Der große russische Energiebetrug: Schwarzgeld finanziert „grüne“ Gruppen im Westen

von Giulio Meotti, Gatestone Institute

Westliche Klima-Aktivisten und NGOs, die die Abhängigkeit von russischem Gas stützen, sind dem Kreml lieb und teuer. Und werden in vielfältiger Weise unterstützt.

„Mit dem nahenden Winter befindet sich Europa in einer Energiekrise – und ist auf die Barmherzigkeit des russischen Machthabers Wladimir Putin angewiesen. Es ist eine selbstverschuldete Katastrophe, die sich seit Jahren anbahnt.“

So begann ein Leitartikel des Wall Street Journal vom 20. Oktober 2021, bevor Rußland seine Truppen an der ukrainischen Grenze aufstellte und kein Analyst oder Think Tank sich vorstellen konnte, dass das Undenkbare bevorstand. Der Leitartikel fuhr fort:

„Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich in Energiefragen selbst behindert, um eine Klimaagenda zu verfolgen, die keine Auswirkungen auf das Klima haben wird, aber die Energiepreise in die Höhe treibt, Verbrauchern und Industrie schadet und jetzt die Tyrannen im Kreml stärkt.

Großbritannien und die EU haben sich verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, Kohlekraftwerke zu schließen und Milliarden in Solar- und Windkraftprojekte zu stecken. Deutschland und mehrere andere europäische Länder haben Fracking weitgehend verboten. Dies hat die europäischen Staats- und Regierungschefs in das Äquivalent von Seefahrern des 16. Jahrhunderts verwandelt, die um günstige Winde und Wetterbedingungen beten, während die Energiepreise je nach Wolkenbedeckung und Windverhältnissen steigen und fallen.

Auch Deutschland hat sich selbst geschadet, als Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Überreaktion auf den Unfall in Fukuschima 2011 den Ausstieg aus der Kernenergie beschloß.“

Konstantin Kossatschow, ein einflussreicher russischer Abgeordneter, hatte zuvor gegenüber Bloomberg erklärt, dass „wir nicht zur Rettung reiten können, nur um Fehler zu kompensieren, die wir nicht begangen haben“. Diese schonungslose Ehrlichkeit stand in schmerzlichem Kontrast zu Europas Naivität.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, traf sich kürzlich mit Aktivisten der von Greta Thunberg inspirierten „Fridays for Future“-Bewegung, obwohl diese Umweltschützer die Verantwortung für Europas energetischen Masochismus tragen, wie das Wall Street Journal es in einem anderen Leitartikel nannte.

Der Autor Michael Shellenberger, der ebenfalls die Klimapolitik Europas anprangert, wies kürzlich in einem Beitrag mit der Überschrift „The West‘s Green Delusions Empowered Putin“ (Der grüne Wahn des Westens stärkt Putin) darauf hin:

„Während der Westen in eine hypnotische Trance verfiel, in der es darum ging, seine Beziehung zur Natur zu heilen, die Klimaapokalypse abzuwenden und einen Teenager namens Greta zu verehren, machte Wladimir Putin seine Züge.“

Deutschlands Krieg gegen Frankreichs Kernkraft

Einer der Gründe für Deutschlands katastrophale Energieentscheidungen – russisches Gas und chinesische Solarpaneele anstelle von heimischer Kernenergie und fossiler Brennstoffproduktion – wurde von Fabien Bouglé in seinem Buch „Nucléaire, les vérités cachées“ („Kernenergie, die verborgenen Wahrheiten“) aufgedeckt. In einem Interview mit Le Figaro sagte er kürzlich:

„Meine Recherchen haben eindeutig ergeben, dass Deutschland einen Wirtschaftskrieg gegen die französische Kernenergie geführt hat. In Verbindung mit Anti-Atom- und Pro-Wind-Umwelt-NGOs kämpft unser Nachbar seit Jahren darum, unsere Atomindustrie auf unserem Boden, aber auch in Brüssel zu verunglimpfen. Ein Heer von deutschen Lobbyisten arbeitet mit der Europäischen Kommission zusammen, um zu verhindern, dass die französische Kernenergie in die Liste der Aktivitäten aufgenommen wird, die aufgrund ihres kohlenstoffarmen Charakters als ‚grün‘ gelten.“

Im Herbst 2021 bot die COP26, die UN-Klimakonferenz, ein groteskes Schauspiel: eine Art ökologisches Versailles. Die Reichen, Mächtigen und Tugendhaften des Planeten versammelten sich in Glasgow, um den Bürgern der westlichen Länder zu erklären, wie sehr wir den Planeten mit unserer Lebensweise schädigen. Sie reisten in ihren Privatjets an, um sich über die Abgasplage der Luftfahrtindustrie zu beklagen. Der wissenschaftliche Chefberater der britischen Regierung, Patrick Vallance, sagte, jeder solle weniger Fleisch essen und weniger fliegen. Dann kam die Nachricht, dass 400 Privatjets zur UN-Klimakonferenz fliegen würden, die internationale Spitzenpolitiker und Führungskräfte aus der Wirtschaft mitbringen.

Der britische Prinz Charles sagte von einem seiner Paläste aus, die COP26 sei die „letzte Chance“ für den Planeten. Die britische Königsfamilie ist in den letzten fünf Jahren so viel geflogen, dass sie damit bis zum Mond und zurück hätte kommen können.

Deutschlands gigantische Kohlegruben

Während die Deutschen über das Klima schwadronierten, informierte uns die Washington Post über ihre Heuchelei:

„Deutschland stellt sich selbst als Klimavorreiter dar. Aber es reißt immer noch Dörfer für Kohleminen ab… Die gähnende schwarz-braune Narbe in der Erde, die Deutschlands Kohlebergwerk Garzweiler darstellt, hat bereits mehr als ein Dutzend Dörfer verschluckt. Jahrhundertealte Kirchen und Wohnhäuser wurden abgerissen und das Land, auf dem sie gebaut waren, weggerissen. Ackerland ist verschwunden, Friedhöfe wurden geleert.“

Allein die Grube Lützerath ist doppelt so groß wie Manhattan. Deshalb wurde Deutschland als das umweltschädlichste Land in Europa bezeichnet. Vor sechs Jahren, zur Zeit der COP21, warnte uns der ehemalige polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek: „Lasst uns keine Heuchler sein: Die Deutschen bauen zusätzliche Kohlekraftwerke auf, um ihren Sektor der erneuerbaren Energien zu unterstützen“.

Im November 2021 schrieb Thomas Friedman in der New York Times:

„In einem kürzlich erschienenen Essay über den Wettbewerb der Großmächte und den Klimawandel erinnerte Rob Litwak, ein Experte für Rüstungskontrolle am Wilson Center, an eine Frage, die Präsident Ronald Reagan dem sowjetischen Führer Michail Gorbatschow stellte, nachdem sie während ihres Gipfels am Genfer See 1985 einen Spaziergang gemacht hatten.

Wie Gorbatschow es später ausdrückte: ‚Präsident Reagan sagte plötzlich zu mir: ‚Was würden Sie tun, wenn die Vereinigten Staaten plötzlich von jemandem aus dem Weltall angegriffen würden? Würden Sie uns helfen?‘‘…

Litwak geht es bei der Erzählung dieser Geschichte natürlich darum, dass wir heute mit einer ähnlichen, weltbedrohenden Bedrohung konfrontiert sind – nicht von Außerirdischen aus dem All, sondern von einer viel vertrauteren und einstmals scheinbar gutartigen Kraft: unserem Klima.“

So träumten die progressiven amerikanischen Experten bis Oktober von einer Allianz zwischen dem Westen, Rußland und China gegen die globale Erwärmung. Jetzt, da der Westen Russland, den größten Energielieferanten für Europa, isoliert hat, spricht niemand mehr davon.

Das Treffen in Glasgow im Januar ist in Vergessenheit geraten. Die Kohleeinfuhren in die Europäische Union sind bereits um mehr als 56 Prozent im Vergleich zu 2021 gestiegen, um einer Energiekrise zu begegnen. In Großbritannien hat die Coal Authority einem Bergwerk in Wales die Genehmigung erteilt, die Produktion in den nächsten zwei Jahrzehnten um 40 Millionen Tonnen zu erhöhen.

„Dunkle Gelder“ über die Bermudas

Deutschland, das von russischem Gas abhängig ist und in dem die Grünen mit den Sozialdemokraten an der Regierung sind, war so verzweifelt, dass es die Abschaltung seiner Kernkraftwerke stoppen mußte. Die Schließung der Reaktoren war von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Fukushima-Unfall beschlossen worden. Jetzt schreibt Hans-Werner Sinn, ein führender deutscher Wirtschaftswissenschaftler:

„Deutschland wird weder kurz- noch langfristig in der Lage sein, die russischen Gasimporte zu beenden, ohne ein wirtschaftliches Chaos auszulösen… Deutschlands Versprechen, auf Kohle und Kernenergie zu verzichten, also auf die Energieträger, die dem Land ein gewisses Maß an Autarkie und Unabhängigkeit verschafft hätten, hat das Land damit in große Gefahr gebracht.“

Wie sich herausstellte, hat Russland Berichten zufolge – oft durch „dunkle Gelder“ über die Bermudas – die nicht verlangen, dass die Geberländer genannt werden – „grüne“ Kampagnen gegen die Kernenergie gefördert, um die Abhängigkeit des Westens von Importen fossiler Brennstoffe aus Russland zu gewährleisten. Laut einem Artikel in „The Hill“:

„Im Jahr 2014 – demselben Jahr, in dem Russland die Krim annektierte – warnte der damalige Generalsekretär der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO), Anders Fogh Rasmussen, dass Rußland verdeckt daran arbeite, die europäische und US-amerikanische Produktion fossiler Brennstoffe zu untergraben…

Laut ‚The Guardian‘ behauptete Rasmussen… in einer Präsentation vor einem Think Tank in London: ‚Ich habe Verbündete getroffen, die berichten können, dass Russland als Teil seiner ausgeklügelten Informations- und Desinformationsoperationen aktiv mit so genannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – Umweltorganisationen, die gegen Schiefergas arbeiten – zusammenarbeitet, um die Abhängigkeit Europas von importiertem russischen Gas aufrechtzuerhalten.‘“

Dominique Reynié, Professor für Politikwissenschaft am Institut d‘Etudes Politiques in Paris, stellte kürzlich in einem Interview mit „CNews“ fest:

„Wir haben festgestellt, dass Gazprom vor allem Umwelt-NGOs finanziert, die bestimmte europäische Länder mit Ministern ausgestattet haben – Belgien zum Beispiel –, die sich dann für einen Ausstieg aus der Kernenergie starkmachten.“

Gazprom als Umweltschützer in Mecklenburg-Vorpormmern

Die deutsche „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“, die Berichten zufolge mehr als 17 Millionen Euro von Gazprom erhalten hat, wurde ebenfalls beschuldigt, eine von Moskau finanzierte „Marionette“ zu sein, wie die Sunday Times enthüllte.

Die Stiftung wurde 2021 in Mecklenburg-Vorpommern von Manuela Schwesig gegründet, der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin und Verbündeten des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der Vorsitzender der Unternehmen ist, denen die Pipelines Nord Stream und Nord Stream II gehören, die gebaut wurden, um Erdgas von Russland nach Deutschland zu transportieren. Schröder saß auch in den Aufsichtsräten russischer staatlich unterstützter Energieunternehmen.

Darüber hinaus ergab eine Untersuchung von „Unherd“, dass China ebenfalls westliche Umweltschützer finanziert:

„Ein paar Blocks vom Platz des Himmlischen Friedens entfernt, inmitten der höhlenartigen Pracht des Pekinger Hotelkongresszentrums, versammelte sich im September eine Reihe hochrangiger Funktionäre der Kommunistischen Partei, um eine klare Botschaft zu verkünden: ‚Durch die Konzentration auf die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen … wird China eine grüne Entwicklung fördern und seine Ökologie kontinuierlich verbessern‘. Die Jahreshauptversammlung des China Council for International Co-operation on Environment and Development (CCICED) war in vollem Gange…

Während der Saal vor optimistischer Öko-Rhetorik nur so strotzte, konnte man fast vergessen, dass China der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen ist – und dass allein die im Bau befindlichen neuen Kohlekraftwerke eine größere Kapazität haben als die gesamte britische Stromerzeugungsmaschinerie….

Laut dem offiziellen Konferenzbericht lobten die ‚Mitglieder des ausländischen Komitees und die Partner Chinas ökologischen Zivilisationsaufbau und seine neuen und größeren Beiträge zur Förderung des Aufbaus einer sauberen und schönen Welt‘.“

Prinz Charles und John Kerry

Anwesend waren Professor Lord Nicholas Stern, Präsident des „Grantham Center on Climate Change“ an der London School of Economics, ehemaliger Chefökonom der Weltbank und Berater britischer Regierungen in Umweltfragen, Kate Hampton, Geschäftsführerin der „Children‘s Investment Fund Foundation“ (CIFF), die Berichten zufolge von dem Milliardär Christopher Hohn, einem führenden Umweltphilanthropen, finanziert wird, und der World Wide Fund for Nature-UK (WWF), dessen Präsident Prinz Charles ist.

Worüber machte sich US-Außenminister John Kerry, der „Klimazar“ der USA, Sorgen, als Europa vor seinem eigenen Energieselbstmord stand und kurz bevor Putin begann, die Ukraine zu vernichten? Über die „massiven Emissionsauswirkungen“ des Krieges und darüber, dass er vom Kampf gegen den Klimawandel ablenkt. „Ich hoffe, dass Präsident Putin uns helfen wird, auf dem richtigen Weg zu bleiben, was wir für das Klima tun müssen“, sagte er der BBC.

Hier ist ein weiterer Betrug: Deutschland und Frankreich verfügen nicht nur über genügend Erdgasreserven, um das russische Gas für mehr als 20 Jahre zu ersetzen (der Bundesverband Erdgas nennt hier bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter technisch erschließbares Erdgas aus Schiefergesteinen), sondern die Förderung wurde „aus Umweltgründen“ verboten.

Der Journalist Michael Shellenberger stellte fest:

„Russland hat eine Wirtschaft, die halb so groß ist wie die deutsche, eingesetzt, um die Ära nach dem Kalten Krieg zu beenden und die NATO zu besiegen. Es tat dies mit Aggression, Erdgas und Atomwaffen. Amerika muss massiv mehr Atomkraft, Erdgas und Öl produzieren, oder die freiheitlich-demokratische westliche Zivilisation ist tot.“

So Ulf Poschardt in „Die Welt“:

„Wladimir Putin kann nur tun, was er will, weil er die Schwächen des Westens durchschaut hat: Europa und vor allem die Deutschen sind dekadent geworden, sie bevormunden ihre Leistungsträger und unterwerfen sich einem naiv verblendeten Zeitgeist… Putin schaut auf Deutschland und sieht es als eine Bundesrepublik der Clowns. Und er hat keine Angst vor Clowns.“

Jetzt versucht Europa, seine Abhängigkeit vom russischen Gas zu verringern. Aber was kommt als nächstes?

Giulio Meotti, Kulturredakteur bei „Il Foglio“, ist ein italienischer Journalist und Autor. Sein Artikel erschien zuerst bei Gatestone und der Achse des Guten. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.




Erdgas für Afrika: fertig – los!

Robert Bradley Jr., MasterResource

„Die Frage ist, ob sich die europäischen Politiker und Organisationen von der Dynamik lösen können, die ihren Umgang mit Afrika in der Vergangenheit bestimmt hat – Maßnahmen, die Klimaziele über die dringendsten Bedürfnisse Afrikas stellten – und beginnen, die vielen Vorteile, die Erdgas beiden Kontinenten bietet, zu nutzen. (Afrikanische Energiekammer, 4. April 2022)

Man muss nicht zwischen den Zeilen lesen. Eine Neuausrichtung der Energiepolitik ist im Gange, weg von Wind und Sonne und hin zu Erdgas. Öl ist bereits die Hauptstütze des Verkehrsmarktes in Afrika (bitte keine EVs). Kohle ist fest verankert. Es ist an der Zeit, auf Erdgas/LNG umzusteigen, so wie es die EU selbst Anfang des Jahres widerwillig beschlossen hat (zusammen mit dem Segen für die Kernenergie).

Der Leitartikel der African Energy Chamber (AEC) mit dem Titel „It’s Time for Europe and Africa [to] Agree on a Green Gas Deal“ [etwa: Es ist Zeit für Europa und Afrika, sich auf einen Deal für grünes Gas zu einigen] spricht über die Umwandlung von Erdgas in Wasserstoff als Zwischenstation zur Erreichung der Klimaziele. Der „blaue“ Wasserstoff bringt unnötige Kosten mit sich und wird von Umweltschützern als ineffektiv kritisiert, da Methan entweicht und es keine Kohlenstoff-Abscheidung und -speicherung gibt („grauer“ Wasserstoff).

Lassen Sie Erdgas für Haushalte, Gewerbe, Industrie und Stromerzeugung Erdgas sein.

Es folgt der höfliche, aber entschiedene Leitartikel mit 1.400 Wörtern:

Wenn es um die afrikanische Energiewirtschaft geht, sind Afrika und Europa seit einigen Jahren uneins.

Europa, das sich berechtigte Sorgen um den Klimaschutz und die Erreichung von Netto-Null-Emissionszielen macht, drängt die afrikanischen Öl und Gas produzierenden Staaten nicht nur dazu, den Übergang zu grünen Energiequellen zu beschleunigen, sondern auch, ihn auf die Spitze zu treiben. In der Europäischen Union (EU) herrscht allgemein die Meinung vor, dass die Zeit für neue Öl- und Gasprojekte in Afrika vorbei ist.

Die afrikanischen Öl- und Gasproduzenten und die Afrikanische Energiekammer (AEC) haben sich entschieden gegen die Einmischung europäischer Umweltgruppen, Politiker und Finanzinstitutionen in unsere Energiewirtschaft ausgesprochen, insbesondere wenn dadurch die Finanzierung neuer afrikanischer Erdölprojekte behindert wird. Im vergangenen Juli haben wir sogar zu einem Boykott europäischer Firmen aufgerufen, die afrikanische Öl- und Gasinvestitionen unterbinden.

Wie zu erwarten, sind die afrikanischen Länder über die Einmischung der EU ebenso frustriert. Sie sind alles andere als begeistert, auf die Vorteile ihrer fossilen Brennstoffressourcen, insbesondere Erdgas, verzichten zu müssen. Wenn man bedenkt, dass Erdgas die weit verbreitete Energiearmut auf dem Kontinent lindern und dazu beitragen kann, fast 600 Millionen Menschen in Subsahara-Afrika ohne zuverlässige Stromversorgung mit Strom zu versorgen, und dass es zu Geld gemacht werden kann, um die Mittel zu schaffen, die Afrika für eine erfolgreiche Energiewende benötigt, ist es leicht zu verstehen warum.

Dennoch hat die EU unermüdlich darauf hingearbeitet, die Erdgasförderung in Afrika zu stoppen. Das heißt, bis vor kurzem.

Als Europa im Spätsommer letzten Jahres mit steigenden Rohstoffpreisen und geringen Erdgasvorräten konfrontiert wurde, begann ein seismischer Wandel. Die Produktion aus erneuerbaren Energien konnte die Lücke nicht schließen, so dass die Kohle zum notwendigen Übel wurde, um den Bedarf zu decken. Die europäischen Staats- und Regierungschefs begannen zu erkennen, dass die verstärkte Nutzung von Erdgas, das von allen fossilen Brennstoffen am wenigsten Kohlendioxid ausstößt, die beste Strategie ist, um die Energiesicherheit Europas kurzfristig zu gewährleisten.

Anfang 2022 erklärte die EU, dass Erdgas (zusammen mit der Kernenergie) als grüne Energie betrachtet werden kann, solange es weniger als 270 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde ausstößt.

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar haben sich die Aussichten weiter verbessert. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) bezieht die Europäische Union derzeit 45 % ihrer Gasimporte, die sich im vergangenen Jahr auf etwa 155 Milliarden Kubikmeter beliefen, aus Russland. Anfang dieses Monats erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, dass die EU Vorschläge für einen Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen bis 2027 vorlegen werde.

Heute erkennt die Welt allmählich die entscheidende Rolle, die Afrikas riesige Erdgasressourcen bei der Deckung des europäischen Bedarfs spielen könnten. Die EU hat auch ein Auge auf Afrikas Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff, d. h. von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird. Länder wie Deutschland haben bereits festgestellt, dass sie die großen Mengen an grünem Wasserstoff, die sie zur Erreichung ihrer Null-Emissionsziele benötigen, nicht allein erzeugen können.

Infolgedessen haben sie begonnen, die Voraussetzungen für erfolgreiche Importvereinbarungen mit afrikanischen Produzenten zu schaffen, indem sie in die Infrastruktur und in Programme zum Aufbau afrikanischer Kapazitäten investieren. Letzte Woche war ich in Berlin, als der namibische Minister für Bergbau und Energie Tom Alweendo und der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck im Rahmen des Berliner Energiewandeldialogs eine gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Bereich grüner Wasserstoff unterzeichneten. In Namibia gibt es ein Projekt für grünen Wasserstoff, das dank der Arbeit von James Mnyupe, dem Wirtschaftsberater des namibischen Präsidenten und Wasserstoffbeauftragten, und seinem Team weit fortgeschritten ist, aber es ist noch mehr Arbeit nötig.

Die in Frankfurt ansässige Emerging Energy Corporation hat eine Vereinbarung mit der Regierung von Niger unterzeichnet, um an grünem Wasserstoff zu arbeiten, die Kohlenstoffemissionen in den Ölfeldern zu reduzieren und gleichzeitig nach Möglichkeiten zu suchen, Gas und Wasserstoff durch Pipelines nach Europa zu bringen.

Es liegt auf der Hand, dass Afrika eine wichtige Rolle bei der Deckung des europäischen Energiebedarfs von heute und morgen spielen muss. Die Frage ist, ob die europäischen Staats- und Regierungschefs und Organisationen sich von der Dynamik lösen können, die ihren Umgang mit Afrika in der Vergangenheit bestimmt hat – Handlungen, die Klimaziele über die dringendsten Bedürfnisse Afrikas stellten – und beginnen können, die vielen Vorteile, die Erdgas beiden Kontinenten bietet, zu erkennen.

Können wir eine Allianz des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit schmieden, sozusagen einen „Green Gas Deal“ der Zusammenarbeit? Ich glaube, wir können und wir müssen.

Wenn wir das tun, wenn europäische Regierungen und Unternehmen ihre Investitionen in afrikanische Erdgasprojekte erhöhen, werden sie die Entwicklung der Infrastruktur beschleunigen, die notwendig ist, damit afrikanische Länder mehr Gas und Wasserstoff nach Europa exportieren können, was die Länder dort von der Abhängigkeit von Russland befreit.

Darüber hinaus werden die europäischen Investitionen in Afrika die Türen für weitere Gas-zu-Strom-Projekte öffnen, die das Potenzial haben, die Energiearmut in Afrika zu lindern. Die Investitionen werden die Tür zu Industrieprojekten öffnen, die Gas als Rohstoff nutzen, wie z. B. Chemie- und Düngemittelanlagen, die die afrikanischen Volkswirtschaften diversifizieren werden. Und sie werden die Einnahmen fördern, die die afrikanischen Länder benötigen, um ihren Energiemix zu erweitern und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende zu schaffen.

Jetzt ist es an der Zeit, in Afrika zu investieren

Außerdem sind Investitionen in afrikanisches Gas eine gute Geschäftsidee. Zum einen haben die Bemühungen der Afrikanischen Energiekammer, ein positives Investitionsumfeld in Afrika zu schaffen, bereits Früchte getragen. Afrikanische Regierungen wie Nigeria, Uganda und Namibia haben sich für eine unternehmensfreundliche Politik eingesetzt, von einer fairen Politik für lokale Inhalte bis hin zu verbesserten Steuerregelungen, die es den internationalen Ölgesellschaften (IOCs) ermöglichen, innerhalb ihrer Grenzen profitabel zu arbeiten.

In diesem Oktober plant die AEC, Afrikas Möglichkeiten im Downstream-, Midstream- und Upstream-Bereich der Öl- und Gasindustrie im Rahmen der Afrika-Energie-Woche hervorzuheben, die vom 18. bis 21. Oktober in Kapstadt stattfinden wird. Man muss sich daran erinnern, dass Afrika nach wie vor nicht ausreichend erforscht ist und noch immer über riesige Öl- und Gasvorkommen verfügt. Allein im letzten Jahr gab es große Entdeckungen in Südafrika, Namibia, Gabun und vor der Küste der Elfenbeinküste, um nur einige zu nennen.

Für Europa bieten sich nicht nur in der Exploration und Produktion, sondern auch in der Gasinfrastruktur gute Investitionsmöglichkeiten. Europäische Regierungen, Unternehmen und Organisationen können die Einfuhr von afrikanischem Erdgas in ihre Länder erleichtern, indem sie in die afrikanische Gasinfrastruktur investieren, einschließlich Pipelines, LNG-Exportterminals und maritimer Logistik-Operationen. Es ist zu hoffen, dass die Unternehmen ihre Kräfte bündeln und öffentlich-private Partnerschaften bilden, um diese Infrastrukturprojekte voranzutreiben.

Vielversprechende Schritte

Wenn es um eine neue Ära der Energiezusammenarbeit geht, bewegen sich Europa und Afrika bereits in die richtige Richtung.

Ich bin zum Beispiel sehr ermutigt durch die Zusage von Frans Timmermans, dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, an der Afrikanischen Energiewoche 2022 (AEW) der AEC im Oktober in Kapstadt teilzunehmen. Timmermans wird an Investorenforen, Podiumsdiskussionen und Treffen mit afrikanischen Energieministern, Präsidenten, Team Energy Africa und Interessenvertretern der Öl- und Gasindustrie teilnehmen.

In der Zwischenzeit hat sich die Afrikanische Energiekammer mit der Europäischen Kommission in Brüssel getroffen und mit führenden deutschen Politikern in Berlin über die Rolle gesprochen, die afrikanischer Wasserstoff bei der Energiewende in Europa spielen kann. Großer Dank und Anerkennung gebührt der Konrad-Adenauer-Stiftung und insbesondere Anja Beretta, der Leiterin des Programms für Energiesicherheit und Klimawandel, die uns davon überzeugt hat, am Tisch zu sitzen und unsere Ansichten vorzutragen. Sie hat nie versucht, uns unter Druck zu setzen, und das war respektvoll.

Ich kann nur hoffen, dass dieses Muster der offenen, respektvollen Kommunikation fortgesetzt wird.

Um auf diesem Moment aufzubauen, werden wir eine starke Führung brauchen. Wie ich bereits mehr als einmal gesagt habe, müssen Afrika und die EU ihre Beziehungen im Energiebereich nicht im Sinne einer binären Wahl zwischen Erdöl-, Erdgas- und Kohleproduktion und dem Klimaschutz betrachten, sondern vielmehr im Kontext der Energiesicherheit und einer gerechten Energiewende. Steigende Energiepreise und die Konflikte unterstreichen die Dringlichkeit, beides zu tun.

Nach meinen Gesprächen mit EU-Beamten bin ich jedoch davon überzeugt, dass sowohl Afrika als auch Europa diese Herausforderung meistern können.

Afrika kann Europa helfen, seine Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern und den Wasserstoff zu produzieren, den es braucht, um seine Netto-Null-Ziele zu erreichen. Und gleichzeitig kann Europa Afrikas Ziele für eine gerechte Energiewende nach unserem eigenen Zeitplan unterstützen, die es uns ermöglicht, unsere Öl- und Gasressourcen für den Aufbau von Infrastrukturen, Kompetenzen und Technologien für erneuerbare Energien zu nutzen. Ein solcher Übergang wird unsere Bemühungen um die Linderung der Energiearmut nicht zunichte machen.

Als Verbündete können wir die Energiezukunft schaffen, die wir brauchen und wollen. Ändern wir also unsere Einstellung und machen wir uns an die Arbeit.

Link: https://wattsupwiththat.com/2022/04/07/natural-gas-for-africa-ready-set-go/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE

Kommentar des Übersetzers zu diesem Beitrag: Sicher wird hier ein richtiger Ansatz vorgestellt, doch hinsichtlich der Mittel bzgl. Energie sind doch Zweifel angebracht, ob das so funktioniert wie der Autor sich das vorstellt. Der Übersetzer kann sich vorstellen, dass eine Zusammenarbeit bzgl. Kernenergie noch viel besser funktionieren würde. Man kann nur hoffen, dass echte und unabhängige Energie-Experten an diesen Gesprächen beteiligt werden.




Kaltstart in den Ostermond: Erste Aprildekade deutlich zu kalt und unfreundlich – ist die Zeit der überwiegend warmen Frühjahre in Deutschland vorerst vorbei?

Stefan Kämpfe

Wenn der Winter zu seiner Zeit nicht will, dann kommt er halt eben im März und April“ – diese alte Bauernregel traf in den vergangen Jahren (leider) allzu oft zu. Schon der März 2022 zeichnete sich durch sehr häufige Frostnächte aus – die tagsüber rekordlang scheinende Sonne kaschierte das aber (EIKE berichtete mehrmals ausführlich darüber). Aber mit dem Monatswechsel war Schluss mit Eitel Sonnenschein – Schneemassen und eisige Temperaturen legten in Mittel- und Süddeutschland den Verkehr lahm. Da kam ein vom Staat abhängiger Klimawissenschaftler des Weges und sagte: „Es wird kälter, weil es wärmer wird“ – oder doch nicht?

Abbildung 1: Mittelwerte der Lufttemperaturen für die erste Aprildekade 2022 an repräsentativen DWD-Stationen mit Temperaturabweichungen zum Langjährigen Mittel. Überall dicke Minuszeichen – merklich zu kalt. Selbst im Flachland wurden in dieser ersten Aprildekade vielerorts 3 bis 6 Frostnächte registriert. Der Februar verlief mit 4,5°C im DWD-Mittel sogar noch etwas milder als diese sehr kalte erste Aprildekade, deren Mittelwert von reichlich 4,3°C dem eines leicht zu kühlen März entspricht. Bildquelle bernd-hussing.de, ergänzt

Ab den späten 1980er Jahren verabschiedete sich der Lenz von langen Kälteperioden mehr und mehr; diese Erwärmung gipfelte im Rekord-Frühling von 2007. Doch seitdem scheint es wieder häufigere Kaltphasen und insgesamt etwas kältere Frühjahre zu geben; auch wenn der Betrachtungszeitraum von nur 16 Jahren für endgültige Aussagen zu kurz ist. Der aktuelle Frühling 2022 wird zwar aller Voraussicht nach nicht ganz so kalt wie der letzte ausfallen; aber wohl die magische Grenze von 10°C im Deutschland-Mittel oder wenigstens auch 9°C bei weitem verfehlen. Wir schauen uns zwei Zeiträume an; den unserer aktuellen „Warmzeit“ seit 1988 und dann einen kürzeren, aber statistisch noch vertretbar langen, ab dem Frühling des Jahres 2000. Die Sonnenscheindauer wird mit gezeigt, da sie die Frühlingstemperaturen, besonders die im April und Mai, wesentlich mit beeinflusst.

Abbildungen 2a und 2b: Entwicklung der deutschen Frühlingstemperaturen (DWD-Flächenmittel) seit 1988 (oben, 2a) und seit 2000 (unten, 2b). Außer den Temperaturen wird das Deutsche Flächenmittel der Besonnung gezeigt; hier in Stunden je Tag, errechnet aus allen 92 Frühlingstagen. Man achte auf die sehr kalten, sonnescheinarmen Frühjahre 2013 und 2021. Die Gesamtvariabilität der Frühlingstemperaturen wurde im Gesamtzeitraum zu knapp 42%, im Zeitraum seit 2000 sogar zu 46%, von der Sonnenscheindauer bestimmt. Aber trotz weiter zunehmender Besonnung sanken die Temperaturen seit 2000 wieder leicht – warum?

Es muss da also noch einen anderen, wesentlichen Einwirkungsfaktor auf die Frühlingstemperaturen geben, welcher die zunehmende Besonnung ab dem Jahre 2000 überkompensierte. Fündig wird man bei den Objektiven Wetterlagen, welche der DWD seit Juli 1979 erfasst; Näheres zu dem Verfahren hier. Alle in der Höhe (500 hPa) zyklonalen Wetterlagen korrelieren hinsichtlich ihrer Häufigkeit signifikant negativ mit den Frühlingstemperaturen (je häufiger sie auftreten, desto kälter verläuft tendenziell der Lenz).

Abbildungen 3a und 3b: Entwicklung der deutschen Frühlingstemperaturen (DWD-Flächenmittel) seit 1988 (oben, 3a) und seit 2000 (unten, 3b). Außer den Temperaturen wird hier nun der Indexwert für die Häufigkeit aller in der Höhe (500-hPa-Niveau) zyklonalen Großwetterlagen gezeigt. Er wurde aus der Division der realen Tagesanzahl dieser Lagen je Frühling durch fünf errechnet, um besser gemeinsam mit den Temperaturen darstellbar zu sein. Man achte auch hier auf die sehr kalten, an AZ- und ZZ-Lagen reichen Frühjahre 2013 und 2021; in Letzterem wurde mit 53 Tagen der Höchstwert des Gesamtzeitraumes erreicht. Die Gesamtvariabilität der Frühlingstemperaturen wurde im Gesamtzeitraum zu 54%, im Zeitraum seit 2000 sogar zu 56% von der Häufigkeit der Höhen-zyklonalen Wetterlagen bestimmt, das ist jeweils mehr, als bei der Sonnenscheindauer.

 

Die Besonnung und die Häufigkeitsverhältnisse der Wetterlagen sind also die wesentlichen Regler unserer Frühlingstemperaturen – aber was treibt nun diese an? Neben der Sonnenaktivität selbst nahm die Besonnung auch wegen der Luftreinhaltemaßnahmen stark zu; dieser Effekt ist aber nun ausgereizt. Die seit den frühen 2000er Jahren abnehmende Sonnenaktivität scheint außerdem eine Häufung von Extremwetterlagen zu begünstigen, welche entweder zu sehr sonnigen, dürren Frühjahren neigen, wie 2020, 2011 und 2007, oder aber zu trüben, kalten (2021, 2013). Da die Sonnenaktivität in den kommenden Jahrzehnten gering bleiben oder gar noch weiter abnehmen soll, steht in dieser Hinsicht nichts Gutes zu erwarten – und dann ist da noch die aktuelle AMO-Warmphase, welche warme Frühjahre zumindest leicht begünstigt hat, die in naher Zukunft aber enden wird.

Abbildung 4: Tendenziell wärmere Frühjahre in Deutschland bei AMO-Warmphasen; der positive Zusammenhang ist aber schwächer, als im Sommer oder Herbst, und nicht signifikant.

Und was ist mit der These „es wird kälter, weil es wärmer wird“? Nun, Kälte und Schnee im Frühling – das gab’s schon immer. Wer’s nicht glaubt und wem der Blick in historische Wetteraufzeichnungen zu mühsam ist, dem sei folgendes Gedicht des Mecklenburger Schriftstellers HEINRICH SEIDEL (1842 bis 1906) empfohlen, welches zeigt, was schon unsere Vorfahren über den April dachten, und wie sehr doch der 2022er April denen von vor etwa 120 Jahren ähnelte. Aus Platzgründen ist hier die dritte Strophe weggelassen:

April! April!

Der weiß nicht, was er will.

Bald lacht der Himmel klar und rein,

Bald schau’n die Wolken düster drein,

Bald Regen und bald Sonnenschein!

Was sind mir das für Sachen,

Mit Weinen und mit Lachen

Ein solch‘ Gesaus‘ zu machen!

April! April!

Der weiß nicht, was er will.

O weh! O weh!

Nun kommt er gar mit Schnee!

Und schneit mir in den Blütenbaum,

In all den Frühlingswiegentraum!

Ganz greulich ist’s, man glaubt es kaum:

Heut‘ Frost und gestern Hitze,

Heut‘ Reif und morgen Blitze;

Das sind so seine Witze.

O weh! O weh!

Nun kommt er gar mit Schnee!

Ähnliches sagt aber auch Goethes „Osterspaziergang“, welcher vor noch längerer Zeit gedichtet wurde. Mehr Hintergrundwissen zur Aprilkälte des vergangenen Jahres und den Ursachen des Aprilwetters allgemein hier. Doch könnte uns das aktuelle, verhaltene Verhalten der Frühlingstemperaturen, das sich so nicht zwangsläufig fortsetzen muss (Trends darf man niemals in die Zukunft extrapolieren!) Hinweise auf das kommende Verhalten der übrigen Jahreszeiten geben? Hierzu schauen wir uns die (freilich nur sehr eingeschränkt vertrauenswürdige) Temperaturreihe des Deutschland-Mittels seit 1761 an; diese Daten sind nicht vom Wärmeinseleffekt bereinigt; andernfalls wären die aktuellen Temperaturen nach den groben Schätzungen des Autors um etwa 0,6 bis 1 Kelvin (=1°C) niedriger. Zunächst die langfristigen Lineartrends aller Jahreszeiten:

Abbildung 5: Temperaturentwicklung der meteorologischen Jahreszeiten in Deutschland seit 1761 mit Lineartrends. Zur besseren Darstellung wurden die Winterwerte angehoben und die Sommerwerte abgesenkt; die Schwankungen und Trends bleiben dabei unbeeinflusst. Man erkennt eine wesentlich stärkere winterliche Erwärmung; bei Frühling und Herbst fiel diese fast gleich und minimal stärker, als beim Sommer, aus. Neben den schon erwähnten WI-Effekten trug eine zunehmende Sonnenaktivität, welche um 1900 die so genannte „Kleine Eiszeit“ endgültig beendete, ganz wesentlich zur Erwärmung bei.

Aber diese Langfristigen Trends sagen uns nichts über das Verhalten in kürzeren Phasen. Weil die Werte der Einzeljahre zu chaotisch wechseln, wurden sie per übergreifender Mittelung („Gleitender Durchschnitt“) etwas geglättet; das Ergebnis sieht so aus:

Abbildung 6: Selbiger Datensatz und selbe Anpassung wie in Abbildung 5, aber hier die 11-jährigen Gleitmittel, so dass die Betrachtung nun erst 1766 beginnt und schon 2016 endet. Markante Maxima und Minima sind gekennzeichnet; betrafen sie nur eine Jahreszeit, in der Farbe der betreffenden. Ein eindeutiges „Vorlaufen“ der Frühlingstemperaturen, welchem die anderen Jahreszeiten folgen, gibt es nicht. Oft wiesen mehrere oder gar alle Jahreszeiten in etwa gemeinsame Maxima/Minima auf; doch nicht immer. Bemerkenswert sind die alleinig kalten Winter um 1892 und um 1940 sowie die kalten Lenze um 1855. Auffallend mild waren Winter und Frühjahre um 1915 bei gleichzeitig eher kühlen Herbsten und Sommern. Sehr kühle Herbste über längere Zeiträume fehlen schon ab etwa 1930, während speziell Frühling und Sommer von etwa 1960 bis in die 1980er nochmals stärker abkühlten; ehe alle Jahreszeiten, der Herbst aber verspätet, ab den späten 1980ern markant wärmer wurden („Modernes Klimaoptimum“).

Um das Ganze noch etwas besser aufzulösen, wird im Folgenden nur die Zeit ab 1900, also dem Ende der „Kleinen Eiszeit“, betrachtet, und zwar mit dem etwas weniger glättenden siebenjährigen Gleitmittel:

Abbildung 7: Selbiger Datensatz und selbe Anpassung wie in Abbildung 6, aber hier die 7-jährigen Gleitmittel, diesmal von 1900 bis 2018. Wieder sind die seit etwa 1930 recht hohen, stabilen, bis zur Mitte der 1990er Jahre nur geringfügig abkühlenden Herbstmittel gut zu erkennen; sie traten am spätesten in das aktuelle Klimaoptimum ein. Um 1947, als es schon einmal recht warm war, verliefen auch die Lenze für kurze Zeit sehr mild – sogar mit geringem „Vorlauf“ zum Sommer und Herbst; aktuell verharren sie, anders als Sommer und Herbst (noch Erwärmung!) auf einem hohen Temperaturniveau.

Ob und wie lange diese Stagnation noch andauert, lässt sich nicht sagen. Aber die bisherige Zunahme der erwärmenden Sonnenscheindauer scheint weitgehend ausgereizt; und Wetterlagen mit nördlichem Strömungsanteil werden wieder häufiger. Damit dürfte das Ende der Erwärmung, und zwar in allen Jahreszeiten, wohl absehbar sein.

Weitere, (unsichere) Aussichten: Zeitweise freundlich, aber nicht immer und überall warm

In dieser Karwoche werden wir mit Wärme verwöhnt, doch an Ostern sickert voraussichtlich trotz eher freundlicher Witterung wieder kältere Luft aus Nordosten ein; die Boden- und Luftfrostgefahr steigt besonders in den nordöstlichen Bundesländern dann wieder deutlich an. Danach scheint sich das für den Lenz so typische Luftdruck-Muster mit hohem Luftdruck über Grönland/Nordmeer und Skandinavien zu festigen; was aber nicht immer eitel Sonnenschein und Wärme bedeutet; außerdem gibt es auch einzelne Modell-Läufe, welche eine Rückkehr des Nordwetters nach Ostern androhen. Fest steht: Die windigen Zeiten sind vorbei, und ganz so unfreundlich und kalt, wie 2021, wird die zweite Aprilhälfte vermutlich nicht verlaufen. Richtung Mai lassen sich noch keine eindeutigen Tendenzen erkennen.

Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 




Märznachlese 2022 und kein Ende – Ein kurzer Nachtrag zum Teil 2: Die ausgeprägten WI-Effekte im Großraum Berlin

Stefan Kämpfe

Nur nach und nach sind nun alle Monatsmittelwerte für den bemerkenswert sonnigen, windschwachen, und daher zur Untersuchung von Wärmeinseleffekten (WI-Effekte) besonders geeigneten März 2022 eingetroffen. Unter anderem zeigte sich die überdurchschnittliche Wärme an den Stationen Potsdam (Status einer Säkularstation deshalb mittlerweile erloschen) und München-Stadt; Näheres im Originalbeitrag hier. Am aussagefähigsten sind aber die Werte um Berlin; die durch zwei weitere Stationen nun noch weiter untermauert werden.

Diese beiden Stationen sind Müncheberg östlich Berlins, 63 Meter hoch gelegen, eher ländlich, sowie das relativ gut durchgrünte Berlin-Dahlem in 51 Metern Höhe. Leider hat Berlin-Tegel den Messbetrieb eingestellt. Anfangs hatte der Autor vermutet, Manschnow im Oderbruch sei besonders wegen seiner Lage im „Kaltluftsee“ des Bruches sehr kühl; doch sind Müncheberg, Alt-Ruppin und Angermünde nur unwesentlich wärmer, denn im weiteren Umfeld (hier nicht näher betrachtet) weisen auch Seehausen/Altmark mit nur 4,5°C sowie Cottbus mit 4,6°C ein ähnliches Temperaturniveau auf. Und Müncheberg liegt mit 63 Metern für Brandenburger Verhältnisse relativ hoch, ist aber viel kühler als das Observatorium Lindenberg (98 Meter), dessen hohe Temperatur von 5,5°C (höhenbereinigt) nicht eindeutig erklärt werden kann – das „Observatorium“ ereilte vielleicht ein ähnliches Schicksal, wie Potsdam. Hier zunächst die (wegen besserer Vergleichbarkeit) für alle Stationen auf 50 Meter Höhe reduzierten Monatsmitteltemperaturen für den März 2022:

Abbildung 1: Monatsmittelwerte für den März 2022, auf 50 Meter Höhenlage angeglichen, für alle im Großraum Berlin untersuchten DWD-Stationen. Die vier ländlichen Stationen (rechts) sind eindeutig am kältesten; die drei städtischen (links) am wärmsten. Dass sich die Wärme Lindenbergs nur mit der für Brandenburger Verhältnisse besonderen Lage auf einer Kuppe erklären lässt, ist zweifelhaft. Der Berliner Großflughafen (BER) liegt am Stadtrand und damit temperaturmäßig im Mittelfeld zwischen Großstadt und Land.

Zur Verdeutlichung der Unterschiede innerstädtisch-ländlich wurden die Temperaturmittel aus den drei eindeutig städtischen und den vier eindeutig ländlichen Stationen gebildet; es ergab sich (selbstverständlich höhenbereinigt) eine beachtliche Differenz Stadt minus Land von 1,2 Kelvin (°C):

Abbildung 2: Märzmittelwerte 2022 aus den drei eindeutig städtischen Stationen (links), und den vier ländlichen (rechts).

Zwei Sachverhalte sind abschließend zu betonen: Erstens gelten diese Ergebnisse nur für den außergewöhnlichen März 2022; sie dürfen nicht verallgemeinert werden. Und zweitens zeigen sie „nur“ den städtischen Wärmeinsel-Effekt, welcher auch UHI (Urban Heat Island Effect) genannt wird. Der gesamte WI-Effekt ist größer, weil auch die ländlichen Stationen keinesfalls WI-frei sind; Näheres zu dieser Problematik hier. Auf eine weitere Besonderheit soll außerdem noch verwiesen werden: Dieser März 2022 verlief an vielen ländlichen Stationen auch im Monatsmittel KÄLTER als der Februar oder bestenfalls genauso; folgende Beispiele belegen das (erste Zahl Februar-, zweite Märzmittel; alle OHNE Höhenbereinigung, also Originalwerte): Angermünde 4,6°C/4,6°C; Manschnow 4,9°C/4,4°C; Müncheberg 4,7°C/4,4°C; Cottbus 5,1°C/4,6°C; Artern 5,0°C/4,9°C; Seehausen/Altmark 5,1°C/4,5°C; am markantesten aber in Dachwig 5,1°C/3,7°C. An den städtischen Stationen war der März, welcher im DWD-Flächenmittel 5,1°C erreichte, meist etwas oder deutlich wärmer als der Februar (Flächenmittel 4,5°C); nur Jena mit 5,5°C/5,2°C ähnelte ausnahmsweise dem Verhalten vieler ländlicher Stationen. Diese Tatsache weist auf eine bodennahe Inversion hin, welche über den Städten durch den UHI-Effekt (meist) weggeheizt wurde; nur in Jena mit seiner extremen Tallage dominierte der bodennahe „Kaltluftsee“.

Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 




Ein „Plan B“ zur Bewältigung des Klimawandels und der Energiewende

Judith Curry

Der Klimawandel wird zunehmend als Krise, Notfall, existenzielle Bedrohung und neuerdings auch als „Code Red“ bezeichnet. Der Klimawandel ist zu einem großen Narrativ geworden, in dem die vom Menschen verursachte globale Erwärmung als die Hauptursache für gesellschaftliche Probleme angesehen wird. Alles, was schief geht, bestärkt uns in der Überzeugung, dass wir nur eines tun können, um gesellschaftliche Probleme zu verhindern: die Verbrennung fossiler Brennstoffe einzustellen. Diese große These verleitet uns zu der Annahme, dass, wenn wir unverzüglich mit der Verbrennung fossiler Brennstoffe aufhören, auch die anderen Probleme gelöst würden. Dieses Gefühl der Dringlichkeit schränkt die Sichtweisen und politischen Optionen ein, die wir bereit sind in Betracht zu ziehen, nicht nur hinsichtlich unserer Energie- und Verkehrssysteme, sondern auch in Bezug auf komplexe Themen wie öffentliche Gesundheit, Wasserressourcen, Wetterkatastrophen und nationale Sicherheit.

Was genau ist also falsch an dieser großen Geschichte des Klimawandels? Kurz gesagt, wir haben sowohl das Problem des Klimawandels als auch seine Lösungen stark vereinfacht. Die Komplexität, Ungewissheit und Mehrdeutigkeit des vorhandenen Wissens über den Klimawandel wird aus den politischen und öffentlichen Debatten herausgehalten. Die Gefahren des vom Menschen verursachten Klimawandels wurden mit natürlichen Wetter- und Klimaschwankungen verwechselt. Die vorgeschlagenen Lösungen für einen raschen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen sind technologisch und politisch auf globaler Ebene nicht durchführbar.

Wie konnte es dazu kommen, dass wir angeblich eine künftige Krise zu bewältigen haben, aber die wichtigste Lösung, nämlich eine rasche globale Emissionsreduzierung, als nahezu unmöglich gilt? Die Ursache dieses Rätsels liegt darin, dass wir den Klimawandel fälschlicherweise als ein einfaches Problem mit einer einfachen Lösung charakterisiert haben. Der Klimawandel ist besser als ein verzwicktes Problem zu bezeichnen. Ein „verzwicktes Problem“ ist ein komplexes Problem, dessen Dimensionen schwer zu definieren sind und das sich mit der Zeit verändert. Ein Chaos ist gekennzeichnet durch Widerstand gegen Veränderungen und widersprüchliche und suboptimale Lösungen, die zusätzliche Probleme schaffen. Wenn ein „verzwicktes Durcheinander“ wie ein zahmes Problem behandelt wird, kann dies dazu führen, dass das Heilmittel nicht nur unwirksam ist, sondern schlimmer als die angebliche Krankheit.

Speziell im Hinblick auf die Klimawissenschaft gibt es einige gute Nachrichten. Jüngste Analysen des IPCC und der Internationalen Energie-Agentur (IEA) deuten darauf hin, dass die extremen Risiken der globalen Erwärmung, die mit sehr hohen Emissionen und einer hohen Klimasensitivität verbunden sind, geschrumpft sind und nun als unwahrscheinlich, wenn nicht gar als unplausibel gelten.

Darüber hinaus vernachlässigen die Klimaprojektionen des IPCC plausible Szenarien der natürlichen Klimavariabilität, die anerkanntermaßen die regionale Klimavariabilität auf der Zeitskala von einem Jahr bis zu mehreren Jahrzehnten dominiert. Abgesehen von der relativen Bedeutung der natürlichen Klimaschwankungen werden die Emissionssenkungen nur wenig zur Verbesserung des Klimas im 21. Jahrhundert beitragen – glaubt man den Klimamodellen, so wird man die meisten Auswirkungen der Emissionssenkungen erst im 22. Jahrhundert spüren – wenn überhaupt.

Wie dringlich brauchen wir eine Energiewende?

Unter der Schirmherrschaft des UN-Rahmenübereinkommens über Klimaänderungen versucht die Welt, bis zum Jahr 2050 einen Netto-Null-Ausstoß an Kohlenstoff zu erreichen. Ich bezeichne dies als Plan A. Unter Anwendung des Vorsorgeprinzips basiert Plan A auf der Prämisse, dass eine rasche Verringerung der CO2-Emissionen entscheidend ist, um eine künftige gefährliche Erwärmung des Klimas zu verhindern.

Trotz zahlreicher UN-Verträge und Vereinbarungen zur Verringerung der Emissionen in den letzten zwei Jahrzehnten steigt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre unaufhaltsam weiter. Bis zum Jahr 2050 werden die globalen Emissionen von dem dominiert werden, was China und Indien getan bzw. nicht getan haben. Die Roadmap to Net Zero der IEA stellt fest, dass es einen möglichen, aber sehr schmalen Pfad zu Net Zero bis 2050 gibt, vorausgesetzt, es gibt einen großen Sprung in der Energie-Innovation und große Anstrengungen zum Aufbau neuer Infrastrukturen. Andere halten das Erreichen der Nulllinie bis 2050 für eine soziale und technische Unmöglichkeit.

Begriffe wie „Klimakrise“ und „Alarmstufe Rot für die Menschheit“ werden von Politikern und Entscheidungsträgern verwendet, um die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beendigung der Verbrennung fossiler Brennstoffe zu unterstreichen. Es sei darauf hingewiesen, dass der IPCC selbst nicht die Worte „Krise“, „Katastrophe“ oder gar „gefährlich“ verwendet, sondern eher den Begriff „Gründe zur Besorgnis“ benutzt. Abgesehen von den wissenschaftlichen Unsicherheiten ist der schwächste Teil des UN-Arguments über die vom Menschen verursachte globale Erwärmung, dass sie gefährlich ist. Die am stärksten ausgeprägte Verbindung zur Gefahr besteht darin, dass die Erwärmung mit der Zunahme extremer Wetterereignisse in Verbindung gebracht wird, was bestenfalls eine schwache Verbindung ist.

Jede Bewertung des gefährlichen Klimawandels muss sich mit dem Goldlöckchen-Prinzip auseinandersetzen. Bei welchem Klimazustand genau ist es zu heiß bzw. zu kalt? Einige beantworten diese Frage mit der Aussage, dass das Klima, an das wir uns angepasst haben, „genau richtig“ ist. Das IPCC geht jedoch von einer vorindustriellen Ausgangssituation aus, d. h. Von Ende des 19. Jahrhunderts. Warum jemand glaubt, dass dies ein ideales Klima ist, ist nicht ersichtlich. Das war während der Kleinen Eiszeit, der kältesten Periode der letzten Jahrtausende. In den USA sind die Bundesstaaten mit dem weitaus größten Bevölkerungswachstum Florida und Texas, also warme Südstaaten. Immobilien an der Küste – mit ihrer Anfälligkeit für den Anstieg des Meeresspiegels und für Hurrikane – steigen im Wert rasant. Persönliche Vorlieben und Marktwerte sehen die globale Erwärmung noch nicht als gefährlich an. Während Politiker in den Industrieländern argumentieren, dass wir uns um der Entwicklungsländer willen mit dem Klimawandel befassen müssen, rangiert die Bekämpfung des Klimawandels in diesen Ländern viel niedriger als die Entwicklung des Zugangs zum Stromnetz.

Der Planet erwärmt sich seit mehr als einem Jahrhundert. Bisher hat sich die Welt ganz gut an diese Veränderungen angepasst. Die Erträge vieler Kulturpflanzen haben sich seit 1960 verdoppelt oder sogar vervierfacht. Im letzten Jahrhundert ist die Zahl der Todesopfer pro Million Menschen durch Wetter- und Klimakatastrophen um 97% gesunken. Die Verluste durch weltweite Wetterkatastrophen sind in den letzten 30 Jahren im Verhältnis zum BIP zurückgegangen.

Bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels und der Energiewende müssen wir uns daran erinnern, dass die Bewältigung des Klimawandels kein Selbstzweck ist und dass der Klimawandel nicht das einzige Problem ist, mit dem die Welt konfrontiert ist. Das Ziel sollte sein, das menschliche Wohlergehen im 21. Jahrhundert zu verbessern und gleichzeitig die Umwelt so weit wie möglich zu schützen.

Wenn alle anderen Dinge gleich wären, würde jeder saubere gegenüber schmutziger Energie vorziehen. Allerdings sind nicht alle anderen Dinge gleich. Wir brauchen sichere, zuverlässige und wirtschaftliche Energiesysteme für alle Länder der Welt. Das gilt auch für Afrika, wo es derzeit in vielen Ländern an Stromnetzen mangelt. Wir brauchen eine Infrastruktur des 21. Jahrhunderts für unsere Elektrizitäts- und Verkehrssysteme, um den anhaltenden und wachsenden Wohlstand zu sichern. Wenn wir übereilt erneuerbare Technologien aus dem 20. Jahrhundert einführen, besteht die Gefahr, dass wir Ressourcen für eine unzureichende Energieinfrastruktur verschwenden, unsere Anfälligkeit für Wetter- und Klima-Extreme erhöhen und unsere Umwelt auf neue Weise schädigen.

Wie sich das Klima im 21. Jahrhundert entwickeln wird, ist ein Thema mit großer Unsicherheit. Wenn die natürlichen Klimaschwankungen berücksichtigt werden, könnte es sich als relativ harmlos erweisen. Oder wir werden mit unvorhergesehenen Überraschungen konfrontiert. Wir müssen unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber den künftigen klimatischen Gegebenheiten verbessern. Wir schießen ein Eigentor, wenn wir wirtschaftlichen Wohlstand und die allgemeine gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit auf dem Altar der dringenden Umstellung auf erneuerbare Energietechnologien des 20. Jahrhunderts opfern. Der Alarmismus in Bezug auf den Klimawandel führt uns in die Irre, und Panik macht es unwahrscheinlicher, dass wir den Klimawandel auf intelligente Weise angehen.

Auf dem Weg zu einem „Plan B“

Auch ohne den Zwang im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung und anderen Umweltproblemen würden wir im Laufe des 21. Jahrhunderts eine natürliche Abkehr von fossilen Brennstoffen erwarten, da ihre Förderung teurer wird und sie weiterhin zu geopolitischer Instabilität beitragen.

Das Problem liegt in der Dringlichkeit der Abkehr von fossilen Brennstoffen, die durch die Angst vor der globalen Erwärmung angetrieben wird. Durch den raschen Übergang zu dieser so genannten sauberen Energiewirtschaft, die von erneuerbaren Energien angetrieben wird, machen wir einen großen Schritt zurück in der menschlichen Entwicklung und im Wohlstand. Die Länder müssen sich mit ihrer wachsenden Abhängigkeit von Wind- und Sonnenenergie auseinandersetzen. Die Sorge, den Strombedarf in diesem Winter nicht decken zu können, führt in Europa und Asien zu einer kurzfristigen Abhängigkeit von der Kohle. Und wir ignorieren die Umweltauswirkungen des Bergbaus und der giftigen Abfälle von Solarzellen und Batterien sowie die Zerstörung von Greifvögeln durch Windturbinen und von Lebensräumen durch groß angelegte Solarparks.

Die Gegner von Plan A lehnen die Dringlichkeit einer Emissionssenkung ab. Sie sind der Meinung, dass wir die Gesamtsituation mit der simplen Lösung, fossile Brennstoffe durch Wind- und Solarenergie zu ersetzen, nur verschlimmern, zumal diese kaum spürbare Auswirkungen auf das Klima des 21. Jahrhunderts haben werden.

Die Gegner von Plan A argumentieren, dass man sich besser darauf konzentrieren sollte, die Wirtschaft zu stärken und sicherzustellen, dass alle Menschen Zugang zu Energie haben. Und schließlich wird das Argument vorgebracht, dass es andere, dringendere Probleme als den Klimawandel gibt, die mit den verfügbaren Ressourcen angegangen werden müssen.

Bedeutet all dies, dass wir in nächster Zeit nichts gegen den Klimawandel unternehmen sollten? Nein. Aber angesichts der Probleme mit Plan A brauchen wir eindeutig einen Plan B, der den Rahmen der Klimapolitik erweitert. Indem wir den Klimawandel als böses Übel betrachten, können wir ihn als ein Dilemma begreifen, das eine aktive Neugestaltung des menschlichen Lebens erfordert. Eine solche Sichtweise kann unser Vorstellungsvermögen erweitern und politisches Handeln anregen, während gleichzeitig soziale Verluste abgefedert werden.

Wir sollten daran arbeiten, unsere Auswirkungen auf den Planeten zu minimieren, was bei einem Planeten mit 8 Milliarden Einwohnern nicht einfach ist. Wir sollten daran arbeiten, die Luft- und Wasserverschmutzung zu minimieren. Die Menschen haben sich seit jeher an den Klimawandel angepasst. Unabhängig davon, ob es uns gelingt, unsere Kohlendioxidemissionen in den kommenden Jahrzehnten drastisch zu reduzieren, müssen wir unsere Anfälligkeit für extreme Wetter- und Klimaereignisse verringern.

Ein pragmatischerer Ansatz zur Bewältigung des Klimawandels verzichtet auf Zeitvorgaben und Emissionsziele und setzt stattdessen auf die Beschleunigung von Energieinnovationen. Unabhängig davon, ob es uns gelingt, unsere Kohlendioxidemissionen in den kommenden Jahrzehnten drastisch zu senken oder nicht, müssen wir unsere Anfälligkeit für extreme Wetter- und Klimaereignisse verringern.

Um im 21. Jahrhundert erfolgreich zu sein, wird die Welt viel mehr Energie benötigen. Natürlich möchten wir, dass unsere Energie sauber und billig ist. Um das zu erreichen, brauchen wir neue Technologien. Am vielversprechendsten sind derzeit kleine modulare Kernreaktoren. Aber es gibt auch vielversprechende Fortschritte in den Bereichen Geothermie, Wasserstoff und anderen. Und die Technologielandschaft wird in zehn Jahren anders aussehen.

Die Entwicklungsländer wollen nicht nur überleben, sie wollen gedeihen. Wir brauchen viel mehr Strom, nicht weniger. Eine Energiediät wie in den 1970er Jahren steht nicht zur Debatte. Wir brauchen mehr Strom, um im 21. Jahrhundert innovativ und florierend sein zu können. Verbrauch und Wachstum werden im 21. Jahrhundert weiter zunehmen. Das müssen wir akzeptieren und dann herausfinden, wie wir dieses Wachstum bewältigen und gleichzeitig unsere Umwelt schützen können.

Wenn wir das Problem des Klimawandels angehen, müssen wir uns daran erinnern, dass das Klima kein Selbstzweck ist und dass der Klimawandel nicht das einzige Problem ist, mit dem die Welt konfrontiert ist. Das Ziel sollte sein, das menschliche Wohlergehen im 21. Jahrhundert zu verbessern und gleichzeitig die Umwelt so weit wie möglich zu schützen. Eine klimabasierte Entscheidungsfindung, die sich auf Nahrungsmittel, Energie, Wasser und Ökosysteme konzentriert, wird das menschliche Wohlergehen in den kommenden Jahrzehnten unterstützen.

Wie sieht also ein Plan B konkret aus? Anstelle von Top-Down-Lösungen, die von der UNO verordnet werden, konzentriert sich Plan B auf lokale Lösungen, die das gemeinsame Interesse sichern und so eine politische Blockade vermeiden. Neben der Neugestaltung der Elektrizitäts- und Verkehrssysteme des 21. Jahrhunderts können Fortschritte in den Bereichen Landnutzung, Waldbewirtschaftung, Landwirtschaft, Bewirtschaftung der Wasserressourcen und Abfallwirtschaft und vielen anderen Bereichen erzielt werden. Das Wohlergehen der Menschen wird sich durch diese Bemühungen verbessern, unabhängig davon, ob sich der Klimawandel als großes Problem erweist oder nicht und ob es uns gelingt, unsere Emissionen drastisch zu reduzieren. Einzelne Länder und Staaten können als Labor für Lösungen für ihre lokalen Umweltprobleme und klimabedingten Risiken dienen.

Schlussfolgerungen

Es ist eine enorme Herausforderung, die Umweltauswirkungen von 8 Milliarden Menschen auf den Planeten zu minimieren. Ich zweifle nicht daran, dass der menschliche Einfallsreichtum der Aufgabe gewachsen ist, die Bedürfnisse und Wünsche der menschlichen Bewohner der Erde besser zu erfüllen und gleichzeitig die Lebensräume und die Artenvielfalt zu erhalten. Aber diese Frage ist die größte Herausforderung für das nächste Jahrtausend. Es handelt sich um eine komplexe Herausforderung, die weit über das Verständnis des Erdsystems und die Entwicklung neuer Technologien hinausgeht – sie umfasst auch eine verantwortungsvolle Staatsführung und soziale Werte.

Um hier Fortschritte zu erzielen, müssen wir uns von der Hybris verabschieden, dass wir das Klima der Erde kontrollieren und extreme Wetterereignisse verhindern können. Die Dringlichkeit der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf Wind- und Solarenergie unter der Schirmherrschaft der UN-Vereinbarungen hat den ganzen Sauerstoff aus dem Raum gesaugt. Es bleibt kein Raum mehr für die Vorstellung, wie unsere Infrastruktur des 21. Jahrhunderts aussehen könnte, mit neuen Technologien und größerer Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Wetterereignissen, oder gar für die Bewältigung traditioneller Umweltprobleme.

Der Mensch ist durchaus in der Lage, künftige Krisen dieser Art zu lösen. Er kann aber auch alles noch viel schlimmer machen, indem er komplexe Umweltprobleme zu stark vereinfacht und die Wissenschaft politisiert, was zu Fehlanpassungen und falschen politischen Entscheidungen führen kann. In 50 Jahren werden wir vielleicht auf die UN-Klimapolitik und die so genannte grüne Wirtschaft zurückblicken wie auf die Chemotherapie, mit der man versucht, einen Schnupfen zu kurieren, während man ernstere Krankheiten ignoriert. Mit anderen Worten: Die Darstellung der Klimakrise steht echten Lösungen für unsere gesellschaftlichen und ökologischen Probleme im Wege.

Der Klimawandel ist nur eine von vielen potenziellen Bedrohungen, mit denen unsere Welt heute konfrontiert ist, was durch die Covid-19-Pandemie deutlich wurde. Warum sollte man dem Klimawandel Vorrang vor anderen Bedrohungen einräumen? Es gibt eine ganze Reihe von Bedrohungen, mit denen wir im 21. Jahrhundert konfrontiert werden könnten: elektromagnetische Sonnenstürme, die die gesamte weltraumgestützte Elektronik, einschließlich GPS und Stromübertragungsleitungen, ausschalten würden; künftige Pandemien; der globale Finanzkollaps; ein Mega-Vulkanausbruch; eine Kaskade von Fehlern, die einen thermonuklearen, biochemischen oder Cyberkrieg auslöst; die Zunahme des Terrorismus.

Wir können damit rechnen, von Bedrohungen überrascht zu werden, die wir uns noch gar nicht vorstellen können. Die riesigen Summen, die für den Versuch ausgegeben werden, den Klimawandel zu verhindern, stammen aus denselben Fonds, aus denen wir uns gegen alle Bedrohungen versichern; daher könnte diese Konzentration auf den Klimawandel unsere Anfälligkeit für andere Bedrohungen insgesamt erhöhen. Die beste Versicherung gegen all diese Bedrohungen ist der Versuch, sie zu verstehen und gleichzeitig die allgemeine Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften zu erhöhen. Wohlstand ist der beste Indikator für Resilienz. Resiliente Gesellschaften, die aus früheren Bedrohungen lernen, sind am besten darauf vorbereitet, sich gegen Fragilität zu wappnen und auf alle künftigen Bedrohungen zu reagieren.

This article first appeared on Dr. Curry’s blog Climate, Etc., and reproduces, after her brief introduction, an article she wrote for the International Affairs Forum’s publication Climate Change and Energy.

Link: https://cornwallalliance.org/2022/04/a-plan-b-for-addressing-climate-change-and-the-energy-transition/

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE