Neues vom Nordatlantik: Das natürliche “Day after Tomorrow“- Szenario?
An anderer Stelle hatten wir hier bereits über solche Hinweise berichtet (siehe “Mojib Latif hatte Recht: Wohl keine Erwärmung in den nächsten Jahren“). Warum ist das so interessant? Schauen wir auf die globale Verteilung der Wärme besonders in den Weltmeeren fällt die bedeutende Rolle des Nordatlantiks sofort ins Auge:
Bild 1: Aktuelle Temperaturverteilung der Weltmeere, Quelle: NOAA.
Der Transport von wärmeren Wässern bis hinauf zu 70 Grad Nord passiert ausschließlich zwischen Europa und Kanada, die in den Tropen erwärmten Wassermassen strömen polwärts ( meridional) und beeinflussen so die Temperaturen von großen Teilen Eurasiens und auch der Ostküste Amerikas. Mit verantwortlich dafür ist die AMOC, die sehr große Wärmemengen bewegt. Ein Bestandteil des atlantischen Wärmetransports ist der Golfstrom, sein Anteil hat sich nur wenig geändert, da er vom Passatwind bestimmt wird. Hier geht es um die Thermohaline Zirkulation (durch Temperatur- und Dichteunterschiede angetrieben), bei der also eine recht schnelle Schwächung beobachtet wird. Im „Nature Geosience“ Artikel ist besonders diese Abbildung zu beachten:
Bild 2: Beobachtungen und Modellsimulationen aus Nature.
Sie zeigt im Teil b oben den beobachteten Rückgang in der Transportleistung seit 2004 um ca. 20% und im Diagramm darunter die Dichte des Meerwassers in der Labradorsee in der Tiefe zwischen 1000 und 2500 m. Die Autoren Jon Robson, Ed Hawkins u.a. ermittelten, dass diese Messwerte der Dichte dem Verlauf der AMOC voreilen und der Abwärtstrend der Dichte immer noch anhält, also auch zukünftig mit einem weiteren Nachlassen der AMOC gerechnet werden muss. In einer Arbeit aus 2011 des Co- Autors Ed Hawkins kommt eine mögliche Bistabilität der AMOC zur Sprache, was bedeutet: von einem bestimmten Stadiums des Abschwächens des Stromes könnte ein relativ abrupter Wechsel zu einem gänzlichen Versiegen erfolgen.
Vergleichen Sie bitte das Bild 2 (b oben) mit dem Bild 3: gegenwärtig werden ca. 16 Sievert (Sv) Wasserstrom gemessen und der Triggerpunkt ( rote Kurve in Bild 3) in den Zustand „Aus“ liegt eben da, bei etwa 16 Sv! Wer den Film „The day after tomorrow“ gesehen hat wird sich gewiss erinnern: Alles begann mit Beobachtungen einer kollabierenden AMOC! So etwas ist also real möglich, wie wir heute wissen. Was danach im Film folgte war Action- Kino pur und hat mit den zu erwartenden Folgen einer reduzierten AMOC nicht so viel zu tun: Europa (und die Nordhalbkugel) werden nicht vereisen, wir werden auch in keinem Falle die harschen Temperaturen Alaskas testen, davor bewahrt uns der immer noch ausgleichende Atlantik westlich von uns. Aber ungemütlicher könnte es schon werden, fehlte die Wärme, die die AMOC mit sich bringt.
Und ein zweiter Aspekt ist zu beachten: In einer sehr aktuellen Arbeit zum gleichen Sachverhalt kommen die Autoren um David Smeed zu der Folgerung:
„…suggesting that this decrease represents decadal variability in the AMOC system rather than a response to climate change.”
Die Abschwächung der AMOC ist nicht auf den Klimawandel zurückzuführen, sie ist eher Ausdruck ihrer dekadischen Variabilität. Alle Modelle des IPCC zeigen nur eine sehr geringe Abschwächung der AMOC in den folgenden Jahren, in keinem Falle einen so deutlichen Rückgang wie beobachtet. Der IPCC kam in seinem jüngsten Sachstandsbericht sogar zu der Einschätzung, dass sich die AMOC gar nicht abgeschwächt hat:“ While the AMOC weakening in 2009/2010 was large, it subsequently rebounded and with the large year-to-year changes no trend is detected in the updated time-series.“ (Quelle, S. 29).
Wie soll man das verstehen? Im Gegensatz zu den Aussagen des IPCC im September 2013 kommen Arbeiten zu dem Thema zu einem völlig anderen Schluss: Die AMOC hat sich sehr wohl signifikant reduziert! Da wird ein Phänomen des Klimas beobachtet, das NICHT auf den menschgemachten Klimawandel zurückzuführen ist und sich NICHT mit den Modellen deckt und die Beobachtung wird zunächst einmal negiert? Noch ein Reizwort ist aufgetreten: Dekadische Schwankungen in der Wärmedistribution des nördlichen Atlantiks und deren Auswirkungen auf das globale Klima.
Das kommt nicht vor in den Modellen des IPCC und würde die Trendsteigung der globalen Temperaturen seit Beginn der ausgeprägten Wirkung von Treibhausgasen auf etwa 1K/ Jahrhundert begrenzen. Wie lange müssen wir noch warten, bis der IPCC endlich multidekadische Schwankungen akzeptiert, wie sie schon hier und einigen anderen Arbeiten gezeigt wurden?
Die Zeit ist reif um sie zu berücksichtigen; mit der Einbeziehung von ozeanischen Langzeitentwicklungen über mehrere Jahrzehnte würden wohl auch die Klimamodelle realistischer werden in ihren Zukunftsprognosen. Daran sollten alle ein Interesse haben, wenn es um Forschung als Grundlage für verantwortungsvolle politische Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel geht. Und solche wünschen wir uns sehr.
Der Beitrag erschien zuerst im Blog "Die kalte Sonne" hier
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Anmerkungen Redaktion EIKE :
Der Wärme-Transport der AMOC von den tropischen und subtropischen Breiten hin in die gemäßigten sowie in die arktischen Breiten erfolgt sehr wesentlich (nicht ausschließlich) durch den Golfstrom, wie auch in Anlage 1 (PDF zum Download) ausführlich dargestellt wird:
"In den Abbildungen 3 und 5 ist erkennbar, daß der Golfstrom nach dem Einschwenken in die gemäßigten Breiten nun von den Stürmen des Westwind-Gürtels in östlicher Richtung weiter getrieben wird. Dabei fächert der Golfstrom auf (Abb. 3). Der Hauptstrom geht an Irland, Schottland und Skandinavien vorbei bis in Barents-See, und sorgt entlang seiner Bahn ganzjährig für eisfreie Häfen. Ein kräftiger Seitenarm schwenkt in die Biskaya und den Englischen Kanal. Ein anderer Arm zweigt ab in die Irminger See, und zum Teil sogar weiter zwischen Grönland und Island hindurch nach Norden."
Nun wird seit Jahrzehnten immer wieder darüber spekuliert, ob es zu einem Zusammenbruch des Golfstromes und insgesamt zu einem "Versiegen" des o.a. Wärme-Transportes kommen kann. Dazu wird a.o.a.O. (PDF-Anlage 1) ausgeführt:
" AGW: Kollabiert der Golfstrom ?
Im Zusammenhang mit der seit etwa 150 Jahren gemessenen mäßigen Erderwärmung von einem Dreiviertel Grad werden nun immer wieder Horror-Meldungen durch die Medien gejagt – z.B. derart, daß es zu einem Kollaps des Golfstromes und damit zu einer "Europäischen Eiszeit" kommen könne.
Dabei werden häufig zunächst drei Aspekte außer Acht gelassen:
(1) Schwingungen und Veränderungen (auch) des Golfstroms gehören zur Normalität der globalen Zirkulationen;
(2) Selbst in den Warmzeiten unserer aktuellen Klima-Periode (Holozän) hat es keine solche Kollapse gegeben, obwohl z.B. die Temperaturen während der Optima des Holozäns (4000-8000 vor heute), der Römer (um 2000 v.h.) und des Mittelalters (um 1000 v.h.) phasenweise höher lagen als heute;
(3) Es gibt zwar auch in den letzte Jahrzehnten "Pendelungen" im Golfstroms bezüglich Strömungs- und Temperatur-Änderungen, aber keinerlei Anzeichen für dramatische Veränderungen oder gar Umbrüche."
Dieses alles wird a.a.O. (PDF-Anlage 1) ausführlich erläutert und begründet. Als wohl prominentester Fachwissenschaftler, der sich mit den Phänomenen der Meeresströmungen beschäftigt hat, darf C. Wunsch gelten (hier), speziell zum Golfstrom (hier), alle seine Veröffentlichungen (hier).
Daher ist auch die folgende Anmerkung in dem Aufsatz von BOSSE & VAHRENHOLT (PDF-Anlage 2) mit großen Unsicherheiten verbunden, was ja durch die dort verwendeten Konjunktive auch zum Ausdruck gebracht wird :
"In einer Arbeit aus 2011 des Co- Autors Ed Hawkins kommt eine mögliche Bistabilität der AMOC zur Sprache, was bedeutet: von einem bestimmten Stadiums des Abschwächens des Stromes könnte ein relativ abrupter Wechsel zu einem gänzlichen Versiegen erfolgen."
Klaus-Eckart Puls & Horst-Joachim Lüdecke
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Der Artikel ist als PDF in Anlage 2 hier verfügbar zum Download.