Zum Schieflachen: Klimaalarmistischer Diskussionsleitfaden “Ungewissheit gekonnt vermitteln”

Nun ist guter Rat natürlich teuer. Angesichts der kippenden wissenschaftlichen Faktenlage sehen sich die Klima-Lobbyisten immer stärkerer Kritik ausgesetzt. Die Klimaaktivistenplattform SkepticalScience hat nun für seine Anhänger einen Leitfaden zur Diskussion mit Andersdenkenden herausgegegeben, deren Lektüre zum mitleidigen Schmunzeln anregt:

Ungewissheit gekonnt vermitteln 
Hatten Sie schon irgendwann einmal Probleme damit, die Unsicherheiten beim Thema Klimawandel zu vermitteln? Sind sie frustriert über die Klima-Zweifler, die diese – in jedem komplexen wissenschaftlichen Gebiet vorkommende – Ungewissheit als Rechtfertigung ausnutzen, um politische Antworten hinauszuzögern? Dann ist “Ungewissheit gekonnt vermitteln” der richtige Ratgeber für Sie.

Nochmals: Dies ist kein Witz. Dies ist die Einleitung einer realen auf SkepticalScience vorgestellten Broschüre, auf die uns Leser Mr.U. dankenswerterweise hinwies. Mitverfasser der Handlungsanweisung ist der Hardcore Aktivist und experimentelle Psychologieprofessor Stephan Lewandowsky. Hier die Zehn – Verzeihung, Zwölf – Gebote der ungewissen Klimadiskussionsgesprächsführung:

1. Steuern Sie die Erwartungen Ihrer Zielgruppe

Soll heißen: Stellen Sie sicher, dass die Diskussionspartner nicht merken, wie wackelig das ganze Klimakatastrophengebäude ist. Am besten wäre es, wenn sie schon bei der bloßen Erwähnung eines heißen Sommertages Klimaalarmkrämpfe bekämen.

2. Beginnen Sie mit dem, was Sie wissen, nicht mit dem, was Sie nicht wissen

Problematisch, denn für die meisten klimaalarmistisch Diskutierenden wäre dann nämlich die Diskussion ziemlich schnell zuende. Testdiskussionen auf der Klimaretter-Webplattform zeigen dies in erschreckender Weise.

3. Stellen Sie den wissenschaftlichen Konsens deutlich heraus

Oder andersherum: Vermeiden Sie es tunlichst, die vielen Diskrepanzen und Probleme des klimaalarmistischen Konzepts zu erwähnen. Versuchen Sie Ihre Gesprächspartner vom Elefanten im Raum abzulenken. 

4. Verlagern Sie den Schwerpunkt von “Ungewissheit” zu “Risiko”’

Erstellen Sie ein totgefährliches Alarmszenario, das die gesamte Erde auslöscht, auch wenn das Risiko nur 0,03 Promille beträgt. Für etliche Zeitgenossen ist dies schon genug, ihr Leben vollkommen umzukrempeln. Vermeiden Sie dabei auf jeden Fall, andere nichtklimatische Probleme zu erwähnen, die bereits heute real existieren, also ein 100%-’Risiko’ darstellen. Die dem Klimawandel zugedachten Gelder fehlen der Bekämpfung der aktuellen Missstände. Stichworte sauberes Trinkwasser, Bildung, Diskriminierung, schlechte Staatsführung, Umweltverpestung durch Abrennen von tropischem Regenwald zum Anbau von Palmöl, etc. etc.

5. Machen Sie deutlich, über welche Art von Ungewissheit Sie reden
Eine häufige Strategie derjeniger, die den wissenschaftlichen Konsens ablehnen, ist es, absichtlich Verwirrung zu stiften und verschiedene Arten der Ungewissheit in einen Topf zu werfen. Es ist deshalb entscheidend, dass Sie deutlich machen, über welche Art von Ungewissheit Sie reden – Ursachen, Auswirkungen, Politik oder Lösungen – und die jeweils passende Sprache einzusetzen.

Was ist das für ein Unsinn?

6. Verstehen Sie, was die Meinungen der Leute zum Klimawandel beeinflusst
Die Ungewissheit über den Klimawandel ist bei Personen höher, die bei ihren politischen Werten nach rechts tendieren. Es gibt mittlerweile jedoch eine zunehmende Zahl von Forschungsergebnissen, die Wege aufzeigen, wie über den Klimawandel so berichtet werden kann, ohne dass das konservative Wertesystem bedroht wird, oder das eine Sprache verwendet wird, die bei Personen, die von Werten rechts der Mitte geprägt sind, Anklang findet.

Trick 17

7. Die wichtigste Frage zu Auswirkungen des Klimawandels ist “wann” und nicht “ob”

Falsch. Die wichtigste Frage ist “wieviel”. Welchen Wert hat die CO2-Klimasensibilität?

8. Verwenden Sie Bilder und Geschichten

Eines Tages ging Tante Trixi mit Hund Bello einkaufen. Auf dem Weg zum Kaufmannsladen wurden sie von einer Dürre überrascht. Schuld daran waren all die bösen Nachbarn von Tante Trixi, die mit dem Auto zur Arbeit fuhren und damit das Klima auf dem Gewissen hatten. Daraufhin beschloss sie, Klimaaktivistin zu werden. In unregelmäßigen Abständen stoch sie seither Autoreifen auf, um die Leute vom klimaschädlichen Autofahren abzuhalten. Anlässlich der Weihnachtsfeier erhielt Trixi die Große Klimaauszeichnung am grünen Bande.

9. Heben Sie die “positiven” Seiten der Ungewissheit hervor

Wieso sollte es positiv sein, wenn auf dieser wackeligen Basis weitreichende gesellschaftliche Veränderungen begründet werden?

10. Kommunizieren Sie effektiv über die Auswirkungen des Klimawandels

Dürfte schwierig sein, wenn die wissenschaftlichen Fakten so uneindeutig sind.

11. Führen Sie eine Unterhaltung und kein Streitgespräch
Trotz der überproportionalen Aufmerksamkeit, die “Skeptikern” in den Medien eingeräumt wird, reden oder denken die meisten Menschen vergleichsweise wenig über den Klimawandel nach. Dies bedeutet, dass schon alleine eine Unterhaltung über den Klimawandel – aber kein Streitgespräch oder eine simple Wiederholung eines Slogans – eine wirksame Methode hin zu mehr Engagement sein kann.

Der pure Hohn. Die Medien sind noch immer fest in der Hand der Klimaalarmisten. Meist verwehren sich die Aktivisten sogar einer Diskussion. Ist das wirklich alles, was die Aktivistenseite zu bieten hat? Aufforderung zur “simplen Wiederholung eines Slogans“?

12. Erzählen Sie eine menschliche Geschichte und keine wissenschaftliche

Warum? Weil die Wissenschaft den Klimaalarm nicht mehr deckt. Daher muss jetzt Tante Trixi ran.

Übernommen von Die kalte Sonne hier




Neuer Abkassier-Plan der Chefs der Atomkommission – Die Kosten der Endlagerung sollen die von der Politik bereits ausgeraubten Versorger übernehmen.

Der Vorschlag stieß erwartungsgemäß auf einige Kritik. So erklärte zum Beispiel Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut München: „Die Kommission hat sich von den Energieversorgern einlullen lassen. Der so genannte Risikoaufschlag von 6,14 Milliarden Euro ist nichts anderes als eine lächerlich geringe Ablasszahlung der Unternehmen dafür, dass sie aus der Haftung für die Atommüll-Lagerung entlassen werden und dadurch ihre aktuelle Situation auf dem Kapitalmarkt verbessern.“

Sie ist nicht die einzige, die uns davon überzeugen will, dass am Ende die Kosten weit höher sein werden als veranschlagt. Gefürchtet wird auch, dass die mittlerweile finanziell angeschlagenen Konzerne das Geld für den Rückbau nicht aufbringen könnten. NABU-Energieexperte Sebastian Scholz warnt: „Die Altlasten der Atomkonzerne drohen zu einem Fass ohne Boden zu werden und es zeigt sich einmal mehr, der Staat und die Allgemeinheit sind die Dummen: Gewinne wurden privatisiert und die Gefahren und Altlasten werden verstaatlicht. Denn bei der wirtschaftlichen Lage der Energiekonzerne kann kaum damit gerechnet werden, dass sie tatsächlich nach dem Verursacherprinzip auch die Kosten schultern.“

Wer AKW-Firmen ausknipst, muss sich nicht wundern, dass kein Geld mehr da ist

Ein Kommentator auf SWR2 beklagt, die Atomkonzerne hätten "über Jahrzehnte satte Gewinne eingefahren“ und „die Stromkunden geschröpft“. Fazit: „Für das Abenteuer Atomkraft werden wir alle teuer bezahlen.“ Sollte es so kommen, dürfen wir die Schuld gewiss nicht nur bei den Konzernen suchen. Warum werden die vier unter Umständen nicht in der Lage sein, die Rückstellungen tatsächlich bereit zu stellen? Weil das notwendige Geld durch den Betrieb von Atomkraftwerken generiert wird.

Wenn man diesen Betrieb unterbindet, darf man sich hinterher nicht wundern, dass das Geld fehlt. Atomausstieg, aber auch die Energiewende insgesamt, die zudem Kohle- und Gaskraftwerke unrentabel hat werden lassen, sind die eigentliche Ursache für die schlechte wirtschaftliche Situation der Stromkonzerne. Wenn man ihnen jetzt vorwirft, sie hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt und seien nicht rechtzeitig auf Erneuerbare umgeschwenkt, dann kritisiert man sie dafür, dass sie zum Nutzen der Verbraucher weiter preiswerten Strom produziert haben, statt Profite mit sehr viel teurerem Ökostrom zu machen, für den sie staatliche garantierte Höchstpreise einstreichen können.

Jahrzehnte lang wurde der Allgemeinheit billiger Strom geliefert

Auch ein weiteres Argument ist zweifelhaft. Die Kernkraftbetreiber hätten Gewinne eingesackt und an ihre Aktionäre weitergereicht, wird geklagt. Wer aber sind diese Aktionäre? Man konnte es aus den Reaktionen sehen, als RWE Anfang des Jahres bekanntgab, erstmals keine Dividenden zahlen zu können. Hart getroffen waren Städte wie Dortmund und Bochum, die viele Anteile halten. EnBW gehört, wie der Name schon sagt, mehrheitlich dem Land Baden-Württemberg (und den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken – einem kommunalen Zweckverband).

Atomkraftwerke haben jahrzehntelang billigen CO2-freien Strom geliefert. Es wird auf Profite der Konzerne verwiesen, nicht aber die Ersparnis der Stromkunden. Seit 1961 lieferten die deutschen AKWs insgesamt über 5000 Milliarden Kilowattstunden CO2-freien Strom. Dieser Strom war durchschnittlich 2 Ct billiger als aus anderen Quellen erzeugter. Wir hatten also schon mal eine Ersparnis von rund 100 Milliarden Euro.

Obwohl das immer wieder munter behauptet wird, hat es eine Subventionierung der Atomstromerzeugung  nie gegeben. Lediglich in die Forschung floss Geld. Rechnet man diese Forschungsförderung auf die Stromerzeugung um, kommt man auf eine staatliche Unterstützung von Atomstrom mit 0,18 Ct pro Kilowattstunde. Vergleichen  wir mit Strom  aus Erneuerbaren, bei dem tatsächlich nicht nur die Forschung, sondern auch die kommerzielle Erzeugung massiv unterstützt wird: Hier zahlen wir im Moment über die EEG-Zulage 6,3 Ct pro Kilowattstunde.

Erneuerbare erhalten hundertmal soviel Subventionen wie einst die Kernkraft

Allerdings auf jede Kilowattstunde Strom, die wir kaufen, nicht nur für die aus Erneuerbaren. Die lagen in 2015 bei knapp 30% der gesamten Stromerzeugung. Somit kommen wir pro Kilowattstunde Erneuerbaren-Strom auf über 20 Ct, also mehr als das Hundertfache dessen, was der Atomstrom uns an Subventionen gekostet hat. Ziehen wir noch 20% ab, weil Teile der Industrie von der Zulage befreit sind, bleiben immer noch 16 Cent. Forschungsförderung und Kosten für den Netzausbau sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Was aber kommt zusammen, wenn wir jetzt noch Hunderttausende von Jahren den Atommüll sicher verwahren müssen? Die ungelöste Endlagerfrage gilt als schwere Hypothek. Im Deutschlandfunk wird das zum Beispiel so zusammengefasst: „Wenn in vermutlich rund 10 Jahren der letzte deutsche Atommeiler vom Netz geht, werden die Betreiber auf einem stattlichen Berg stark radioaktiven Mülls sitzen. Ungefähr 127 Tonnen Plutonium, 6 Tonnen Neptunium und 14 Tonnen Americium dürften sich bis dahin angehäuft haben. Wohin damit weiß keiner. Weltweit wurde bis heute kein einziges Endlager für solch hochaktiven Strahlenmüll in Betrieb genommen.“

Bedenkt man, dass Plutonium eine Dichte von fast 20 g/cm3 hat, ist der Berg eher kümmerlich. Ein 127 Tonnen schwerer Plutoniumwürfel hat rechnerisch eine Kantenlänge von 1,86 Meter. Auch bei aufwändiger Verpackung ist der benötigte Platz also sehr überschaubar. Zudem gibt es immer weniger Menschen, die eine Endlagerung für nötig oder sinnvoll erachten. Selbst einige Grüne, wie der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt in Schleswig-Holstein Robert Habeck, glauben nicht mehr an das Konzept eines Endlagers. In einem Interview in der Zeit beschreibt das Verfahren zur Lagerung so simpel, wie es ist: „Wir verschließen die Behälter mit Atommüll sicher, hinter Barrieren aus Gestein, Beton und Stahl. Sie sollten aber zugänglich bleiben.“

Der Atommüll wird für kommende Generationen wieder Rohstoff sein

Was er zu sagen vermeidet, obwohl anzunehmen ist, dass er es weiß: Künftige Generationen müssen sich keineswegs grämen und Tausende von Jahren mit den Hinterlassenschaften des „Atomzeitalters“ herumärgern. Sie werden vielmehr den sogenannten Atommüll als willkommenen Rohstoff nutzen. Denn er enthält noch etwa 98 Prozent der potenziell nutzbaren Energie. Die ZEIT fragt Habeck im Interview: „So ein Endlager müsste strenger bewacht werden als Fort Knox. Was kostet das?" Muss es das wirklich? Werden die deutschen Zwischenlager, wo seit Jahrzehnten die abgebrannten Brennstäbe lagern, strenger bewacht als Fort Knox? Glaubt man wirklich, Terroristen kämen auf die Idee in Deutschland über 100 Tonnen schwere Castoren zu klauen, um sie als Sondertransport per Güterzug und Schiff nach Libyen zu schaffen, wo sie absolut nichts damit anfangen könnten?

Die ominösen Kosten für die aufwändige Endlagerung für Millionen von Jahren sind eine Chimäre. Was heute als „Atommüll“ bezeichnet wird, kann in Schnellspaltreaktoren als Brennstoff eingesetzt werden. Die notwendige Technologie fortgeschrittener Kernreaktoren wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erprobt. Am Ende bleibt dann nur noch extrem wenig tatsächlicher Müll übrig, von dem 80% nach Jahrzehnten und der Rest nach etwa 300 Jahren unschädlich ist.

Vergessen wir also die Idee der „Endlagerung“ und fangen wir an, eine sinnvolle Nutzung vorzubereiten. Im Moment werden verschiedene Reaktortypen entwickelt, die in der Lage sein werden, Atommüll  als Brennstoff zu nutzen, etwa der von der Firma Terrapower (unter Vorstandsvorsitzendem Bill Gates) konzipierte Laufwellenreaktor, der nach einem jüngst geschlossenen Abkommen bis 2024 in China gebaut werden soll, oder Flüssigsalzreaktoren, beispielsweise von der Firma Transatomic Power, dem Berliner Institut für Festkörper-Kernphysik, der dänischen Firma Seaborg, der kanadischen Terrestrial Energy oder dem Shanghai Institute of Applied Physics, das in einer Kooperation mit dem U.S. Department of Energy bis 2020 einen Prototypen bauen will. Wer nicht darauf warten will, bis diese neuartigen Reaktoren marktreif sind, kann auch heute schon bei der Firma GE Hitachi einen PRISM Reaktor bestellen, der Plutonium verbrennt. Der ehemalige Geschäftsführer von Greenpeace UK, Stephen Tindale fasst die Vorteile so zusammen: „Der von GE-Hitachi angebotene PRISM Reaktor ist ein Reaktor der vierten Generation, der CO2-freie Energie liefert, indem er mit Plutonium und auf Halde liegenden verbrauchten Brennstäben betrieben wird. So kann man gleichzeitig die Atommüll- und die Klimaproblematik bewältigen.“

Schon in Betrieb ist der russische Atommüllverbrenner BN-800, der auch Plutonium aus ausrangierten Atombomben verbrennt. Machen wir uns also keine allzu großen Sorgen um die Abwicklung des Atomzeitalters. Noch ist Deutschland auf einem Sonderweg. Doch es ist wenig wahrscheinlich, dass wir in den nächsten Jahrzehnten stur auf diesem verharren werden. Die Endlagerfrage wird dann ein interessantes Thema für Historiker.

Thilo Spahl ist Diplom-Psychologe und lebt in Berlin. Er ist freier Wissenschaftsautor, Mitgründer des Freiblickinstituts und Novo-Argumente Redakteur, wo dieser Beitrag zuerst erschien.




Glückliche Schwarze im Schein einer Solarlampe als neokolonialer Traum

Sehr deutlich formuliert es der philanthropische Start-up-Unternehmer Lars Krückeberg in einem TEDx-Talk: „16 Prozent der Weltbevölkerung leben ohne Stromanschluss. Sie haben keinen Strom. Und sie werden keinen Strom haben. Es ist einfach zu teuer, Straßen und Stromleitungen zu diesen ländlichen Gebieten zu bauen. Es wird niemals geschehen.“ Niemals! Der erfolgreiche Architekt Krückeberg will diesen „Off-Grid-Menschen“ helfen und hat daher die Firma Solarkiosk gegründet. Ihr Produkt ist eine kleine Bude mit Solarzellen auf dem Dach, die als eine Art Stromtankstelle dient. Die Rotterdam School of Management an der Erasmus-Universität hat das Berliner Unternehmen dafür mit dem Erasmus Energy Business Award 2015ausgezeichnet. Im Februar hatte die Firma auch schon den „Zeit Wissen-Preis Mut zur Nachhaltigkeit“ erhalten.

Solarkioske sind ein Tropfen auf den heißen Stein

In der Begründung besonders hervorgehoben wird, dass durch die Solarkioske CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Holz reduziert und der Entwaldung vorgebeugt werde. Es wird also gleichermaßen Mensch und Planet geholfen. (Wobei, nebenbei bemerkt, auffällt, dass bei uns die Verbrennung von Holz in den Bereich der klimaneutralen, also „guten“ erneuerbaren Energien gezählt wird und in Deutschland mittlerweile zum Zwecke des Klimaschutzes in Kraftwerken Holz verbrannt wird, das eigens dafür aus Afrika importiert wird.) Tatsächlich ist den extrem armen Menschen geholfen, die über die mittlerweile über 100 Kioske Zugang zu etwas Elektrizität erhalten.

Wenn wir aber auf der Website von Solarkiosk erfahren, dass ein Kiosk 7500 Menschen „versorgt“, können wir ermessen, dass die Hilfe sehr bescheiden ist. Rechnerisch kommt jeder Mensch auf 0,36 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Damit kann man eine 40-Watt-Lampe neun Stunden brennen lassen oder sein Samsung Galaxy S5 immerhin 33 Tage betreiben. Der Pro-Kopf-Stromverbrauch in Deutschland liegt bei knapp über 7000 kWh im Jahr, ist also gut 20.000-mal so hoch. Der Durchschnitt in Subsahara-Afrika (Südafrika ausgenommen) liegt bei 150 kWh. Noch bescheidener sind Projekte wie „Little Sun“, ein von einem Künstler gestaltetes kitschiges Solar-LED-Lämpchen, das mit dem Greentec Award 2015 ausgezeichnet wurde, weil es angeblich gleichzeitig Licht zu den Ärmsten bringe und ein begehrtes Kunstobjekt sei.

Viele Menschen glauben, dass der globale Energieverbrauch schon viel zu hoch sei und uns dies letztlich in die (Klima-)Katastrophe führen wird. Wenn sie sich spontan ein ideales Afrika ausmalen, dann ist es ein Kontinent, wo Eingeborene mit deutscher Unterstützung in kleinen, solarifizierten Öko-Dörfern ein würdevolles einfaches Leben in Einklang mit der Natur führen, ohne dem Planeten Böses zu tun. Ein Leben, das die wohlmeinenden westlichen Off-Grid-Fans freiwillig jederzeit beginnen könnten, es aber nicht tun, woraus man schließen kann, dass es so erstrebenswert wohl nicht ist. Ein Leben, das aus westlicher Sicht offenbar gut genug für Afrikaner ist, mehr aber nicht. Doch diese Fiktion hat mit der Realität nichts zu tun.

Die Afrikaner als Energie-Hobbits

Die Menschen in Afrika sind entschlossen, den Weg einzuschlagen, der zu Wohlstand nach westlichem Vorbild führt. Immer mehr Afrikaner wohnen nicht abgelegen im Busch, sondern in Millionenstädten. Afrika zählt 46 davon, Europa lediglich 23. Und sie wissen, dass der wichtigste Schritt auf dem Weg in diese bessere Zukunft eine umfassende, verlässliche Elektrizitätsinfrastruktur ist, die dafür sorgt, dass jeder 24 Stunden am Tag seinen Strom aus der Steckdose bekommt. Die Partner, die ihnen beim Aufbau helfen, kommen aus Japan, China, Indien, Südkorea, Russland und Brasilien. Ganz selten aus Europa.

Die Liste der afrikanischen Kraftwerksprojekte ist lang: Algerien hat von 2011 bis 2013 seine Erzeugungskapazität um ein Drittel erhöht und will sie bis zum Jahr 2017 nochmal verdoppeln. Dazu baut das Land unter anderem sechs Gaskraftwerke. 99 Prozent der Bevölkerung haben bereits Zugang zum Stromnetz. 5 Ägypten will die Energieerzeugung bis 2020 auf rund 60 GW (Gigawatt) verdoppeln. Anfang des Jahres wurde u.a. vereinbart, gemeinsam mit Russland vier Atomreaktoren zu bauen 6, im Juni mit Siemens ein Vertrag über den Bau eines 4,4-GW-Gaskraftwerks geschlossen und im August die Entdeckung des großen Gasfelds Zohr vor der ägyptischen Mittelmeerküste bekannt gegeben. Dank des Gasfelds möchte das Land ab 2020 auf Importe verzichten. In Angola wurde die Kapazität seit Ende des Bürgerkriegs 2002 verdoppelt, aber noch immer haben nur 30 Prozent der Menschen einen Stromanschluss. In 10 Jahren sollen es doppelt so viele sein. 70 Prozent der Elektrizität kommen aus Wasserkraftwerken, 15 weitere sollen gebaut werden.

Das wichtigste ist der Laúca-Damm in der Provinz Kwanza Norte, eine Investition von gut vier Milliarden US-Dollar, die bereits im Jahr 2017 zwei Gigawatt Strom erzeugen soll. 8 Auch Uganda plant drei große Wasserkraftwerke mit insgesamt 1,4 Megawatt Kapazität. In Libyen hat sich die Erzeugung von 2000 bis 2010 verdoppelt. Vor Ausbruch des Bürgerkriegs und den westlichen Luftschlägen hatten auch auf dem Land 99 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom. In Mosambik wird gerade das erste Kohlekraftwerk des Landes gebaut, um die großen heimischen Kohlevorkommen nutzen zu können. Außerdem wurden in den letzten Jahren enorme Erdgaslagerstätten entdeckt. Bisher haben nur 20 Prozent der Menschen Zugang zu Elektrizität, die hauptsächlich vom in den 1970er-Jahren errichteten Cahora-Bassa-Staudamm stammt.

Ghana baut ein Atomkraftwerk mit russischer Hilfe

In Nigeria, dem Powerhouse und größten Erdölproduzenten Afrikas, ist die Stromversorgung extrem schlecht. Rund sechs Gigawatt müssen für eine Bevölkerung von 180 Millionen Menschen reichen. Im Jahr 2013 wurden die Kraftwerke des Landes privatisiert. Bis zum Jahr 2020 soll sich die Kapazität vervierfachen. Südafrika produziert mit einer installierten Kapazität von 26 GW mit Abstand den meisten Strom. Knapp 12 GW sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. In Ghana hatten im Jahr 1990 nur 15 Prozent der Menschen einen Stromanschluss, in 2016 sollen es 93 Prozent sein. Im Juni vereinbarte das Land mit Russland eine Zusammenarbeit zum Bau eines Atomkraftwerks. Es will außerdem zum Zentrum der Ausbildung im Bereich der Nukleartechnik in Afrika werden.

Äthiopien ist dabei, die Stromerzeugung massiv auszubauen, um als regionaler Versorger auch Sudan und Kenia zu beliefern. Das Wasserkraftpotenzial des Landes wird auf 46 GW beziffert. Allein der Grand-Renaissance-Damm soll 6 GW liefern, die fünf Staustufen des Flusses Omo, Gilgel Gibe 1–5, rund 4,6 GW. Aber auch Kenia hat ambitionierte Ausbauziele und will unter anderem bis zum Jahr 2020 das erste Atomkraftwerk fertigstellen. Das weltweit weitaus größte Projekt ist der Grand-Inga-Damm im Kongo, der eine Leistung von 40 GW haben soll, mehr als alle heute existierenden afrikanischen Wasserkraftwerke zusammen.

Ehrgeizige Ausbaupläne bei Solar und Wind sind eher selten. Eine Ausnahme bildet Marokko. Das Land will den Anteil von weniger als vier Prozent im Jahr 2011 auf 42 Prozent im Jahr 2020 steigern. Dass die meisten Länder freiwillig kaum auf Wind und Sonne setzen, ist verständlich. Die Kosten sind selbst für den sonnenverwöhnten Kontinent zu hoch. Nach einer Schätzung des Center for Global Development kann mit Investitionen von zehn Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien eine Elektrizitätsversorgung für 30 Millionen Menschen aufgebaut werden. Der gleiche Betrag in Gaskraftwerke investiert würde jedoch 90 Millionen Menschen Zugang zu Elektrizität ermöglichen.

Gas versorgt dreimal soviel Menschen wie Solar und Wind – fürs gleiche Geld

Die Liste lässt sich fortsetzen. Das Potenzial für die Stromerzeugung ist sowohl im fossilen Bereich mit vielen nicht erschlossenen Gas-, Öl- und Kohlevorkommen als auch bei den Erneuerbaren, allem voran der Wasserkraft, riesig. Einer Studie von McKinsey zufolge verfügt Afrika südlich der Sahara (ohne Biomasse, Solar- und Nuklearenergie) über ein Erzeugungspotenzial von 1200 GW.16 Es gibt also viel Luft nach oben. Um ganz Afrika auf das Niveau von Südafrika zu bringen, wären ungefähr 1000 Gigawatt Kraftwerkskapazität notwendig, also etwa 1000 mittelgroße Kraftwerke. Wenn sich Investoren finden, kann Afrika die Stromversorgung zügig massiv ausbauen. Dass das machbar ist, haben wir in vielen Ländern gesehen. Im Jahr 1970 hatten nur rund 300 Millionen Chinesen Zugang zu elektrischer Energie, heute sind es eine Milliarde mehr. In Thailand hatten im Jahr 1980 nur rund 25 Prozent der Menschen Zugang, zehn Jahre später waren es schon über 90 Prozent und kurz vor der Jahrtausendwende 100 Prozent. In Südafrika waren es im Jahr 1990 noch weniger als 40 Prozent, heute sind es rund doppelt so viele.

Dass sich solche Investitionen lohnen, steht ebenfalls außer Frage. Mit der Stromversorgung erhöht sich die Produktivität der Menschen enorm. Abnehmer gibt es auch heute schon genug. Denn die sehr schlecht ausgebauten Energiesysteme bedeuten nicht notwendig, dass die Menschen keinen Strom benutzen. Schließlich kann praktisch kein Unternehmen ohne auskommen. Es bedeutet oft, dass sie sehr teuren Strom nutzen, da sie ihn notgedrungen mit Dieselaggregaten zum vielfachen Preis selbst produzieren. In Kenia besitzen 57 Prozent aller Betriebe solche Generatoren, in Tansania 42 Prozent und in Äthiopien 41 Prozent.

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) müssten rund 300 Milliarden US-Dollar investiert werden, um den allgemeinen Zugang zu Elektrizität in Afrika bis zum Jahr 2030 aufzubauen. McKinsey beziffert die notwendigen Investitionen bis 2040 für eine Vervierfachung der Stromerzeugung in Subsahara-Afrika auf 490 Milliarden US-Dollar. Das ist deutlich weniger Geld als Deutschland für die Ökostromumlage ausgibt. Der Nutzen wäre aber unvergleichlich viel größer.

Nicht nur deutsche Start-ups, auch die US-Regierung und andere westliche Organisationen fokussieren immer mehr auf kleine Projekte. Mitte des Jahres 2013 hat Präsident Obama die „Power Africa Initiative“ ins Leben gerufen. Im Juni 2014 startete die „Beyond the Grid“-Subinitiative, die auf kleinteilige Lösungen ohne Netzanbindung setzt. Allein die Bebilderung des Jahresberichts 2015 der „Power Africa“-Initiative spricht Bände. 18 Auf dem Titel sitzen einige Schwarze im Schein des Bildschirms eines alten Laptops in einer dunklen Hütte. Im Innenteil sind fünf Bilder von Solarpanels, fünf Fotos von glücklichen Menschen mit spärlicher Beleuchtung bei Nacht und viermal Menschen bei Bau- oder Montagearbeiten. Aber kein einziges Kraftwerk.

Glückliche Schwarze im Schein einer Solarlampe als neokolonialer Entwicklungstraum

„Beyond the Grid“ hört sich sehr fortschrittlich an. Auch hierzulande schwärmen Menschen davon, dass in Zukunft jeder seinen Strom selbst erzeugen kann und das alte System der großen Kraftwerke und Energienetze überwunden wird. Solche romantischen Ideen sind aber grundfalsch. Wenn man eine effiziente und verlässliche Energieversorgung möchte, gilt nach wie vor: Grid is King. Auch Afrika braucht große Kraftwerke und ein Stromnetz, das alle erreicht.

Wie soll die Bevölkerung auf dem Land versorgt werden? Größtenteils wahrscheinlich so, wie es auch bei uns geschehen ist: Indem die Menschen in die Städte oder Ballungsräume ziehen und dort ans Netz angeschlossen werden. Die Urbanisierung ist real und positiv. Nicht die Versorgung entlegener Dörfer, sondern die der großen Millionenstädte ist die Herausforderung. Dies gelingt am besten durch eine Energieerzeugung mit großen Kraftwerken, die in den Zentren großen Verbrauchs ein stabiles Netz versorgen.

Wer in kleinen Dörfern fernab der Städte bleibt, muss mit kleinen, teureren Lösungen leben, hat aber heute technisch mehr Möglichkeiten als früher. Robuste und leistungsfähige Off-Grid-Systeme sehen anders aus als die Solarkioske und Little-Suns. Off-Grid heißt zunächst, dass man nicht an ein überregionales Netz angeschlossen ist. Das Ziel muss aber dennoch sein, in seinem Zuhause Strom aus der Steckdose zu bekommen. Dies geschieht heute vor allem mit ineffizienten und sehr teuren Dieselgeneratoren. Die kann man mit Wind oder Solaranlagen sinnvoll ergänzen zu Hybridanlagen, die dann eine kleinere Zahl von Haushalten verlässlich versorgen. In vielen afrikanischen Ländern gibt es entsprechende Off-Grid-Entwicklungspläne. Für größere Kommunen kommen auch kleine Gaskraftwerke in Frage oder Mini-Kernreaktoren, die als kompakte, hermetisch abgeschlossene Einheiten geliefert werden, 30 Jahre kontinuierlich und wartungsfrei Strom produzieren, ohne dafür neuen Brennstoff zu benötigen, und dann wieder abtransportiert und rezykliert werden können.

Menschen leiden täglich unter Energiearmut – der Klimawandel spielt keine große Rolle

Klimaschutz ist heute das große globale Ziel, um das sich aus westlicher Sicht alles dreht. Eine weltweite verlässliche Energieversorgung für alle Menschen ist ein anderes. Welches ist wichtiger? Wir sollten wenigstens damit beginnen, ernsthaft darüber nachzudenken. Schon heute leiden angeblich Milliarden Menschen unter den Folgen des Klimawandels, hören wir immer wieder: Stürme, Hitze und andere Wetterextreme. Die Belege dafür sind von zweifelhafter Qualität. Eine andere Aussage lautet: Noch heute leiden vier Milliarden Menschen tagtäglich unter den Folgen unzureichender Energieversorgung. Diese Tatsache ist vollkommen unzweifelhaft und das Leiden ein vielfältiges. Energiearmut führt unmittelbar zu unzureichender Wohnqualität, Ernährung, Gesundheit, Bildung, Mobilität. Sie führt auch zu einer gering ausgeprägten Fähigkeit, sich vor Naturkatastrophen und Wetterextremen zu schützen. Und letztlich auch zu weniger Naturschutz. Wo achtmal so viel Land gebraucht wird, um die gleiche Menge Getreide zu erzeugen, und statt fossiler Energieträger Holz verheizt wird, braucht man sich über die Abholzung von Wäldern und den Rückgang der Artenvielfalt nicht zu wundern.

Ohne Frage sollten wir große Anstrengungen unternehmen, unsere Energieversorgung effizienter und umweltverträglicher zu gestalten. Wir dürfen aber das primäre Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, die globale Energieversorgung massiv auszuweiten. Aus welchen Quellen kann der große Nachholbedarf Afrikas gedeckt werden? Der Anteil an Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch beträgt heute in Afrika etwa 50 Prozent und wird hauptsächlich durch Brennholz gedeckt, in Asien (Nicht-OECD-Länder) und Südamerika sind es 30, in der EU und Deutschland etwa zehn und in den USA fünf Prozent. Die Richtung, die Afrika gehen muss, ist klar: weg von den alten Erneuerbaren, hin zu fossiler und Nuklearenergie und teilweise zu den neuen Erneuerbaren. Afrika hat größere Gasvorkommen als die USA, fördert aber nur ein Viertel so viel, wovon das meiste exportiert wird. Gas wird daher in den nächsten Jahrzehnten die dominante Rolle spielen. Nach den McKinsey-Prognosen wächst die Erzeugung aus Gas von 28 TWh (Terawattstunden) im Jahr 2010 auf 710 TWh in 2040, Kohle würde von 225 auf 371 ansteigen, Wasser von 92 auf 256, Solar von Null auf 127, wobei das Wachstum vor allem nach dem Jahr 2030 zu erwarten sei, wenn die Solarzellen  effizient genug geworden sein soll.

Beim Klimaschutz muss man der Realität ins Auge blicken. Die Vorstellung diverser Öko-Visionäre, zugunsten des Klimaschutzes den weltweiten Energieverbrauch auf dem heutigen Niveau zu halten oder gar zu senken, ist absurd und beinhaltet die klammheimliche Hoffnung, dass Afrika arm und unterentwickelt bleibt. Um bis zum Jahr 2035 die Energieverfügbarkeit pro Kopf weltweit auf das Niveau von Bulgarien zu bringen, wäre ein Anstieg um 88 Prozent nötig. Das hieße aber auch, dass wir in Deutschland auf bulgarisches Niveau absinken. Das fänden die meisten sicher nicht lustig. Um auf deutsches Niveau zu kommen, sind 200 Prozent Steigerung notwendig. Das ist noch weit entfernt vom US-Niveau (460 Prozent Zuwachs), aber doch recht ambitioniert. 20 Global gesehen müssen wir also verdoppeln oder verdreifachen. Ein nur moderater Anstieg wäre ein katastrophales Versagen. Unser Ziel kann es nicht sein, die Welt dadurch zu retten, dass ein Großteil der Menschen arm bleibt. Energiearmut kann nicht der Preis für Klimaschutz sein. Andere Lösungen sind erforderlich und werden durch den weiteren technischen Fortschritt auch zu finden sein.

Eine energiearme Welt ist auch eine kulturell arme Welt

Ein wichtiger Schritt für Afrika ist die Entwicklung einer modernen Landwirtschaft. Dazu gehören Traktoren, Erntemaschinen, Dünger, Bewässerung, Kühlhäuser, die erhebliche Mengen an Energie benötigen. Wie bei uns vor 50–100 Jahren werden sie zu einer elementaren Befreiung der Menschen führen und enorme neue Möglichkeiten eröffnen. Männer, Frauen und Kinder können sich, statt auf dem Feld zu ackern, der Bildung und der Entfaltung ihrer kreativen Möglichkeiten in privaten und geschäftlichen Aktivitäten aller Art widmen. Sie können der Gesellschaft, nicht anders als bei uns, als Industriearbeiter, Handwerker, Ärzte, Wissenschaftler, Ingenieure, Lehrer, Programmierer, Filmproduzenten, Künstler und so weiter zu Reichtum verhelfen, von dem alle profitieren. Ohne umfassende und schnell wachsende Energieversorgung können sie all das nur in weitaus geringerem Maße. Eine energiearme Welt ist auch eine kulturell arme Welt.

Wir brauchen im Energiesektor Innovation. Die findet vor allem dort statt, wo im großen Stil neue Energieerzeugungskapazität aufgebaut wird. Es ist also die Mission der Entwicklungs- und Schwellenländer, die Energiesysteme der Zukunft zu entwickeln, zu erproben und in großem Maßstab zu implementieren. China hat nicht nur die Führung in der Solarenergie übernommen, es ist auch das Land, in dem saubere Kohlekraftwerke und neue Typen von Kernreaktoren entwickelt werden, die die bei uns genutzte, ein halbes Jahrhundert alte Technologie in Hinblick auf Sicherheit und Effizienz weit übertreffen können.

Die vornehmste Aufgabe der entwickelten Länder ist es, Technologien und Know-how zur Verfügung zu stellen und in Projekte zum Aufbau einer effizienten Energieversorgung sowie einer modernen Landwirtschaft und Gesundheitsversorgung zu investieren. Der Rest wird sich auch in Afrika von allein entwickeln. Natürlich nicht ohne Fehler, Irrwege und Ungerechtigkeiten, aber letztlich zum Vorteil und zum Wohle von Hunderten von Millionen von Menschen. Menschen, die so leben wollen wie wir und denen niemand das Recht dazu absprechen kann.

Afrika ist im Aufbruch. In Afrika finden sich 9 der 15 wachstumsstärksten Nationen der Welt. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist der schnelle, massive Ausbau der Energieversorgung mit all seinen positiven Auswirkungen, allen voran die, Hunderten von Millionen von Menschen die Chance zu geben, in produktiven Tätigkeiten ihr kreatives Potenzial zu entfalten.Was gut genug für Afrika ist, sollten wir daran messen, was gut genug für uns ist. Und gut genug für uns ist ohne Zweifel nur eine 100-prozentige Verfügbarkeit von Strom in beliebigen Mengen 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr.

Thilo Spahl ist Ressortleiter Wissenschaft bei NovoArgumente wo dieser Beitrag zuerst erschien erschien (hier). Dort finden Sie auch eine umfangreiche Linkliste mit Quellenangaben und weiterreichenden Informationen.




Ist die Globale Erwärmung neu für Sie? James Hansen räumt einige Dinge über die globalen Temperaturen und den Meeresspiegel ein, die Sie kennen sollten.

Das Interview finden Sie hier:

James Hansen, die Wissenschaft verlangt Aktivismus für das Klima auf YaleEnvironment360. Das Interview wurde in The Guardian wiederholt mit dem Titel: "Ich glaube nicht, dass ich ein Alarmist bin“.

Zunächst waren die globalen Oberflächentemperaturen während der letzten Zwischeneiszeit wärmer als heute. Ein Interglacial ist eine Zeit zwischen zwei Eiszeiten. Das wird neu für viele Leser sein.

Wie dann, werden sich viele fragen, wissen wir sicher, dass die jüngste Erwärmung durch vom Menschen verursachte Treibhausgase verursacht wurde, da wir immer noch im Bereich der natürlichen Variabilität sind?

Natürlich ist die Antwort: Die Klimamodelle sagen es uns, auch wenn diese Klimamodelle nicht das Klima der Erde simulieren, wie es in der Vergangenheit bestand, wie es jetzt ist und wie es in der Zukunft sein könnte … Klimamodelle simulieren nicht natürlich vorkommende Ozean-Atmosphäre-Prozesse, welche globale Erwärmung verursachen können.

Hansen‘s zweite Anerkennung war, dass der Meeresspiegel während der letzten Zwischeneiszeit 6 bis 9 Meter höher war als heute.

Hier ist eine Illustration aus meinem E-Book:

On Global Warming and the Illusion of Control – Part 1

700 Seiten, 25MB, pdf  [Über die globale Erwärmung und die Illusion von Kontrolle]

 

Pegelstände während und zwischen den Eiszeiten und Heute

Aber Hansen versäumte zu erzählen, dass paläoklimatologische Studien gezeigt haben, dass es einige Tausend Jahre dauerte, bis der Meeresspiegel um 6 bis 9 Meter anstieg, als die Temperaturen höher als heute waren:

 Dutton & Lambeck (2012) Ice volume and sea level during the last interglacial.

   [Eisvolumen und Meeresspiegel während der letzten Zwischeneiszeit]

Der entsprechende Teil des Interviews mit Hansen (Fettdruck und Klammern von Bob Tisdale)

James Hansen: Wir wissen aus der Geschichte der Erde, dass 2 Grad [mehr] schließlich zum Anstieg des Meeresspiegels von mehreren Metern führen würden. Die letzte innere glaziale (Seufzer) Zeit vor 120.000 Jahre (das sollte Interglaziale Periode heißen), das war das letzte Mal, dass es wärmer war als heute, war der Meeresspiegel 6 bis 9 Meter höher – das würde den Verlust von fast allen Küstenstädten bedeuten. Es ist undenkbar, dass wir offenen Auges in eine solche Situation laufen und ja, die Wissenschaft versteht das sehr gut.

Es gibt keinen Streit über die Tatsache, dass wir die Küstengebiete verlieren, die jetzt von den meisten der großen Städte der Welt besetzt sind. Es ist nur eine Frage, wie bald. Ich glaube nicht, dass diese Botschaft den politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit klar rüber gebracht wurde…

Wenn ich neu wäre bei Diskussionen über die globale Erwärmung und den Anstieg des Meeresspiegels, dann hätte ich das Interview weit genug gelesen. Er hätte mich genau damit zu einem Skeptiker gemacht.

Aber im Gegensatz zu seinen Behauptungen über Alarmismus, führt Hansen dann weiter fort einen Alarmisten zu spielen und zu diskutieren, wie seine jüngsten Bemühungen mit der Modellierung und dem daraus resultierenden Paper zeigen, dass der Anstieg – vielleicht –sogar – abrupt auftreten könnte.

 … Mehr als 190 Nationen vereinbarten [auf der Pariser Klimakonferenz im vergangenen Dezember], dass wir den gefährlichen, vom Menschen verursachten Klimawandel vermeiden sollten. Der Verlust von Küstenstädten wäre ein gefährliches Ergebnis. Es ist schwer vorstellbar, dass die Welt regierbar sein wird, wenn dies relativ schnell geschieht. Was wir feststellen ist, dass die Zeitscala für den Zerfall der Eisdecke wahrscheinlich viel kürzer ist, als es in den Diskussionen zwischen den Regierungen angenommen wird.

Natürlich, auch die Befürworter der Hypothese der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung empfanden die jüngste Hansen et al. (2016) Studie als Unsinn (Eisschmelze, Anstieg des Meeresspiegels und Superstürme: Beweise aus Paleoklimatischen Daten, Klimamodellierung und moderne Beobachtungen, dass 2 ° C globale Erwärmung gefährlich sein könnte)

[Aber alarmistisch im Handelsblatt vom 22. April wiederholt; der Übersetzer].

Schon der Titel des Papers enthält die oft gebrauchte zweideutige Ausdrucksweise „könnte". Lesen sie hier Beiträge bei WattsUpWithThat:

· James Hansen’s latest doomsday paper falls flat on its face, grounds his ‘flying boulders’
[James Hansen neuestes Weltuntergangs Paper fällt flach auf die Nase, holt seinen "fliegenden Schutt“ auf die Erde zurück

· Schism on the Left: James Hansen’s climatic ‘canon’ gets fired from a cannon
[Schisma auf der Linken: James Hansen Klima ‚Kanon‘ wird aus einer Kanone abgefeuert]

Feststellungen:

Zwei Kapitel aus meinem o.g. E-book: On Global Warming and the Illusion of Control – Part 1.

Von der Festellung bis Kapitel 1.16 – der Meeresspiegel steigt

  • Dieses Kapitel beginnt: Für viele Menschen, vor allem für Personen die in der Nähe der Küsten leben, ist der Meeresspiegel kritische verknüpft mit der globalen Erwärmung und dem Klimawandel.

Der Meeresspiegel ist seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit gestiegen, und wenn sich die Geschichte wiederholt, wird er auch weiterhin steigen bis zur Höhe während der letzten Zwischeneiszeit: 5 bis 10 Meter höher.

Aber wie in diesem Kapitel beschrieben, gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die zum Anstieg beitragen können oder in den lokalen Meeresspiegel fallen [z.B. Absenkung der tektonischen Platten]. Der Anstieg des Meeresspiegels ist daher ein lokales Problem, sowie die Maßnahmen, um das Problem zu bekämpfen, wie ich in diesem Kapitel bereits viele Male erwähnt habe. Viele Länder und Gemeinden führen bereits Maßnahmen durch, um die Auswirkungen des steigenden Meeresspiegels zu reduzieren – mit Methoden, die speziell für ihren Standort entworfen sind.

Unter der Annahme, dass vom Menschen verursachte Treibhausgase die Rate, mit der der  globale Meeresspiegel steigt, verursacht, würde eine Reduzierung der mensch-gemachten Treibhausgas-Emissionen die Steigerungsrate nur verlangsamen, aber nicht stoppen. Doch nochmal, die Houston & Dean Studie (2010): Meeresspiegel-Beschleunigung, basierend auf dem US-Küstenpegel und Erweiterungen der bisherigen Globalen-Pegel Analyse, stellt fest, dass der Anstieg des Meeresspiegels sich nicht mit der globalen Erwärmung beschleunigt hat.

Und nach der Einleitung, die ich mit Diskussion unter der Überschrift des Meeresspiegels anfing, gibt es AUF DER ANDEREN SEITE, ein völlig anderes Problem:

Nochmals, auch wenn wir den CO2-Gehalt auf vorindustrielle Werte zurückdrehen könnten, der Meeresspiegel würde weiter steigen. Der Meeresspiegel steigt seit dem Ende der letzten Eiszeit und wird dies auch weiterhin tun, bis die Erde wieder abkühlt und wir in Richtung der nächsten Eiszeit kommen. Das heißt, der einzige Weg, den Anstieg des Meeresspiegels zu verhindern, ist Wasser auf dem Land in Form von Eis zu akkumulieren.

Ferner ist die Geschwindigkeit, mit der der globale Meeresspiegel steigt, in Reaktion auf die hypothetischen Auswirkungen der vom Menschen verursachten Treibhausgase, Gegenstand von weiten Bereichen der Unsicherheit und der offenen Debatte … und das Thema zu viel mehr Alarmismus von Aktivisten und den Medien, wenn das überhaupt möglich ist.

Und ich schließe die Diskussion mit dieser Aussage:

Die lächerlichen Vorschläge von Politikern und Panikmachern, dass wir den Anstieg des Meeresspiegels durch Reduzierung der Treibhausgase steuern könnten, ist einer der Hauptgründe für den Titel dieses Buches: Über die globale Erwärmung und die Illusion von Kontrolle.

Erschienen auf WUWT am 13. April 2016

Übersetzt durch Andreas Demmig

https://wattsupwiththat.com/2016/04/13/are-you-new-to-the-global-warming-debate-james-hansen-admits-a-couple-of-things-about-global-temperatures-and-sea-levels-you-should-know/




Tschernobyl – 30 Jahre danach

Was macht Tschernobyl so besonders?

Diese Katastrophe – Unfall wäre diesem Ereignis nicht angemessen – brach auch über die Fachwelt wie ein Tsunami herein. Man kann es nur verstehen, wenn man sich die Begriffe “Sowjetunion” (damals offiziell als das “Reich des Bösen” betitelt) – und “eiserner Vorhang” wieder vor Augen führt. Es gab kaum Informationen über Kernkraftwerke im “Ostblock”. Wenn überhaupt, wurden sie privat mit äußerster Zurückhaltung auf internationalen Kongressen etc. ausgetauscht. Für mich gibt es bis heute zwei Schlüsselerlebnisse für den damaligen Zustand: Das – auch im Westen sehr beliebte – Standardlehrbuch der DDR über Kernenergie (Tereza Khristoforovna Margulova, zahlreiche Bücher und über 300 Fachaufsätze), enthielt nur Zeichnungen und Bilder von westlichen Reaktoren. Es war also mehr ein “Wunschbuch” als ein Lehrbuch. Noch viel bewegender war für mich der offene Streit zwischen Edward Teller und der Reagan-Administration über die Geheimhaltungspolitik der USA: Edward Teller trat vehement für die Freigabe aller vorhandenen Informationen über die Sowjetunion ein, weil er der Meinung war, dies würde den Menschen die Augen öffnen über dieses System und zum unmittelbaren Zusammenbruch dieser “Weltmacht” führen.

In diese Stimmungslage platzte die Nachricht von Tschernobyl. Nicht etwa aus der Sowjetunion selbst, sondern aus Skandinavien und Frankreich. Man hat in beiden Ländern die radioaktiven Wolken mit den Überwachungssystemen der Kernkraftwerke erfaßt. Die Nachricht war nicht mehr geheim zu halten. Jedem Fachmann war klar, da mußte etwas unvorstellbares in der Ukraine passiert sein. Besonders kafkaesk mutete die Lage in der DDR an. Das “Westfernsehen” berichtete stündlich, die “Aktuelle Kamera ” machte noch tagelang weiter, als sei nichts geschehen. Ähnlichkeiten zu heutigem Regierungsverhalten sind keinesfalls zufällig, sondern eher von Kindheit an anerzogen. Was nicht in das eigene Weltbild zu passen scheint, wird lieber ignoriert und das eigene Nichthandeln läßt man regierungsamtlich als Besonnenheit verklären.

Die Reaktion in “West-Deutschland”

Die Wahrheit ist, das Land war überhaupt nicht vorbereitet. Kernkraftwerke sind sicher. Punkt. Nach dem Störfall von Harrisburg (TMI) galt das um so mehr: Reaktor Totalschaden, aber keine Verletzten und (praktisch) keine Freisetzung von Radioaktivität in die Umgebung – also alles richtig gemacht. Wer sich mit “schweren Unglücken” und Gegenmaßnahmen beschäftigte, arbeitete angeblich nur den “AKW-Gegnern” in die Hände. Ein schwerer Irrtum. Schon damals war Deutschland keine Insel der Glückseligen, umgeben von einem Meer ohne Kernenergie. Noch heute hält man eisern an dieser Ideologie fest. Man verklagt lieber Länder auf die Stilllegung ihrer Kraftwerke, als das man sich mit der Realität auseinandersetzt.

Durch die mangelnde Vorbereitung haben auch die Kernenergiebefürworter eine Chance verpasst. Man hätte die Ausbreitung, Kontaminierung von Boden und Lebensmitteln viel genauer dokumentieren können. Ein unschätzbarer Schatz gegen Kollektivdosen, LNT etc. Stattdessen waren die Messkampagnen höchst selten und unvollständig. Meist unorganisiertes Ergebnis privater Initiative.

Gleichwohl packte die “Angstindustrie” die Gelegenheit beim Schopfe. Tschernobyl sollte Greenpeace und Co. Millionen an Spendengelder einbringen. Allerdings kann man auch das nur im geschichtlichen Zusammenhang sehen. In der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre begann der rapide Niedergang der sog. K-Gruppen an deutschen Universitäten. Die Genossen Trittin, Kretschmann etc. mußten sich umorientieren, wenn sie ihre Vorstellungen von Gesellschaftsveränderung und Sozialismus noch umsetzen wollten. Die Hunderttausende gegen Nato-Doppelbeschluss, Kernkraftwerk Brokdorf, Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf und Endlager Gorleben waren einfach zu verlockend. Erst 1980 gegründet, stellten die Grünen 1985 in Hessen die erste Koalition mit dem Umweltminister Joschka Fischer. Dies war noch keiner Partei “links von der SPD” gelungen.

Interessant, aber bis heute nicht aufgearbeitet, ist die selektive Wahrnehmung unter den Linken gewesen. Irgendwie waren ja russische “AKW” eigentlich gute “AKW”, weil sozialistische “AKW”. Bitte keine Fragen zum Sinn und Konstruktionsprinzip der RBMK stellen, denn für jeden gläubigen Linken gehört(e) es zu den Glaubensgrundsätzen, daß Ronald Reagan der Kriegstreiber gegen den friedliebenden Kreml war. Wenn man auch sonst keine Gelegenheit ausließ, auf die Verknüpfung von “AKW” und “Atombombe” hinzuweisen, war das im Zusammenhang mit Tschernobyl tabu. In dieser Zeit wurde der Mythos von der “Unbeherrschbarkeit” erschaffen, der bis heute in der “ungelösten Endlagerfrage” religiöses Dogma ist. Wenn es nicht einmal in der friedliebenden und nicht profitorientierten Sowjetunion möglich war, Kernkraftwerke “sicher” zu betreiben, dann mußte die Kerntechnik prinzipiell nicht beherrschbar sein. Heute mag das fast lächerlich anmuten, aber 1986 konnte sich kein westdeutscher Linker vorstellen, was real existierender Sozialismus darstellte oder gar, daß dieses System in wenigen Jahren kollabieren würde. In Deutschland geht halt Ideologie vor Fakten: War doch die Begründung der Bundeskanzlerin für ihre 180°-Wende nach Fukushima, ihr angeblich enttäuschter Glaube an die Unfehlbarkeit der japanischen Technik.

Besonders zynisch ist es, wenn in deutschen Qualitätsmedien die Aufräumarbeiten von Fukushima immer in einem Atemzug mit Tschernobyl genannt werden. Kein Wort über die ahnungslosen und schlecht ausgerüsteten Feuerwehrleute, die brutal in den Tod geschickt worden sind. Kein Wort über die (fast unmittelbar) neben der Ruine spielenden Kinder, die aus ideologischen Gründen nicht unverzüglich in Sicherheit gebracht wurden. Kein Wort über die “heldenhaften” Bauarbeiter, die direkt von den Gerüsten im Baltikum verhaftet wurden, um unter höchster Strahlenbelastung Dienst zu tun. Ganz ohne Meßgeräte, aber dafür mit jeder Menge Falschinformationen. Manch ein “Putinversteher”, der immer noch nicht begreift, warum man im Baltikum so gerne Nato-Panzer sieht, könnte hier eine Antwort (von vielen) finden. Tschernobyl war der letzte Sargnagel, den sich das Sowjetsystem höchstselbst eingeschlagen hat. Dies könnte auch eine Erklärung für “Grüne” sein, warum Tschernobyl nicht zu einer “Anti-AKW-Bewegung” in der Ukraine, Polen und dem Baltikum geführt hat. Anders als in Deutschland, vermag man dort zwischen Physik und Politik zu differenzieren.

Die Lehren aus Tschernobyl

Es gibt zahlreiche Lehren und Konsequenzen, die international aus dieser Katastrophe gezogen worden sind. Allein die technischen Berichte und Auswertungen füllen ganze Regale. Die Kerntechniker – aber leider nur die Techniker – haben ihre Lektion gelernt. Insofern ist Tschernobyl für die Kerntechnik, was die Titanic für den Schiffbau war. Ein unüberhörbarer Weckruf, der sicherheitstechnische Grundsätze erschaffen hat, die weltweit anerkannt und praktiziert werden: Baue keinen Reaktor mit positivem Reaktivitätskoeffizienten, baue immer ein Containment usw. usw.

Seefahrt tut not, wußte man schon im Altertum, obwohl sie bis zum heutigen Tage immer wieder Opfer fordert. Energieversorgung ist für eine Gesellschaft ohne Sklaverei mindestens genauso lebensnotwendig. Aus diesem Grunde hat man in rationaleren Gesellschaften die Kernenergie auch nicht als Teufelswerk verdammt. Es gilt Risiko und Nutzen abzuwägen und die Technik beständig zu verbessern. Ganz genauso, wie es die Menschheit in ihrer Entwicklungsgeschichte immer getan hat. Ohne diese Verfahrensweise, wäre ein Fortschritt im Seetransport, der Luftfahrt usw. nicht vorstellbar gewesen. Ganz nebenbei gesagt, hat die Kerntechnik in diesem Sinne vorbildliches geleistet. Nicht ohne Grund, ist sie zu der Energieform mit der geringsten Opferzahl geworden. Gleichwohl gibt es eine “opferfreie” Energieerzeugung nur im Märchen. Schon im Kindergarten weiß man, daß man mit einem Fahrrad schnell von A nach B gelangen kann, aber auch übel stürzen kann. Kaum ein Kind verzichtet deshalb aufs Fahrradfahren. Wer “voran gehen will”, kann das gerne tun, muß sich nur nicht wundern, wenn er irgendwann feststellt, daß die anderen viel schneller waren und schon längst beim Essen sind.

Tschernobyl hat die Angst-vorm-schwarzen-Mann genommen

Von Anfang an, hat die Angstindustrie daran gefeilt, ein Alleinstellungsmerkmal für die Kerntechnik zu konstruieren: Wenn ein “AKW explodiert”, gibt es Millionen Tote und die betroffene Gegend ist für zehntausende von Jahren unbewohnbar. Aus moralischen Gründen sei es deshalb nicht zulässig eine solche Technik zu erlauben. Das war das Totschlagargument in jeder deutschen Talkshow. Sofort standen sich der idealistische und hoch moralische Gutmensch und der profitgierige, unterbelichtete Vasall der “Atomindustrie” gegenüber. In diesen Momenten, konnte sich selbst eine Theaterwissenschaftlerin wie eine Greenpeace-Amazone im Schlauchboot vor einem Walfänger fühlen – selbstverständlich ohne Risiko auch nur die Frisur zu gefährden.

Nun hat in Tschernobyl tatsächlich der Super-Gau stattgefunden und das Kraftwerk ist explodiert, abgebrannt und hat den größten Teil seiner radioaktiven Stoffe wie ein Vulkan ausgeworfen. Schlimmer geht nicht. Nur, wo blieb der Weltuntergang? Eine Zeit lang, konnte man die Sache noch am köcheln halten, in dem man irgendwelche Geschichten über irgendwelche Mutanten in der Zone erfand. Heute ist die “Sperrzone” längst zu einer Touristenattraktion mutiert. In den Tagen nach der Katastrophe, schwelgte noch die gesamte Presse in apokalyptischen “Krebs-Epidemien”, die in einigen Jahren folgen würden. Nun, 30-Jahre später ist davon nichts eingetreten. Lediglich die staatstragenden Medien, wie z. B. der Deutschlandfunk, machen unbeirrbar weiter: “Kinder, die erst nach dem Reaktorunglück geboren wurden, leiden unter Erbgutschäden und Missbildungen” (Deutschlandfunk, 30 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl). Solch einen Schwachsinn trauen sich nur noch Medienbeamte mit garantierter Vollversorgung aus Zwangsbeiträgen. Das ist nicht mal mehr “Lügenpresse”, sondern einfach nur ganz schlechte Propaganda.

Es soll sogar Abtreibungen in Deutschland gegeben haben, weil Frauen fürchteten, irgendwelche Mutanten zur Welt zu bringen. In welcher Statistik werden eigentlich diese Opfer verbucht?

Die DPA teilt noch Anfang des Monats in ein und derselben Verlautbarung mit, daß 2015 bereits 15.000 Menschen die 30 km Todeszone (dieses Wort wird tatsächlich verwendet) als Touristen besucht hätten. Experten würden von Zehntausend Todesfällen infolge des Unglücks ausgehen. Sind solche Texte nun “Lügenpresse” oder schlichte Blödheit oder beides?

Interessant ist auch, welche Hektik bei jeder Diskussion zur Endlagerung, die Erwähnung von Tschernobyl auslöst. Es fällt sogar den Kirchenvertretern sichtlich schwer zu glauben, warum das, was in Tschernobyl ziemlich offen rumliegt, nach aufwendiger Verpackung und Lagerung in hunderten Metern Tiefe, sich in eine die Menschheit gefährdende Angelegenheit verwandeln soll. Dafür ist mindestens so viel Glauben notwenig, wie für die Verwandlung von Wasser in Wein. In diesem Sinne, setzt die Feststellung von Greenpeace (Bergungskonzept für Tschernobyl-Ruine fehlt; vom 14.4.16) allem die Krönung auf: 440.000 Kubikmeter langlebiger Atomabfälle lägen unter dem alten “Sarkophag”. Das entspräche dem fünfzehnfachen Volumen aller hochradioaktiven Abfälle deutscher Atomkraftwerke. Danke Greenpeace, manchmal hab ich euch richtig lieb. So lieb, wie nach eurer Kampagne gegen die Versenkung einer alten Bohrinsel in der Nordsee.

Nun sind aber die PR-Abteilungen der Angstindustrie flexibel. Man rückte deshalb – bis Fukushima – immer weiter von der Angstmache ab. Es wurde eine angebliche Unwirtschaftlichkeit von Kernkraftwerken und die “ungelöste Endlagerfrage” in den Vordergrund gestellt. Das erste Argument ist trefflich geeignet für Menschen, die immer noch Planwirtschaft für eine überlegene Wirtschaftsordnung halten. Wer nicht rechnen kann, glaubt halt jeden Zahlensalat. Das zweite Argument trieft vor moralischer Überlegenheit. Wer will schon seinen Nachfahren ein Problem vererben? Jedenfalls wenn es um “Atommüll” geht. Durch Windparks zerstörte Landschaften und Vogelpopulationen, Berge von Sondermüll-Sonnenkollektoren oder mit Rückständen aus der Biogas-Produktion verseuchte Bäche und Seen sind natürlich etwas ganz anderes. Der Glaube versetzt Berge, sagt man. Um es klar zu sagen, es gibt keine Energieversorgung ohne Abfälle und Schadstoffe. Wer das Gegenteil behauptet, ist ein Schlangenölverkäufer, der sein Gegenüber für ziemlich dämlich hält.

Was uns Tschernobyl wirklich lehrt

Große Katastrophen sind immer Eckpunkte in der Technikgeschichte. Man kann meist klare Lehrsätze aus ihnen ableiten. So auch aus der Katastrophe von Tschernobyl. Dies macht die Opfer zwar nicht wieder lebendig, aber spendet vielleicht ein wenig Trost, daß ihr Tod nicht so sinnlos war, wie es manchem erscheint.

•   Die militärische und die zivile Nutzung der Kerntechnik sind strikt auseinander zu halten. Dringt das Militär mit seiner Geheimhaltung in die “doppelt genutzten” Bereiche ein, sind die “Missverständnisse” vorprogrammiert.

•   Fukushima und Tschernobyl haben eines gemeinsam: Die Ignoranz gegenüber ausgewiesenen Fachleuten (Fachleute sind nicht zu verwechseln mit “Atomexperten”, die von Interessengruppen ernannt werden). In Tschernobyl war es das Reaktivitätsverhalten, in Fukushima die bekannte Fluthöhe von Tsunamis. Probleme müssen offen diskutiert und erforderlichenfalls gelöst werden. Ein wird-schon-gut-gehen darf es in der Kerntechnik nicht geben.

•   Kerntechnik kann man nur richtig betreiben oder man läßt es besser bleiben. Unabdingbare Voraussetzung ist Transparenz, Verantwortung und Qualifikation aller Beteiligten. Wenn Halbwissende anfangen mit einem Reaktor zu spielen, ist alles verloren. Dies sei allen gesagt, die den Zubau von Kernkraftwerken in Diktaturen vorbehaltlos bejubeln.

•   Es gibt keine absolut sichere Technik. Deshalb sollte man auch gar nicht den Anschein erwecken. Es werden immer Schiffe untergehen, Flugzeuge abstürzen, Windmühlen umfallen, Dächer durch Sonnenkollektoren abbrennen. Nach Tschernobyl – völlige Zerstörung und Freisetzung – ist aber die Obergrenze durch ein trauriges Experiment vorgeführt worden. Lassen wir nun auch bitte den Blödsinn, von Millionen “virtuellen Toten” zu schwafeln. 30 Jahre sind eine verdammt lange Latenzzeit. An welchem Tag soll denn das Massensterben einsetzen?

•   Wir kannten und kennen das Risiko (Schaden mal Eintrittswahrscheinlichkeit) sehr gut. Noch wichtiger: Es hat sich weder in Harrisburg, Tschernobyl oder Fukushima unvorhersehbares oder unbekanntes ereignet. Eher im Gegenteil! Es liegt nicht an der Technik als solches – wie immer gern von Grünen behauptet – sondern viel mehr an Handhabung und Aufsicht. Den Umgang gerade mit dieser Technik, kann man aber sehr wohl in den Griff bekommen, wie z. B. die US-Navy eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Man muß nur den festen Willen dazu haben.

•   Man muß offensiv mit dem vorhandenen Risiko umgehen. Es darf kein Tabu geben. Schon bei der laufenden Ausbildung sollten Ereignisse durchgespielt werden, die über die “Auslegungsstörfälle” hinausgehen. Die Einrichtung von überregionalen “Katastrophenzentren” geht in die richtige Richtung. Schließlich ist die Antwort auf (unvermeidbare) Brände – trotz vorbeugendem Brandschutz – auch die Einrichtung von Feuerwachen.

•   Die Bevölkerung in der Nähe von Kernkraftwerken muß aufgeklärt werden und aktiv in den Katastrophenschutz einbezogen werden. Nur wer die Gefahren versteht und Schutzmaßnahmen kennt, kann im Ernstfall auch vernünftig handeln. Ganz besonders Fukushima hat gezeigt, daß (irrationale) Angst tötet.

•   Nur Übung macht den Meister. Dies gilt auch beim Katastrophenschutz. Die guten, alten ABC-Schutzübungen sind aktueller denn je. Deutschland kann sich nicht durch ein paar Windmühlen und Sonnenkollektoren aus der realen Welt wegzaubern. Wir sind von Kernkraftwerken und bald auch von Endlagern umgeben. Entweder sind die Gefahren durch Fessenheim, Bure etc. real, dann helfen keine Klagen dagegen, sondern nur Schutzmaßnahmen oder es geht einfach nur um politisches Theater. Terrorismus findet bereits vor der Tür statt. Deutschland zieht mit seiner anerzogenen “Atomangst” und seiner Weltabgewandtheit “Nuklearterroristen” geradezu magisch an.

Übernommen von Nukeklaus hier