WELTWOCHE: Intern – Klimawandel für die Schule*

Roger Köppel*

Demokratie ist Diskussion, Meinungsvielfalt, Rede und Gegenrede. Ohne Diskussion kann es Demokratie nicht geben.

Das ist der Leitsatz derWeltwoche. Mit diesem Sonderheft wenden wir ihn auf die Frage des Klimawandels an.

Klimawandel ist eine Tatsache. Es gab ihn, lange bevor die Menschen den Planeten bevölkerten. Die Weltgeschichte ist eine Chronik des permanenten Klimawandels.

Einst stampften Dinosaurier bei tropischen Temperaturen durchs heutige Mittelland. Dann wiederum gab es Zeiten, als die Schweiz von einem dicken Eispanzer belegt war.

Während der Römerzeit waren die Alpen weitgehend eisfrei, was dem Feldherrn Hannibal die Überquerung der Gebirge mit Elefanten möglich machte.

Im Mittelalter setzte bis ins 16. Jahrhundert eine Wärmephase ein. Dann wurde es kälter. Mitte des 19. Jahrhunderts, am Ende einer kleinen Eiszeit, erreichten die Schweizer Gletscher ihre seit langem grösste Ausdehnung.

Seither erwärmt sich der Planet erneut. Der Temperaturanstieg beträgt rund 0,9 Grad Celsius, unterbrochen von zwei dreissigjährigen Abkühlungsphasen, 1878–1910 und 1944–1976. Zwischen 1998 und 2013 fand die berühmte globale Erwärmungspause statt.

Das heisseste Jahr seit 1850 war das Jahr 2016. Seither wird es wieder kühler. Die Forschung streitet darüber, was hinter den Temperaturveränderungen stecken könnte.

Das Klima ist, komplizierter noch als die unvorhersehbaren Aktienmärkte, ein hochkomplexes System, das man mit Modellen abzubilden versucht.

Unbestritten ist: Seit der industriellen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts blasen die Menschen wegen der Verbrennung von Kohle, Gas und Öl immer mehr CO2 in die Luft.

CO2 ist ein Treibhausgas. Es hat also einen wärmenden Effekt. Vor allem aber ist CO2 ein Lebensgas. Ohne CO2 gäbe es auf der Erde weder Menschen noch Tiere oder Pflanzen.

Wissenschaftlich umstritten ist, wie stark der Mensch den Temperaturwandel antreibt.

Trotz Anstieg macht das CO2 heute weniger als die Hälfte eines Promilles in der Atemluft auf der Erde aus.

Nur etwa 3 Prozent des gesamten CO2 in der Luft sind menschengemacht. Der Rest ist natürlichen Ursprungs. Die Schweiz produziert rund einen Tausendstel der 3 Prozent.

Klimaforscher wie der ETH-Professor Reto Knutti sind überzeugt, dass nur das CO2 und nur der Mensch für die jüngsten Klimaveränderungen verantwortlich sein können.

Natürliche Einflussfaktoren, beteuert der anerkannte Physiker, seien heute im Gegensatz zu früher ausgeschlossen.

Dieser Sicht widersprechen zahlreiche andere Wissenschaftler, Physiker, Geologen oder Gletscherforscher.

Sie beteuern, dass der CO2-Anteil in der Luft während 75 Prozent der letzten 550 Millionen Jahre zwei- bis fünfzehnmal höher gewesen sei, ohne dass sich die Welt in einen Glutofen verwandelt hätte.

Ein Argument lautet, dass erdgeschichtlich der CO2-Anstieg in der Atmosphäre den jeweiligen Temperaturveränderungen nie vorausging, sondern stets hinterherhinkte.

Unser Eindruck ist, dass die heutige politische Diskussion diese wissenschaftlichen Kontroversen weitgehend ausblendet.

Die Klimadebatte ist eigentlich gar keine Debatte, sondern der Versuch der einen Seite, ihre Sicht rabiat durchzusetzen, unterstützt von den meisten Medien.

Kritiker, Skeptiker und Andersdenkende sollen mit Kampfbegriffen («Klimaleugner») eingeschüchtert, stillgelegt werden.

Das ist ungesund. Das ist gefährlich. Einseitige «Diskussionen» produzieren einseitige politische Entscheidungen.

Dieses Heft ist ein Beitrag zur Öffnung und zur Versachlichung. Es wäre schön, wenn wir die festgefahrene, geradezu festgefrorene Klimadebatte entkrampfen könnten.

Und ja, auch und gerade an den Schulen sollte die andere Sicht in dieser wichtigen Frage Eingang finden. Als Beitrag zur Meinungsbildung gegen Hysterie und Panikmacherei.

Wir danken herzlich unserem früheren Kollegen Dr. Markus Schär für die massgebliche Konzeption des Hefts und die Auswahl namhafter, international bekannter Autoren auf beiden Seiten des Meinungsspektrums.

Wir wünschen erhellende Lektüre !

Roger Köppel

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Roger Köppel für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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Klima klar, Wetter ungewiss *

Vor dem zweiten Juli-Wochenende hatte der Wetterbericht für den Großraum Dresden Dauerniederschlag von Freitagmorgen bis Sonntagabend angesagt. Tatsächlich gab es aber nur etwas Nieselregen und zwei kräftige Gewitter von jeweils einer reichlichen Stunde Länge.

An diesem Beispiel wurde wieder einmal deutlich, wie wenig Verlass auf die Vorhersagen der Meteorologen ist, obwohl den Forschern mittlerweile um die 100000 mobile und stationäre Beobachtungsstationen rund um den Globus, Dutzende Wettersatelliten sowie Supercomputer zur Auswertung der erfassten Daten zur Verfügung stehen.

Ganz besonders fehlerhaft fallen die Prognosen bei Zeiträumen von mehr als drei Tagen aus. Und jenseits der Grenze von 20 Tagen ist dann komplett Schluss: Keine der heutigen meteorologischen Methoden erlaubt brauchbare Vorhersagen, die weiter in die Zukunft reichen.

Das musste auch der staatliche Deutsche Wetterdienst erfahren, der vor einigen Jahren verkündet hatte, er könne künftig die Lufttemperatur und die Niederschlagsmenge für sechs Monate im Voraus prognostizieren und somit beispielsweise den Landwirten, der Getränkeindustrie oder der Reisebranche zu mehr Planungssicherheit verhelfen. Das groß angekündigte Vorhaben scheiterte schmählich.

Der Grund dafür, dass Wettervorhersagen so unpräzise sind, liegt in der prinzipiellen Vorgehensweise der Meteorologen: Aus dem aktuellen Zustand der Atmosphäre berechnen sie deren künftige Zustände. Allerdings verlaufen die Vorgänge in der Lufthülle unseres Planeten ungeheuer komplex und zugleich auch chaotisch. Minimale Veränderungen an der einen Stelle können andernorts völlig überraschende und extreme Auswirkungen hervorrufen.

Deshalb bräuchten die Meteorologen nicht zuletzt deutlich mehr Messstationen zur Erfassung von kleinräumig wirksamen Wetterphänomenen. Für eine sichere Elf-Tage-Vorhersage wären das 100 Millionen solcher Stationen und für Prognosen über  30 Tage müsste ihre Zahl bereits in der Größenordnung von zehn hoch 20 liegen, was natürlich komplett unmöglich ist.

Dessen ungeachtet behaupten die meisten Klimaforscher, die Fähigkeit zu besitzen, über Jahrzehnte oder gar noch länger in die Zukunft zu schauen und Temperaturen, Niederschläge und so weiter vorherzuberechnen. Dabei gilt das Klima definitionsgemäß bloß als Abbild der wichtigsten, statistisch erfassten Wetterphänomene innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren.

Trotzdem wird inzwischen davon fabuliert, wie das Klima und damit auch das Wetter im Jahre 2100 – kein Schreibfehler! – aussehen könnte. So vermeldete das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie, in Deutschland werde es dann streckenweise um bis zu vier Grad wärmer sein.

Solche Prognosen sind freilich nicht nur deshalb hanebüchen, weil niemand in der Lage ist, die Entwicklung der Verhältnisse in der Atmosphäre auch nur für wenige Tage im Voraus fehlerfrei vorherzusagen. Vielmehr stellt das Klima auch noch deutlich mehr dar als bloß ein statistisches Konstrukt auf der Basis des Wetters. Neben dem, was sich in der Lufthülle abspielt, wird die Dynamik der Klimaprozesse ebenso von den Vorgängen in der Hydrosphäre (Ozeane und Gewässer), Kryosphäre (Eis und Schnee), Biosphäre (Tiere und Pflanzen) und Lithosphäre (Gesteinshülle) beeinflusst.

Dazu kommen die Sonnenaktivität, Variationen der Erdbahnparameter im Rahmen der sogenannten Milankovic-Zyklen und der Einfall hochenergetischer Partikel aus den Tiefen des Kosmos. Wobei die letzteren drei Faktoren das Klima wahrscheinlich sogar am stärksten prägen.

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)*  Anmerkung der EIKE-Readktion :

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Wenn das Klima zur Glaubensfrage wird*

Millionen von Menschen gehen wegen des Klimawandels auf die Strasse, stellt Professor Reto Knutti freudig fest. In der Wissenschaft herrscht Konsens über Ursachen und Folgen, die Regierungen streben nach den im Pariser Abkommen formulierten Zielen, die Protestierenden fordern Massnahmen gegen den Weltuntergang: «Nur Roger Köppel und seine Verbündeten versuchen auf ihrer Insel der Glückseligen, der Weltwoche, ihr Weltbild zu retten», schreibt ETH-Professor Knutti in seinem Beitrag für die Weltwoche(Nr. 23/19). Auf zwei Seiten – am Schluss dieses Hefts nochmals nachzulesen (Seite 32/33) – legt er dar, warum diese falsch liegen. Zum Beweis rattert er den Katechismus herunter, den die Klimaforscher seit Jahren in der Wissenschaft durchsetzen und in den Medien verbreiten – zumeist ohne Widerspruch, obwohl Kritik die Grundlage der Wissenschaft und die Aufgabe der Journalisten ist.

Dabei gibt es, wie dieses Heft zeigt, in der Klimadebatte viele offene Fragen und wenige klare Antworten. Und jeder der Glaubenssätze von Reto Knutti ruft nach einem kritischen Kommentar:

«Die Fakten sind klar.»

«Die Debatte ist vorbei», dekretierte Barack Obama 2014 in seiner Rede zur Lage der Nation: Der menschengemachte Klimawandel sei ein Fakt. Der US-Präsident schloss sich damit führenden Klimaforschern an, die seit zwanzig Jahren meinen: «The science is settled», die wissenschaftlichen Erkenntnisse stehen fest. Das hindert die Forscher allerdings nicht daran, von den Steuerzahlern immer noch Milliarden zu fordern, damit sie ihre unfehlbaren Studien mit immer gravierenderen Prognosen bestätigen und in immer alarmierenderen Reports des Weltklimarats (IPCC) verdichten können.

Dabei stehen die Erkenntnisse fest, seit die Uno den IPCC vor dreissig Jahren einsetzte: Führende internationale Experten, darunter Berner Forscher um Hans Oeschger und später Thomas Stocker, sollten die wissenschaftlichen Grundlagen für die Umweltkonferenz von Rio 1992 und die Klimakonferenz von Kioto 1997 liefern – es ging also von Anfang an nicht um eine wissenschaftliche Recherche mit offenem Ergebnis, sondern um eine politische Mission mit striktem Auftrag. Schon der erste IPCC-Bericht von 1990 schrieb denn auch fest: Es gibt eine unnatürliche Klimaerwärmung, und die Schuld daran trägt die Menschheit, weil sie immer mehr Treibhausgase, vor allem CO2, ausstösst.

Das heisst: Seit dreissig Jahren bekam nur noch Lehrstühle, Forschungsgelder und Publikationsmöglichkeiten, wer die Thesen des IPCC bestätigte, gerade auch in der Schweiz. Das ist das Gegenteil von Wissenschaft – sie findet nur eine vorläufige Wahrheit, wie der Philosoph Karl Popper lehrte, wenn sich eine Hypothese auf keine Weise falsifizieren, also widerlegen lässt. Deshalb nannte der Soziologe Robert Merton die Wissenschaft «organisierte Skepsis». Für den Fortschritt der Erkenntnis sorgen das Peer-Review, also die kritische Begutachtung von Publikationen durch Kollegen, und die intensive Debatte unter Forschern.

«Klimaskeptiker» aber gilt als Schimpfwort. Die Klimaforscher suchen sich für das Peer-Review Publikationen und Experten mit gleicher Gesinnung aus und drücken bei wichtigen Studien für IPCC-Berichte die Begutachtung im Eilverfahren durch. Sie drängen Nonkonformisten aus der akademischen Debatte, wie in den USA die renommierten Atmosphärenphysiker Richard Lindzen, John Christy und Judith Curry oder in der Schweiz den Berner Professor Christian Schlüchter (Seite 10). Und sie schmähen Skeptiker als «Klimaleugner», sogar den Forscher Roger Pielke Jr, der beim Zusammenhang von Klimaerwärmung und Naturkatastrophen zur selben Erkenntnis kommt wie der IPCC (Seite 28).

Die führenden Schweizer Forscher wie Thomas Stocker oder Reto Knutti stellen sich seit Jahren keinem Streitgespräch mehr und zählen darauf, dass die Journalisten ohne Nachfrage, also unjournalistisch, für sie PR machen. So stört sie niemand mehr, wenn sie selbstzufrieden behaupten, die Debatte sei vorbei.

«Die Erde hat sich über das letzte Jahrhundert um ein Grad Celsius erwärmt.»

«Die ausgeprägteste Kaltperiode seit 1520», wie sie der Berner Professor Christian Pfister nannte, endete um 1860 herum. Der Pionier der Klimageschichte zeigte früher in vielen Studien, wie die Menschen unter der Kleinen Eiszeit litten, die im 16. Jahrhundert hereinbrach und bis ins 19. Jahrhundert anhielt: Das kalte, nasse Wetter führte zu Missernten und Seuchenzügen, und da die geplagten Menschen Sündenböcke suchten, kam es zur Hexenjagd.

Drei Jahre nach dem Ende der letzten grimmigen Kaltperiode, 1863, baute der Bund sein Netz von Wetterstationen im ganzen Land auf. Sie massen einen schnellen Anstieg der Temperaturen bis zum «Wärmegipfel», den Christian Pfister zwischen 1943 und 1952 ansiedelte. Diese Erwärmung – also die Rückkehr zu den freundlicheren Temperaturen des Mittelalters – galt damals nicht als Gefahr, sondern als Segen: Dank dem weltweit günstigen Klima wuchsen die Ernten stark an. Als die Temperaturen in den sechziger und siebziger Jahren jäh sanken, warnten deshalb führende Klimaforscher vor Hungersnöten und Massensterben in einer neuen Eiszeit.

In den achtziger Jahren stiegen die Temperaturen aber wieder – angeblich so schnell wie nie zuvor, wie auch die Schweizer Meteorologen meinen, seit sie an ihren Daten herumgeschraubt haben (Seite 14). Deshalb setzt der IPCC seit dreissig Jahren das Dogma durch, die unnatürlich schnelle Erwärmung komme vom CO2, sei also menschengemacht.

Nur: Als sie noch ohne Scheuklappen forschten, zeigten die Klimahistoriker, gerade auch Christian Pfister (Seite 26), dass heute nichts ist wie noch nie zuvor. Es gab in der Geschichte heftigere Stürme, schlimmere Dürren, schrecklichere Hochwasser, schnellere Gletscherschmelzen und vor allem Zeiten mit einem zumindest gleich warmen Klima, wie in der Römerzeit, im Hochmittelalter oder auch in der Mitte des 20. Jahrhunderts – bei einem weit niedrigeren Anteil an CO2.

Deshalb musste der IPCC die unerklärbaren Warmzeiten zum Verschwinden bringen. Besonders dreist tat es der amerikanische Forscher Michael Mann: Er bearbeitete seine Daten so lang, bis die Temperaturkurve in der Grafik am rechten Rand wie einhockey sticknach oben wies – seit dem Jahr 1000 eine kaum veränderte Temperatur, dann im 20. Jahrhundert einen steilen Anstieg. Die Grafik wurde von Kritikern zerzaust, aber sie fand sich prominent im IPCC-Bericht von 2001 und im Film «An Inconvenient Truth» mit Al Gore. Deshalb prägt sie bis heute, wozu die Klimahistoriker wie Christian Pfister forschen und was das Publikum zur Klimageschichte denkt.

«[…] der Mensch ist mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit die dominante Ursache.»

Ohne Treibhausgase gäbe es kaum Leben auf Erden. Denn sie sorgen dafür, dass die Erde weniger Wärme abstrahlt, als sie von der Sonne aufnimmt. Sonst läge die Temperatur 32 Grad tiefer, höhere Lebewesen hätten sich also nicht entwickeln können.

Dieser Effekt wurde schon 1824 vom französischen Physiker Joseph Fourier entdeckt und 1896 vom schwedischen Chemiker Svante Arrhenius quantitativ beschrieben. In der Wissenschaft bestreitet ihn niemand. Und alle anerkennen, dass der Anteil des wichtigsten Treibhausgases, CO2, in der Atmosphäre von 280 ppm (Teile pro Million) in der vorindustriellen Zeit auf gut 400 ppm zugenommen hat, dies vor allem wegen des Verbrennens von Kohle, Öl und Gas – die Menschen haben also den Treibhauseffekt verstärkt.

Wer diesen unstrittigen Aussagen zustimmt, der gehört zu den 97 Prozent, die sich gemäss oft kolportierten Studien im Konsens finden, dass der Klimawandel menschengemacht sei. Die Studien sind nicht nur deshalb unsinnig: Die Wahrheitsfindung geschieht in der Wissenschaft nicht per Mehrheitsentscheid. Als Albert Einstein vom Buch «Hundert Autoren gegen Einstein» hörte, scherzte er: «Warum einhundert? Wenn sie recht hätten, würde ein Einziger genügen!»

In den entscheidenden Fragen gibt es gar keinen Konsens. Alle wissen, dass sich die Atmosphäre wegen des Treibhauseffekts erwärmt – aber niemand weiss, wie stark. Der wichtigste Wert für die Wissenschaft ist die Klimasensitivität: Um wie viel Grad steigt die Temperatur bei einer Verdoppelung des CO2-Anteils? In dieser Frage kommt der IPCC aber seit zwanzig Jahren nicht weiter; ja er weitete die Unsicherheitsspanne im letzten Bericht sogar wieder aus, auf 1,5 bis 4,5 Grad. Und die meisten Studien der letzten Jahre zeigen, dass der Wert wohl im unteren Bereich oder sogar darunter liegt.

Das CO2 allein führt auf jeden Fall nicht zu einer gefährlichen Erwärmung, die Experten des IPCC fürchten solche Entwicklungen nur aufgrund der komplexen Rückkoppelung mit dem Wasserhaushalt der Erde, vor allem mit den Wolken.Der Experte Bjorn Stevens gestand aber kürzlich imSpiegel, die Forscher verstünden zwar die Wechselwirkungen im kleinen Massstab, «auf der grossen Skala des globalen Kontextes aber verstehen wir wenig». Trotzdem glauben Wissenschaftler wie ETH-Professor Reto Knutti, sie könnten auf die Tonne genau berechnen, wie viel CO2 die Menschheit noch ausstossen darf.

«Die Folgen [der Erwärmung] sind […] gut beobachtet, verstanden und in Computermodellen simuliert. Sie werden sich ohne rasches Handeln massiv verstärken.»

Sturmfluten toben, Waldbrände lodern, Dürren herrschen, die Pazifikinseln versinken im Meer, und die Eisbären sterben aus. Täglich schocken die Medien ihr Publikum mit düsteren Prognosen, was der Welt aufgrund der Klimaerwärmung droht. Darum glauben auch viele Menschen in der Schweiz, die nichts fürchten müssen ausser einer Hitzewelle oder einem Frostschaden, dass der Klimanotstand herrscht.

Jede Wissenschaft macht Voraussagen: Forscher stellen Hypothesen auf und testen empirisch, also in der realen Welt, ob sie stimmen. Was die Wissenschaftler des IPCC mit ihren Computermodellen an üblen Folgen für die Menschheit errechnen, lässt sich aber zu unseren Lebzeiten kaum überprüfen. Die Klimaforscher überbieten sich deshalb ohne störende Nachfragen mit ihrem Alarm – und sie verschweigen, dass sie bisher immer falschlagen.

Denn viele Prognosen liessen sich durchaus testen, und zwar mit den historischen Daten. Die Behauptung, die Erwärmung führe zu mehr Naturkatastrophen, ist so nachweisbar falsch. Die Forscher des ETH-Instituts WSL, die dazu eine Datenbank führen, stellten fest: «Da die meisten Wissenschaftler eine Zunahme der Schadenereignisse aufgrund des Klimawandels voraussagen, erscheint das Fehlen eines Trends in unseren Daten erstaunlich.» Die erfreuliche Tatsache, dass es in der Schweiz nicht mehr Unwetterschäden gibt, sei auf die Schutzmassnahmen der letzten Jahre zurückzuführen, behaupten die Alarmisten. Sie unterschlagen: Diese Beobachtung gilt weltweit, bestätigt vom IPCC. Das hinderte einen Mob von Politikern, Journalisten und Aktivisten nicht daran, den amerikanischen Experten Roger Pielke Jr., der diese Frage studierte, aus der Klimaforschung zu vertreiben (Seite 28).

Die Populationen der Eisbären bleiben seit zwanzig Jahren gleich. Die Pazifikinseln wachsen teils sogar. Die Zahl der Opfer von Naturkatastrophen nimmt stark ab. Und die Welt ist bisher nicht untergegangen, obwohl schon 1989 der Direktor des Umweltprogramms der Uno prophezeite, der Menschheit blieben nur zwölf Jahre zur Rettung vor dem Desaster.

Ja, die Klimaforscher verstehen nicht einmal den Zusammenhang zwischen der Zunahme des CO2 und dem Ansteigen der Temperatur, auf dem ihre Modelle beruhen. Sie können nicht erklären, weshalb die globale Temperatur in den nuller Jahren nicht anstieg oder weshalb sich das Klima schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schnell erwärmte. Und der Berner Professor Thomas Stocker lieferte mit den Studien, die ihn berühmt machten, sogar die Falsifikation der Theorie: Seine Bohrkerne aus dem Antarktis-Eis zeigten, dass der CO2-Anteil nach der Temperatur stieg, also nicht Ursache, sondern Folge war. Statt ihre Modelle zu verwerfen, schrauben die Klimaforscher deshalb an den Daten herum – sie machen passend, was nicht passt.

«Nur eine vollständige Abkehr von Öl, Gas und Kohle in den nächsten paar Jahrzehnten kann die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen: das Klimaziel, das sich alle Regierungen 2015 in Paris gesetzt haben.»

Was aber, wenn der IPCC recht hat mit all seinen Erklärungen und Voraussagen? «Ja, der Klimawandel ist ein Problem», sagt Bjørn Lomborg, «aber er ist nicht das Ende der Welt.» Der dänische Ökonom ruft deshalb seit Jahren die Politiker auf, sie sollten mit ihrem Geld für den Kampf gegen den Klimawandel, weltweit 162 Milliarden Dollar im Jahr, nicht unwirksame Solar- und Windanlagen subventionieren, sondern das Energiesystem innovieren (Seite 8).

Bjørn Lomborg zweifelt nicht am Dogma des IPCC, dennoch zieht er den Hass der Alarmisten auf sich. Und die Klimaforscher werfen dem Kritiker aus Kopenhagen vor, er mische sich in ihre Wissenschaft ein, obwohl er keine Publikationen mit Peer-Review vorweisen könne. Sie übersehen: Bjørn Lomborg äussert sich als Ökonom nur zu Fragen, von denen er mehr versteht als die Klimaforscher wie Thomas Stocker und Reto Knutti, die der Welt als ökonomische Laien einen sofortigen Umbau ihres Wirtschaftssystems befehlen. Und vor allem: Er stützt sich auf die führenden Experten – und zumeist auf den IPCC selbst.

Der 8. Oktober 2018 war ein denkwürdiger Tag für die Klimapolitik. Einerseits stellte in Seoul der IPCC einen Sonderbericht vor, der forderte, die Welt müsse den Temperaturanstieg nicht nur auf 2 Grad, sondern zur Sicherheit besser auf 1,5 Grad begrenzen. Anderseits gab in Stockholm die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften bekannt, der Nobelpreis für Ökonomie gehe an den Amerikaner William Nordhaus, den Erfinder der Klimaökonomie. «Ein Statement für den Klimaschutz!», jubelten die Medien – dabei vertragen sich die Forderungen des IPCC und die Erkenntnisse von Nordhaus nicht.

Wenn alle Staaten ihre Pflichten gemäss dem Pariser Abkommen erfüllen, stossen sie bis 2030 insgesamt 60 Milliarden Tonnen CO2 weniger aus. Das ist weniger als ein Prozent dessen, was es brauchen würde, um gemäss den Modellen des IPCC die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – und dies zu Kosten, die das weltweite Wachstum von zwei Billionen Dollar im Jahr auf eine Billion zurückstutzen würden. Allein die EU-Länder, die ihren Ausstoss bis 2050 um 80 Prozent verringern wollen, müssten dafür jährlich 3,3 Billionen Euro ausgeben, mehr als doppelt so viel wie für Gesundheit, Erziehung, Sicherheit und Verteidigung zusammen.

William Nordhaus bekam den Nobelpreis gerade dafür, dass er die Kosten und den Nutzen der Klimapolitik berechnete. Er empfiehlt eine moderate CO2-Steuer für die Welt und erkennt ein Optimum bei einer Politik, die gemäss IPCC bis Ende des Jahrhunderts zu einer Erwärmung um 3,5 Grad führt. Wenn die Staatengemeinschaft zu exorbitanten Kosten ein strengeres Ziel anstrebe, warnt er, dann mache sie die Welt ärmer, also auch für Katastrophen verletzlicher. Das heisst: Wer das Mantra predigt, wir müssten die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen, der leugnet die Wissenschaft.

«Das Klimaproblem ist lösbar, aber unvergleichlich schwieriger, weil es weltweit ist, alle Sektoren betrifft und die grössten Probleme erst in Jahrzehnten sichtbar werden.»

Wenn es nach den Alarmisten ginge, müsste die Welt längst untergegangen sein. Schon 1972 forderte der Club of Rome einen Totalumbau der Wirtschaft, weil sie an die «Grenzen des Wachstums» stosse: Bis zum Jahr 2000 drohten alle wichtigen Rohstoffe wie das Erdöl auszugehen. Als das neue Millennium anbrach, gab es aber von diesen Rohstoffen grössere bekannte Reserven denn je. Die Warner lagen also falsch – so falsch wie der berühmte Untergangsprophet Thomas Robert Malthus: Der englische Pfarrer rechnete 1798 vor, dass die Menschheit verhungern werde, weil die Nahrungsproduktion linear ansteige, die Bevölkerungszahl aber exponentiell.

Die Apokalyptiker machen immer denselben Denkfehler: Sie rechnen Trends bis zum bitteren Ende hoch und zählen nicht auf die Erfindungsgabe der Menschen, die sie seit zwei Millionen Jahren auszeichnet. So brach, als Thomas Robert Malthus die Menschheit vor dem Hungertod warnte, gerade die Agrarrevolution an: Dank besseren Düngern, Züchtungen und Anbaumethoden, später auch dank dem Einsatz von Treibstoffen für Traktoren und Maschinen steigerte die Welt ihre Produktion stetig, so dass sie heute siebenmal so viele Menschen ernähren kann wie zur Zeit von Malthus.

Statt die Apokalypse zu fürchten, sollte sich die Menschheit um die wahren Probleme kümmern, meinen Kritiker wie Bjørn Lomborg. Mit seinem Copenhagen Consensus Center, bei dem weltführende Ökonomen wie der Zürcher Bruno S. Frey mitdenken (Seite 20), stellte er fünfzig führenden Wissenschaftlern die Frage, wie sich mit einem bestimmten Betrag der grösste Nutzen stiften lässt. So empfiehlt er günstige Massnahmen bei Gesundheit oder Ernährung, vor allem aber mehr Freihandel: Alle Menschen werden wohlhabender, also auch weniger verletzlich für Katastrophen, wenn die Welt das Wachstum vorantreibt – und es nicht mit ihrer Klimapolitik abwürgt.

Ja, das Klimaproblem ist lösbar. Aber nicht, wenn wir die Jungen aufschrecken, wie es auch Reto Knutti tut, sondern wenn wir auf die Menschen vertrauen, wie es der englische Wissenschaftsautor Matt Ridley rät (in: WELTWOCHE, Sonderheft „Klimawandel für die Schule“, 11.07.2019 Seite 18) : „Bleiben wir rationale Optimisten“.

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Lesen Sie auf Seite 32 (WELTWOCHE, Sonderheft „Klimawandel für die Schule“, 11.07.2019)Prof. Knuttis bereits erschienener Weltwoche-Aufsatz, auf den sich Markus Schär in seinem Artikel hier bezieht.

Markus Schär hat als Historiker seine Dissertation über die mentalen Folgen der Kleinen Eiszeit in Zürich geschrieben und sich als Bundeshaus-Redaktor derWeltwochebis 2017 vertieft mit der Klimaforschung auseinandergesetzt.
Er führt mit kritischen Kollegen die Website www.cool-down-schweiz.ch

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Markus SCHÄR für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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Andreas Lieb – Knuttis grüner Schatten**

Wer auf Wikipedia nach einer Definition von «Klimaleugner» sucht, muss sich auf eine lange Lektüre gefasst machen: Sage und schreibe 47 Seiten bringt der Beitrag unter dem Titel «Leugnung der menschengemachten globalen Erwärmung» auf den Drucker. Um den Klimawandel zu erklären, braucht Wikipedia nicht einmal halb so viel Platz (18 Seiten). Nur ist das auch nicht nötig. Denn glaubt man der täglich millionenfach konsultierten Enzyklopädie, ist nur noch eines gefährlicher als die angekündigte Klimakatastrophe: das Bezweifeln der angekündigten Klimakatastrophe.

Wikipedia holt denn auch weit aus. Leugner ist nicht gleich Leugner. Denn Klimaleugnen ist eine Art Geisteskrankheit, allerdings eine ansteckende, mit verschiedenen Kategorien und Unterkategorien. Da gibt es etwa den naiven Skeptiker, der vom genuinen Leugner infiziert und manipuliert wurde. Dann gibt es den organisierten Leugner, den querulatorischen Leugner und, besonders hinterhältig, den «universal einsetzbaren käuflichen Leugner». Hinter letzterem stehen finanzkräftige internationale Multis, Tycoons und konservative Think-Tanks, die aus dem Schutz der Dunkelheit heraus im Geheimen die Fäden ziehen und über gekaufte Agenten ihre Verschwörungstheorien verbreiten und damit den «wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel» torpedieren.

Glaubt man Wikipedia, kann jeder Zweifel an der Klimadoktrin des Weltklimarates nur bösartig motiviert sein. Die Ursachen sind finanzieller oder psychopathologischer Natur. Denn es steht geschrieben im Buch der Bücher: «Mitte der 1990er Jahre gab es damit keinen vernünftigen Grund mehr für eine echte wissenschaftliche Debatte über die Aussage, dass der Mensch das Klima verändert hatte.» Was schon damals Tausende von Wissenschaftlern festhielten, sei «abgesichert». Es verbietet sich folglich auch jede Diskussion um den Klimaleugner an sich, denn jede Kritik und jede Widerrede wäre ein Akt des Leugnens. Der perfekte Zirkelschluss.

Andol zitiert sich am liebsten selber

Die Diskussion erübrigt sich auch deshalb, weil der Wikipedia-Artikel über die Leugner-Lehre praktisch von einem einzigen Autor verfasst wurde. Eine Auswertung der Webseite zeigt: Zu 88,1 Prozent* war hier ein gewisser Andol am Werk, es folgen weit abgeschlagen Skra31 (3,3 %) und FranzR (1,1 %). Alle anderen «Mitautoren» wirkten im Promillebereich, sie korrigierten vielleicht einen Rechtschreibfehler oder ein Komma. Mit anderen Worten: Ein einziger Anonymus definiert auf der Enzyklopädie, die im Online-Bereich faktisch eine Monopolstellung hat, im Alleingang, was ein Klimaleugner sein soll.

Nun gibt sich Andol zwar wissenschaftlich, er verweist auf Publikationen und Autoren. Denn «Leugnismus» oder «Denialismus», so erfahren wir im Wikipedia-Beitrag zu «Science Denial», ist eine Wissenschaft. Nur: Andol hat auch 95,7 Prozent der Bearbeitungen von «Science Denial» zu verantworten. Und genauso verhält es sich auch mit den zumeist angelsächsischen Autoren und Publikationen, auf die er sonst noch verweist: Seine Quellen hat Andol zu einem guten Teil selber auf Wikipedia eingebracht.

Wenn Andol etwa über das angebliche «Rosinenpicken» der Klimaleugner schreibt, verweist er auf einen dreiseitigen Beitrag zum Thema «Rosinenpicken», den er selber zu drei Vierteln verfasst hat und der das Phänomen Rosinenpicken am Beispiel des Klimaleugners erklärt. Der perfekte Selbstläufer: Andol zitiert Andol. Nur merkt der ahnungslose Leser kaum etwas davon. Denn um das herauszufinden, muss man schon in den Innereien von Wikipedia recherchieren.

Andol hat natürlich auch stets ein scharfes Auge auf das Europäische Institut für Klima und Energie (Eike). Es handelt sich dabei um einen Verbund von Wissenschaftlern, der die Weissagungen des Weltklimarates und die Energiewende in Frage stellt. Mit 27,8 Prozent der Einträge führt Andol die Liste der Autoren beim Eike-Eintrag von Wikipedia an. Eike bezichtigte Andol schon öffentlich der Diffamierung. Wikipedia-Attacken von Andol muss auch Professor Fritz Vahrenholt, ebenfalls ein bekannter Kritiker der grünen Klima- und Energiepolitik, immer wieder erdulden. Vahrenholt ist es leid, dauernd Einträge von Andol über seine Person zu berichtigen; er spricht von Vandalismus.

Der bekannte Zürcher Klimawarner und -forscher Professor Reto Knutti kann sich dagegen über den bedingungslosen Support von Andol freuen. Nicht weniger als 92,1 Prozent des dreiseitigen Eintrags zu Professor Knutti, einem «bedeutenden Mitglied des IPCC», stammen von Andol. Detailliert berichtet er via Wikipedia über angebliche Beschimpfungen von Seiten der Klimaleugner, denen Forscher Knutti permanent ausgesetzt sei. Auch Professor Vahrenholt erlebt solche Attacken immer wieder. Doch davon ist auf Wikipedia keine Rede.

Deutungshoheit über die Energiewende

Andol kümmert sich nicht nur um Klimaleugner. Er hat auch 90,8 Prozent der Wikipedia-Einträge zum Stichwort «Energiewende» und 73 Prozent der Texte zu «Einspeisevergütung» verfasst. Ein kritisches Wort zu den Nachteilen der alternativen Energieträger sucht man vergeblich. Und hier wird es nun definitiv gespenstisch.

Wie ist es möglich, dass eine anonyme Einzelmaske bei einem derart folgenschweren Unterfangen das vielleicht wichtigste Medium im deutschen Sprachraum praktisch solo kontrolliert? Zur Erinnerung: Wikipedia generiert bis zu einer Million Klicks pro Stunde und figuriert auf Rang fünf der meistbesuchten Websites in der Schweiz (Deutschland Rang sieben).

Wer ist dieser Anonymus? Das herauszufinden ist etwas schwieriger, aber nicht unmöglich. Andol hat beim Hochladen von Grafiken Spuren hinterlassen, und diese führen zu einem gewissen Andreas Lieb aus Grossostheim im schönen Freistaat Bayern. Lieb kandidierte in Grossostheim erfolglos auf der Liste der jungen Grünen für den Gemeinderat und trat im letzten Dezember als Redner bei einer lokalen Klimademo auf. Er zeichnete gelegentlich Online-Kommentare auf Zeitungsportalen mit seinem Alter Ego Andol.

Die Angaben zum Werdegang von Andol gemäss seiner Autorenseite auf Wikipedia – er hat Geschichte studiert und Artikel über die Eisenbahn geschrieben – und dessen Leidenschaft für Klimaleugner, Greta, Energiewende und Professor Knutti passen wiederum perfekt zum Twitter-Account des grünen Lokalpolitikers Andreas Lieb aus Unterfranken.

Wer zahlt seinen Lebensunterhalt?

Das wirklich heisse Rätsel konnten wir bis zur Stunde leider nicht lösen: Wovon lebt Andreas Lieb? Wie generiert er sein Einkommen? Eines scheint klar: Sein Dauerengagement bei Wikipedia kommt einem Vollzeitjob gleich.

Seit Andol 2011 auf Wikipedia aktiv wurde, hat er mehr als 180 eigene Artikel verfasst und über 20 000 Bearbeitungen an bestehenden Einträgen vorgenommen. Die statistische Erfassung seiner Interventionen zeigt, dass er die ganze Woche gleichermassen aktiv ist. Nach 13 Uhr loggt er sich ein, Tag für Tag. Mit der sturen Regelmässigkeit einer Schwarzwälder Kuckucksuhr legt er um 17 Uhr eine Pause ein, dann wird weiter gerackert bis Mitternacht und manchmal auch darüber hinaus.

Es ist das Muster einer Vollzeitstelle, acht Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche. Arbeitet Andol etwa um Gottes Lohn? Wir hätten es gerne von ihm persönlich erfahren. Doch alle Versuche, Andreas Lieb mit unseren Recherchen zu konfrontieren – via Telefon, via Mail, über lokale Politikerkollegen –, sind gescheitert. Lieb alias Andol stellt sich taubstumm.

Der Klimauntergang naht

Ist er ein Besessener, der die Welt vor ihrem Untergang bewahren will? Liest man seine Rede zur Klimademo vom letzten Dezember im heimischen Grossostheim, drängt sich dieser Eindruck auf. Das CO2 sei «für die komplette Erwärmung» des Klimas verantwortlich, predigt Lieb dort, «ohne den Menschen hätte es sogar eine leichte Abkühlung gegeben». Dies wisse man in den USA bereits seit 1965. Die Energiewende sei alternativlos, der Solarstrom so günstig wie noch nie zuvor, beschwor er die deissig Demonstranten auf dem Dorfplatz: «Diese ganzen Studien abermals zu ignorieren, die bittere Realität zu leugnen, wäre schlicht Wahnsinn!»

 

Auf Twitter hat Andreas Lieb etwas mehr Follower: 76 sind es (den Schreibenden miteingerechnet). Das ist, nett gesagt, nicht gerade der Haufen. Als einer von 20 000 «Sichtern» bei der deutschsprachigen Wikipedia – gemeint sind damit jene fleissigen Autoren, die sich das Privileg erworben haben, die Beiträge von Gelegenheitsautoren zu kontrollieren, zu korrigieren und allenfalls zu blockieren – hat Andol dagegen einen erheblichen Einfluss auf ein potenzielles Millionenpublikum. Als namenlose Maske hat er es geschafft, die Deutungshoheit über die Energiewende und die Klimapolitik an sich zu reissen.

Das Problem ist bekannt, seit es Wikipedia gibt. Für objektiv überprüfbares Wissen – Sportresultate, historische Ereignisse oder Persönlichkeiten, chemische Formeln oder Gemeindechroniken – ist die von Freiwilligen geschaffene Enzyklopädie eine grossartige Errungenschaft. Fehler oder Fake News werden von der Masse recht zuverlässig korrigiert. Doch sobald es politisch-ideologisch-religiös wird oder gar Verschwörungstheorien ins Spiel kommen, ist auf Wikipedia kein Verlass mehr. Dann ist die Neutralität schnell im Eimer. Es gelten die Regeln des Dschungels.

Andol hat den längeren Atem

Das Erfolgsrezept von Andol: Er hat schlicht und einfach den längeren Atem. Das wird gut ersichtlich, wenn man die Diskussionsforen zu den Wikipedia-Artikeln anschaut. Dort werden die geblockten oder gelöschten Veränderungen diskutiert. Wer Liebs Wahrheiten zu Klima, Solarpanels oder Einspeisevergütungen nicht teilt, muss sich auf endlose Auseinandersetzungen und Belehrungen über Gott und die Welt einlassen. Dann kann der sonst ganz friedfertige Energiewender und Klimaretter «auch mal wütend werden», wie er selber einräumt. Nicht jeder hat die Zeit und die Nerven für epische und fruchtlose Wortgefechte mit dem Bekehrten – und kapituliert irgendwann mal. So dass Andol am Ende allein bestimmt, was richtig und wahr ist. Streng wissenschaftlich wahr natürlich.

* Die im Text erwähnten Statistiken aus Wikipedia wurden am 11. Juli 2019 erhoben.

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)**  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Alex Baur für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages.

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Zweifel an Elektrobussen wachsen *

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen 90 Busse mit Batterieantrieb kaufen. Die Elektrobusse kosten den dreifachen Preis im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen. Im Vergleich zu den bisherigen Bussen weisen die Elektromodelle im Alltagsbetrieb jedoch noch einen weiteren, gravierenden Nachteil auf.

Vor allem auf der Buslinie 142 setzt die BVG probeweise schon jetzt einige Elektrobusse ein, die von Mercedes und dem polnischen Hersteller Solaris geliefert wurden. Bei diesen Fahrzeugen mit Batterie fällt vor allem die sehr geringe Reichweite auf. Während die normalen Dieselbusse auf tägliche Reichweiten von rund 700 Kilometern kommen, müssen die Elektrobusse bereits nach einer Fahrtstrecke von 140 Kilometern wieder zurück an die Ladesäule.

Da auch das Stromtanken mehrere Stunden dauert, reduziert sich die Einsatzdauer so stark, dass scherzhaft bereits von „Halbzeitkräften“ die Rede ist. Wegen der geringen Reichweite setzen die Verkehrsbetriebe die Batteriefahrzeuge bislang nur auf relativ kurzen Abschnitten ein. Die nun georderten „New Urbino 12 electric“ des Posener Herstellers Solaris werden zudem auch noch zu den eher kleineren Bussen im BVG-Fuhrpark gehören. Sie sind für maximal 70 Fahrgäste ausgelegt.

Schon in wenigen Jahren werden auf die Verkehrsbetriebe zudem Anschaffungskosten in Milliardenhöhe zukommen. BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta hatte bereits im Frühjahr angekündigt, dass die Busflotte bis 2030 komplett auf Strom umgestellt werden soll.

Mit derzeit etwa 1400 Fahrzeugen verfügen die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe ohnehin über den größten Busfuhrpark in Deutschland. Die jetzt bestellten

90 Fahrzeuge schlagen inklusive der Ladeinfrastruktur mit 61 Millionen Euro zu Buche.

Einen Teil der immensen Kosten – voraussichtlich 14 Millionen Euro – will der Bund übernehmen. Der Großteil von wahrscheinlich 47 Millionen Euro werden indes das Land Berlin und die BVG schultern müssen. Die Folge: Trotz der Förderung durch den Bund wird bei diesem ersten Großauftrag jeder der E-Busse ein Mehrfaches dessen kosten, was für einen herkömmlichen Dieselbus bezahlt werden muss.

Anderswo mehren sich die Stimmen, die vor einer ausschließlichen Festlegung auf batteriegetriebene Elektrofahrzeuge warnen. So forderte Thomas Kiel vom Deutschen Städtetag auf einer Fachtagung in Berlin, dass grundsätzlich technologieoffen gearbeitet werden müsse: „Wir wissen schließlich nicht, welche Technologie sich in Zukunft durchsetzen wird“.

Die Frage der Technologieoffenheit steht auch im Zentrum einer Debatte, die mittlerweile in der deutschen Automobilindustrie geführt wird. Der VW-Konzern unter seinem Chef Herbert Diess hat einen radikalen Schwenk hin zur Elektromobilität eingeleitet. Zudem kommt von VW auch die Forderung nach einem „Masterplan Elektromobilität“, mit dem etwa der Bau von Stromtankstellen organisiert werden soll.

In der Branche ist die von VW vorangetriebene Festlegung auf die Elektromobilität allerdings durchaus umstritten. Wolf-Henning Scheider, Chef des Zulieferers ZF, kommentierte etwa im Berliner „Tagesspiegel“: „Man darf nicht die Strategie eines einzelnen Unternehmens mit der gesamten Branche gleichsetzen.“

Mit deutlichen Zweifeln hat sich auch der BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich zu Wort gemeldet. Er sprach von einem „hochgejubelten“ Trend zur Elektrifizierung, während das tatsächliche Interesse bei den Kunden in Europa nur gering sei. „Es gibt keine Anfragen von Kunden für Batterie-Elektroautos. Keine“, so Fröhlich vor Pressevertretern. Chancen sieht der Entwicklungschef des deutschen Premiumherstellers in Europa bei Fahrzeugen mit Hybridantrieb, die eine gute Elektro-Reichweite vorweisen können.

Auch auf dem wichtigen chinesischen Markt bahnt sich eine Entwick­lung an, die starken Einfluss auf die Zukunftspläne der deutschen Autobauer ausüben dürfte. Die chinesische Regierung will ihre Subventionen für Elektroautos in diesem Jahr drastisch kürzen und langfristig sogar weitgehend auslaufen lassen. Beobachter rechnen damit, dass die chinesischen Autobauer als Reaktion auf die Subventionskürzungen ihre Preise für Elektroautos deutlich erhöhen werden.

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)*  Anmerkung der EIKE-Readktion :

05.07.2019,  S.5,  NORMAN HANERT,  Zweifel an Elektrobussen wachsen“,  EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor für die Gestattung der ungekürzten Übernahme.

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