Die großen Unbekannten im Energiefluss der Erde

Was wir alles NICHT über den Energiefluss der Erde wissen

von Robert G. Brown

[Vorbemerkung des Übersetzers:
Der folgende Aufsatz stammt aus der Diskussion eines Beitrag von Lord Monckton auf WattsUpWithThat. Bei EIKE unter dem Titel Rückkopplungen über Rückkopplungen und ähnliche Dummheiten erschienen, aber ohne die daranhängende englischsprachige Diskussion. Aus dieser Diskussion stammt der folgende Beitrag des amerikanischen Physikers Robert G. Brown, der sich grundsätzlich und tiefschürfend mit der Fragestellung beschäftigt. In seiner kurzen Einleitung bezieht er sich auf Lord Monckton, dann führt er seine Gedanken aus.]

Robert G. Brown: Ich kann nicht für Ihr Programm sprechen, ich bleibe bei meinem, um die „mittlere wirksame radiative Temperatur” eines masselosen grauen Körpers als „perfektem Strahler“ zu berechnen. Man möge daran denken, dass es keine wirkliche Temperatur in einem derartigen Beispiel geben kann, weil es keine Masse gibt. Man braucht Masse, um die Temperatur zu definieren. (Aber die meisten Klimatologen sehen darin kein Problem, daher liegen sie alle falsch – so leid mir das tut!)

Hier würde ich mich gerne einschalten und diese Behauptung untermauern, ohne notwendigerweise die Ergebnisse der Berechnungen für richtig zu halten. (Dazu müsste ich den Code und die Ergebnisse direkt anschauen).
Betrachten wir kurz die Skalierungen. Da gibt es einige Gleichungen:

P = (4pi R^2)epsilonsigma T^4

ist die gesamte Leistung, die von einer Kugel mit dem Radius R bei gleichverteilter Temperatur T ausgeht. sigma ist die Stefan-Boltzmann-Konstante, die während der Betrachtung Skalierung zunächst nicht beachtet wird, epsilon beschreibt die Emissivität des Körpers und sie ist konstant in der Größenordnung der Einheit (für einen „schwarzen Körper“, weniger für einen „grauen Körper“, noch allgemeiner gesprochen eine Funktion der Wellenlänge und keine Konstante). Ich wiederhole: beim Betrachten der Größenordnung beachten wir epsilon zunächst nicht.
Nun nehmen wir an, dass die Temperatur nicht gleichverteilt ist. Um uns die Sache leichter zu machen, modellieren wir eine nicht gleichverteilte Temperatur für eine Kugel mit einer gleichverteilten Temperatur auf der „heißen Seite“ von T + dT und einer gleichverteilten Temperatur auf der „kalten Seite“ von T – dT. Eine Hälfte der Kugel ist heiß, die andere kalt. Die räumlich durchschnittliche Temperatur, wohlgemerkt, bleibt T. Dann beträgt die abgestrahlte Leistung:

P’ = (4pi R^2)epsilonsigma ( 0.5*(T + dT)^4 + 0.5(T – dT)^4)

Wir interessieren uns nur für die Größenordnung, also: wir führen a) eine binomische Entwicklung von P’ zum Quadrat durch (die Ausdrücke erster Ordnung in dT heben sich auf); dann bilden wir b) das Verhältnis P’/P und erhalten:

P’/P = 1 + 6 (dT/T)^2

Dabei sehen wir etwas und können daraus eine Abschätzung treffen. Was wir sehen ist, dass P’ erheblich größer als P ist – bei nicht gleichverteilter Temperatur auf der Kugel strahlt die Energie erheblich rascher ab, als von einer Kugel gleichen Radius’ mit gleichverteilter Temperatur und gleicher Durchschnittstemperatur. Das ist gut verstehbar – auf der heißen Seite geht es mit der vierten Potenz viel schneller aufwärts, als es auf der kalten Seite mit der vierten Potenz runtergeht. Dabei tut es überhaupts nichts zur Sache, dass die Temperatur auf der kalten Sache von unten begrenzt wird auf T_c = 0.

Die Abschätzung: dT/T approx 0.03 für die Erde ergibt nicht besonders viel – es eine Abschätzung der Größenordnung, wobei T approx 300K und dT approx 10K. (0.03^2 = 0.0009 approx 0.001 so dass 6(0.03)^2 approx 0.006. Wenn man aber die geografische Breite anstelle einer Tag/Nachtseiten-Schichtung für dT annimmt, ist sie viel größer. Man sollte in Wirklichkeit beides benutzen und die wirkliche Temperaturverteilung integrieren (Momentaufnahme) – oder es noch genauer machen. Aber wir wollen ja zunächst nur ein Gefühl bekommen, wie sich die Dinge dabei verändern, keine genaue und stimmige Berechnung anstellen.

Wenn sich die Erde im Gleichgewichtszustand befindet, muss S/4 gleich P’ sein – so viel Wärme, wie einfällt, muss auch abgestrahlt werden. Das Modell halte ich nicht für bedenklich, nur die Größe des Skalierungsverhältnisses: 1375 * 0.006 = 8.25 W/m^2 geteilt durch vier. Weil die Temperatur der Erde in Wirklichkeit nicht gleichverteilt ist, bedeutet das eine Erhöhung der Rate, mit der Wärme verloren wird: (insgesamt) mit etwa 2 W/m^2. Das ist keine vernachlässigbare Menge. Sie ist noch weniger vernachlässigbar, wenn man nicht nur die Differenz zwischen den mittleren Tages- und Nachttemperaturen betrachtet, sondern zwischen den äquatorialen und den polaren Breiten. das dT ist dann eher 0.2 und der Effekt noch stärker ausgeprägt!
Entscheidend ist, dass mit dem Anstieg der Temperatur die Rate des Wärmeverlustes der Erde zwangsläufig hochgeht, unter sonst gleichen Bedingungen. Heiße Körper verlieren die Wärme (durch Abstrahlung) viel rascher als kalte wegen der ganz einfachen Stefan-Boltzmann-T^4-Zunahme; sodann tendiert alles, was die Inhomogeneität der Temperaturverteilung um den (erhöhten Mittelwert) verstärkt, noch zu einer weiteren Zunahme. Man beachte, dass sich das Gesagte auf diese Weise direkt nach oben abbildet:

P’/P = 1 + 4 dT/T + …

(Hier wird angenommen, dass T’ = T + dT, mit dT << T Erwärmung.)

Am oberen Ende der IPCC-Weltuntergangs-Skala bedeutet eine Temperatur-Erhöhung von 5.6C gleich 5.6/280 approx 0.02. Das würde die Rate des Stefan-Boltzmann’schen radiativen Leistungsverlusts um den Faktor 0.08, oder um fast 10% erhöhen. Ich halte das für absurdes ist schier unmöglich, durch eine Verdoppelung des CO_2 (auf eine Konzentration von immerhin noch < 0.1%) eine Veränderung der Energiebilanz der Erde um 10% zu erzeugen.
Das Schöne an der Berücksichtigung von P’/P in unseren Betrachtungen liegt darin, dass damit die ganzen ärgerlichen (oft unbekannten) Faktoren wie z. B. epsilon verschwinden. Man muss nur dafür sorgen, dass epsilon selbst sich zunächst nicht schneller vor dem diesbezüglichen Term in der Skalierungsbeziehung verändert.
Wir haben damit auch einige “Proben auf Richtigkeit”. Diese Proben zeigen, dass man nicht einfach annehmen kann, die Erde sei eine Kugel mit einer gewissen gleichverteilten Temperatur, ohne dabei gravierende Fehler zu machen. Sie zeigen auch, dass Veränderungen von über 1-2C über irgendwelche Temperaturdurchschnitte in geologischen Zeiträumen auf absurde Weise unwahrscheinlich sind, wegen des grundlegenden T^4 in der Stefan-Boltzmann-Gleichung. Im Grunde entspricht bei einem gegebenen T = 288 jede Zunahme von 1K bei T einer 1.4% Zunahme bei der abgestrahlten Leistung.
Auf der Suche nach einem „schlagenden Beweis“ zur Erklärung der globalen Temperatur-Veränderungen muss der Beweis auf der Ebene geführt werden, wo die Netto-Leistung auf der gleichen Skala verändert wird wie die Temperatur in Grad Kelvin.

Wo sind die Kandidaten für solche „schlagenden Beweise“?
Da ist zunächst die Albedo. 1% Veränderung in (absoluter) Albedo kann die Temperatur um etwa 1K verändern.
Noch besser ist die Veränderung der Temperatur-Verteilung. Soviel lehren uns die dekadischen Oszillationen: die Art und Weise der Temperaturverteilung auf der Erdoberfläche hat tiefgehende und manchmal unmittelbare Auswirkung auf die Netto-Erwärmung oder Abkühlung. Dies ganz besonders am oberen Rand der Troposphäre. Die Veränderungen der Treibhausgaskonzentrationen – ganz besonders Wasser – haben die richtige Größenordnung. Die Wärmespeicherung, Abgabe und Verteilung in den Weltmeeren ist bedeutend – Europa ist warm, nicht einfach nur wegen des CO_2, sondern weil der Golfstrom äquatoriale Wärme dorthin transportiert! Wenn man den “globalen Wärmeaustausch-Gürtel” unterbräche, könnte man Europa zufrieren sehen. (Und dann Nordasien, Nordamerika, und weiter …)
Am besten ist eine komplexe, nicht-lineare Mischung von allem Obigen! Albedo, globale Zirkulation (Konvektion), Ozeanischer Wärmetransport, atmosphärischer Wassergehalt, das alles verändert die Art der Temperaturverteilung (und auch die Strahlungsverluste).
Alles wirkt zusammen, darüber bin ich mir sicher, bei der Bildung der durchschnittlichen globalen Temperatur, und das auf nicht triviale Weise. Wenn Wärme in den Tropen konzentriert ist, ist T_h höher (T_c niedriger) im Vergleich zu T, die Welt kühlt schneller ab. Wenn Wärme zu den Polen verteilt wird (durch Konvektion), liegt T_h dichter an T_c, die Welt kühlt insgesamt langsamer ab, eher einem im Grunde „schwarzen Körper“ angenähert. Wenn die Tagestemperaturen viel höher als die Nachttemperaturen sind, kühlt die Welt relativ rasch ab; wenn sie näher beieinander liegen, verhält es sich in Näherung eher wie bei einem im Grunde „schwarzen/grauen Körper“. Wenn die Tages-Albedo hoch ist, wird zunächst weniger Leistung aufgenommen, eine Netto-Abkühlung findet statt; wenn die nächtliche Albedo hoch ist, gibt es weniger nächtliche Abkühlung, ein geringeres Temperatur-Differential usw.

Es handelt sich um ein komplexes Problem, nicht um ein einfaches. Wenn jemand behauptet, dass es einfach wäre, will er Sie vermutlich übertölpeln. Es ist wirklich kein einfaches physikalisches Problem und es ist nahezu gewiss, dass wir alle physikalischen Zusammenhänge noch nicht kennen. Ein wahres Ärgernis bei der gesamten Debatte über das Klima ist die allfällige Behauptung von der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis. Nichts ist gesichert, noch nicht einmal annähernd! Im Laufe des nächsten Jahrzehnts werden wir noch Wichtiges über das Klima erfahren.
Bevor wir alle phyikalischen Vorgänge verstehen – dann wird es keine Überraschungen vom Watt/m^2-Ausmaß geben – werden wir kein genaues Modell bauen können. Und solange wir kein genaues Modell für geologische Zeiträume bauen können, werden wir die einfache Frage nicht beantworten können, die beantwortet werden muss, bevor wir uns an die Abschätzung der anthopogenen Klimaveränderung machen:

Wie hoch wäre die Temperatur, wenn das CO_2 noch auf der Höhe der vorindustriellen Konzentration wäre?

Ich meine, wir können diese Frage mit unserem heutigen Kenntnisstand nicht beantworten. Wir wissen nicht, warum es die Mittelalterliche Warmperiode gab (ohne CO_2-Veränderung). Wir wissen nicht, warum die Kleine Eiszeit gab LIA happened (ohne CO_2-Veränderung). Wir wissen auch nicht, warum es die anderen bedeutenden Klimaveränderungen gab, zurück bis zum Optimum im Holozän (viel wärmer als heute) oder bis zur unteren Trias (viel kälter als heute). Wir wissen nicht, warum es im Verlauf von jeweils 100.000 Jahren jeweils 90.000 Jahre Eiszeit gab, warum es vor 15 Millionen Jahren viel wärmer als heute war, warum in geologischen Zeiträumen kalte und warme Perioden sich in Millionen-Jahres- bis zu Hundert- Millionen-Jahres-Perioden ablösen. Wir wissen nicht, wie lange das Holozän noch andauern wird, nicht wann oder warum es enden wird, auch nicht, wie lange der Übergang von warmen zu kalten Bedingungen dauert.
Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Sonne eine Menge damit zu tun hat, aber wir wissen nicht, auf welche Weise, auch nicht, ob mehr als nur die Sonne im Spiel ist. Wir können solare zehnjährige Zustände nicht vorhersagen, geschweige denn jahrhundertlange, wir sind noch nicht einmal gut bei der Vorhersage für einige Jahre. Wir können Zeit und Stärke der dekadischen Oszillationen nicht vorhersagen. Wir wissen nicht, wann sich die kontinentalen Strömungsverhältnisse, d. h. die ozeanischen und atmosphärischen Zirkulationsmuster, so weit ändern, dass ein neuer „Modus“ entsteht (ein Modus, der abrupte und heftige Klimaveränderungen in der ganzen Welt verursachen könnte).

Zum Abschluss: wir wissen nicht, wie wir ein vertrauenswürdiges globales Klimamodell bauen könnten, teilweise, weil wir noch Antworten auf viele dieser Fragen brauchen! Solange wir es nicht können, bauen wir nur Anpassungen von nicht-linearen Funktionen, die gut bei der Interpolation sind, bei der Extrapolation aber versagen.

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Wer sich für den bereits erschienen Beitrag von Robert G. Brown interessiert, findet ihn undefinedhier.
Wer sich für das Original interessiert, findet es undefined  hier
Übersetzung: Helmut Jäger, EIKE