Die Klimadebatte im Spiegel der Interessengruppen!

Motive und Moneten

Anders sieht die Situation in der Diskussion um den Klimawandel aus. Eher selten wird die Debatte mit nüchternen Argumenten geführt, stattdessen wird dem jeweiligen Gegner zumeist ein niederes Motiv unterstellt. Vor allem die finanziellen Motive werden als beliebtes Totschlagargument in der medialen Schlammschlacht um den Klimawandel angeführt. Wer etwa kürzlich die Süddeutsche Zeitung aufschlug, konnte lesen, dass Klimaskeptiker allein wegen ihrer finanziellen Verflechtungen zum Großkapital zum rechten Rand der Gesellschaft gehören. Von eher klimaskeptischen Quellen war dagegen zu erfahren, dass die Protagonisten harter klimapolitischer Bandagen vor allem von öffentlichen Geldern profitieren. Soweit, so gut, wir wissen, dass Informationsproduktion und mediale Präsenz nicht umsonst sind. Auch der gläubigste Verfechter einer der beiden Seiten der Debatte wird verhungern, wenn er sich nicht die Frage nach den Opportunitätskosten der Zeit stellt, die er privat oder beruflich der Klimadiskussion widmet. Ebenso geht es denjenigen, die beide Seiten der Debatte finanzieren. Für den neutralen Beobachter ist daher nicht interessant, ob die Diskussion finanziert wird, sondern welche Seite die größten Motive hat, eine Position zu finanzieren, die wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Die Auffassung von einer klaren Dichotomie zwischen profitorientierten Industrieinteressen und gemeinwohlorientierten Motiven der Umweltorganisationen bzw. des Staates, wie sie in der Öffentlichkeit dominiert, hält jedoch der Realität nicht stand. Eine nüchterne Betrachtung der Nutzen und Kosten des finanziellen Engagements in der Debatte zeigt schnell, dass der Vertrauensbonus, den Umweltorganisationen und Staat in der Allgemeinheit genießen, nicht gerechtfertigt ist.

Die Zwangsjacke muss wenigstens passen

Im Streit um die Theorie des Klimawandels geht es schon lange nicht mehr um einen wissenschaftlichen Disput unter Gelehrten, sondern um die wissenschaftliche Legitimation einer Politik, die nicht nur die Rettung der Menschheit, sondern vor allem eine gigantische Umverteilung des gegenwärtigen und zukünftigen Wohlstands verspricht. Wirtschaftliche Motive der Industrie richten sich daher vor allem an den Konsequenzen der Klimapolitik für das zukünftige Geschäft aus. Harte klimapolitische Bandagen bedeuten jedoch nicht zwangsläufig einen wirtschaftlichen Nachteil für die Wirtschaft, sondern eröffnen allerlei Potential der Teilhabe an den Profiten der Klimapolitik, sei es durch den Absatz neuartiger Produkte oder zusätzliche Gewinne, die sich durch die künstliche Verknappung von Ressourcen und den Rückgang der Wettbewerbsintensität auf den Märkten ergeben. Gewinnorientierte Unternehmen handeln hierbei nach einer einfachen Regel: Wir präferieren denjenigen regulativen Rahmen, der dem Unternehmen langfristig den höchsten Gewinn verspricht. Genau das ist es, wofür Manager von ihren Aktionären vergütet werden. Unternehmer geben ihr eigenes und Manager das Geld ihrer Aktionäre für politisches Lobbying aus, weshalb das finanzielle Engagement in der Klimafrage der Frage nach dem optimalen Einsatz von beschränkten Mitteln folgt wie alle anderen Investitionen. Dabei sind zukünftige Investitionen maßgeblich, wohingegen bereits investiertes Kapital kaum entscheidungsrelevant ist. „Versunkene Kosten“ sind nicht wieder zu retten, worauf es ankommt, ist der regulative Rahmen für die Zukunft. So mag es auf den ersten Blick für einen Mineralölkonzern ein Problem sein, wenn ihm die Klimapolitik mittel- bis langfristig die Geschäftsgrundlage entzieht, doch bedeutet das nicht automatisch, dass sich das Unternehmen mit Händen und Füßen gegen eine solche Politik wehren muss. Was der Kunde nachfragt sind Energiedienstleistungen, nicht Erdöl per se, das ohnehin mit ständig wachsendem Kostenaufwand extrahiert werden muss. Bietet der regulative Rahmen eine alternative Möglichkeit, Energiedienstleistungen gewinnbringend anzubieten, zumal diese mit üppigen Subventionen gefördert werden, gibt der Energieversorger nicht nur klein bei, sondern wird sich aktiv an der Gestaltung der klimapolitischen Fesseln beteiligen. Frei nach dem Motto: Wenn wir die Zwangsjacke schon nicht verhindern konnten, dann wollen wir wenigstens dafür sorgen, dass sie richtig passt. All dies spricht nicht unbedingt dafür, dass Unternehmen per se gewaltige Geldmengen für die Aktivitäten von Klimaskeptikern zur Verfügung stellen. Berücksichtigt man zusätzlich, dass die Finanzierung von Klimaskeptikern schon heute einen gewaltigen Imageschaden verursacht, klingt die Geschichte von der industriellen Verschwörung gegen die Klimaforschung noch unglaubwürdiger. Proaktive Industrieinitiativen zur direkten Beeinflussung der Klimapolitik, wie etwa „2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz“, zu deren Mitgliedern vor allem die Vorstände von Energiedienstleistern gehören, die Finanzspritzen von Energieversorgern für die universitäre Forschung im Bereich „klimafreundlicher“ Energietechnologien oder das weltweite Engagement von Energiekonzernen wie EON, BP oder Shell beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger sind beredte Beispiele für die auffällige Ambivalenz der Industrie hinsichtlich der Richtung in der klimapolitischen Diskussion. Fällt dennoch etwas Kleingeld für ein paar Klimaskeptiker ab, so bestenfalls, um sich eine kleine Hintertür offen zu halten.

Wir kaufen uns die Katastrophe

Anders dagegen sieht die Motivation politischer und staatlicher Akteure in Bezug auf das Marketing der Klimapolitik aus. Politiker haben nicht nur ein größeres Interesse, die Bürger mit Schauergeschichten bei der staatlichen Stange zu halten, sondern ihnen fällt es auch leichter, die Wähler mit Katastrophenmärchen an der Nase herum zu führen. Krisen und Katastrophen sind seit jeher ein willkommener Anlass, den daraus erwachsenden Sorgen der Bürger eine politische Antwort beiseite zu stellen. Eine Ausweitung staatlicher Befugnisse bedarf der Legitimation, und kaum etwas befriedigt diesen Bedarf besser, als die Angst einer Mehrheit der Bevölkerung. Der anthropogene Klimawandel mit seinen unsicheren Konsequenzen, dem nahezu jedes natürliche Phänomen mit negativen Folgen für die Menschen zugeschrieben werden kann und dessen Existenz sich weder eindeutig belegen noch widerlegen lässt, bietet besonders viel Raum für eine Politik, die mit den Ängsten der Menschen spielt. Dabei können Politiker gleichzeitig darauf bauen, dass die Mehrheit der Menschen wenig Interesse hat, die Informationen der Politik und ihrer wissenschaftlichen Wasserträger zu hinterfragen. Zu gering ist der Einfluss jedes einzelnen Wählers auf das Wahlergebnis, dass es sich lohnen würde, als Entscheidungshilfe beim Gang zur Wahlurne zusätzliche Informationen einzuholen. Viel einfacher ist es, dem eigenen Glauben zu folgen und das Kreuz dort zu machen, wo die politischen Lippenbekenntnisse die größte Schnittmenge zur eigenen Weltanschauung aufweisen. Der Bürger als Konsument mag überkritisch bei der Auswahl der mit eigenem Geld gekauften Produkte sein, doch der Bürger als Wähler ist mit eben dieser Rationalität ignorant, wenn nicht gar irrational. Für Politiker zählt der politische Gewinn, der sich in Macht, Prestige und finanziellen Vorteilen auszahlt. Vor diesem Hintergrund bedarf es schon eines gewaltigen Rückgrats, nicht der Versuchung unrealistischer Katastrophenstimmung zu widerstehen. Hierfür werden dann bereitwillig Forschungsgelder aus dem großen Topf des öffentlichen Budgets locker gemacht. Forschung und Bildung ist dem Bürger ja schließlich heilig.

Wes Brot mir schmeckt, des Lied ich sing

Von dieser Erkenntnis ist es nicht weit zur Beantwortung der Frage nach den Anreizen der Wissenschaftler in der Klimadebatte. Während manche Unternehmen sich allein aus gewinnwirtschaftlichen Motiven in der Klimadebatte nicht so richtig festlegen wollen, fällt es Wissenschaftlern deutlich leichter, den eigenen Forschungszweig zu befördern und die finanzielle Ausstattung ihrer Forschung sicher zu stellen. Der Schlüssel zu dieser Erkenntnis liegt in der Tatsache, dass die Nachfrager wissenschaftlicher Erkenntnisse sich im Bereich der öffentlichen Forschung weit weniger um die wissenschaftlichen Meriten ihrer akademischen Anbieter Gedanken machen. Was hier zählt sind Ergebnisse, die den politischen und weltanschaulichen Bedarf ihrer Auftraggeber befriedigen. Nicht nur in den Geisteswissenschaften gibt es inzwischen unzählige Institute an Universitäten, die im Schatten öffentlicher Bildungsfinanzierung weltanschaulich motivierte und zumeist praxisferne Bildung und Forschung betreiben können. Feministische oder marxistische Ökonomie sind nur zwei Beispiele aus meinem Fachgebiet.  Staatliche Forschungsaufträge, mit dem Motiv, die wissenschaftliche Legitimation für politische Interventionen zu beschaffen, führen dabei zu einem fatalen Selektionsprozess in der Wissenschaft. Wissenschaftler, die bereit sind, ihre Arbeit in den Dienst der Politik zu stellen, erhalten die großzügigste Förderung, wohingegen der öffentliche Finanzsegen für Forscher mit einem Anspruch auf Unabhängigkeit zunehmend ausbleibt. Folglich lohnt es sich für kommende Forschergenerationen, in die stärker geförderten Bereiche zu strömen, vor allem für diejenigen, denen es aus weltanschaulichen Erwägungen besonders leicht fällt, sich in politisch opportunen Forschungsfeldern zu spezialisieren. Wertneutrale Forschung beginnt dadurch jenseits der privatfinanzierten Forschung finanziell und personell auszutrocknen. Der Aufschwung der Umweltwissenschaften bzw. ökologisch orientierter Forschungszweige in nahezu allen Fachdisziplinen ist ein deutliches Zeichen für diesen Trend. Zweifelhaft ist dabei, ob die wissenschaftsinterne Qualitätskontrolle diesem Trend etwas entgegenzuwirken vermag. Wissenschaftler bieten ihre Arbeiten nicht nur der Politik, sondern auch anderen Wissenschaftlern in Form von Fachveröffentlichungen an. Gleichzeitig sind sie Nachfrager der Arbeiten anderer Kollegen. Der dadurch ausgelöste Reviewprozess (Peer Review) trägt zwar zur Qualitätskontrolle bei, vermag sich jedoch nicht aus dem bereits beschriebenen Teufelskreis der staatlichen Auftragsforschung zu lösen. Da Wissenschaftlern in der Regel weniger an der Qualitätskontrolle in ihrem Fachgebiet als an der Veröffentlichung ihrer eigenen Arbeiten gelegen ist, werden sie ihre Arbeiten nach dem Geschmack ihrer wissenschaftlichen Kollegen verfassen. So entstehen neben Zitierkartellen auch die mit dem Climate-Gate-Skandal ans Tageslicht gezerrten Versuche, den Reviewprozess wissenschaftlicher Publikationen zu manipulieren.

Man achte auf das Kleingedruckte

Angesichts der Vielfalt ideologischer und finanzieller Motive in der Kommunikation der Erkenntnisse der Klimawissenschaften ist es an sich müßig, weitschweifige Debatten über die finanziellen Quellen der Protagonisten der einen oder anderen Seite des Meinungsspektrums zu führen. Aus liberaler Perspektive kommt hinzu, dass die Motivation oder weltanschauliche Position eines Diskussionspartners ohnehin kein Diskussionsthema ist. Der Respekt vor der körperlichen, aber auch intellektuellen Freiheit des Individuums gebietet diese Zurückhaltung. Dennoch ist es interessant, die unterschiedlichen Anreize der einzelnen Akteure in der Debatte zu betrachten. Hier wird sehr schnell klar, dass die landläufige Auffassung vom Unternehmer, der Klimawissenschaft und –politik systematisch hintertreibt, einen gewaltigen Haken hat. Ebenso naiv mutet der Glaube an die Gemeinwohlorientierung der Klimapolitik und die Unparteilichkeit der Wissenschaft an. Wenn jemand besonders große Anreize hat, den Bürger mit Schauergeschichten über die Zukunft unserer Erde das Fürchten zu lehren, dann sind es Politiker und ihre wissenschaftlichen Claqueure.

Steffen Hentrich

Referent

Friedrich Naumann Stiftung Für die Freiheit
Ansprechpartner für Grundsatzfragen und Menschenrechte sowie Umwelt-, Energie- und Verbraucherschutzpolitik.
Kontakt:
Tel.: 0331/7019-129
Fax: 0331/7019- 55 129
e-mail: steffen.hentrich@freiheit.org
Steffen Hentrich (Jahrgang 1968) hat Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Berlin studiert und war danach mehrere Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) tätig. Schwerpunkte der Forschungsarbeit und umweltpolitischen Beratung waren die Umwelt- und Ressourcenökonomik sowie Themen der Umwelt- und Energiepolitik, vom Klimaschutz über umweltverträgliche Verkehrspolitik bis hin zur nachhaltigen Fischereipolitik.
Seit Dezember 2008 ist er Referent für Grundsatzfragen im Liberalen Institut. Neben den allgemeinen Fragen liberaler Grundsätze und Menschenrechte, werden auch die Probleme des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit aus liberaler Perspektive analysiert.




Auf der Schwarzen Liste der Klimaforscher!

Wer tatsächlich der Meinung ist, die sog. “Climategate”-Affäre wäre durch den halbherzigen Untersuchungsbericht der britischen Regierung aus der Welt geschaffen, der sollte sich Ross McKitricks Geschichte über seine Odyssee durch den Review-Prozess der Klimafachjournaillee einmal etwas genauer anschauen.
Dem kanadische Umweltökonomen Ross McKitrick war zu Beginn dieses Jahrzehnts aufgefallen, dass die für die Modellierung von Klimaveränderungen sowie die Darstellung der jüngsten Klimageschichte extrem wichtigen Temperaturdatenbestände der britischen Climate Research Unit (CRU) keine methodisch zufrieden stellende Antwort auf die Frage gaben, ob die Temperaturmesswerte der globalen Landoberfläche tatsächlich nur das eigentlich gesuchte Klimasignal reflektierten. Unklar war, inwiefern menschliche Einflüsse wie Abholzung, Bauaktivitäten, landwirtschaftliche Nutzung und andere zivilisatorische Veränderungen den Temperaturverlauf verfälschten. Da er feststellen musste, dass in den IPCC-Berichten diese Frage nur mit empirisch unbelegten Vermutungen beantwortet und überdies angesichts praktischer Erfahrungen an vielen globalen Messpunkten unrealistisch niedrig eingeschätzt wurde, machte er sich gemeinsam mit dem US-Klimatologen Patrick Michaels an daran, der Sache auf den Grund zu gehen. Bereits 2004 veröffentlichten sie ihre Ergebnisse in dem klimawissenschaftlichen Fachjournal Climate Research und stellten fest, dass die Temperaturdaten für den IPCC-Bericht nur unzureichend von den o.g. Einflüssen bereinigt waren und daher zu starke Temperaturanstiege für die globalen Landmassen aufwiesen. Diese Erkenntnis hatte weitreichende Konsequenzen, bildeten die Temperaturdaten doch die Basis so ziemlich jeder abgeleiteten Aussage des IPCC zum Klimawandel. Auch ein anderes niederländisches Forscherteam war zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Da dieses Ergebnis der klimawissenschaftlichen Orthodoxie zu widersprechen schien, entspann sich unmittelbar nach der Veröffentlichung im Internet ein heftiger Streit über die Qualität des Aufsatzes, in dessen Folge es den Autoren gelang einige Fehler auszuräumen und die Validität ihrer Ergebnisse zu bestätigen. Doch ein erneuter Versuch eine verbesserte Version in einem Fachjournal zu veröffentlichen, um sich damit zur Berücksichtigung im 4. Sachstandsbericht des IPCC zu qualifizieren, endete in einer dreijährigen Odyssee durch den Review-Prozess von acht Fachmagazinen.
Dabei stellte sich heraus, dass der Review-Prozess des Aufsatzes nicht nur aufgrund der Wagenburgmentalität einflussreicher Klimaforscher systematisch verzögert wurde, sondern es auch zur Ablehnung aufgrund von Referees kam, denen für eine adäquate Bewertung der Arbeit schlichtweg die fachliche Expertise fehlte. Sogar unzulässige Tricks, wie etwa die Blockierung zuvor zugelassener Referees, kamen in dieser Zeit ans Tageslicht.  Mehrfache Hinweise und Mahnungen an leitende Editoren einzelner Zeitschriften diesbezüglich liefen zumeist ins Leere. Trotzdem die Autoren sämtliche geforderten Korrekturen in immer neuen Versionen des Aufsatzes an unterschiedliche Fachzeitschriften übermittelten, kam es auch in der Folgezeit nicht zu einer Veröffentlichung. In einigen Fällen wurde der Aufsatz unter fadenscheinigen Begründungen ohne vorherige Begutachtung sogar von vorn herein abgelehnt. Obgleich von sieben Fachblättern mit sieben Reviews sechs die fachliche Qualität der Arbeit bestätigten und die Veröffentlichung empfahlen, gelang es erst vor einem halben Jahr den Aufsatz in der hochkarätigen, doch eher fachfremden StatistikzeitschriftStatistics, Politics and Policy zu platzieren.
In diesem Prozess spielte auch der Chef der Climate Research Unit Phil Jones, dem jetzt offiziell die Verantwortung für jegliche Art wissenschaftlicher Verfehlungen abgesprochen wurde, eine unrühmliche Rolle. Jones gelang es, als führender Autor eines Kapitels des IPCC-Berichts, indem er vornehmlich seine eigene Arbeit für die Politikberatung verwendete, die für ihn kritischen Ergebnisse durch eine Hinhaltetaktik in dem Bericht ignorieren. Der für die Wissenschaftlerkorrespondenz im Zuge des “Climategate”-Skandals so charakteristische Satz von Jones, “Ich will keinen dieser Aufsätze im nächsten IPCC-Bericht sehen. Kevin (Trenberth) und ich werden sie irgendwie heraus halten – auch wenn wir dafür den Review-Prozess neu definieren müssen.” deutet darauf hin, wie unverhüllt hinter der wissenschaftlichen Fassade manipuliert wurde.
Das Schicksal der Arbeit von Ross McKitrick und Patrick Michaels ist symptomatisch für die derzeitige Sackgasse der wissenschaftlichen Beurteilung des Klimawandels. Es ist nicht das erste Mal, dass die politisierte Institution IPCC, in der nach politischen Kriterien handverlesene Wissenschaftler, die wissenschaftliche Rechtfertigung für eine bereits im Vorab feststehende klimapolitische Strategie abliefern sollen, in ihrer ursprünglichen Aufgabe als neutraler Politikberater versagt. Auch der als Hockeystick-Affäre bekannte wissenschaftliche Streit um die Validität der paläoklimatologischen Forschungsergebnisse um den amerikanischen Klimaforscher Michael Mann hat schon dunkle Schatten auf die Neutralität der Klimaforschung und ihre politische Instrumentalisierung in öffentlich bestellten Wissenschaftsgremien geworfen (Eindrucksvoll beschrieben in A.W. Montfords Buch “The Hockey Stick Illusion”). Obgleich Wissenschaft, Medien und Politik derzeit eifrig dabei sind jegliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der IPCC-Berichte zu zerstreuen, ist das Vertrauen in die bestehenden Institutionen der Klimaforschung nachhaltig beschädigt. Nur eine institutionelle Reform des IPCC, die in der Lage ist transparente Strukturen zu schaffen, die einen ungefilterten wissenschaftlichen Diskurs zulässt und die weitestgehend frei von politischer Manipulation ist kann dieses Vertrauen wieder herstellen. Inwiefern die öffentliche Wahrnehmung und damit auch der klimapolitische Prozess angesichts der Einseitigkeit der aktuellen Medienberichterstattung hiervon allerdings profitiert, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Steffen Hentrich Liberales Institut 



Wäre ein Aus für den Europäischen Emissionshandel eine Katastrophe?

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs den EU-Staaten ein höheres Maß an Autonomie bei der Wahl ihrer Emissionsziele für die Nationale Allokationspläne zuzugestehen wird von einigen Kommentatoren als ein schleichendes Ende der europäischen Emissionshandels interpretiert. Hardliner befürchten, das Europa seine ambitionierten Klimaziele wirtschaftlichen Problemen unterordnet. Auch wenn dieses Urteil noch etwas verfrüht erscheint, so weist diese Entscheidung auf ein fundamentales Problem des europäischen Treibhausgashandels hin. Seine Kosten sind im Vergleich zum Nutzeffekt für das Klima und für die einzelnen Länder extrem hoch. Für klimapolitische Vorreiter war dieses Problem jedoch stets von untergeordneter Bedeutung. Ihnen ging es um Planerfüllung, um auf internationalen Verhandlungen mit dem erreichten prahlen zu können. 

Tatsächlich ist die Idee des Treibhausgashandels bestechend einfach und elegant. Da eine effiziente Verteilung knapper Güter versagt, wenn keine Eigentumsrechte existieren oder einzelnen Individuen zugeordnet werden können, kamen findige Ökonomen vor Jahrzehnten auf die Idee, diesem Manko durch eine künstliche Verknappung bislang öffentlicher Umweltgüter abzuhelfen. Sie versprachen sich davon, dass der Marktmechanismus wieder in Gang gesetzt wird und der Preis für den neugeschaffenen Handelsgegenstand dessen tatsächliche Knappheit signalisiert. Das würde die Unternehmen zu Innovationen und die Konsumenten zur Sparsamkeit motivieren. Gerade in der Umweltpolitik, die ihre Legitimation zu großen Teilen aus der mangelnden Zuordnung von Einkommensrechten zu Umweltgütern zieht, erhoffte man sich mit diesem Verfahren eine rasche Verbesserung der Umweltbedingungen bei gleichzeitig geringerem Kostenaufwand. So elegant der Emissionshandel in der Theorie ist, so anspruchsvoll ist seine Implementierung und seine Wirkung hängt maßgeblich von den Eigenschaften des Umweltproblems ab. Zum einen kann der Emissionshandel seine Vorteile nur dann ausspielen, wenn er alle Schadstoffemissionen aus allen erdenklichen Quellen einschließt, zum anderen kommt es darauf an, dass das zu lösende Umweltproblem tatsächliche eine starre Zielsetzung rechtfertigt. Für einen erfolgreichen Einsatz dieses Instruments ist es maßgeblich, ob die simulierte Verknappung der Umweltinanspruchnahme durch die Wirtschaft tatsächlich der realen Knappheit entspricht. Ist dies nicht der Fall, so äußern sich kritische Stimmen, wirkt der Emissionshandel wie ein Schnellzug, der in den falschen Bahnhof geleitet wird. 

Bei der Einführung des Emissionshandels in Europa wurden diese Bedenken nie besonders ernst genommen. Natürlich gab es immer wieder Bedenkenträger unter den Experten, aber dennoch führte umweltpolitischer Aktivismus zu einer symbolischen Klimapolitik, die in ihrer Bilanz nur hektische Betriebsamkeit statt echter Wirkung gegen den globalen Ausstoss von Treibhausgasen brachte. Auch das eigentliche Ziel des Emissionshandels, die Kosten der Emissionsminderung so niedrig wie möglich zu halten, wurde bei der Umsetzung des Projekts nie ernsthaft verfolgt. Bei den üblichen Versuchen übermäßige Ambitionen mit der Realität von Interessengruppenkompromissen zu kombinieren, wurde das denkbar schlechteste Ergebnis erreicht. Von Anfang an war klar, dass eine Verteuerung der Energie durch den Emissionshandel zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien in Europa führen würde, mit dem Ergebnis von Standortverlagerungen und einer Mehrnachfrage nach Energiegütern aus dem außereuropäischem Ausland. Während für die Bürger Europas Energie immer teurer wurde und ihnen nichts weiter übrig blieb als den Gürtel enger zu schnallen, verpuffte der Reduktionseffekt bei den Treibhausgase durch die globale Mehrproduktion der Industrie. Kein Wunder, dass die einheimischen Industrien, vor allem in Osteuropa, jetzt den Riegel vor den Verlust der weiteren Wettbewerbsfähigkeit schieben wollen. Aber auch innerhalb Europas wurde das Ziel des Emissionshandels verfehlt, weil man sich nicht auf eine Politik einigen konnte, die alle Sektoren gleichermaßen mit einbezog. Im Ergebnis wenden die Unternehmen und Verbraucher in Europa für die Vermeidung von Kohlendioxid Kosten auf, die sich zwischen den Sektoren bis um den Faktor zehn unterscheiden. Wer wenig Klimaschutz zu hohen Kosten erzwingt, kann sich wahrlich nicht als Klimaschützer bezeichnen. Die EU-Kommission hat dies nicht davon abgehalten, sich trotzdem auf jeder internationalen Klimaschutztagung das Mäntelchen der Führungsposition umzulegen. 

Ohne Beachtung blieb auch die Erkenntnis der Ökonomen, dass der Emissionshandel nur das Instrument der Wahl ist, wenn dem zu bekämpfende Schadstoff tatsächlich erhebliche Schadwirkungen zugeordnet werden können. Doch ist es ein Allgemeinplatz, dass die vermeintliche Klimawirkung des Kohlendioxids nicht von jeder einzelnen Tonne, sondern von der Gesamtmenge in der Atmosphäre abhängt. Starre Zielsetzungen in einem engen zeitlichen Korsett, wie sie der Emissionshandel umsetzen helfen soll, sind daher nicht das angemessene Klimaschutzkonzept. Es ist irrelevant, ob eine bestimmte Minderung heute, in ein zwei Jahren oder auch in einem Jahrzehnt erreicht wird. Wichtig ist allein, dass die Kosten jeder Emissionsminderung nicht höher als die Schäden zusätzlicher Emissionen sind. Ein starrer Zielpfad nimmt jedoch keine Rücksicht auf Wirtschaftskrisen oder Veränderungen der relativen Energiekosten, er schreitet voran, koste es was es wolle. Auch hier ist es kein Wunder, dass sich die gebeutelten Unternehmen in Polen und Estland die engen Fesseln der europäischen Kommission nicht gefallen lassen wollen. Deren Kosten sind im Vergleich zu den Nutzen der Emissionsminderungen enorm. Hier wäre ein flexibler Ansatz notwendig gewesen, der von vornherein die Nutzen-Kosten-Bilanz der Klimapolitik nicht aus dem Auge verliert. 

Vor diesem Hintergrund kann ein Aus für den europäischen Emissionshandel wahrlich nicht als Katastrophe bezeichnet werden. Selbst unter der Prämisse eines dringenden klimapolitischen Handlungsbedarfs würde dies die Chance für eine Öffnung für neue, kreativere Klimaschutzstrategien öffnen, die vor allem der Anpassung an unvermeidliche Probleme klimatischer Veränderungen, seien sie nun durch den Menschen verursacht oder nicht, mehr Platz einräumen. Tatsächlich gilt es die Märkte für mehr Innovationen im Energiebereich zu fördern, was aber nicht viel mehr bedeutet, als die heutigen Fesseln der Industrie- und Energiewirtschaft zu lockern, aber auch unwirtschaftliche Subventionen rigoros abzubauen. Wer Effizienz im Klimaschutz erwartet, der sollte nicht engstirnig auf die schlechte Umsetzung eines an sich guten Instruments wie den Emissionshandels pochen, sondern auf den Wettbewerb einer Vielzahl von Ideen hoffen, auch wenn diese in den Lehrbüchern nicht so prominent vertreten sind. So unsicher wie unsere Klimazukunft ist, so vermessen sind Patentrezepte, vor allem dann, wenn sie nicht einmal das bekannte Wissen berücksichtigen. Den Artikel der SZ finden Sie hier

Steffen Hentrich
Referent

Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Liberales Institut

 Lesen Sie dazu auch den Artikel der New York Times. EU EMISSIONS TRADING SCHEME MAY DESTROY EUROPE’S COMPETITIVENESS