Dr. Dirk Beckerhoff
(27.03.2019)
Herrn Frank Plasberg, „Hart aber „Fair“ , c/o DAS ERSTE
Betr.: CO2-Debatte, „Hart aber Fair“, 25. März 2019
Sehr geehrter Herr Plasberg,
bitte gestatten Sie auf diesem Wege eine Anmerkung zu der gestrigen o.a. Debatte:
Tragendes Argument war die These der Klima-Aktivistin L. Neubauer, die Bundesrepublik Deutschland müsse zur Abwendung einer dramatischen „Klima-Krise“ das im Pariser Abkommen akzeptierte CO2-Emissionsbudget unbedingt einhalten.
Wie steht es um die Stichhaltigkeit dieses Arguments, gemessen an den Ergebnissen und Positionen vom IPCC anerkannter Klimaforscher ?
- „Klimakrise“ fehl am Platz
Das Pariser Abkommen zielt auf die Begrenzung einer künftigen durchschnittlichen Erwärmung der weltweiten oberflächennahen Luft (Erderwärmung) durch Begrenzung/Budgetierung der anthropogenen CO2-Emissionen. Zwar verbinden Klima-Forscher des IPCC mit weiterer Erderwärmung nachteilige Klimaveränderungen in bestimmten Klimaregionen der Erde mit mehr oder minder großen Wahrscheinlichkeiten. Aber die Klimaforschung ist nach eigenem Bekenntnis absolut nicht in der Lage :
(a) einer bestimmten Vergrößerung des CO2 – Gehaltes der Atmosphäre (derzeit etwa 0,04 Prozent) einen bestimmten Erwärmungsgrad zuzuordnen. Für diese sogenannte „Klimasensitivität“ gibt es seit etwa vierzig Jahren nur äußerst vage Schätzungen, deren Unsicherheit mindestens dreihundert Prozent beträgt (Kernbereich der Schätzungen: 1,5 Grad Celsius bis 4,5 Grad Celsius zusätzliche Erwärmung bei Verdoppelung des CO2 – Gehaltes auf 0,08 Prozent).
(b) bestimmten Erwärmungsgraden bestimmte Klimafolgen nach Region, Art und Umfang zuzuordnen (SPIEGEL [2]) :
„Die Rechenleistung der Computer ist auf das Vielmillionenfache gestiegen, aber die Vorhersage der globalen Erwärmung ist so unpräzise wie eh und je. »Es ist zutiefst frustrierend«, sagt Bjorn Stevens vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie“.
Die eklatante „Prognoseschwäche“ ist der riesigen Komplexität und Zufälligkeit („Stochastik“) des Wetter- und damit auch des Klimageschehens auf unserer Erde geschuldet. Zu dessen Abbildung in Klimamodellen bedarf es einer Vielzahl von exakt quantifizierten Relationen (Parameter) zum simultan-interdependenten Zusammenwirken der Hauptakteure im Wettergeschehen : Temperatur, atmosphärische Gase, Wolkenbildung, Sonneneinstrahlung, Rückstrahlverhalten der Erde (Erd-Albedo), Temperatur- und Strömungsverhalten der Weltmeere, usw. :
»Parametrisierung« heißt das Verfahren, doch die Forscher wissen: In Wirklichkeit ist das der Name einer chronischen Krankheit, von der all ihre Klimamodelle befallen sind. Oft liefern sie drastisch voneinander abweichende Ergebnisse. Die Temperaturen in der Arktis zum Beispiel klaffen in den verschiedenen Modellen um teilweise mehr als zehn Grad auseinander. Das lässt jede Prognose der Eisbedeckung wie bloße Kaffeesatzleserei erscheinen……..Unsere Computer sagen nicht einmal mit Sicherheit voraus, ob die Gletscher in den Alpen zu- oder abnehmen werden«. (SPIEGEL [2])
Fazit: Da selbst die qualifiziertesten und erfahrensten Klimawissenschaftler künftige trendmäßige Wetterereignisse nach Regionen und Eigenschaften („Klima“) nicht vorhersagen können, sind „Klima-Wandel“ , „Klima-Krise“ oder „Klima-Schutz“ vollkommen nichtssagende und damit vollkommen untaugliche Begriffe. „Klima“ muss zwingend durch „Erderwärmung“ ersetzt werden. Das Unbekannte ist nicht zu benennen und umso weniger zu schützen.
Umso „beachtlicher“ war in der o. a. Sendung, dass der „Talkmaster“ M. Lanz mit der Vorhersage aufwartete, dass Regionen in Griechenland, Spanien und der Türkei bald aus klimatischen Gründen nicht mehr bewohnbar seien. Der letzte, heiße Sommer hat tiefe (Klima-)Spuren in den Gemütern hinterlassen!
- Größe des Restbudgets
Im Oktober 2018, also knapp drei Jahre nach den Beschlüssen von Paris, kündigte Prof. J. Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und einer der Leitautoren des IPCC in einem Spiegel-Interview an, der Weltklimarat werde zur Erreichung des 1,5-Grad-Erwärmungszieles den Höchstwert für das C02-Budget auf etwa tausend Gigatonnen mindestens verdoppeln. Als Begründung für diesen völlig überraschenden und massiven „Abfall vom CO2 -Glauben“ (im normalen Vertragsleben: „Wegfall der Geschäftsgrundlage“) führt Prof. Marotzke an [3] :
„Weitere Emissionen führen zu einer geringeren C02-Konzentration in der Luft als vermutet. Offenbar verbleibt ein kleinerer Teil der Treibhausgase in der Atmosphäre, weil Wälder und Ozeane mehr davon schlucken als gedacht.“
Damit werden fünfhundert Gigatonnen – fünfhundert Milliarden Tonnen CO2 – als „nicht-erwärmungswirksam“ freigegeben. Gleichzeitig wird in Deutschland auf das Härteste um die Abschaltung der letzten Kohlekraftwerke gerungen. Der jährliche CO2-Ausstoß eines durchschnittlichen Kohle-Kraftwerkes beträgt etwa 20 Mio.Tonnen. Folglich könnten weltweit zusätzlich 2.500 (zweitausendfünfhundert) durchschnittliche Kohlekraftwerke etwa zehn Jahre lang im Vollast-Betrieb Kohle verbrennen, um das riesige CO2-Budget zu verbrauchen, das so überraschend zusätzlich frei gegeben werden wird.
Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beschreibt den innerhalb des IPCC anwachsenden Dissens zur Bedeutung des anthropogenen CO2 für die künftige globale Erwärmung etwas vorsichtiger aber nicht minder eindeutig :
„Es gibt große Unsicherheiten über das Budget. Je nach Rechenmodell und den gemachten Annahmen liegt das Budget zum Erreichen der Pariser Klimaziele zwischen 150 und 1050 Gigatonnen.“ (Spiegel-online [4])
Fazit: Innerhalb der unter dem Dach des IPCC versammelten etablierten Klimaforschung variiert die dem anthropogenen CO2 für die Zukunft zugeschriebene Erd-Erwärmungswirkung um siebenhundert Prozent (Faktor Sieben!).
Diese Punkte mögen genügen, um unsere Kritik daran zu untermauern, dass Forderungen nach CO2 -Emissionsminderungen – gleichgültig in welchen Bereichen und gleichgültig mit welchen Maßnahmen – mit „Klima-Schutz“ oder „Erwärmungs-Begrenzung“ begründet werden.
Wer „Klima“ schützen oder Erderwärmung begrenzen will, benötigt dazu:
- einen bewiesenen (fundierten) Schutz- bzw. Begrenzungs-Grund < was ist „not-wendig“ ?, welche „Not“ gilt es abzuwenden ? >
u n d
- ein nachweislich wirksames Schutz- bzw. Begrenzungs-Instrument.
Die aktuelle Klimaforschung ist sehr weit davon entfernt, diese Anforderungen zu erfüllen. Ihre Ergebnisse sprechen weit mehr dafür, das anthropogene CO2 komplett „aus der Debatte zu entlassen“.
Denjenigen, die einem derart radikalen Vorschlag nicht folgen mögen, sei nur der folgende, fast beliebig vermehrbare Punkt nahe gelegt:
Der Anteil Deutschlands an den weltweit menschenverursachten CO2-Emissionen beträgt etwa zwei Prozent. Daher ist es – völlig losgelöst von den vorgenannten Punkten, allein wegen der quantitativ marginalen CO2-Rolle der Bundesrepublik Deutschland – ein Gebot der Redlichkeit, an die möglicherweise anderweitig bestens begründete Reduzierung der deutschen CO2-Emissionen nicht zusätzlich die Erwartung zu knüpfen, sie habe auch nur den Hauch einer Bedeutung für die Entwicklung der Wärme auf der Erde und damit für das Klima einzelner Regionen.
Schließen möchten und müssen wir mit dieser Klarstellung:
In diesem Schreiben haben wir uns ausschließlich mit der eingangs erwähnten These beschäftigt, die Bundesrepublik Deutschland müsse zur Abwendung einer dramatischen „Klimakrise“ unbedingt das im Pariser Abkommen akzeptierte CO2-Emissionsbudget einhalten.
Sämtliche inhaltlichen, aus ihrem CO2 -Bezug gelösten Fragen, angefangen von „Lebensstil“ über „Energie“, „Verkehr“, „Mobilität“, „Umweltschutz“, „Landwirtschaft“, „Ernährung“ usw. sind nicht Gegenstand dieser unserer Anmerkungen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dirk Beckerhoff
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Quellen :
[1]https://www.eike-klima-energie.eu/2019/03/26/plasbergs-laienschar-diskutiert-die-klimakatastrophe-und-was-ein-jeglicher-dagegen-tun-muss/
[2] Grolle, J.: Eine Neue Strategie; Klima: Noch immer sind die Vorhersagen zur globalen Erwärmung erstaunlich ungenau,Der Spiegel, 23.03.2019
[3] Galgenfrist verlängert, DER SPIEGEL, 06.10.2018
[4] Holger Dambek: CO2-Budget der Menschheit, Spiegel-Online, 5.10.2018 ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-streit-um-co2-budget-der-menschheit-a-1170186.html )
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Anmerkung der EIKE-Redaktion:
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