Die ‚unbequeme Wahrheit’ für das IPCC – Stillstand der globalen Erwärmung seit über 15 Jahren

Hier folgen die wesentlichen von mir in dem Op-Ed angesprochenen Punkte:

Die Veröffentlichung des 4. Zustandsberichtes des IPCC wurde international mit Beifall aufgenommen. Der vielgerühmte IPCC-Prozess – eine Heerschar von Experten aus über 100 Ländern hat vier Jahre lang daran gearbeitet, tausende in Journalen veröffentlichte Artikel untersucht, mit hunderten von Experten-Begutachtern – hat die Autorität des IPCC auf fast biblische Höhen gehoben. Journalisten sprangen auf den Zug auf, und selbst Öl- und Gas-Unternehmen standen dicht vor der Kapitulation. Die Verehrung gipfelte im Friedensnobelpreis, der dem IPCC zusammen mit Al Gore verliehen worden ist. Zu jener Zeit bin auch ich dem Konsens beigetreten, dieses Dokument als richtungweisend zu unterstützen: ich bin dem Motto gefolgt: „Vertraue nicht dem, was ein einzelner Wissenschaftler sagt; sondern vertraue vielmehr dem einen Konsens bildenden Prozess der IPCC-Experten“.

Sechseinhalb Jahre später und eine Woche vor Veröffentlichung des 5. Zustandsberichtes (AR 5) wurde substantielle Kritik an durchgesickerten Versionen des Berichtes geübt, ebenso wie am IPCC-Prozess selbst. IPCC-Insider beklagen den Verlust ihres wissenschaftlichen und politischen Einflusses. Was war geschehen?

Das IPCC war ernsthaft angeschlagen nach der unautorisierten Veröffentlichung von E-Mails von der University of East Anglia im November 2009, bekannt unter der Bezeichnung Klimagate. In diesen E-Mails wurde der ‚Schacher’ im Konsens bildenden IPCC-Prozess enthüllt, einschließlich der Verhinderung, die Daten Personen zugänglich zu machen, die die Verarbeitung der Daten und die wissenschaftlichen Ergebnisse überprüfen wollten; Einmischung in den Begutachtungsprozess, um den Einfluss skeptischer Kritiken zu minimieren sowie Manipulation der Medien. Dem Klimagate-Skandal folgte rasch die Identifizierung eines ungeheuerlichen Fehlers hinsichtlich des Abschmelzens der Himalaya-Gletscher. Die Auswirkungen dieser Enthüllungen wurden noch erheblich verschlimmert durch die tatsächliche Reaktion des IPCC auf diese Dinge. Dann gab es Geraune über das Verhalten von IPCC-Chef Rajendra Pachauri und durch Untersuchungen der Infiltration durch grüne Aktivistengruppen in das IPCC. All das geschah vor dem Hintergrund der expliziten Befürwortung und des Aktivismus seitens der IPCC-Führer hinsichtlich politischer Maßnahmen zur Abschwächung des CO2-Einflusses.

Das IPCC scheint die kumulativen Auswirkungen dieser Ereignisse nicht zu verstehen, und zwar hinsichtlich des Vertrauensverlustes in die Klimawissenschaftler und des IPCC-Prozesses selbst. Der einen Konsens bildende IPCC-Prozess hängt sehr stark von der Beurteilung durch Experten ab; wenn die Öffentlichkeit und die Politik diesen besonderen Experten nicht mehr vertraut, kann man von einem sehr unterschiedlichen Echo bei der Veröffentlichung von AR5 verglichen mit dem AR 4 ausgehen.

Aber das IPCC steht auch noch vor einem anderen, noch ärgerlicheren Dilemma. Seit der Veröffentlichung des AR 4 hat die Natur das IPCC vorgeführt – es gab keine signifikante Zunahme der globalen Mitteltemperatur seit über 15 Jahren.

Basierend auf frühen Versionen des AR 5 scheint das IPCC darauf vorbereitet, den Stillstand der Erwärmung als irrelevantes ‚Rauschen’ in Verbindung mit der natürlichen Variabilität abzutun. Unter Druck räumt das IPCC den Stillstand jetzt ein und gibt zu, dass die Klimamodelle diesen nicht vorhergesagt haben. Das IPCC konnte nicht überzeugend den Stillstand erklären hinsichtlich externer Strahlungsantriebe durch Treibhausgase, Aerosole, solare oder vulkanische Antriebe; und das bedeutet, dass die natürliche innere Variabilität als der vorherrschende Anwärter zur Erklärung des Stillstands übrig bleibt. Falls das IPCC den Stillstand der inneren natürlichen Variabilität zuschreibt, wirft es die Frage auf, bis zu welchem Ausmaß die Erwärmung von 1975 bis 2000 ebenfalls durch die interne natürliche Variabilität erklärt werden kann. Nicht zu erwähnen, drängender werdende Fragen über das Vertrauen zu stellen, dass wir den IPCC-Projektionen der zukünftigen Klimaentwicklung entgegen bringen sollten.

Nichtsdestotrotz scheint das IPCC zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Erwärmung in naher Zukunft wieder einsetzen wird in Übereinstimmung mit den Vorhersagen der Klimamodelle.

Warum sehe ich die Auswirkungen des Stillstands hinsichtlich der Zuordnung der Erwärmung zum Ende des 20. Jahrhunderts und deren Implikationen für die zukünftige Erwärmung so ganz anders als das IPCC? Diese unterschiedliche Bewertung erwächst aus der unterschiedlichen Einschätzung und der Wichtigkeit bestimmter Klassen von Beweisen ebenso wie der Einbindung dieser Beweise in das gesamte Rahmenwerk – meine Begründung fußt sehr stark auf beobachteten Beweisen und dem Verständnis der inneren natürlichen Variabilität des Klimasystems, während das IPCC seine Aussagen sehr stark auf Klimamodell-Simulationen und externer Antriebe der Klimaänderung stützt.

Wissenschaftler müssen keinen Konsens erreichen, um geachtet zu werden. Die Achtung beruht auf der Glaubwürdigkeit der Argumente, die eine explizite Darstellung der Unsicherheiten und der Mehrdeutigkeiten enthalten muss ebenso wie mehr Offenheit gegenüber Andersdenkenden. Ich habe verlangt, dass der nach Konsens strebende wissenschaftliche Prozess aufgegeben wird zugunsten einer traditionelleren Begutachtung, die Argumente für und wider präsentiert, die Unsicherheiten diskutiert und auf Spekulationen über die bekannten und unbekannten Unbekannten eingeht. [the unkown unknowns]

Die wachsenden Implikationen des vertrackten Problems der Klimaänderung werden immer offensichtlicher. Lassen Sie uns das Streben nach einem wissenschaftlichen Konsens aufgeben und durch offene Debatten und Diskussionen einer großen Bandbreite politischer Optionen ersetzen, die lokale und regionale Lösungen hinsichtlich des vielschichtigen und miteinander in Verbindung stehenden Dinge der Klimaänderung enthält.

Link: http://judithcurry.com/2013/09/20/the-ipccs-inconvenient-truth/

Übersetzt von Chris Frey EIKE




Der herbeigeredete Klima-Konsens

Einige wichtige Einblicke hierzu finden sich in dieser Studie von Jean Goodwin an der Iowa University mit dem Titel:  The authority of the IPCC and the manufacture of consensus [etwa: Die Autorität des IPCC und die Produktion eines Konsens’]. Hier folgen einige Auszüge:

Durch eine Serie von (bis heute) vier Zustandsberichten seit 1990 gelang es dem IPCC, als eine politische „Gegebenheit“ durchzusetzen, dass sich die Erde erwärmt, und dass menschliche Aktivitäten ein signifikanter Grund dafür sind. Der vierte Zustandbericht war die Gelegenheit für die Administration Bush II, von der ursprünglichen Feststellung aus dem Jahr 2001:

…Wir wissen nicht, wie groß die Auswirkungen natürlicher Fluktuationen auf die Erwärmung sind. Wir wissen nicht, wie stark die Änderung unseres Klimas erfolgt oder in Zukunft erfolgen wird. Wir wissen nicht, wie schnell das geht, geschweige denn, ob einige unserer Maßnahmen die Änderung überhaupt beeinflussen können. …

 

…mit den typischen Beteuerungen der “Unsicherheiten” als Grund dafür, nichts zu tun, zu der Feststellung aus dem Jahr 2007 zu schwenken:

(Der Bericht des IPCC) spiegelt das umfangreiche und robuste Wissen um die physikalische Wissenschaft der Klimaänderung, einschließlich dass die Erde sich erwärmt und das menschliche Aktivitäten sehr wahrscheinlich für den größten Teil dieser Erwärmung der letzten 50 Jahre verantwortlich sind.

Wie hat das IPCC das gemacht? Im Gegensatz zu jenen, die Zweifel anmelden, hat das IPCC eine breite und tiefe Übereinstimmung unter den Wissenschaftlern als offenkundig hingestellt – sie haben den Konsens „fabriziert“.

So weit ich das sagen kann, fehlt das Wort „Konsens“ im WGI-Kapitel [WGI bei Google: 332.000 Treffer verschiedenster Bedeutungen! Man suche sich etwas aus! A. d. Übers.] des FAR [Treffer bei Google: 184 Millionen! Den Abkürzungen nach könnte der erste oder vierte Bericht gemeint sein. Oder ist vielleicht die False Alarm Rate, also die Rate falscher Alarme gemeint? A. d. Übers.] – vor allem fehlt es in der ursprünglichen „Zusammenfassung für Politiker“. Zum ersten Mal taucht es in der frühesten Präsentation des FAR auf: ein Statement, das für die Öffentlichkeit definiert, was FAR ist und wie man es lesen muss. John Houghton, leitender Meteorologe in GB sowie Vorsitzender von WGI, schrieb Folgendes in seinem „Vorwort“ des Berichtes:

 „An der Vorbereitung der grundlegenden Begutachtung waren die meisten der in diesem Bereich tätigen Wissenschaftler beteiligt. 170 Wissenschaftler aus 25 Ländern haben dazu beigetragen, entweder durch Teilnahme an den zwölf internationalen Workshops, die speziell zu diesem Zweck abgehalten worden waren, oder durch schriftliche Beiträge. Weitere 200 Wissenschaftler waren mit der wissenschaftlichen Begutachtung des Berichtsentwurfes beschäftigt. Obwohl es wie in vielen sich entwickelnden wissenschaftlichen Bereichen eine Minderheit von Meinungen gab, die wir nicht übernehmen konnten, hat die wissenschaftliche Begutachtung dabei geholfen, einen hohen Grad an Konsens sicherzustellen, und zwar unter Autoren und Begutachtern gleichermaßen, wenn man die präsentierten Ergebnisse betrachtet.“

Kommentar von Judith Curry (JC): Es scheint, dass John Houghton mit dieser Argumentation für die Anfangsentscheidung verantwortlich war, Konsens als Schlüsselelement der IPCC-Rhetorik zu benutzen, und zwar im Zusammenhang damit, der Öffentlichkeit den FAR zu verkaufen.

Was wird zu diesem Komplex getan – dieser rhetorischen Form, die ich eine „Behauptung des Konsens’“ nennen möchte? Eine Stelle, damit anzufangen, ist das Erkennen der Kuriosität dieser Behauptung. Schließlich lehren wir unseren Studenten, dass sie das Offensichtliche und Populäre erkennen und zurückweisen. Ich glaube, dass man kaum einen Wissenschaftler finden dürfte, der anderen gegenüber behauptet, dass man dies und das glauben sollte, weil ein „Konsens der Wissenschaftler“ dahinter steht. Tatsächlich hat der WGI-Bericht selbst seine Aussagen nicht „sozial“ eingerahmt, z. B. indem es schrieb, wie viele Wissenschaftler aus welchem Fachgebiet und welchem Land dazu beigetragen haben. Stattdessen wurden die Aussagen „erkenntnistheoretisch“ umrahmt dergestalt, dass es in der Zusammenfassung für Politiker hieß, worüber wir „sicher waren… was wir vertrauensvoll berechnet haben… und vorhergesagt haben“; und auch, wo „Unsicherheiten“ verbleiben sowie die detaillierte Auflistung einiger Beweise  in mehreren Kapiteln, die diese Behauptungen stützen. Falls Wissenschaftler dazu tendieren, sich gegenseitig erkenntnistheoretisch gegenüber zu treten als Gegensatz zu sozialen Grundlagen, ist es keine Überraschung, dass es keine Mechanismen zu geben scheint, die etablieren, dass es einen wissenschaftlichen Konsens gibt.

Kommentar von JC: Was wikipedia zum Thema wissenschaftlicher Konsens sagt, ist lesenswert.  Es heißt dort: „Wissenschaftlicher Konsens ist nicht aus sich selbst heraus ein wissenschaftliches Argument und ist auch nicht Teil der wissenschaftlichen Methode.“ Er dient dazu, „eine Zusammenfassung der Wissenschaft vom „Inneren“ der Wissenschaft nach „außen“ zu tragen“.

Die Behauptung des Konsens’ scheint also vordergründig auf Nichtwissenschaftler zu zielen, und macht im Besonderen (ich gebe zu, teils auch spekulativ) einen Anschein von Autorität. In der Präsentation des FAR werden die Auditorien eingeladen, die Begutachtung nicht wegen seiner erkenntnistheoretischen Grundlage zu akzeptieren, sondern wegen des sozialen Faktors desjenigen, der es geschrieben hat… Während Laien fast per Definition nicht in der Lage sind, die Ausführungen eines Experten zu durchschauen, ist es ihnen aber durchaus möglich, soziale Fakten zu beurteilen, beispielsweise ob einige Verfahren enthalten sind oder nicht. Um einen Satz von Collins und Pinch anzuwenden, wo es uns unmöglich ist, die Wissenschaftler auf ihrem Fachgebiet zu beurteilen, können wir sie stattdessen auf der gleichen alltäglichen, pragmatischen Grundlage beurteilen, mit dem wir einem Klempner trauen.

Kommentar von JC: Bei Klimagate ging es um die sozialen Aspekte des Konsens’. Während die Wissenschaftler zu recht behaupteten, dass Klimagate nichts Erkenntnistheoretisches hinsichtlich der Klimawissenschaft verändert hat, hatte die Öffentlichkeit substantielle Probleme in den Verfahren gesehen, mit denen der Konsens erzeugt worden ist.

Die Behauptung des Konsens’ scheint des Weiteren eine Ausschmückung des Anscheins von Autorität zu sein, speziell geschaffen, um seine Macht zu erhöhen. „Akzeptieren sie, was ich sage, weil ich es sage!“ ist die minimalistische Version des Anscheins von Autorität. An anderer Stelle habe ich ausgeführt, dass die Macht dieses Anscheins auf einer Art „Betrug“ basiert: es stellt die Zuhörer scheinbar unüberlegt dar, wenn sie sich deutlich gegen die Sicht von jemand aussprechen, der offensichtlich mehr weiß. Der Anschein des Minimalen ist jedoch für die Zuhörer relativ einfach zu umgehen. Zum Beispiel können die Zuhörer auf die Suche nach einer zweiten Meinung gehen und danach ihr Nicht-konform-gehen aufgrund dessen, dass die Experten selbst geteilter Meinung sind, entschuldigen. Falls jedoch alle Experten das Gleiche sagen, ist die „plausible Entschuldbarkeit“ des Laien begrenzt.

Kommentar von JC: Diese Strategie findet sich ganz klar in den Argumenten von Oreskes und Anderegg et al.

Eine Konsensbehauptung aufzustellen ist also das Gleiche, was im Vorwort angesprochen wird: eine “autoritative Aussage“ aufstellen. Es ist erwähnenswert, dass es einige Beweise dafür gibt, dass einige Teilnehmer des IPCC-Prozesses genau das gemacht haben, um so eine Autorität zu erreichen. Bert Bolin, der Gesamtvorsitzende (overall chairman) des IPCC selbst, erinnert daran, dass er selbst „wiederholt die Arbeitsgruppen darauf hingewiesen hatte, dass das Ziel nicht notwendigerweise darin bestand, Übereinstimmung zu erzielen, sondern eher unterschiedliche Ansichten wenn nötig anzusprechen und die Gründe für die Nichtübereinstimmung zu klären, wenn möglich“. Er fährt fort: „Aber selbst das wurde nur selten versucht“. Auf der gleichen Schiene heißt es, dass Houghton selbst (bei der Gründung des IPCC 1988) gesagt hatte: „wir müssen bei einer generellen Übereinstimmung ankommen!“

Kommentar von JC: Es ist dieses Ziel, was das Ganze zu einem fabrizierten Konsens macht. Es ist erhellend zu sehen, dass der Gedanke des Konsens’ von Houghton vorangetrieben worden ist, wenn auch mit etwas Widerstand von Bolin.

Wissenschaftler, die an der Erstellung des ersten Zustandsberichtes beteiligt waren, präsentierten dessen endgültige Ausgabe als einen „Konsens der Wissenschaftler“; soweit ich das beurteilen kann, war dies jedoch nicht die offizielle Position des IPCC selbst. Das änderte sich jedoch im weiteren Verlauf des IPCC-Prozesses. Wie auch immer es angefangen hat, die Behauptung des Konsens’ scheint eine der Arten zu sein, wie sich das IPCC selbst seinen Zuhörern präsentiert. Zum Beispiel hieß es in einem Flyer zum Dritten Zustandsbericht, dass er „ein autoritativer internationaler Konsens der wissenschaftlichen Meinung“ sei.

Die Betonung des Konsens’ zog sich auch durch die internen Prozeduren des IPCC, als diese nach dem ersten (und ziemlich eilig zusammen gezimmerten) ersten Zustandbericht zunehmend etabliert wurden. Schon 1991 wurde eine Regel übernommen, die da lautete, dass „beim Treffen von Entscheidungen, beim Ziehen von Schlussfolgerungen und der Übernahme von Berichten das Plenum und die Arbeitsgruppen des IPCC alle Anstrengungen unternehmen sollten, um Konsens zu erreichen“.

Inzwischen musste das IPCC jedoch fast zwanzig Jahre aushalten, in denen seine Autorität durch Bedenken unterminiert wurden, die eigentlich unter den eigenen verkündeten Standards legitim wären. Indem man das IPCC quantitativer Aufgeschlossenheit anheim gab, schufen diejenigen, die dessen Arbeiten als „Konsens“ präsentierten, die Grundlagen für Kontroversen.

Kommentar von JC: Ich stimme zu, dass die Behauptung des Konsens’ die ultimative Quelle für Kontroversen im Umfeld des IPCC ist. Wie ich schon vorher in meinem Beitrag no consensus on consensus ausgeführt habe, ist ein Konsens zu diesem Thema weder notwendig noch wünschenswert.

Das IPCC und seine Fürsprecher waren daher gezwungen, eine zweite Aufgabe anzugehen: „Arbeiten zur Abgrenzung“, die erforderlich waren, um zwischen denen, die qualifiziert waren, zu einem wissenschaftlichen Konsens bzgl. der globalen Erwärmung beizutragen, und denen, die das nicht waren. Diese Arbeit schimmert immer wieder in einigen Presseberichten durch, in denen die „Minderheit“ nicht nur als quantitativ klein, sondern auch als „extrem“ und „wissenschaftlich unseriös“ charakterisiert worden ist. Unglücklicherweise sorgte die Notwendigkeit der Arbeit zur Abgrenzung wahrscheinlich auch für Versuchungen, illegitimerweise die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit jener anzugreifen, deren Ansichten nicht mit dem Konsens übereinstimmten. Selbst wenn es erfolgreich und legitim war, erzeugte das Ziehen solcher Grenzen zusätzliche Probleme. Falls wirklich jeder Wissenschaftler innerhalb des Konsens’ zustimmte, dass politische Aktionen dringend erforderlich seien, und jeder Wissenschaftler außerhalb genau das in Abrede stellte, muss es zu einer starken Politisierung kommen – d. h. die Grenze zwischen „Insidern“ und „Outsidern“ basierte auf politischen Ansichten und nicht auf wissenschaftlicher Relevanz.

Kommentar von JC: dies ist ein scharfsinniger Einblick, wie die Wissenschaftler in dieser Sache politisiert worden sind.

Schließlich bot die Behauptung des Konsens’ Gelegenheiten für Opponenten, darauf hinzuweisen, dass das Hervorheben des Konsens’ durch das IPCC die Wissenschaft selbst verzerrt. Als die Konsens-Behauptung einmal im Raum stand, hatten Wissenschaftler, die in die weitergehenden Prozesse des IPCC involviert waren, Gründe, nicht nur die wissenschaftlichen Beweise zu überdenken, sondern auch die möglichen Auswirkungen ihrer Feststellungen auf ihre Fähigkeit, die Konsens-Behauptung zu verteidigen.

Kommentar von JC: Ich habe schon früher darauf hingewiesen, dass das IPCC die Klimawissenschaft korrumpiert, und dieser Artikel macht klar, dass die Quelle dieser Korruption dieser Prozess zur Konsensbildung ist.

 „Konsens” ist eine schwerwiegende Behauptung, und es öffnet weiten Raum für Diskussionen; das ist es, worauf ich mit dem obigen Sketch hinweisen wollte. Indem sie ihre Arbeit als „Konsens“ präsentierten, haben die Wissenschaftler des IPCC die Einwände von den üblicherweise als „Leugner“ bezeichneten Leuten tatsächlich legitimiert und sich selbst in einen zwanzig Jahre währenden Prozess begeben, ihnen zu antworten.

Lassen Sie mich diese Passage mit der Aufforderung schließen, „noch mehr Forschung ist notwendig!“, und zwar als Einschub in den Bericht als eine rhetorische Strategie – ein Thema, das meines Wissens fast völlig unerforscht ist. Es kann sein, dass wir herausfinden, dass die „Berichtsstrategie“ nicht darauf abzielt, den Anschein einer Expertenautorität zu konstruieren, sondern dass sie versucht, eine Audienz aus Laien mit den Methoden wissenschaftlicher Begründungen vertraut zu machen, um diese Schlussfolgerungen zu erreichen. Wie ich oben vorgeschlagen habe, würde eine „Berichtsstrategie“ eine „erkenntnistheoretische [epistemic]“ im Gegensatz zu einer „sozialen“ Annäherung zur wissenschaftlichen Kommunikation darstellen… Und es ist wohl wahrscheinlich, dass das Verfolgen einer „Berichtsstrategie“ von seinen Autoren Bekenntnisse verlangt, die sich von der Strategie des Herstellens eines Konsens’ unterscheiden und viel weniger dazu beitragen.

Kommentar von JC: Goodwin trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er die Notwendigkeit zum Ausdruck bringt, eine Zuhörerschaft aus Laien ernsthaft mit den Arten wissenschaftlichen Argumentierens vertraut zu machen, um diese Schlussfolgerungen ziehen zu können. Da im IPCC jede Transparenz und Angaben zu Unsicherheiten fehlen, habe ich den Verdacht, dass es eine substantielle Menge abwegiger Begründungen (vor allem Zirkelschlüsse) gibt, die nur zu vielen der Schlussfolgerungen und Feststellungen des IPCC passen.

Schlussfolgerung von JC: Lassen Sie uns für einen Moment zu dem früheren Beitrag zu agnoiology und diesem Statement von Lehrer zurückkommen:

Wir sollten darlegen, dass Konsens in einer Referenzgruppe von damit befassten Experten nur dann relevant ist, wenn nicht nach Übereinstimmung gesucht wird. Sollte ein Konsens zufällig in der Suche nach Wahrheit und dem Vermeiden von Fehlern auftauchen, ist ein solcher Konsens, obwohl er später wieder in Frage gestellt werden kann, dazu geeignet, dass Konformität damit vernünftig und Dissens nicht vernünftig ist. Falls jedoch auf einen Konsens durch die Referenzgruppe hingearbeitet wird mit dem Ziel, diesen auf jeden Fall  zu erreichen, wird es konspirativ und irrelevant hinsichtlich unserer intellektuellen Ansprüche.

Godwins Ausführungen sind ein starkes Argument dafür, dass das IPCC ein fabrizierter Konsens ist, der erreicht werden sollte, koste es, was es wolle.  Lehrer hat schon 1975 geschrieben, dass ein solcher Konsens konspirativ und irrelevant für unsere intellektuellen Ansprüche ist.

Das IPCC muss die Hervorhebung des Konsens’ los werden und dem Verstehen der Unsicherheiten und der aktuellen Argumentationsweise viel mehr Aufmerksamkeit widmen. Ich möchte diesen Artikel mit diesem Statement von Oppenheimer et al. (2007) beschließen:

Der vom IPCC etablierte Konsens ist nicht länger so wichtig für Regierungen wie eine volle Erforschung der Unsicherheiten.

Link: http://judithcurry.com/2011/07/16/manufacturing-consensus/

Link zum Artikel, auf den sich diese Kommentare beziehen: http://goodwin.public.iastate.edu/pubs/goodwinipcc.pdf

Übersetzt von Chris Frey für EIKE

 




Der politische IPCC Prozess! Die Richtung der positiven Rückkopplung umkehren!

EINLEITUNG

Zur Einleitung einer Podiumsdiskussion mit Andy Revkin und Roger Pielke Jr. zum Thema "Jen­seits von ClimateGate " an der Purdue University ging es um drei Fragen:

(1) Sind Wissenschaftler allzu politisch geworden bei ihrer Parteinahme für eine bestimmte Ver­hinderungs- und Anpassungspolitik? Überwiegen die Vorteile durch politische Parteinahme das Risiko des Verlusts der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit?

(2) Welche Rolle spielen die Medien bei den wachsenden Widersprüchen, einschließlich der Blo­gosphäre und des Internets?

(3) Können die Klimatologen in Zukunft eine bessere Rolle in der politischen Auseinanderset­zung spielen? Falls ja, worin würde diese bestehen?

In der Folge von ClimateGate wollte ich die verrückte Dynamik in der Klimatologie, in der Wis­senschaft und in der Politik verstehen, um zu erkennen, was so furchtbar daneben gegangen ist. Ich meine, keiner der vorgebrachten und nachfolgend aufgezeigten Gründe reicht zur Er­klärung aus:

– zu wenig oder zu viel Öffentlichkeit, Aktivismus und Parteinahme von Seiten der Klima­tologen.
– wegen besserer Öffentlichkeit, und ihrem Aktivismus haben die Zweifler und die
   Leugner gewonnen.
– die Wissenschaftler sind korrupt und sie werden politisch (oder finanziell) motiviert.

DER POSITIVE RÜCKKOPPELUNGSKREIS

Ich halte die Dynamik für viel komplizierter. Sie kann nur verstanden werden, indem die äu­ßerst ärgerliche Rückkopplung in die Betrachtung einbezogen wird. Es gibt eine besonders gif­tige positive Rückkopplung zwischen der Klimatologie, der Politik und den Politikern, deren Richtung sich als Folge von ClimateGate umgekehrt hat.

Die Wissenschafter selbst haben den ersten Anstoß für diese Rückkopplung in den 1970er und 1980er Jahren gegeben. Die Umweltschützer erkannten rasch ihre Möglichkeiten und sie sind mit dem Segen der Wissenschaftler auf den Zug aufgesprungen. Die Umweltschutz-Organisa­tionen haben das Klimawandelproblem als Chance erkannt, um wissenschaftliche Unterstüt­zung für die von ihnen gewollte Energiepolitik zu bekommen. Libertäre Institute, die traditionellen Feinde der Umweltschutzaktivisten, begannen, mit Zweifeln über die wissen­schaftlichen Erkenntnisse gegenzuhalten. Auf internationaler Ebene wurde die Behandlung des Klimawandel-Problems im Jahre 1992 mit der RAHMENÜBEREINKUNFT DER VEREIN­TEN NATIONEN ÜBER KLIMAÄNDERUNGEN (UNFCCC) gestartet.

Halt! Welche "Klimaänderung" denn? Im Jahre 1992 war der erste IPCC-Abschätzungsbericht gera­de mal fertig geworden mit folgender Erkenntnis: "Der Umfang der Erwärmung stimmt im Gro­ßen und Ganzen mit den Vorhersagen der Klimamodelle überein, er ist auch von gleicher Größenordnung wie natürliche Klimaänderungen. … Einen verstärkten Treibhauseffekt aus ein­deutigen Beobachtungen zu erkennen, ist vor Ablauf eines Jahrzehnts oder mehr nicht wahrscheinlich ."

Dessen ungeachtet spannte man den politischen Karren vor das wissenschaftliche Pferd, ge­rechtfertigt mit dem Vorsorgeprinzip. Nach dem Abschluss des UNFCCC – Abkommens wurde das IPCC mit seinen wissenschaftlichen Schlussfolgerungen auf die Schiene einer sich selbst er­füllenden Prophezeiung gesetzt. Die gesamten Rahmenbedingungen des IPCC wurden auf die Entdeckung von genügend Beweisen ausgerichtet. Ein menschenverursachter Treibhauseffekt sollte einhellig behauptet werden können, um die Begründung für eine Politik der Einführung und Durchsetzung von Kohlenstoff mindernden Zielen zu liefern. So wurde eine notwendige po­litische Auseinandersetzung über die Energiepolitik, den Umweltschutz, die Folgenverminde­rung von Wetter- und Klimakatastrophen zu einer Debatte über Einzelheiten der Klimatologie. Dabei wurden die Wissenschaftler zu Bauern im Schachspiel oder zu Prügelknaben.

Waren die Wissenschaftler unschuldig daran, dass sie zu Opfern und Bauern in diesem Spiel wurden? Waren sie nur hart arbeitende Wissenschaftler, die ihr Bestes taten, um mit unerfüll­baren Erwartungen der Politiker umzugehen? Ja, einige taten das. Mitten im IPCC aber sitzt ein Kader von Wissenschaftlern, deren Karrieren vom IPCC gestrickt wurden. Jene Wissenschaftler benutzten das IPCC, um die normalen Laufbahnbarrieren zu überspringen, die von wissen­schaftlichen Verdiensten bestimmt sind, und an deren Ende erst der Einfluss auf die Wissen­schaftspolitik und die Politik überhaupt steht. Dadurch wurden nicht nur einige relativ unbekannte, unerfahrene und möglicherweise zweifelhafte Leute in einflussreiche Positionen gehievt, diese Leute schützen nun auch das IPCC, den Dreh- und Angelpunkt ihrer Karrieren, das sie zum machtpolitischen Spiel aufgrund ihres Wissens befugt.

DIE VORTEILE DES DOGMAS

Wenn ich IPCC-Dogma sage, dann meine ich das religiöse Gewicht, mit welchem dieser Wis­senschaftskader das IPCC hochhält. Sie dulden keinen Widerspruch und versuchen, jeden nie­derzutrampeln, der das IPCC angreift. Wer sind diese Hohepriester des IPCC? Einige sind durchschnittliche Wissenschaftler in der Mitte oder am Ende ihrer Karriere, die nach den Regeln wissenschaftlicher Laufbahnen ganz gut zurechtgekommen sind. Andere dagegen steckten noch in universitären Ausbildungsgängen, als sie zu Leitautoren ins IPCC berufen wurden. Jene Wissenschaftler haben das IPCC benutzt, um einen Sitz am Tisch der Großen zu bekommen, von wo sie Machtpolitik mit der kollektiven Expertise des IPCC betreiben können. Dies ver­schafft ihnen öffentliche Bekanntheit und hilft ihren Karrieren. Die Karrierefortschritte werden mithilfe der Komplizenschaft von wissenschaftlichen Vereinigungen und fördernder Institutio­nen gemacht. Gierig auf öffentliche Aufmerksamkeit publizieren weitverbreitete Zeitschriften wie NATURE, SCIENCE und PNAS häufig sensationelle aber zweifelhafte Papiere, welche die Geschichte vom Klima-Alarm unterstützen.

Besonders in wiederauflebenden Unterbereichen wie Ökologie und Öffentliche Gesundheit verhelfen solche Publikationen zusammen mit der Aufmerksamkeit der Medien zum Umleiten von Fördergeld in Richtung dieser Wissenschaftler. Diese wiederum gewinnen dadurch das Vertrauen ihrer Institute, die wiederum die Öffentlichkeitswirkung und die Dollars schätzen.

Darüber hinaus benutzen die wissenschaftsfördernden Institutionen die öffentliche Bekannt­heit, um noch mehr Geld für die Erforschung des Klimas und der Klimawandelfolgen einzuwer­ben. Die weitere wissenschaftliche Gemeinde gerät dabei ungewollt in Komplizenschaft. Während die IPCC-Hohepriester laut gegen die häretischen Skeptiker und die dunklen Machen­schaften der Ölindustrie und rechter wissenschaftsfeindlicher Ideologen aufschreien, machen wir alle mit beim Beklagen der dunklen Mächte, die gegen die Wissenschaft Krieg führen und wir schützen das IPCC dabei gegen seine Kritiker. Auch die Medien sind von der Partie. Sie drücken die Waagschale zugunsten des IPCC-Dogmas herunter.

Halte ich die Hohepriester des IPCC für politische Interessenvertreter? Hauptsächlich sind sie damit beschäftigt, die Wichtigkeit des IPCC zu erhalten, das die zentrale Rolle für ihren beruf­lichen Erfolg und für ihre Ausstattung mit Mitteln und ihren Einfluss spielt. Nach deren Ansicht gehört zum IPCC die Unterstützung der Emissionskontroll- und Verminderungspolitik, weil letz­tere ja logisch aus der wissenschaftlichen Erkenntnis folgt. Die meisten verstehen den politi­schen Prozess und die politischen Besonderheiten gar nicht; sie halten die Politik für einen Bestandteil des IPCC-Dogmas, das beschützt und um jeden Preis erhalten werden muss. Sonst stünden ihr eigener Erfolg, ihr Geld und Einfluss auf dem Spiel.

DIE RICHTUNG DER RÜCKKOPPLUNG UMKEHREN

Die positive Rückkopplung hat sich auf diese Art selbst verstärkt, immer mehr Angehörige der weiteren wissenschaftlichen Gemeinde wurden hineingezogen, die nun beklagen, dass die Po­litik Krieg gegen sie führe. Interessant an der positiven Rückkopplung ist, dass sie nichts dar­über aussagt, wohin die gegenwärtige Ereigniskette führen wird. Im vorigen Jahr, am 19. November, schien dieser scheinbar unaufhaltsame schwere Brocken namens Klimawandel ei­nen kräftigen Stoß in die entgegen gesetzte Richtung erlitten zu haben, als die E-Mails aus der University of East Anglia unerlaubt veröffentlicht wurden. Heute, nach einem Jahr, gibt es wei­tere spektakuläre Aufklärungen. Die Hohepriester des IPCC haben aber noch nicht erkannt, dass da eine sich verstärkende Rückkopplung wirkt, aber in der entgegen gesetzten Richtung!

Zusammen mit vielen Anderen habe ich das IPCC für eine Gruppe von hochverdienten Wissen­schaftlern gehalten, die hart und detailreich arbeiten, um die wissenschaftliche Erkenntnis aus­zuwerten. Und das im ständigen Kampf gegen die dunklen Mächte der Politik und der großen Ölkonzerne. Der größte Schock bei der Lektüre der E-Mails war für mich, dass sich im IPCC-Auswertungsverfahren einige Rüpel tummelten, die ihre eigenen wackeligen wissenschaftli­chen Erkenntnisse gegen Kritik von außen und von Skeptikern abzuschotten versuchten. Dabei kümmerten sie sich überwiegend um das Presse- und Medienecho und verunglimpften Skepti­ker. Jetzt wird mit Recht behauptet, dass das Verhalten von Wissenschaftlern nichts mit der Gültigkeit ihrer wissenschaftlichen Erkenntnis zu tun hätte. Wenn aber die Beurteilung wissen­schaftlicher Erkenntnisse großenteils auf Expertenmeinung beruht, wird das Verhalten und die Glaubwürdigkeit eben dieser Experten zu einer wichtigen Frage.

Hier an dieser Stelle wäre die ganze Angelegenheit zu retten gewesen, wenn die Wissenschaft­ler und die wissenschaftlichen Institutionen sich für die Integrität der Klimato­logie eingesetzt und größere Transparenz eingefordert hätten. Nichts davon! Nur Schweigen! Einige wenige Aussagen kamen von einzelnen Vertretern und von wissenschaftlichen Gesell­schaften, des Inhalts, dass die Erkenntnis wohlbegründet sei, E-Mails könnten die Wissenschaft nicht verändern!

Ich hatte angefangen, mich laut über die Integrität und Transparenz zu äußern, und musste erleben, dass mir gesagt wurde, das sei nicht hilfreich. Und mir wurde geraten, mich aus den Internet-Foren heraushalten. Warum? Weil das IPCC-Dogma das Kernstück des UNFCCC-Pro­zesses sei, und wir nicht zulassen dürften, dass jene illegale E-Mail-Veröffentlichung den Zug der politischen Ziele von Kopenhagen zum Entgleisen bringen könnte. Man kann kaum feststel­len, bis zu welchem Grad ClimateGate zum Scheitern von Kopenhagen beigetragen hat. Mir scheint, dass die eigentliche Politik eine viel stärkere Rolle spielte die Wissenschaft.

Dann haben wir gemerkt, dass in den IPCC-Berichten Fehler steckten. Die Reaktion des IPCC hat dessen Glaubwürdigkeit noch mehr beschädigt. Die Untersuchungen gegen Wissenschaft­ler bei der University of East Anglia und bei der Pennsylvania-Staats-Universität gelten weithin als Weißwaschungen. In England werden nun die Untersuchungen selbst zum Gegenstand ei­ner Untersuchung. Dann haben wir mit der Ablehnung des Emissionshandelsgesetzes (carbon cap and trade bill) das Scheitern von 7 Jahren Arbeit an der Klimagesetzgebung im U.S.-Senat erlebt. Dazu kamen noch noch die Beschuldigungen gegen den IPCC-Leiter Rachendra Pachauri wegen Interessenverflechtung!

Das Gefüge der wissenden IPCC-Hohepriesterschaft für ihre politischen Machtspiele auf dem Sektor der Energiewirtschaft ist völlig zusammengebrochen. Wenn es nur um die deren wis­senschaftlichen Erkenntnisse gegangen wäre, würde es die Wissenschaftler nichts angehen. Leider würden aber nun die Ökonomen das Sagen haben, beklagte Kevin Trenberth kürzlich.

DIE BLOGOSPHÄRE

Der andere Schlag gegen die IPCC-Einflussnahme auf die Politik kam von den "radikalen Aus­wirkungen der Blogosphäre" auf das Kräftespiel bei der Entstehung des Expertenwissens. Die Blogosphäre bot Leuten wie Steve McIntyre die technische Grundlage. Er ist entweder der Schurke oder der Held in ClimateGate, je nachdem, wo man steht.

Seit 2005 habe ich meine Hand am Puls der Blogosphäre. Ich habe darin eine Möglichkeit zum klimatologischen Wissensaustausch gesehen. Auch auf Skeptiker bin ich eingegangen.
Als ich zum ersten Mal die E-Mails im Internet sah, wusste ich sofort, dass das zumindest in der Blogosphäre ein Flächenbrand werden würde, und ich hielt das IPCC deswegen für äußerst gefährdet. Um die Aufregung zu dämpfen, habe ich zwei Aufsätze in der Blogosphäre veröf­fentlicht, die sich mit Fragen der Aufrichtigkeit in der Klimatologie beschäftigten. Ich hoffte, den Dialog mit den Skeptikern offen zu halten, damit uns die Sache nicht um die Ohren fliegen möchte. [Die Aufsätze wurden von EIKE im Beitrag: "Vertrauen und Misstrauen in der Klimawissen­schaft" veröffentlicht]

Na ja, ich war so ziemlich die Einzige aus der Wissenschaftlerriege, die das IPCC unterstützte. Das Schweigen meiner Kolleg(inn)en und mehr noch der wissenschaftsfördernden Institute war beredt. Pachauris Verteidigung des IPCC und sein offensichtlicher Interessenkonflikt goss noch Öl ins Feuer. Ich fragte mich, ob das IPCC überleben könnte, und ob es überhaupt ver­diente zu überleben. Dann fing ich mit ein paar konstruktiven Vorschlägen für die Wissen­schaftlergemeinde an, um Vertrauen durch größere Transparenz und höhere Beachtung der Ungewissheit [in den wissenschaftlichen Aussagen] aufzubauen. Ich habe überhaupt keine Hilfe von meinen Kolleg(inn)en bekommen, sie fingen sogar an, in mir einen Teil des Problems zu sehen.

An einem gewissen Punkt merkte ich, dass ich das IPCC und seine Berichte nicht mehr guten Gewissens unterstützen konnte. Gegenwärtig sieht es so aus, als ob viele mich für das Haupt­problem halten. Meine Kolleg(inn)en fragen sich, warum ich so rebellisch geworden sei. Hier einige Beispiele, deren ich während der vergangenen zwei Wochen bezichtigt wurde, um mein offensichtlich unerklärliches Verhalten zu erklären:

* ich sei von der Ölindustrie und/oder rechten Denkfabriken über den Tisch gezogen worden
* ich hätte meinen Verstand so weit für die Skeptiker geöffnet, dass mein Kopf     nun leer wäre
* ich stünde auf der Zahlliste der Ölindustrie und/oder rechten Denkfabriken
* ich würde erpresst
* ich sei inzwischen entweder körperlich oder geistig behindert.

Was tue ich also und warum? Ich möchte das Ansehen der Klimatologie wiederherstellen, so dass unsere Wissenschaft wieder an Achtung zurückgewinnt. Das wird nicht erreicht durch bes­sere , sondern durch erhöhte Transparenz, durch das Sicheinlassen auf skeptische Argumente und durch größere Beachtung des Ungewissheitsgrads in wissenschaft­lichen Aussagen. Ich versuche, die Blogosphäre wieder zum Funktionieren zu bringen, um die Polarisierung zu vermindern. Mein neuer Beitrag dazu ist der Blog Climate Etc. bei judithcurry.com

ZUR ROLLE DER WISSENSCHAFTLER IN DER AUSEINANDERSETZUNG

Zum Schluss möchte ich die letzte Frage behandeln, welche die Rolle der Wissenschaftler in der po­litischen Auseinandersetzung betrifft. Zunächst sollten wir uns daran erinnern, dass wir Wis­senschaftler sind und dass die Integrität von ganz besonderer Bedeutung in öffentlichen und politischen Debatten ist. Feynman beschreibt die wissenschaftliche Integrität in seinem CAR­GO CULT SCIENCE TALK:

"Wenn man auch zeitweilig Ruhm und Beachtung erringen kann, so kann man keinen guten Ruf als Wissenschaftler erwerben, wenn man nicht mit großer Sorgfalt bei der wissenschaftli­chen Arbeit verfährt. … Das erste Prinzip ist, sich nicht selbst zu täuschen – und sich selbst täuscht man am leichtesten. Wenn man aber sich selbst nicht täuscht, täuscht man auch an­dere Wissenschaftler nicht. Man muss auf sehr konventionelle Art ehrlich sein. Ich spreche hier von einer besonderen, außergewöhnlichen Art der Integrität, sie bedeutet einmal, nicht zu lü­gen, aber auch eingestehen zu können, vielleicht falsch zu liegen. Diese Integrität soll man als Wissenschaftler besitzen. Und das ist unsere Verantwortung als Wissenschaftler gegenüber an­deren Wissenschaftlern und auch gegenüber Laien."

Ich habe in der Vergangenheit viel über die Ungewissheit gesagt und warum das IPCC die Ungewissheit nicht ausreichend angesprochen hat. Als ich begann, die Worte Ungewissheit und Zweifel zu gebrauchen, haben die Leute sofort unterstellt, dass ich mit dem Zweifel hausieren gehen wollte im Dienste der Ölindustrie, weil diese den Zweifel einsetzt, um den politischen Durchsetzungswillen zu schwächen. Lassen wir es dabei, "alles ist ungewiss außer dem Tod und den Steuern," wie ein Sprichwort sagt.

Beim Treffen tragfähiger Entscheidungen muss das Angeben des Ausmaßes der Ungewissheit in den Prozess der Entscheidungsfindung einbezogen werden. Und wir als Wissenschaftler müssen gegenüber den Politikern die Ungewissheiten ansprechen. Wir müssen sie erklären und zum Verständnis der Risiken und Folgen beitragen. Und wir müssen dabei helfen, die Auswir­kungen und die Wirksamkeit unterschiedlicher politischer Handlungsweisen zu beurteilen. Es ist nicht Aufgabe von Wissenschaftlern, politische Zielsetzungen zu entwickeln, indem sie Ungewissheiten verschwiegen oder simplifizieren.

—————————————————————————–

TEIL II

Der vorhergehende Text von Judith Curry führte auf ihrem Blog zu einer ausgiebigen Diskussion. Einige Tage später ergänzte sie ihren Text. Er folgt mit einigen unwesentlichen Kürzun­gen:

DIE RICHTUNG DER POSITIVEN RÜCKKOPPLUNG UMKEHREN – TEIL II

Der vorhergehende Beitrag war zur Eröffnung der Purdue-Podiumsdiskussion geschrieben wor­den, wo mir 10 – 15 Minuten zur Verfügung standen. Ich habe mein Argument vom Rückkop­pelungskreis mit Prämissen vorgebracht. Für viele waren die Prämissen ohne weiteres einsichtig, andere forderten Beweise und Belege. Darum geht es nun.

Selbst wenn wir all die in der Kritik stehenden Persönlichkeiten auf beiden Seiten los würden, konnte die Klimatologie wieder geheilt werden? Würden wir zu einer vernünftigen Energiepo­litik kommen? Nein und abermals nein. Die Probleme sind viel zu groß: Geopolitik, Wirtschaft, Wertekonflikte. Sehr verwickelte Probleme, für welche die Wissenschaft keine Lösung hat.

Eine Leute haben geglaubt, ich hätte die Klimatologie angegriffen. Das hat mich überrascht. Die Klimatologen sind die Bauern in diesem Schachspiel; einige waren Opfer, andere haben ih­ren Vorteil daraus gezogen. Wenn ein Schurke in all dem identifizierbar ist, dann würde ich ver­mutlich die UNEP/UNFCCC nennen. Daraus erhebt sich sofort die Frage, wie es dazu gekommen ist und wer damit angefangen hat.

Der entscheidende Punkt in meinem vorigen Aufsatz war, dass es einen verschlungenen Satz von sich wechselseitig verstärkenden Motiven gab, die ungehemmt wie ein Schneeballsystem wuchsen. Das System geriet außer Kontrolle.

Daher möchte ich nun über die großen Zusammenhänge aufzeigen. Und ein wenig darüber spekulieren, wie das System in Ordnung gebracht werden könnte, oder wenigstens darüber, wie ein paar Kontrollen eingebaut werden könnten.

———————————

Kurze Geschichte des IPCC und der
RAHMENÜBEREINKUNFT DER VEREINTEN NATIONEN ÜBER KLIMAÄNDERUNGEN (UNFCCC)

Der Zusammenhang zwischen dem IPCC und UNFCCC ist bei IPCCfacts.org zusammengefasst. Siehe auch WIKIPEDIA.

1988: das  IPCC wird unter der Aufsicht von UNEP und der WMO geschaffen

1990: der erste Zustandsbericht AR1 wird veröffentlicht

         * Schlussfolgerung der WORKING GROUP I: “Das Ausmaß der Erwärmung entspricht im Großen und Ganzen
            den Vorhersagen aus den Klimamodellen, es ist aber auch von gleicher Größenordnung
            wie die natürliche Klimavariabilität.”

         * WORKING GROUP III:  Titel “Strategische Antworten”; Abschwächung und Anpassung wurden gleichermaßen
            betrachtet.

1992: UNFCCC Abkommen. (Vorsorgeprinzip, gefährlicher Klimawandel, usw.)

1995: Zweiter Zustandsbericht AR2  veröffentlicht.

          * Schlussfolgerung der WORKING GROUP I:  “Die Beurteilung der Beweislage deutet auf einen
             erkennbaren menschlichen Einfluss auf das globale Klima hin."  Ben Santer unternimmt große
             Anstrengungen, die Erwärmung als "erkennbar" zu bezeichnen.

          * WORKING GROUP III: konzentriert sich auf die Möglichkeiten des  “nicht Bedauerns”.

1998:  Kyoto Protokoll

2001:  Dritter Zustandsbericht THIRD ASSESSMENT REPORT veröffentlicht

            * WORKING GROUP I Schlussfolgerung: “Der Großteil der Erwärmung der vergangenen 50 Jahre
               ist wahrscheinlich (>66%) auf menschliche Tätigkeit zurückzuführen.” 
               Die Ikone des THIRD ASSESSMENT REPORT war der “Hockeyschläger.”

           * WORKING GROUP III: Titel “Abschwächung”

2007: ASSESSMENT REPORT 4 Zustandsbericht veröffentlicht

             * WORKING GROUP I Schlussfolgerung: “Der Erwärmung ist eindeutig und der vergangenen 50 Jahre
               ist mit großer Wahrscheinlichkeit (>90%) auf die Zunahme der Treibhausgase zurückzuführen.”

            * WORKING GROUP III: Titel “Abschwächung”

Erklärung

Als das UNFCCC-Abkommen abgeschlossen war, gab es Druck auf das IPCC, die wissenschaft­liche Begründung zu liefern. Daher das Wort "erkennbar (discernible)" im SAR (SECOND ASSESSMENT REPORT). Dafür hat Ben Santer viel Druck  gemacht, aber schauen Sie woher der Druck kam. Das gesamte UNFCCC-Abkommen wäre sinnlos gewesen ohne die "erkennbaren" Beweise, dass da tatsäch­lich etwas passierte.

Als dann das Kyoto-Protokoll abgeschlossen war, verschob sich die Aufmerksamkeit der WORKING GROUP III ganz klar auf die Minderung (Mitigation) und die Stabilisierungsziele (für den FIRST ASSESSMENT REPORT war die WORKING GROUP III noch auf Minderung  UND Anpassung ausgerichtet, für den SECOND ASSESSMENT REPORT auf durchsetzungsfähige Politik, für den THIRD ASSESSMENT REPORT und den ASSESSMENT REPORT 4 auf Minderung). Die politische Zustimmung für das Kyoto-Protokoll aufzubauen, war eine hohe Priorität für den THIRD ASSESSMENT REPORT. Der "Hockeyschläger" passte da gut hinein, Michael Mann wurde aus dem Universitätsstudium direkt als Leitautor zum IPCC verpflanzt.

Da sich die politischen Zielsetzungen für das Kyoto-Protokoll nicht verfestigten, gab es Druck auf den ASSESSMENT REPORT 4. Heute hören wir die Worte "unabweisbar" und "sehr wahrscheinlich", obwohl es kaum Beweise gab über das hinaus, was im THIRD ASSESSMENT REPORT TAR stand. Im ASSESSMENT REPORT 4 hat aber politischer Druck auf eine Abschwächung der Schlussfolgerungen hingewirkt.

Das Wort "erkennbar" und der „Hockeyschläger“ hätten niemals in die Summary for Policymakers (SPM) gelangen dürfen. Können wir Mann und Santer dafür verantwortlich machen? Wirklich nicht! (Obwohl sie Komplizen waren, aber ohne dafür verantwortlich zu sein). Die Entscheidun­gen wurden höheren Orts getroffen und unter Druck von politischer Seite. Als der THIRD ASSESSMENT REPORT 2001 veröffentlicht worden war, lag Manns Promotion erst drei Jahre zurück, Santer ist ein paar Jah­re jünger als ich, das war damals ganz schön jung (frühe 40er) in den beginnenden 1990ern, als der SECOND ASSESSMENT REPORT erarbeitet worden war. Worin auch immer ihre wissenschaftlichen Talente oder Bei­träge bestanden haben, sie waren in eine hochpolitische Sache gesetzt worden, die eine Menge Augenmaß und Erfahrung erforderte, um damit umzugehen.

Wenn sie auch als Bestandteile des IPCC-Verfahrens zu gebrannten Kindern wurden, haben sie dennoch ihre Treue zum IPCC und zu dessen Verteidigung bewahrt. Dafür wurden sie beruflich belohnt. Ich stelle in den Raum, dass sie vom IPCC auch zu Opfern gemacht worden sind (sie werden sich kaum über die Bedrohungen gefreut haben, usw.). Einige prominente Klimatologen haben sich ja schon von der Bildfläche gemacht, weil es ihnen zu politisch wurde, ich nenne nur Starley Thompson.

Sollten wir nun unsere Zeit darauf verwenden, auf Wissenschaftler wie Mann oder Santer ein­zudreschen oder sie zu verteidigen, oder sollten wir nicht versuchen das Systems besser verstehen, das Wis­senschaftler wie Mann und Santer sowohl belohnt wie bestraft? Ich meinerseits nehme mir das System vor und will wissen, warum das alles so schief gelaufen ist.

4. November 2010 von Judith Curry Die Originalartikel erschienen hier und hier

Die Übersetzung besorgte Helmut Jäger EIKE