zukunft führen könne, sondern dass hier sogar ein deutsches und europäisches Vorbild für die Welt entstünde! Das Gelächter in China, Afrika, Russland,… über diesen Schwachsinn hat bereits homerisches Ausmaß.

Gerade das, worauf man in Deutschland mit Recht besonders stolz ist, nämlich auf den produktiven Mittelstand mit seinen vielfach erwähnten „Champions“, kommt durch diese katastrophal falsche Wirtschaftspolitik unter den Hammer. Das permanente Gerede von Effektivität dient lediglich der Täuschung. In Wirklichkeit wird eine über Jahrhunderte entstandene Produktivität durch den Ausbau der flächen-, materialfressenden und wetterabhängigen Technik mit ihren mittelalterlichen Leistungsdichten (von Wind und Sonne) abgrundtief dumm, ideologiegetrieben und systematisch zerstört.

Beispielhaft für grüne Phantasiegebilde steht ausgerechnet der Beitrag des Vorstandsvorsitzenden der  BASF, Dr. Martin Brudermüller, im Magazin TREND. Brudermüller verspricht die „große Transformation“ der inländischen Industrie mit den neuen grünen Technologien. In folgendem Zitat wird von uns lediglich der ohnehin sachlich falsche Ausdruck „erneuerbar“ durch „wetterabhängig“ ersetzt, damit der sachliche Irrsinn der Aussage Brudermüllers noch etwas prägnanter wird. Der aus dem Magazin TREND zitierte Text ist ansonsten unverändert:

„Alle diese Technologien haben eines gemeinsam: sie brauchen riesige Mengen an wetterabhängigem Strom. Das gilt nicht nur für die chemische Industrie, sondern für alle Industriezweige. Daraus leitet sich eine sehr wichtige und dringende Aufgabe für die Politik ab: Deutschland braucht ausreichend wetterabhängigen Strom, er ist die Basis für die Erneuerung der Industrie. Zugleich müssen diese wetterabhängigen Energien natürlich zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar sein. Wir bei BASF wollen nicht länger warten. Deshalb haben wir uns entschlossen, die zusätzlichen Mengen an wetterabhängigen Energien selbst zu produzieren. Für die Energiewende sehe ich fünf Prioritäten: Erstens den konsequenten Ausbau der wetterabhängigen Energien. Dazu müssen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren viel schneller hinbekommen und vereinfachen. Wir brauchen europaweit einen massiven Ausbau an wetterabhängigen und die weitere Marktintegration von wetterabhängigem Strom. Zweitens muss der Strom von Abgaben befreit werden, um den Einsatz in der Industrie zu ermöglichen. Drittens gilt es, die Infrastruktur zu stärken. Viertens müssen wir die Wasserstoffwirtschaft rasch aufbauen und fünftens die Zusammenarbeit von Politik und Industrie stärken. Wir wollen die Transformation schaffen. Unsere Industrie muss aber auch in Zukunft global wettbewerbsfähig sein. Innovative Chemieprodukte sind an anderer Stelle auch die Basis, um die Ziele des Green Deals zu erreichen. Europa wird seine Klimaschutzziele nur erreichen, wenn wir gleichzeitig unseren Wohlstand erhalten. Das ist die einzige Möglichkeit, dass das europäische Modell wirklich zum Vorbild für die Welt werden kann. Ich kann Ihnen nur sagen: BASF wird alles tun, damit das klappen wird.“

Werner von Siemens, Ludwig Erhard und alle weiteren erfolgreichen Industrieführer der deutschen Vergangenheit drehen sich im Grabe angesichts dieses sachlichen Schwachsinns. Nicht wenige Besitzer von BASF-Aktien scheinen inzwischen sogar zu überdenken, ob sie noch Anteile an einem Unternehmen halten sollen, von dessen Führung sie annehmen müssen, sie sei nicht mehr ganz klar im Kopf. Zur Zeit noch rund 39.000 Arbeitsplätze in Ludwigshafen erhält man auf Dauer nicht mit feigem Appeasement oder sogar Kopieren des grünen Wahnsinns (siehe BASF Beteiligung an offshore Windanlagen), sondern nur mit konsequentem Widerstand dagegen.

Möglich wäre dieser Widerstand, denn die BASF ist ein Weltunternehmen. Der Weg des Widerstands steht mit der neuen EU-Taxonomie jetzt frei, erst einmal nur mit Gas. Aber sogar Kernenergie im oder der Nähe des Stammwerks Ludwigshafen – den ernsthaften Plan dazu gab es schon einmal – ist eine Zukunftsoption. Das deutsche Ausstiegsgesetz zur Kernenergie dürfte gegen die EU Taxonomie beim Gerichtshof der EU nämlich kaum Bestand haben.




Die neue EU-Taxonomie und der aufgescheuchte Hühnerhaufen der Grünen

Bundesumweltministerin Steffi Lemke reagiert verstört: „Atomkraft ist alles andere als nachhaltig, sie ist eine Risikotechnologie„. Trifft das zu, oder ist es nur abstruser Unsinn?

 

Von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Was ist passiert?

Die EU beabsichtigt, die Nutzung der Kernkraft und Erdgas zur Stromerzeugung von den Einschränkungen der Weltrettungs-Mafia zu befreien. Deren Methoden sind nämlich subtil. So werden derzeit Firmen im Öl- und Kohle-Explorationsgeschäft von Bankkrediten ausgeschlossen, und viele haben sich deswegen zwangsweise dem grünen Geschäftsweg angeschlossen. Ob das auf Dauer gut geht, ist eine andere Frage.

Nun haben es inzwischen selbst die Dümmsten begriffen (die deutsche Bundesregierung noch nicht), dass Wind und Sonne als wetterabhängige Stromerzeuger für eine Industrienation ungeeignet sowie landschafts- und naturschädigend sind. Frankreich bezieht seinen Strom überwiegend aus Kernkraftwerken, aber diese kommen allmählich ins Alter, und ein kräftiger Strom- und Heizungszuschuss aus Gas wäre daher hochwillkommen (von Kohle traut sich auch dort noch niemand zu sprechen). Die Folge dieser Situation sieht so aus: Da die Brüsseler Führungselite „französisch spricht“, wird der neuen Taxonomie wohl nichts Ernsthaftes mehr im Wege stehen.

Und die europäischen Grünen, vorwiegend die deutschen? Sie schäumen vor Wut und setzen alle Hebel in Bewegung, um dem Kippen ihres Lieblingspfeilers „keine Kernenergie“ noch Einhalt zu gebieten.

Doch auch die anderen Linken im Deutschen Bundestag sind kein Deut besser. Anlässlich der Debatte über den „Atomausstieg“ am 11. November, womit der endgültige Ausstieg aus der Kernenergie gemeint ist, erlaubte sich der studierte Politologe und SPD Apparatschik Timon Gremmels    seine Gegenrede zum Antrag der AfD, den Ausstieg zumindest auszusetzen bis Ersatz da wäre, mit den folgenden Worten abzuschließen (Weitere Details dazu hier):

„Dann werden wir die Sektkorken knallen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil wir das gut und richtig finden. Es ist ein wichtiges Menschheitsziel, was wir da erreicht haben.“

Und sein Parteifreund SPD MdB Timon Gremmels sagte:

„Für die Sozialdemokratie ist es eine Freudenstunde, wenn am 31. Dezember 2022 das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz geht.“

Nun, diese Freudenstunde wird uns noch sehr, sehr teuer zu stehen kommen.

Doch ob dies alles etwas nutzen wird, darf bezweifelt werden – vermutlich wohl nicht. Immerhin vermutet FOCUS online, dass die Empörung nur gespielt sei, weil die Führungen der Grünen, der regierenden Sozialdemokraten und der FDP schon im Oktober Bescheid gewusst hätten, dass die Chancen der Verhinderung praktisch Null seien (hier). Man kann die Angelegenheit aber auch einmal nüchtern und kühl sehen, eine Herangehensweise, die aktuell in Medien und Politik leider nicht vorkommt. Daher helfen wir im Folgenden ein wenig bei der Wahrheitssuche nach.

 

Gefährlichkeit von technischen Methoden

Die Behauptung von Frau Lemke über die angebliche Gefährlichkeit und mangelnde Nachhaltigkeit der Kernenergie findet sich in /1/. Aber nicht nur S. Lemke, die gesamte Führung der Grünen scheint dies zu glauben. Wie sehen die Fakten aus?

Jede technische Methode ist „Risikotechnologie„. Autos, Flugzeuge und Schiffe fordern immer wieder Todesopfer und natürlich ebenso die für jede moderne Gesellschaft unverzichtbare Erzeugung von Energie. Staudämme brechen, tödliche Grubenunglücke beim Kohlebergbau machen immer wieder Schlagzeilen, und es stürzen sogar Monteure von Windrädern und Solarpanelendächern mit tödlichen Folgen ab. Risikofreie Technik gibt es nicht! Entscheidend ist hier nur, wo unter diesem Gesichtspunkt die Kernenergie aufzufinden ist.

Zweifellos sind Havarien von Kernkraftwerken besonders spektakulär, weil ihre schädlichen Folgen (radioaktve Strahlung) weite Flächen und damit sehr viele Menschen betreffen könnten. Dies lässt die friedliche Nutzung der Kernenergie besonders gefährlich erscheinen. Ähnlich, nur nicht ganz so extrem, verhält es sich mit dem Paar Auto – Flugzeug. 300 tödlich verlaufende Verkehrsunfälle mit dem Auto werden von der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommen, der Absturz eines großen Passigierflugzeugs mit ebenso vielen Opfern macht dagegen weltweite Schlagzeilen. Es muss daher betont werden: 300 Auto-Todesopfer sind genauso schwerwiegend wie 300 Flugzeug-Todesopfer oder wie 300 Todesopfer einer Kernkraftwerkshavarie – nicht weniger und nicht mehr.

 

Wie ist Gefährlichkeit von technischen Methoden definiert?

In der Energieerzeugung – hier geht es speziell um die Stromerzeugung, denn Kernkraftwerke erzeugen ausschließlich elektrischen Strom – definiert man ihre Gefährlichkeit als

Anzahl von Todesopfern pro TWh (Terawattstunde) erzeugter elektrischer Enregie.

Von Flugzeug- und Auto-Todesfällen kennt man analoge Kriterien als „Todesfälle pro zurückgelegten Kilometern“. Nebenbei: Von dem Kriterium für die Gefährlichkeit von Stromeerzeugungsmethoden nicht abgedeckt ist ihre Umweltschädlichkeit. Nur soviel dazu: Am umweltschädlichsten sind die wetterabhängigen Energien aus Wind, Sonne, ferner auch Energiemais. Dies liegt an ihren unabdingbar zu geringen Leistungsdichten, welche – ebenso unabdingbar – zu viel Material- und Flächenverbrauch nach sich ziehen. Dieses Thema soll hier nicht weiterverfolgt werden, nähere Info dazu in /2/ und /3/.

 

Wie gefährlich ist die zivile Nutzung der Kernenergie?

Dem Autor sind drei gründliche Untersuchungen zu dieser hier maßgebenden Frage bekannt (falls inzwischen noch weitere dazugekommen sind, wird um Mitteilung an EIKE gebeten):

  1. Vom staatlichen Paul Scherrer Institut der Schweiz (PSI) in der Publikation „Severe accidents in the energy sector. Paul Scherrer Institut, Bericht Nr. 98, 16.11.1998″, (https://www.psi.ch/sites/default/files/import/ta/PublicationTab/Hirschberg_1998_ENSAD.pdf). Dieser Bericht vom Jahre 1998 berücksichtigt auch zwar schon das KKW-Unglück von Tschernobyl in 1986, logischerweise nicht aber das von Fukishima in 2011, bei dem übrigens kein einziger Mensch durch radioaktive Strahlung zu Tode kam.
  2. Von Lancet, dem berühmtesten medizinwissenschaftlichen Journal weltweit, die Fachpublikation „Markandya, A., Wilkinsen, P., 2007, Electricity generation and health. Lancet, 370″, https://philippelefevre.com/downloads/Electricity_generation_and_health_(Lancet_2007_Markandya).pdf
  3. Von der Universität Stuttgart die Publikation „P. Preiss, P., Wissel, S., Fahl, U., Friedrich, R., Voß, A., et al., 2013. Die Risiken der Kernenergie in Deutschland im Vergleich mit Risiken anderer Stromerzeugungs-Technologien“, https://www.ier.uni-stuttgart.de/publikationen/arbeitsberichte/downloads/Arbeitsbericht_11.pdf.

Um es kurz zu machen: In allen drei Untersuchungen rangiert die Gefährlichkeit der Kernenergie an letzter Stelle und dies sogar noch mit weitem Abstand. Um dies zu veranschaulichen, nachfolgend das Bild (Fig. 7.2.1) aus S. 236 der oben zitierten Stuidie des Paul Scherrer Instituts. Der Anteil der Kernenergie an Todesopfern ist in der Grafik kaum sichtbar!

Quelle: Bericht des PSI

 

Wie nachhaltig ist die Kernenergie?

Über dieses technische Thema wird in /3/ ausführlich berichtet, daher hier nur wenige Sätze. Die bisherigen Förderreserven von Uran reichen mit den heutigen Standard-KKW noch für grob 100 Jahre. Würde man auf Uran aus dem Meer zurückgreifen (aktuell noch zu teuer), werden daraus mehrere hunderttausend Jahre Reichweite. Thorium, nur in der Erde auffindbar und weit häufiger als Uran, ist dabei nicht einmal berücksichtigt. Es steht freilich fest, dass die Kernenergie nicht bei den heutigen Typen von KKW stehenbleiben, sondern auf Kernkraftwerke der Generation IV umsteigen wird. Diese Reaktoren können als sog. Brüter konzipiert werden, die aus wenig Anfangsbrennstoff fast beliebig viel weiteren Brennstoff „erbrüten“. Ferner kann der Abfall in Generation-IV Reaktoren zu so geringen Resten verbrannt werden, dass das Abfallproblem praktisch verschwindet. Es ist zu betonen, dass die Gen-IV Technologie bereits konkrete Pilotanlagen vorweisen kann (die bereits schon viele Jahre Strom erzeugenden russischen BN-Reaktoren) und nicht nur auf „Hoffnungen“beruht wie die Kernfusion. Mit „Brüten“ verlängert sich die Brennstoffreichweite für beliebig viele KKW der gesamten Menschheit auf Millionen Jahre /3/. Gibt es eine bessere Definition für Nachhaltigkeit?

 

Fazit

Selbst die mehrheitlich grünfreundlichen Medien können nicht mehr verbergen, dass sich grüne Politiker/4/ oft nicht gerade durch überragende Sachkenntnis auszeichnen. Grüner Widerstand gegen die geplante neue EU Taxonomie ist aus diesem Grund und auch aus politischem Selbsterhaltungstrieb nachvollziehbar. „Grün“ wird heute von vielen Mitbürgern mit Natur- und Landschaftszerstörung durch nicht nachhaltige Windräder, mit Verbotsorgien, mit Sprachzerstörung (Genderunsinn) und vor allem mit erfolgreich erzeugter Angst der deutschen Bevölkerung vor der Kernenergie gleichgesetzt. Ferner wird von diesen Mitbürgern vermutet, dass nachhaltig-moderne Zukunftstechnologie gar keine grünen Ziele sind, sondern es den Grünen eher um Unterjochung der Bevölkerung mit Hilfe eines dem Kommunismus verwandten grünen Systems geht. Es wird daher spannend sein zu sehen, ob sich die Grünen aus diesem Schlamassel befreien können und wie lange die Medien als ihre treuesten Verbündeten ihnen noch gewogen bleiben.

Man kann es auch anders ausdrücken: Die wahren und auf Dauer wohl auch erfolgreichen Gegner der Grünen sind keine Politikgegner anderer Couleur, keine bösen Wähler und schon gar nicht unfreundliche Medien. Es sind Physik, Kostenrechnung und das Wetter. Gegen die hat es noch nie jemand geschafft.

 

 

Literaturnachweise

/1/ ZDF Teletext vom 3.Januar 2022.

/2/ Horst-Joachim Lüdecke, Energie und Klima, 4. Auflage, expert-Verlag, 2020.

/3/ Götz Ruprecht und Horst-Joachim Lüdecke, Kernenergie, der Weg in die Zukunft, Schriftenreihe des Europäisches Institut für Klima und Energie, Bd. 7.

/4/ generisches Maskulinum, wir lehnen den Genderunfug konsequent ab.




Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Neubau von Kernkraftwerken und anderen Großprojekten

von Dipl.-Physiker Dieter Glatting

Eine gegen die Kernenergie feindliche Presse thematisiert gerne und sachlich durchaus korrekt die erheblichen Kosten- und Bauzeitüberschreitungen bei neuen großen KKW-Projekten. Was sind eigentlich die Gründe der Überschreitungen?

Als Folge dieser Verzögerungen stellen sogar viele der Kernenergie positiv gegenüberstehende Mitbürger insbesondere das Konzept von großen Kernenergieeinheiten mit 1200 bis 1600 MW wie den European Power Reactor (EPR) in Frage. Diese Konstruktionen seien zu komplex und zu teuer. Hinzu kommt, dass sich der Französischen Präsident Macron kürzlich für den Bau von Small Modular Reactoren (SMR) ausgesprochen hat.

Als Ingenieur, der lange Zeit in der Kerntechnik tätig war, mit den Nachrichten der Buschtrommeln vertraut ist und sich allein schon aus beruflichen Gründen mit den technischen und politischen Entwicklungen von Kernkraftwerken auseinandersetzt, gebe ich nachfolgend meine Einschätzung zu den wirklichen Gründen der Kostenüberschreitungen wieder.

Zunächst ist zu betonen, dass der EPR ledigleich eine Weiterentwicklung der deutschen Konvoi-Anlagen ist, so wie sie derzeit noch als GKN II, KKI 2 und KKE aktiv sind. Die wesentlichen Änderungen beim EPR sind der Core-Catcher zum Auffangen des geschmolzenen Reaktorinventars bei einer hypothetischen Kernschmelze, die zweigeteilte Sicherheitshülle und die Leistungssteigerung durch Zumischung von Gadolinium zum Werkstoff der Brennelementhüllen. Darüber hinaus wurden zahlreiche zusätzlichen Druckbegrenzungen und weitere Sicherheitsapplikationen eingebaut.

Der Core-Catcher hat seinen Ursprung in der Behauptung der Kernenergiegegner, dass das bei einer Kernschmelze ausgetretenen Reaktorinventar den Betonboden „aufschmelzen“ und danach das aus dem Beton austretende Wasser die Kettenreaktion wieder in Gang bringen könne. Daher wurde unter den Reaktordruckbehälter (RDB) eine abschüssige Keramikfläche angebracht, die diesen Effekt unmöglich macht, eben den „core catcher“. Im Rahmen einer Sicherheitsanalyse (2010) von GKN II wurde allerdings inzwischen mittels gekoppelter Simulationsrechnungen bewiesen, dass das oben geschilderte Szenario einer unerwünschten Kettenreaktion nach einer Havarie gar nicht möglich ist. Dieses Ergebnis war den Experten zwar schon immer klar, nur der definitive Nachweis fehlte. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die preistreibenden Core-Catcher überall längst eingeplant und bestellt.

Mit doppelter Sicherheitshülle waren bereits die GE Boiling Water Reactor (BWR) Anlagen Anfang der 80er Jahre ausgestattet, siehe beispielsweise den KKL Leibstadt. Bei diesem Standard wollte man beim EPR wohl nachziehen. Zusammen gefasst, liegt daher beim EPR keine wesentliche Erhöhung der Komplexität gegenüber dem Bau der Konvoi- bzw. BWR-Anlagen (Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre) vor. Daher stellt sich erneut die Frage nach den Gründen der Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass man in Tianshan China mit dem Bau zweier EPR nicht nur später als im Westen begonnen hat, sondern sogar noch früher fertig wurde. Meiner Einschätzung nach ist die Antwort auf dieses Rätsel einfach: Zunächst einmal ist China kein Entwicklungsland mehr. Gleichwohl herrscht in China aber auch noch nicht die westliche Dekadenz bezüglich Ausschreibungen und gerichtlichen Klärungen. Dort werden die Großprojekte nämlich so organisiert, wie sie früher auch in Deutschland und anderen westlichen Staaten organisiert wurden. Was heißt das in der Praxis?

Es gab einen Generalunternehmer wie z.B. die KWU früher in der BRD und General Electric (GE) in den USA. Dieser vergab Aufträge an Subunternehmen und zwar nicht öffentlich. Die Auftragnehmer verdienten dabei gutes Geld, bekammen große Aufträge, und sofern es vernünftig lief, waren Anschlussaufträge die Folge. Dafür war aber auch eine gute Qualität unabdingbar. Projektverzögerungen, technische Änderungen und andere Probleme wurden auf dem kurzen Dienstweg geklärt, bezahlt und dokumentiert. Zwar konnte auch damals schon der angepeilte Kostenrahmen nie wirklich eingehalten werden. Aber auch bei größeren Abweichungen wurden schnell und pragmatisch Lösungen gefunden – von Ersatzlieferungen, Planänderungen, bis hin zur Bewertung von technischen Abweichungen. Ob diese belassen werden konnten, wurde gegebenenfalls in einem kleinen Kreis aus Generalunternehmer, Herstellern, Gutachtern und Behörden entschieden. Mir ist kein Fall bekannt, in dem dabei technisch bedenkliche Bestände durchgewunkt wurden.

Ein vergleichbarer Fall von plötzlich auftauchenden Problemen wurde beim Reaktordruckbehälter des EPR in Flammaville bekannt. Nachdem der RDB schon geschweißt war, tauchte das Problem auf, dass eine Bodenkalotte aus französischer Produktion die Anforderungen bei Materialtest geringfügig unterschritt. Die Meldungen in der Presse hierzu überschlugen sich, ganz so, als ob es sich um ein Loch im RDB gehandelt hätte. Faktisch wurden jedoch lediglich die Zähigkeitsanforderungen nicht ganz erreicht. Dazu sollte man wissen, dass an dieser Stelle der zäheste Werkstoff verwendet wird, mit dem man so ein Bauteil überhaupt realisieren kann. In älteren Reaktoren wurde ein anderer Stahl verwendet, der a priori diese Anforderungen gar nicht erreichte. Technisch gesehen, war daher das „Flammaville-Problem“ ein Nichtproblem. Und genau so wurde dies auch gesehen und seine Lösung in einer Besprechung entschieden. Heute hält so etwas dagegen den Weiterbau über mehrere Monate auf, und die Presse verbreitet Meldungen über einen angeblichen Schrottreaktor. In Olkiluoto haben ähnlich „schwerwiegende“ Probleme schon beim Gießen der Bodenplatte angefangen.

Das noch größere Problem scheinen die Ausschreibungsverfahren und die Vergabe von Aufträgen zu sein. Inwiefern das Vergabeverfahren durch europaweite Öffentliche Ausschreibungen aufgrund des öffentlichen Interesses zu beachten war, entzieht sich meinem Wissensstand. Die früher übliche Freihandvergabe der KWU würde allerdings heutzutage als Verstoß gegen die Compliance-Organisation verstanden werden, womit die beteiligten Firmen womöglich von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

Die Berichte aus Olkiluoto schildern unzählige Auftragnehmer, die zum Teil nur an kleinen Abschnitten arbeiteten. Damit kam es zu einer schädlichen Aufsplitterung. Die schlechten Englischkenntnisse vieler Osteuropäer kamen hinzu. Kurz, es waren zu viele Firmen beteiligt, und so kam es ständig zu Verzögerungen. Weil z.B. Firma A die Halbzeuge später erhielt, konnte es erst erst später weitergehen. Firma B war also gezwungen, später anzufangen, hatte aber für die neue Einsatzzeit ihre Arbeiter früher schon für eine andere Baustelle disponiert. Was man ehemals auf einer Besprechung in konstruktiver Atmosphäre an einem Nachmittag reorganisiert hätte, beschäftigt heute Rechtsanwälte über Wochen. Insbesondere geht es dann um die Frage, wer nach Vertrag und Spezifikation für welche Kosten und welche Verzögerungen haftet. Da an diesem Punkt manchmal gar nicht mehr absehbar ist, ob die alten Auftragnehmer überhaupt noch (und falls doch, wann) die Arbeiten durchführen können, erfolgt oft eine neue Ausschreibung.

Vielleicht erhält in dieser dann Firma C den Auftrag für die Weiterarbeit für den noch fehlenden Teil des Baus. Bei der Endprüfung stellte man dann vielleicht fest, dass die Schweißungen die Anforderungen nicht erfüllen. Eine Reparatur kann durch Firma C jedoch nicht mehr erfolgen, weil sie Konkurs angemeldet hat und die Schweißer bereits woanders untergekommen waren…..

Kurz: Unter dem von der EU vorgegebenen Rechtsrahmen sind derartige Großprojekte schlicht nicht mehr effektiv durchzuziehen. Wenn dann noch unfähige Politiker meinen, ihre befreundeten Architekten könnten besser einen Flughafen planen und bauen als spezialisierte Firmen und in den Ausschreibungsvorgaben dann noch aus „Klimaschutzgründen“ lokale Anbieter gefordert werden, kommt so etwas wie der Berliner BER dabei heraus.

Es gilt jetzt aufmerksam zu beobachten, wie man in den USA das Advanced Reactor Demonstration Program (ARDP) umsetzen wird. Nach den oben beschriebenen Standards – insbesondere, da es sich um Neukonstruktionen handelt – ist es unvorstellbar, wie man innerhalb von fünf bis sieben Jahren von der Konstruktion über das Genehmigungsverfahren bis zur Montage ins Netz einspeisen kann. Allenfalls dann, wenn das Projekt als Teil der nationalen Sicherheit eingestuft werden sollte und infolgedessen alle Vergaberegeln entfallen, bestünde die Möglichkeit der fristgerechten Umsetzung.

Wie Eingangs bereits angesprochen, hat sich der französische Präsident Macron für den Bau von SMR ausgesprochen. Ähnlich verfolgt auch Rolls-Royce ein derartiges Projekt. Kritiker der großen KKW sehen darin einen Beitrag zur Vereinfachung und Kostenersparnis. So geht man auf der oben verlinkten Webseite von Rolls-Royce davon aus, dass 90% der Arbeiten in einer einzigen Fabrik durchgeführt werden können. Da verwundert es dann doch etwas, dass man bereits zu KWU-Zeiten viele Spezialfirmen benötigte. Ob die Herstellungskosten damit wirklich gesenkt werden können, muss sich also erst in der Realität zeigen. Momentan handelt es sich noch um „Papierreaktoren“. Maßgebende Vereinfachung kann der Autor auch nicht sehen, denn prinzipiell braucht man jedes Sicherheitssystem der großen Reaktoren auch an den kleinen Reaktoren, nur eben in einer kleineren Ausführung. Erfahrungen mit Kraftwerken von vergleichbarer Größe wie dem SMR (zum Beispiel Obrigheim, RBMK 400) haben gezeigt, dass man für den Betrieb sogar in etwa die gleiche Personalstärke braucht, wie bei großen KKW.

Meiner Einschätzung nach verspricht sich Macron mit dem SMR drei Vorteile: Zunächst einmal könnte die Abdeckung mit Kernenergie in Frankreich verbessert werden. Es ist Vorteilhaft, wenn Produktion und Verbrauch nicht sehr weit voneinander entfernt sind. Die Metropolregionen sind zwar mit großen KKW-Einheiten abgedeckt, aber die französische Landkarte zeigt noch viele Regionen, die für die SMR Typen prädestiniert sind. Zweitens kann man den SMR mit der Argumentation „klein und neu“ auch als „sicher“ „verkaufen“. Zum Dritten können politische Erwägungen dahinter stecken. Die Briten kaufen in Frankreich EPR und die Franzosen kaufen in UK SMR-Reaktoren, also ein Geben und Nehmen.

Derzeit wird in der EU noch darüber beraten, ob die Kernenergie in den Delegierten Rechtsakt (zu Deutsch: Verordnung) zu die Taxonomie-Regeln einfließen soll. Die Entscheidung wurde jetzt schon mehrfach verschoben. Wahrscheinlich, weil viele Entscheidungen Deutschlands zur Kernenergie damit offen ihre Absurdität zeigen würden.

Es ist zu erwarten, dass viele Länder wieder auf die Kernenergie setzen, nur Deutschland wird den Weg der Naturzerstörung durch Photovoltaik und Windindustrieanlagen fortsetzen. Schlussendlich wird Deutschland von KKWs umringt sein, die uns (hoffentlich) mit Strom versorgen werden, denn mit Wind und Sonne ist dies unmöglich. Damit wird sich aber dann auch die aktuelle Deindustrialisierung und Zerstörung Deutschlands konsequent und nahtlos fortgesetzt haben.