Umwelt : Es geht nicht ohne Zwang?

Der Machbarkeitswahn hat ein neues ­Motto – dank den Grünen, die seit einem halben Jahrhundert gegen den Machbarkeitswahn kämpfen: «Es geht.» Kein Problem, den Ressourcenverbrauch der Schweizer bis ins Jahr 2050 auf ein Drittel einzuschränken, wie es die Initiative für eine «grüne Wirtschaft» fordert, über die das Volk am 25. September ­abstimmt. Kein Zwang also, kein Verbot von Fliegen oder Fleischessen, denn: «Es geht.»

Wie es geht, erklärte der grüne Nationalrat Bastien Girod im Gespräch mit der Weltwoche: «Allein mit den Massnahmen, die das Klimaabkommen von Paris vorsieht, liesse sich der ökologische Fussabdruck auf eine Erde verringern.»

Im letzten Dezember versammelten sich die Oberhäupter aller Staaten in Paris und erklärten nach zwei Wochen Wortklauberei die Welt für gerettet:

Sie verpflichten sich, den CO2-Ausstoss ihrer Länder so einzuschränken, dass die Erderwärmung – so sie sich denn an die Modellrechnungen hält – «deutlich unter zwei Grad» bleibt.

Das Abkommen tritt in Kraft, wenn es 55 Staaten mit insgesamt 55 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses ratifizieren. Das haben bisher 23 Staaten getan; sie stossen allerdings zusammen nur ein Prozent des CO2 aus.

Da­gegen kämpft die EU um eine gerechte Verteilung der Lasten: Sie will insgesamt ihren Ausstoss bis 2030 um 40 Prozent senken, keines der Länder geht aber darüber hinaus – und Grossbritannien mit seiner strengen Klima­politik fällt weg. Immerhin wollen US-Prä­sident Obama und Chinas Staatspräsident Xi die Ratifikation bekanntgeben, bevor sie sich am 4. und 5. September zum G-20-Gipfel im chinesischen Hangzhou treffen.

Nur: Obama braucht für Verträge eigentlich eine Zweidrittelmehrheit im (republikanischen) Senat, und Xi schränkt sein Land als grössten Emittenten gar nicht ein: Die Schwellenländer, mit insgesamt zwei Dritteln des CO2-Ausstosses, können weitermachen wie bisher.

Was das heisst, sagte US-Aussenminister John Kerry vor Paris noch offen:

«Auch wenn die ­Industrienationen ihre Emissionen auf null zurückfahren, genügt dies nicht.»

Für die Schweiz versprach Bundesrätin Doris Leuthard, den Ausstoss bis 2030 zu halbieren – ­dieses Ziel liesse sich nur mit schmerzlichen ­Einschränkungen erreichen. Und selbst wenn alle reichen Staaten dem Vorbild der Schweiz folgen würden, gälte die Einsicht von John Kerry:

Die Welt retten? Es geht (so) nicht!

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Die Weltwoche, Ausgabe 35/2016 | Donnerstag, 1. September 2016

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Allein im Gegenwind

«Jetzt müssen wir zuerst einmal abwarten», riet Christoph Blocher im Gespräch mit dem Newsnetz. «Während Katastrophen darf man keine langfristigen Entscheide treffen, die nicht nötig sind», wusste der Luftschutz­oberst ausser Dienst. Das Interview erschien am 17. März 2011. Sechs Tage zuvor hatte ein Tsunami die Küste von Japan verwüstet und im Reaktor von Fukushima eine Kernschmelze ausgelöst, drei Tage später hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel das ­Abstellen von sieben Kernkraftwerken angeordnet: die Energiewende.

Auch in der Schweiz trafen die Politiker – entgegen dem Rat von Blocher – innert kürzester Zeit einen langfristigen Entscheid: 
Sie forderten den Totalumbau der Schweizer Energieversorgung bis 2050, dabei schrieben sie die Erzeugung und den Verbrauch von Strom für drei Jahrzehnte auf die Megawattstunde genau fest. Das Umsetzen des Jahr­hundertprojekts dauert etwas länger: In der laufenden Frühlingssession, zum fünften ­Jahrestag der Katastrophe von Fukushima, soll das Parlament die Feinarbeit an der Energiestrategie 2050 so vorantreiben, dass es sie im Sommer verabschieden kann. Zeit für eine Zwischenbilanz: für eine Geschichte von ­Opportunisten und Profiteuren.

Die Wendehälse – Wer als Zeithistoriker untersucht, weshalb eigentlich ein Seebeben vor Japan die Deutschen und die Schweizer (und nur sie!) erschütterte, der erlebt eine Über­raschung. «FDP vollzieht die Energiewende», staunten die Medien schon am 17. März 2011: Die Nationalräte Filippo Leutenegger und ­Fulvio Pelli sprachen sich in einem «freisinnigen Rückwärtssalto» (St. Galler Tagblatt) für ­eine Zukunft ohne Kernkraftwerke aus – denn sie fürchteten sich vor Verlusten wegen der neu antretenden Grünliberalen bei den Zürcher Kantonsratswahlen vom 3. April. Und für die Energiewende warb auch der Basler Nationalrat und Gewerbefunktionär Peter Malama († 2012): Sie bringe dem Gewerbe reichen ­Segen, so etwa den Installateuren von Sonnenkollektoren.

Noch wendiger zeigte sich nur BDP-Präsident Hans Grunder. Der Berner kämpfte noch bei der kantonalen Volksabstimmung vom 13. Februar für ein neues Werk in Mühleberg – im Verwaltungsrat der Eigentümerin BKW sitzen schliesslich der Ex-Finanzdirektor und die Finanzdirektorin aus seiner Partei. Einen Monat später warf er sich in Pose als erster Bürgerlicher, der den Atomausstieg forderte.

Aber CVP-Präsident Christophe Darbellay liess sich beim Slalom nicht abhängen. Seine Bundesrätin, Energieministerin Doris Leuthard, machte ihrer Partei noch am 26. März «sachlich kühl, fast im Stil einer Vorlesung» (NZZ) klar, dass die Schweiz den Atomstrom weiter brauche. Aber auch sie fügte sich – mit wie viel Überzeugung, wird erst in ihren Memoiren nachzulesen sein – der Parteiräson: Nur auf der Welle aus Japan surfend, konnten die Mitteparteien vermeintlich Verluste bei den Nationalratswahlen im Oktober abwenden.

«Wir können verhindern, dass sich die Parteien im Wahlkampf in der Energiefrage gegen­seitig blockieren», jubelte deshalb am 17. April in der Sonntagszeitung, dem Publikationsorgan der Wendehälse, der FDP-Nationalrat Otto In­eichen († 2012): «Wir machen den Weg frei für die Energiewende.» Eine Allianz von «energiepolitischen Schwergewichten», von den Nationalräten Bastien Girod (GP) und Beat Jans (SP) bis zu SVP-Ständerat This Jenny († 2014), legte eine «Roadmap» mit einem Dreizehn-
Punkte-Programm vor – samt einem milliardenschweren Fonds «Energieumbau Schweiz», einer Stromlenkungsabgabe und Subventionen à discrétion dank unbeschränkter kostendeckender Einspeisevergütung.

Von den Medien vorangetrieben, forderte das Parlament in der Sommersession die eilig gebastelte Energiestrategie 2050. Bei den Nationalratswahlen verlor dennoch die FDP fünf und die CVP drei Sitze, während die Grünliberalen den Gewinn von neun Mandaten feierten. Aber Hauptsache, die Energiewende-Koalition von SP bis CVP hielt den Bundesratssitz von Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) und sorgte so in der letzten Legislatur für die Mitte-links-
Mehrheiten im Bundesrat.

Aus der Sackgasse – Fünf Jahre danach sieht die Energielandschaft anders aus – völlig anders, als es die Heerscharen von Beamten und Beratern des Bundesamtes für Energie in ­ihren Szenarien für die nächsten vierzig Jahre planten. Schuld daran sind gerade die Deutschen, die ihre Energiewende durchzogen, also die Kernkraftwerke abstellten. Wozu das führte, zeigte der deutsche Spitzenpolitiker Peter Ramsauer (CSU), der in der entscheidenden Zeit als Verkehrsminister am Kabinettstisch sass, im Dezember einer Runde von Schweizer Energiepolitikern auf.

«Umweltfreundlich, sicher, bezahlbar» wollten die Deutschen ihre Energiewende gestalten. Das Fazit nach fünf Jahren Atomausstieg: Umweltfreundlich(er) ist die Strom-
produk­tion nicht. Von 2011 bis 2014 sank zwar der ­Anteil der Kernenergie von 17,6 auf 15,5 Prozent, während jener der erneuerbaren Energiequellen von 20,2 auf 25,5 Prozent stieg. Aber auch der Anteil von Braun- und Steinkohle nahm von 42,8 auf 43,8 Prozent zu, Deutschland stösst deshalb immer noch gleich viel CO2 aus wie 2011. Sicher ist die Versorgung nur, weil für jede Solar- oder Windanlage ein konventionelles Kraftwerk anspringt, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht bläst. Und bezahlen lässt sich der Strom für viele kaum mehr: Die Industriemacht Deutschland hat die fünfthöchsten Strompreise Europas für Firmen und gar die zweithöchsten für Haushalte. So unangenehme Wahrheiten mochte Walter Steinmann, der Direktor des Bundesamtes für Energie, beim Referat von Peter Ramsauer nicht gelten lassen: Er wollte die Aussagen des Ex-Ministers, der bei der Energiewende mitbestimmt hatte, richtigstellen.

«Es ist wie im Sozialismus: Unterdrückung von Kritik macht ein System blind und dumm», sagt Alexander Wendt, Autor des ­Buches «Der grüne Blackout». Der Experte bei Focus weist darauf hin, dass die deutschen Stromkunden wegen der steigenden Öko-Umlagen jährlich 25 Milliarden Euro für Strom aufwenden, den die Börse für knapp 2 Milliarden handelt. Oder dass sie 2014 über 100 Millionen Euro für Strom bezahlten, den die Windparks nicht erzeugten, weil sie sonst die Netze überlastet hätten. Und er verrät, dass ihm ein führender Politiker im Vertrauen sagte: «Bei der Energiewende ist es so wie bei einem Fuhrwerk, das in die Sackgasse fährt: Es muss dort wieder herauskommen, wo es hineingefahren ist. Man braucht also nicht hinterherzulaufen. Von Unterhaltungswert ist allein das Wendemanöver.»

Der Bund der Planwirtschaftler – Die Deutschen denken an die Kehrtwende, Bundeskanzlerin Angela Merkel steht auch in der Energiepolitik unter massivstem Druck. Die Schweizer dagegen fahren weiter in die Sackgasse, dabei ist hier ebenfalls alles anders als zuvor. Die Grünliberalen steckten mit ihrer Initiative für eine Energiesteuer vor einem Jahr eine vernichtende Niederlage ein. Die Energiewende-Koalition verlor bei den Nationalratswahlen die Mehrheit (wenn man Grünfreisinnige wie Ruedi Noser oder Christa Markwalder nicht mitrechnet) und darauf auch ihre Bundesrätin, Eveline Widmer-
Schlumpf. Und Nick Beglinger, der sich mit Swisscleantech als die Stimme der Wirtschaft aufspielte, gibt angesichts seines fortlaufenden Erfolges auf. ­Dazu kommt der traurige Zufall, dass alle vier Parlamentarier, die während der letzten Legislatur starben (neben ­Otto Ineichen, Peter ­Malama und This Jenny auch der Glarner Ständerat und Axpo-Verwaltungsrat Pankraz Freitag), sich als führende Energiepolitiker fühlten.

In der Energiepolitik kann niemand mehr «Marktwirtschaft» buchstabieren. Und weil es wegen der Dutzenden Milliarden an Subventionen in Deutschland keinen Markt mehr gibt, schüttet die Schweizer Politik umso mehr Subventionen aus. Sie will die kostendeckende Einspeisevergütung weiter ausbauen, dabei bieten Solar- und Windkraftanlagen auf un­absehbare Zeit hinaus keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Sie will die (verfassungswidrig eingeführten) Subventionen für Gebäudesanierungen noch aufstocken – obwohl die Schweizer Klimapolitik keinen Beitrag zur globalen Klimapolitik leistet, die selbst gemäss Berechnungen des Weltklimarates IPCC nichts gegen den Klimawandel bringt. Und sie will jetzt auch noch grosse Wasserkraftwerke subventionieren, weil der Stolz der Schweiz im 20. Jahrhundert nicht mehr rentiert.

Dagegen wehrt sich kaum mehr jemand, die Betreiber der Kernkraftwerke zuletzt. Ihre Produktionskosten liegen, wie die Sonntagszeitung vorrechnete, zwischen 4,5 und 5,5 Rappen pro Kilowattstunde – auf dem Markt gibt es dafür noch 3 Rappen. Deshalb kämpfen die Strom­versorger nicht gegen die Atomausstiegs-In­itiative der Grünen, als deren Gegenvorschlag die Energiestrategie 2050 gilt. Im Gegenteil: Bei ­einem Ja könnten sie ihre Werke abstellen, ­dafür Entschädigungen einsacken und der ­Öffentlichkeit die Kosten für das Abwracken aufbürden. So hätten die Wendehälse um Hans Grunder & Co., die im Frühling 2011 innert weniger Tage die Schweizer Energielandschaft umpflügten, ihr Ziel erreicht.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Allein im Gegenwind | Die Weltwoche, Ausgabe 9/2016 | Mittwoch, 2. März 2016

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EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Freuden des Untergangs

Infografik: TNT – Graphics AG

«Die Lüge ist legitim, wenn sie etwas Gutes ­bewirkt», glaubt Moritz Leuenberger. Der Altbundesrat sprach im Mai in Ermatingen am Untersee zur Frage: «Muss in der Politik ge­logen werden?» Und er kam aufgrund seiner eigenen Erfahrung zu einem Ja. Die Klimakonferenz von Kopenhagen im klirrend kalten Dezember 2009, als die Staatschefs die Welt vor der Apokalypse retten wollten, habe «desaströs» geendet, gestand der damalige Umweltminister. Das, meinte er, durfte er dem Volk jedoch nicht verraten, denn es standen wichtige Abstimmungen an: Das Parlament machte ab 2010 das schärfste Klimagesetz der Welt – als indirekten Gegenvorschlag zur ­Initiative der Jungen Grünen, die die Off­roader verbieten wollte. Bastien Girod, inzwischen in den Nationalrat gewählt, zog darauf die beim Volk chancenlose Initiative zurück, er hatte ja alle Ziele erreicht. Und Moritz Leuenberger meint, wenn er über das Regieren in der direkten Demokratie sinniert, kein Mensch halte auf Dauer die ganze Wahrheit aus.
Sechs Jahre nachdem die Weltgemeinschaft in Kopenhagen die angeblich letzte Chance verpasste, das Klima zu retten, kommen die Staatschefs wieder zusammen, diesmal in ­Paris. Vom 30. November bis zum 11. Dezember sollen sie eine Übereinkunft schliessen, damit die Welt am Untergang vorbeischrammt. Darauf drängen alle Gutwilligen, von Nationalrat Bastien Girod bis zu US-Präsident Barack ­Obama und von Coop über die ETH bis hin zum Papst – die Internationale der Menschen, die gerne allen anderen Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Weil es um das ­ultimative Gute geht, dürfen sie dabei auch ­lügen. Und zu einigen Wahrheiten schweigen:

1 — Die Weltgemeinschaft 
schliesst keinen Vertrag.

Als letzte Chance, die Welt zu retten, sieht der Gastgeber die Konferenz. Da zeige sich, «ob die Menschheit fähig ist, das Leben auf diesem Planeten zu bewahren», beschwor der franzö­sische Präsident François Hollande vor zwei Monaten die Uno-Generalversammlung. «Nach­her ist es zu spät.» Denn 2020 läuft das Kioto-Protokoll endgültig aus. 1997 einigten sich die Industrie­länder darauf, ihren Ausstoss an CO2 zurückzufahren, weil er zu einer gefährlichen Erd­erwärmung führe. Die Amerikaner schrieben aber ihre Verpflichtung nie fest, die Japaner und die Kanadier machten in den letzten Jahren nicht mehr beim Abkommen mit. Und am meisten CO2 stossen mittlerweile die Chinesen aus – vor zwanzig Jahren als Entwicklungsland nicht einmal eingebunden.

An das ­Kioto-Protokoll halten sich nur mehr die EU, Norwegen und die Schweiz, sie tragen zusammen die Verantwortung für noch 11 Prozent der globalen CO2-Emissionen.

Deshalb ringt die Uno seit acht Jahren um ­einen Vertrag, der alle Staaten verpflichtet. Für die Konferenz, die sich die Franzosen 170 Millionen Euro kosten lassen, fallen dafür in Paris 40 000 Delegierte aus insgesamt 194 Staaten ein, in den letzten Tagen zudem die Staats­chefs. Sie sollen innert zweier Wochen einen Entwurf von mehr als fünfzig Seiten, der bereits bei den Vorbereitungstreffen zu heftigem Streit führte, zu einem für alle annehmbaren Abkommen kneten. Doch schon jetzt zeichnet sich ab: ­Dazu wird es nicht kommen. Die Uno setzt deshalb darauf, dass sich die Staaten mit ihren sogenannten Intended Nationally Determi­ned Contributions (INDC) selber in die Pflicht nehmen – und an ihre Versprechen halten. Selbst dann genügen die Anstrengungen gemäss dem Uno-Klimarat IPCC nicht, um die Menschheit zu retten. Auch wenn es nach Paris zu spät ist, treffen sich deshalb die Heer­scharen der Warner zur nächsten Klimakonferenz in einem Jahr in Marrakesch.

2  Die Amerikaner halten
 sich nicht an ihre Versprechen.

«Ich bin optimistisch, dass wir alle auf das ­Ergebnis stolz sein können», schwärmt US-­Präsident Barack Obama auf Vorrat. Er braucht ­einen Erfolg – und strebt doch keinen Vertrag an. Der Präsident schwört die Amerikaner auf den Kampf gegen den Klimawandel ein und führt deshalb höchstpersönlich die Diffamierungskampagne gegen skeptische Experten, Politiker und Publizisten an. Wegen der Erd­erwärmung, behauptet er, leide seine Tochter Malia an Asthma. Die Kritiker lachten ihn ­allerdings aus, als Raucher trage er viel mehr Schuld daran. (Nicht zu reden davon, dass sich die Erde in der Lebenszeit seiner siebzehnjährigen Tochter nicht erwärmt hat.)

Vor einem Vertrag scheut Obama zurück, weil er dafür im Senat eine Zweidrittelmehrheit brauchte. Und dafür sieht er – wie schon Bill Clinton beim Kioto-Protokoll – keine Chance.

Darum herrscht der Präsident beim Klima ­ohne den Kongress. Sein Umwelt­amt EPA erklärte das CO2 zum Umweltgift; deshalb befiehlt es den Gliedstaaten, die Produktion der Kohlekraftwerke zurückzufahren.

Und sein Natio­nales Klimadaten-Zentrum NOAA schraubte so lange an den Daten herum, bis es 2014 und vorzeitig auch 2015 als «heisseste Jahre der Geschichte» ausrufen konnte (siehe Seite 39).

Aber der republi­kanisch beherrschte Kongress und vor allem ein republikanischer Nachfolger im Weissen Haus werden Mittel finden, diese diktatorische Politik zu stoppen: George W. Bush ­legte als Vorgänger von Obama das Umweltamt still, indem er ihm kein Budget zugestand.

3  Den armen Ländern 
geht es nur ums Geld.

Sogar die Chinesen, jubeln die Warner vor dem Weltuntergang, machten jetzt beim Kampf ­gegen den Klimawandel mit. Sie versprechen allerdings bloss, dass ihr CO2-Ausstoss – ein Viertel der weltweiten Emissionen – nur noch bis 2030 steige, danach sinkt das Wachstum ohnehin aufgrund der Demografie. Die Inder dagegen müssen auf Jahrzehnte hinaus noch mehr Menschen aus der Armut holen. Sie wehren sich deshalb gegen jegliche Verpflichtungen.

«Wir können keinem Abkommen zustimmen», sagte ein indischer Delegierter dem Indian Express, «das unsere Möglichkeiten einschränkt, Energie mit Kohle zu erzeugen.»

Vor allem führen China und Indien die grosse Mehrheit der armen Länder an, die sich als Opfer des Klimawandels sehen: Schliesslich reden ihnen die Forscher seit einem Vierteljahrhundert ein, alle Übel wie Dürren und Stürme, Überflutungen, Missernten oder ­Seuchen kämen von der menschengemachten, ­also der von den Industrieländern verschuldeten Erderwärmung. Dafür fordern diese Staaten Entschädigungen – daran scheiterte die Konferenz von Kopenhagen, und daran scheitert wohl auch die Konferenz von Paris. Nach dem Debakel von Kopenhagen verhiessen die ­Industrieländer, ab 2020 den Green Climate Fund mit jährlich 100 Milliarden Dollar zu ­äufnen – davon ist derzeit ein Zehntel zugesagt, noch weniger tatsächlich einbezahlt. Von der Anschubfinanzierung, zu der die Schweiz 100 Millionen beisteuerte, flossen bisher 168 Millionen in acht Projekte. Die Forderung nach Kompensationszahlungen für Klimaschäden lehnt sogar der Bundesrat ab.

4  Die Übereinkunft von Paris
 bringt für das Klima nichts.

Höchstens zwei Grad darf sich die Erde gegenüber der Zeit vor der Industrialisierung erwärmen: Was deutsche Aktivisten vor fünf Jahren dekretierten, gilt jetzt als Dogma für Wissenschaft, Medien und Politik. Die Forscher, die nicht daran glauben, weisen zwar nach: In der Römerzeit vor 2000 Jahren und im Hoch­mittelalter vor 1000 Jahren gab es mindestens so günstige Temperaturen wie in der Gegenwart. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ­Industrialisierung sich im Westen durch­setzte, endete eine kleine Eiszeit, unter der die Menschen vor allem im 17. Jahrhundert schwer litten; die Erwärmung lässt sich also natürlich erklären. Und im 20. Jahrhundert stiegen die Temperaturen nicht stetig an: In den vierziger Jahren herrschte oft Hitze,

in den siebziger Jahren fürchteten führende Forscher ebenfalls die Apokalypse – ­wegen einer Eiszeit.
Vor ­allem aber lagen die Wissenschaftler, gerade auch jene der ETH, die im letzten Viertel­jahrhundert mit ihren Computermodellen die Klimaentwicklung voraussagen wollten, ­allesamt kläglich falsch

(siehe Grafik Seite 39). Das hindert sie nicht daran, der Welt auf die Tonne genau vorzuschreiben, wie viel CO2 sie noch ausstossen darf, wenn sie das Zwei-Grad-Ziel einhalten will.
Dumm nur: Gerade wer an die hyperprä­zisen Kalkulationen des Weltklimarates IPCC glaubt, sieht in einem Klimavertrag, wenn er denn ­zustande käme, keine Rettung. Einerseits ist es längst zu spät. Sprachrohre des IPCC wie der Berner Professor Thomas Stocker warnen seit Jahren, wenn die Welt nicht um­gehend auf das Verbrennen von Kohle und Öl verzichte, lasse sich die Katastrophe nicht mehr abwenden. Und auch Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur, hält das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels für «praktisch ausgeschlossen». Anderseits hätten die Versprechen von Paris, selbst wenn sich die Staaten daran halten, kaum eine Wirkung. So wollen die USA ihren CO2-Ausstoss bis 2025 um bis zu 28 Prozent senken. Wie die Atmosphärenphysikerin Judith Curry bei ­einer ­Anhörung im Kongress sagte, würde dieser billionenteure Kraftakt gemäss IPCC-­Modellen die Erderwärmung bis zum Jahrhundertende um 0,03 Grad vermindern.
Der dänische Statistiker Bjørn Lomborg, der mit seinem Copenhagen Consensus Center erforscht, wie die Welt ihre Ressourcen am besten einsetzt, rechnet noch strenger. «Die Wirkung der Versprechen von Paris ist winzig», schreibt er in einer aktuellen Studie. «Alle nationalen Verpflichtungen zusammen führen dazu, dass die Temperatur bis 2100 um 0,048 Grad weniger steigt.» Die Kosten dafür schätzt er allein für die nächsten 25 Jahre auf 2,5 Billionen ­Dollar. Das Klimasekre­tariat der Uno hofft, dass die Staatengemeinschaft ihren CO2-Ausstoss um insgesamt 33 Gigatonnen zurückfährt. Wie Lomborg nachweist, brauchte es aber eine ­Reduktion um 3000 Gigatonnen, nur um den Tempe­raturanstieg auf 2,7 Grad zu beschränken. «Paris wird als Konferenz angepriesen, wo wir ‹den Planeten heilen› oder ‹die Welt ­retten› können», spottet er deshalb. «It is no such thing

5  Die Schweiz spielte 
bisher das Vorbild.

«Es geht doch nur darum, dem Staat zusätz­liche Mittel zu verschaffen», schimpfte ­Roland Borer (SVP), als der Nationalrat 1998 das CO2-Gesetz beschloss – «in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der übrigen Welt», wie der Kritiker höhnte. Die Weltklimakonferenz im japanischen Kioto einigte sich am 11. Dezember 1997 auf ein Protokoll, das den Industriestaaten vorschrieb, ihren CO2-Ausstoss bis 2012 um durchschnittlich fünf Prozent zu ­senken. Und die Schweiz, für ein Promille der globalen Emissionen verantwortlich, setzte ihre Verpflichtung als erster Staat umgehend in ein strenges Gesetz um. Dabei blieb das ­Kioto-Protokoll – weil die Amerikaner nicht mitmachten und weil die Chinesen, die Inder und die Brasilianer zu den grössten CO2-Verursachern aufstiegen – immer ein Papiertiger.
Bei der Konferenz von Kopenhagen 2009 scheiterte der Versuch, die ganze Welt zum Kampf gegen den Klimawandel zu verpflichten. Trotzdem schraubte der Bundesrat weiter am CO2-Gesetz herum: Er kann jetzt mit dem Segen des Parlaments per Verordnung Zwischenziele befehlen und Strafen verhängen, wenn die Schweizer sich nicht genug einschränken. So kam es, wie es kommen musste: Die Schweiz erfüllte zwar ihre ­Verpflichtungen ­gemäss Kioto-Protokoll bis 2012, sie verfehlte aber 2013 ein (selbstgesetztes) Zwischenziel für die weitere Reduktion bis 2020 – um 0,5 Prozent. Deshalb stieg die Lenkungsabgabe auf Brennstoffe von 36 Franken pro Tonne CO2 auf 60 Franken. Die Erdöl-Vereinigung klagte deswegen beim Bundesverwaltungsgericht und blitzte Ende Oktober ab: Wenn das Bundesamt für Umwelt mit undurchsichtigen statistischen ­Methoden den CO2-Ausstoss der Schweiz schätzt (auf ein halbes Prozent genau!), geht ­alles mit rechten Dingen zu.

6  Die Schweiz spielt weiterhin
 das Vorbild, und niemand folgt.

Die Schweizer drängen weiter als Muster­knaben vor. Bundesrätin Doris Leuthard, von den Klimabewegten als St. Doris angerufen, kündete schon Ende Februar – vor allen anderen Ländern, auch lange vor der EU – die Versprechen der Schweiz für Paris an: Das Land soll bis 2050 den CO2-Ausstoss gegenüber dem Wert von 1990 auf die Hälfte senken. Mindestens dreissig Prozent Sparen fordert diese Verpflichtung im Inland; dabei räumt sogar Doris Leuthard ein, die Schweizer Wirtschaft arbeite bereits so effizient, dass sich ihr Energie­verbrauch nur noch zu hohen Kosten senken lasse. Die Umweltkommission des Nationalrats schätzt den Preis für das Vermeiden einer Tonne CO2 im Inland auf 160 Franken, im Ausland auf weniger als einen Franken. Aber wenn die Schweizer Gelder dort helfen, wo sie wirklich etwas nützen, fliessen die Subventionen für einheimische Alternativenergie nicht mehr so üppig.
Was geschieht in Bern, wenn in Paris nichts geschieht? Der Bundesrat will Mitte 2016 ­seine Vorschläge in die Vernehmlassung ­schicken, um das schärfste CO2-Gesetz der Welt weiter zu verschärfen – ganz egal, dass dies dem Klima nichts bringt, den anderen Ländern nicht als Vorbild dient und der Schweizer Wirtschaft schadet. Aber weil es noch mehr Subventionen zu verteilen gibt, vor ­allem für Handwerker bei Haus­sanierungen, regt sich bisher kaum Widerstand. Nur die welsche Arbeitgeberorganisation Centre ­Patronal ärgert sich da­rüber, dass die Schweiz in Paris einmal mehr auf Kosten der Unternehmen den Klassenbesten spiele: «Noch ­bevor die Konferenz stattgefunden hat – und alles deutet darauf hin, dass sie einmal mehr zu keinem ernsthaften Ergebnis führen wird –, sind dem Bundesrat die Hände ­gebunden.» Nicht richtig ist daran nur: Der Bundesrat band sich die Hände selber, denn es geht ihm, wie Borer schon vor siebzehn Jahren sah, nur um mehr Geld.

7  – Das Klima krankt (angeblich),
 die Bürokratie lebt.

Das Fazit: Die Konferenz von Paris führt kaum zu einem verpflichtenden Vertrag.

Denn die Amerikaner wehren sich gegen die Versprechen von Präsident Obama. Die ­Chinesen sagen nur darin zu, was sie ohnehin für ihre Wirtschaftsentwicklung vorsehen. Die Inder sperren sich gegen jegliche Verpflichtung. Und auch in der EU regt sich Widerstand, vor allem von den ­Polen, die ihre Kohle brauchen. Selbst wenn alle zu hohen Kosten ihre Wirtschaft und damit ­ihren Wohlstand einschränken – wenn also die Schweiz ihren Anteil von einem Promille am immer noch ­rasant wachsenden CO2-Ausstoss der Welt auf die Hälfte zurückzwingt –, nützt dies dem Klima aber nichts.

Warum dann diese Konferenz?

Die einfachste Wahrheit kommt vom führenden Klima-­Ökonomen Richard Tol, der sich vor zwei ­Jahren weigerte, den jüngsten IPCC-­Bericht mitzutragen, weil er ihn zu alarmistisch fand.

«Wer daran glaubt, dass internationale Klimaverhandlungen dazu dienen, den Ausstoss von Treibhausgasen zu vermindern, ­erlebt Paris als eine Übung in Sinnlosigkeit», spottet der niederländische Professor. «Wer dagegen darauf hofft, dass die Klimaverhandlungen zum Ausbau der Bürokratien führen, der erfährt Paris als rauschenden Erfolg.»

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Freuden des Untergangs | Die Weltwoche, Ausgabe 48/2015 | Mittwoch, 25. November 2015

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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PDF zum Download unten

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Übersicht über WELTWOCHE-Artikel zur "Klima-Skepsis" 2002-2010 :http://vademecum.brandenberger.eu/themen/klima-1/presse.php#weltwoche

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Der Letzte*

«Nicht der beste Mann auf dem Posten», schimpfte Andreas Fischlin gemäss seinem Sprachrohr beim Tages-Anzeiger. Der Weltklimarat IPCC wählte letzte Woche einen neuen Vorsitzenden nach dem Rücktritt des Inders Rajendra Pachauri wegen Übergriffen auf Frauen in seiner Privatfirma – die von der Schweizer Entwicklungshilfe über Jahre namhafte Summen absahnte. Das Gremium bestimmte den blassen bisherigen Vizepräsidenten, den südkoreanischen Ökonomen Hoesung Lee, der am Anfang seiner Karriere dem Ölgiganten Exxon diente. Und es verschmähte den Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker. Dabei brauche der IPCC «eine starke Figur», sagte der enttäuschte Berner Professor, um in die immer politischer werdende Debatte um den Klimawandel «starke wissenschaftliche Argumente» einzubringen.
Die Schweizer, auch beim Kampf um die drei Stellvertreter unterlegen, bekamen schliesslich einen Trostpreis: Andreas Fischlin ergatterte das Vizepräsidium in einer der drei Arbeitsgruppen – mit je zwei Vorsitzenden, die alle Aufgaben und Auftritte wahrnehmen. «Diese Wahl ist auch zustande gekommen, weil die Schweiz in der Klimaforschung Weltruf hat», jubelte der ETH-Titularprofessor im Ruhestand. Er liegt falsch, seine Wahl zeigt vielmehr, dass der IPCC auf das letzte Aufgebot zurückgreifen muss. Die Person von Andreas Fischlin wirft Fragen auf: zu seinen Leistungen als ­Forscher, zu seiner Arbeit für den IPCC, vor ­allem zu seinem Charakter.

Trostpreis Titularprofessur

Mit der Arbeit von Thomas Stocker, zuletzt als Vorsitzender der Arbeitsgruppe I für den jüngsten IPCC-Report, setzte sich die Weltwoche kritisch auseinander. Aber sie würdigte auch seine wissenschaftliche Leistung: Mit seinen Stu­dien, vor allem an jahrtausendealten Eisbohrkernen aus der Arktis und der Antarktis (die sich nicht immer mit seinem Glauben an die Schuld der Menschen am Klimawandel vertrugen), schaffte er es häufig in führende Publikationen wie Nature oder Science, sogar aufs Cover. Die Zahl der Arbeiten von Andreas Fischlin in massgeblichen Zeitschriften beträgt dagegen: null.
Der Biologe, der bei einer Vorläuferband von Krokus mitrockte, schrieb 1982 seine Disserta­tion über den Grauen Lärchenwickler im Arvenwald. Sie brachte ihm an der ETH eine Silbermedaille ein, die akademische Karriere dümpelte gleichwohl vor sich hin. Der Postdoc wechselte nach Kanada, lehrte darauf an der ETH die modische Systemanalyse und spielte schliesslich, zumindest gemäss Curriculum ­Vitae, «eine führende Rolle» beim Aufbau des Studiengangs Umweltnaturwissenschaften. Da (angeblich) immer noch der Wald starb, bastelte Andreas Fischlin an Computermodellen, um die Entwicklung von Wäldern über die Jahrhunderte zu simulieren. Dank dieser Arbeit durfte er 1995 – ohne weitere akademische ­Meriten – als «hauptverantwortlicher führender Autor» beim Kapitel «Climate Change Impacts on Forests» des zweiten IPCC-Berichts mitwerkeln. «Er ist an der ETH Zürich zum Professor ernannt worden», vermerkt schliesslich das CV: Die Hochschule beförderte den langjährigen Oberassistenten 2009 zu seinem sechzigsten Geburtstag wenigstens zum Titularprofessor – auch ein Trostpreis.

Der Forscher kann behaupten, was er will

Was Andreas Fischlin mit seinem IPCC-Team 1995 zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder zusammentrug, bestätigt jede Kritik an der Arbeit der Klimaforscher. Das ­Kapitel stützt sich selbstverständlich auf Fischlins eigenen Versuch, die Entwicklung eines Schweizer Waldes über 1800 Jahre am Computer zu ­simulieren. Was bei zweihundert Rechenläufen herauskam, lässt sich zwangsläufig nicht mit historischen Daten unterfüttern (weil es sie nicht gibt) und schon gar nicht von einem heute lebenden Menschen überprüfen. Der Forscher kann behaupten, was er will – er läuft keine Gefahr, dass ihn jemand als Modellbastler nach dem Gigo-Prinzip entlarvt: «Garbage in, garbage out» (Müll rein, Müll raus).
Die Modelle krankten noch an Defiziten, ­räumen die Forscher zwar ein: «Sie lassen sich nicht als Voraussagen interpretieren.» (Genau dazu sollten sie dienen!) Und sie stellen auch ratlos fest: «Weil das CO2 in der Atmosphäre seit vorindustriellen Zeiten von rund 280 auf gegen 360 ppmv (Teilchen pro Million) zugenommen hat, sollte unter natürlichen Bedingungen bei Pflanzen ein verstärktes Wachstum zu beobachten sein. Der Nachweis aufgrund der Jahresringchronologie ist allerdings unklar, das lässt keine Generalisierungen zu.» Trotzdem steht für die Wissenschaftler fest, was sie schon immer glaubten: «Die gesamte Waldfläche wandelt sich wahrscheinlich stark, wenn die Entwicklung ­gemäss einem der drei Modelle verläuft.»
«Die Klimapolitik bringt die Wissenschaft an ihre Grenzen», gestand Andreas Fischlin aber noch im November 2000 in einem Artikel für die NZZ. Die Forschung zeige, dass die Wälder in den Industriestaaten als «biologische Kohlenstoff-Senken» mehr CO2 aufnehmen könnten, als diese Länder gemäss dem Kioto-Protokoll einsparen müssten. «Damit entsteht politischer Zündstoff», erkannte der Autor, «da Senken an die Stelle der Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe treten könnten.» Angesichts der «Fülle ungelöster wissenschaftlicher Fragen und Probleme» verwarf er aber diese allzu einfache Lösung: Die Wissenschaft brauche noch Zeit und Geld – «und es besteht die Gefahr, dass der politische Wille zum Handeln [nicht im Sinn des Forschers] die Wissenschaft überrumpelt».
Damit qualifizierte sich der ewige Oberassistent mit mediokrem wissenschaftlichem ­Œuvre endgültig für höchste Aufgaben beim IPCC, für den angeblich nur die besten Forscher denken. Beim vierten Bericht von 2007 trug er Mitverantwortung für den ganzen Teil zur Entwicklung der Ökosysteme weltweit und fühlte sich deshalb als würdiger Träger des Friedensnobelpreises, den der IPCC in diesem Jahr bekam. Das Nobelpreis-Komitee stellte seither mehrfach unmissverständlich klar, dass die Auszeichnung nur an die Institution ging. Andreas Fischlin liess sich aber in Interviews oder bei Referaten als Nobelpreisträger rühmen. Und er ziert sein CV noch heute mit einem der Zertifikate als «Beiträger zum Nobelpreis», die IPCC-Chef Pachauri an Tausende von Wissenschaftlern verteilte.
Andreas Fischlin trug allerdings auch Mitverantwortung für den peinlichsten Skandal des IPCC und stritt sie ab. Anfang 2010, als der Weltklimarat in die Kritik geriet, stellte sich heraus, dass der Bericht von 2007 behauptete, die Himalaja-Gletscher würden bis 2035 vollständig abschmelzen, mit katastrophalen Folgen für halb Asien – dies gestützt auf eine WWF-Publikation, obwohl der IPCC versichert, er werte nur Studien mit Peer-Review aus. Und dieser peinliche Unsinn stand im Teil, für den Andreas Fischlin stolz als «hauptverantwortlicher ­führender Autor» zeichnete.

Fragwürdige Kompetenz

Die Panne wäre nicht passiert, wenn die externen Gutachter besser aufgepasst hätten, schimpfte der blamierte Forscher im Interview mit seinem Sprachrohr beim Tages-Anzeiger. Die Gutachten, für alle Welt einsehbar, zeigen: Andreas Fischlin lügt. Die Experten forderten Beweise, zweifelten die Aussage an und wiesen auf Studien hin, dass einzelne Himalaja-Gletscher sogar wüchsen – die Autoren wischten ­alle Einwände weg. Schliesslich verstieg sich Andreas Fischlin zur Aussage: «Ich glaube, mir wäre dieser Fehler aufgefallen.» Er gab damit zu, dass er den Teil, für den er mit seinem Namen stand, gar nicht sorgfältig gelesen hatte.

Das Fazit:

Ein Wissenschaftler mit fragwürdiger Kompetenz und zweifelhaftem Charakter soll hauptverantwortlich am sechsten 
IPCC-Bericht mitarbeiten, bei dem umstritten bleibt, ob ihn die Welt überhaupt braucht.

Mit grösserer Sicherheit als bei jeder IPCC-Kata­strophenwarnung lässt sich also sagen: Es wird der letzte sein.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion : Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Der Letzte | Die Weltwoche, Ausgabe 42/2015 | Donnerstag, 15. Oktober 2015

http://www.weltwoche.ch

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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PDF zum Download unten

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Übersicht über WELTWOCHE – Artikel zur "Klima-Skepsis" 2002-2010 :

http://vademecum.brandenberger.eu/themen/klima-1/presse.php#weltwoche

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Hitzewallungen

Die technischen Daten vorweg: Ich schreibe diesen Kommentar im Berner Marzili, die Temperatur der Luft beträgt 33 Grad, jene des Wassers im Bassin 25 Grad und in der Aare 22 Grad. Die Präzision drängt sich auf. Denn wenn es um das Klima geht, schert sich sonst niemand darum – ob Medienleute, Politiker oder auch Wissenschaftler.

Nach der üblen Schafskälte im Juni reichten drei Tropentage, dass die Alarmisten heissliefen. «Hitzewelle: Bundesrat muss handeln», japste die NZZ am Sonntag auf der Frontseite. «Der Klimawandel führt zu immer neuen Temperaturrekorden», warnte sie; die Hitzewellen zählten zu den «drei grössten Risiken für die Bevölkerung». Deshalb fordere das beratende Organ des Bundesrates für Fragen des Klimawandels (OcCC) «grosse und langfristige Anstrengungen», um unser Leben völlig zu ändern. «Klimaforscher prophezeien: Solche Hitzewellen gibt es künftig immer öfter», jaulte der Sonntagsblick im «Glutofen». Und im Interview mit 20 Minuten heizte der ETH-Professor Reto Knutti weiter ein. Es gebe weltweit, «aber auch in der Schweiz» immer mehr Ex­tremereignisse, so etwa längere Hitzeperioden, die zu immensen Kosten führten, wie im Sommer 2003: «In der Schweiz gab es Milliardenschäden in der Landwirtschaft.»

Kein Trend seit mehr als achtzehn Jahren

Gegen Hitzewallungen hilft ein Faktencheck. Zu den Temperaturrekorden: Auf der Wetterseite der NZZ am Sonntag finden sich jeweils die historischen Höchstwerte vom Vortag – jene für den 4. Juli stammten aus dem Jahr 1952. Und auch am heissen Sonntag, 5. Juli, suchte SRF mit geringem Erfolg nach Rekorden. Nur Davos gab mit 29,3 Grad einen her; allerdings räumte Meteorologe Felix Blumer kleinlaut ein: «Gemäss Statistik soll dieser Wert am 23. Juli 1876 [!] schon einmal vorgekommen sein.»

Und zu den Extremereignissen: «Jedes halbe Grad, um welches sich die Erde erwärmt, wirkt sich immer stärker auf das extreme Wetter aus», glaubt Reto Knutti; schliesslich spucken es seine Computermodelle aus. In der Schweiz hat sich das Klima allerdings seit dem 19. Jahrhundert um 1,5 Grad erwärmt – und nichts ist passiert: Es gibt keinen Trend, weder bei Hitzewellen oder Starkregen noch bei Unwetterschäden allgemein. In den letzten Jahren fielen national wie global ausgesprochen geringe Kosten aufgrund von Umweltkata­strophen an. Die Rückversicherung Swiss Re, deren Direktor David Bresch als Interessenvertreter im Beratergremium OcCC die Politiker zum Handeln drängt, machte deshalb glänzende Geschäfte. Und bei den «Milliardenschäden in der Landwirtschaft» haut ETH-Professor Knutti mit wissenschaftlicher Präzision daneben: Mit Gemüse, Getreide und Futterpflanzen erwirtschaften die Schweizer Bauern insgesamt drei Milliarden – die nationale Plattform Naturgefahren, auf die sich ­Reto Knutti im Interview selber berief, schätzt die Schäden im Hitzesommer 2003 (hoch) auf 500 Millionen Franken ein.

Weltweit könnte sich 2015 tatsächlich zum wärmsten Jahr seit Beginn der Messungen entwickeln, zumal die Meteorologen eifrig ihre Messdaten hochschrauben. Ein Rekord (um ein Zehntelgrad höher!) ändert aber nichts ­daran, dass die Temperaturentwicklung seit mehr als achtzehn Jahren keinen Trend zeigt und dass die gemessenen Werte unter allem liegen, was die Klimaforscher mit ihren Modellen voraussagten – also daran, dass diese Modelle nicht stimmen.

Wenn Sie dies lesen, sind die Temperaturen schon wieder zehn Grad tiefer, eher kühl für die Jahreszeit. Und selbst falls sie nochmals steigen: Lassen Sie sich von den irrenden ­Katastrophenwarnern nicht beirren. Genies­sen Sie den schönen Sommer!

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Anmerkung der EIKE-Redaktion http://www.eike-klima-energie.eu/  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Wetter: Hitzewallungen | Die Weltwoche, Ausgabe 28/2015 | Montag, 13. Juli 2015

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus Schär für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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