Gernot Patzelt: „Gletscher, Klimazeugen von der Eiszeit bis zur Gegenwart“. Eine Buchbesprechung

Gernot Patzelt, Professor für Hochgebirgsforschung an der Universität Innsbruck und Leiter der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl in Tirol, befand und befindet sich auch jetzt nach seiner Pensionierung 2004 nicht im Ruhestand. Davon zeugen seine Vorträge, insbesondere auch die auf EIKE-Klimakonferenzen (hier, hier) sowie seine Schriften, die hier aufgeführt sind. Er war zudem Mitautor des Buchs „A. Fischer und G. Patzelt: Gletscher im Wandel: 125 Jahre Gletscher-Meßdienst des Alpenvereins, Springer, 2018″.

Sein hier besprochenes Buch „Klimazeugen von der Eiszeit bis zur Gegenwart“  geht neue Wege, indem die ansonsten selten versuchte Verbindung von Naturästhetik und wissenschaftlicher Beschreibung unternommen wird. Dieser Versuch ist Gernot Patzelt überzeugend gelungen, nämlich die Verbindung von Malerei-Geschichte mit Eiszeit-Zeit-Geschichte, Gletscher-Geschichte, Landschafts-Geschichte, Vegetations-Geschichte, Klima-Geschichte, Kultur-Geschichte … und mehr!

Fast die gesamte erste Hälfte des Buchs ist der Darstellung von Gletschern in der Malerei gewidmet. Hier werden die Bilder von Thomas Ender und Ferdinand Runk, Kammermaler des Erzherzogs Johann von Österreich (hier),  gezeigt und damit ergreifend schöne Gemälde der Vergessenheit entrissen. Neben der Ästhetik kommt aber auch in diesem ersten Buchteil die Wissenschaft nicht zu kurz. Im Kapitel „Die gletscherkundliche Bedeutung der Bildwerke“ wird nämlich dargelegt, wie aus den Gemälden die Zungenendlagen der betreffenden Gletscher entnommen werden können. Somit sind die gezeigten Gemälde zugleich wissenschaftliche Dokumente.

Im zweiten Buchteil wird eine Fülle von Einzelheiten dargelegt zu verschiedenen Regionen, Höhenstufen und vielen einzelnen Gletschern. Man erfährt das hier jeden wohl am meisten interessierende Faktum, dass die heutige Klima-, Vegetations- und Gletscher-Situation  nichts „Besonderes“ vom industriellen Menschen Verursachtes ist, sondern im „Klima-Rauschen“ der letzten Zehntausend Jahre liegt! Mehr noch, eine zusammenfassende Graphik des Buchs auf Seite 238 zeigt: Zu rund 70 % der letzten 10.000 Jahre (Nacheiszeit) war die Ausdehnung der Alpengletscher geringer als heute, zugleich waren Baumgrenzen und Temperaturen gleichermaßen höher.

Zusammenfassend schreibt Patzelt (auf S. 235): …um 8500 BC (vor Chr.) lagen die Temperaturen noch unter, ab 8200 BC bereits über dem Niveau der gegenwärtigen Temperaturverhältnisse … erreichte die Postglaziale Warmzeit kurz nach 6000 BC einen ersten Höhepunkt, dem um 4200 BC ein zweiter folgte. In dieser Zeit … lag die Waldgrenze 100-130 Meter höher als die gegenwärtig potentiell mögliche, womit eine um 0,6-0,8 °C höhere Sommertemperatur abgeleitet werden kann.Oder zusammengefasst:

 „Der Temperatur-Anstieg der letzten Jahrzehnte (Anm.: 1980-2010) liegt innerhalb des postglazialen Schwankungs-Bereiches.“

Bild 1: Sommertemperatur, Wald-/Baumgrenze, Gletscherrückzugsperioden Westalpen, Gletscherausdehnung Ostalpen, Grafik aus S. 238 des besprochenen Buchs von G. Patzelt.

 

Aus dem Buch aber auch der Biographie von Gernot Patzelt (hier) ist die primäre Naturnähe bei seinen Forschungsarbeit nicht zu übersehen. Das eigene Erkunden, Erwandern und das Sammeln von wissenschaftlich interessanten Baumrelikten vor Ort, wie sie schmelzende Gletscherzungen immer wieder freigeben, waren ihm Haupt- und Herzenssache. Erst danach kamen Schreibtisch und Labor. Man spürt seine Liebe zum wissenschaftlichen Gegenstand und, damit untrennbar verbunden, seine nicht nachlassende Bewunderung der Schönheit von Gletschern. Wir wünschen seinem Buch allen Erfolg, denn es gibt zu diesem Gegenstand kaum Vergleichbares. Und wir freuen uns darauf, Gernot Patzelt wieder einmal anlässlich eines Vortrags bei zukünftigen EIKE-Klimakonferenzen begrüßen zu dürfen.




Die Windrad-Beschlüsse des VGH Baden-Württemberg: Analyse und Ausblick

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden –Württemberg hat im Dezember 2019 zwei Beschlüsse gefasst, die die Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) betreffen.

Der folgende Beitrag soll erläutern, was der VGH entschieden hat, was aus den Entscheidungen folgt und was man als Betroffener unternehmen kann, wenn in der Nachbarschaft eine Windkraftanlage errichtet werden soll.

1. Analyse

Im Südwesten Baden-Württembergs sollen zwei Windkraftanlagen „Blumberg“ und „Länge“ errichtet werden, für die eine Genehmigung im Sinne von § 13 Bundesimmissionsschutz-gesetz (BImSchG) erforderlich ist. Für die Errichtung ist es notwendig, den dort befindlichen Wald (mehrere Hektar) zu roden. Auch für eine solche Rodung zum späteren Betrieb einer WKA ist eine sogenannte Umwandlungsgenehmigung erforderlich.

Obwohl § 13 BImSchG grundsätzlich „alle“ die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen einschließt und die Genehmigungsbehörde ein Vorhaben unter allen öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten prüfen muss (sogenannte Konzentrationswirkung, da alle Entscheidungen bei einer Behörde konzentriert werden), wurde in Baden-Württemberg seit mehreren Jahren anders vorgegangen. Gemäß dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg vom 09.05.2012, Az. 64-4583/404, wurden die Genehmigungsbehörden von der Landesregierung angewiesen, die ggf. erforderliche Rodung eines Waldes als bloße Vorbereitung des Vorhabens anzusehen, die nicht von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst werde. Dementsprechend gingen die Behörden auch bei den beiden WKA Vorhaben „Blumberg“ und „Länge“ vor: Das Regierungspräsidium Freiburg erteilte die Genehmigung zur dauerhaften Umwandlung des Waldes (also Rodung). Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis erteilte – ohne Prüfung der Waldumwandlung – die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zur Errichtung und dem Betrieb der Windkraftanlagen.

Im Rahmen zweier Eilverfahren hat der VGH Baden-Württemberg mit zwei Beschlüssen vom 17.12.2019, Az. 10 S 566/19 (betreffend die Umwandlungsgenehmigung für den Wald) und Az. 10 S 823/19 (betreffend die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Windkraftanlagen) entschieden, dass alle diese Genehmigungen rechtswidrig sind, weil gegen die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG verstoßen wurde. Mithin hätten sämtliche Entscheidungen durch die für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zuständige Behörde getroffen werden müssen in dem dafür vorgeschriebenen Verfahren.

2. Folgerungen

Was für Folgerungen kann man aus diesen Entscheidungen nun ziehen?

  1. a) Zunächst kann man davon ausgehen, dass die in den beiden Beschlüssen zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung (es handelte sich um Beschlüsse in zwei Eilverfahren) vom VGH Baden-Württemberg auch in den entsprechenden Hauptsache-Verfahren sowie in seiner gesamten zukünftigen Rechtsprechung angewendet werden wird.

Damit ist die entsprechende Regelung aus dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg hinfällig. Für Baden-Württemberg haben diese Entscheidungen des VGH also eine erhebliche Bedeutung für zukünftige Genehmigungen von Windkraftanlagen. Für die übrigen Bundesländer dürfte sich die Auswirkung der Beschlüsse in engen Grenzen halten, weil dort schon vorher überwiegend die Auffassung vertreten wurde, dass die Genehmigung einer Waldumwandlung zum Zwecke der Errichtung einer WKA von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst wird (z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 29.08.2013, Az. 4 ME 76/13, sowie die entsprechenden Erlasse der Länder Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz). Die – vom VGH als rechtswidrig festgestellte – Rechtsauffassung in dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg dürfte wohl eher politisch motiviert gewesen sein.

  1. b) Unter Zugrundlegung dieser Beschlüsse des VGH dürften auch viele andere bereits erteilte Genehmigungen von Windkraftanlagen in Baden-Württemberg rechtswidrig gewesen sein, weil wahrscheinlich in einer Vielzahl von Fällen auch bei anderen WKA-Vorhaben zunächst ein Wald gerodet werden musste, ehe die WKA errichtet werden konnte und weil vermutlich auch in diesen Fällen entsprechend der unzutreffenden Rechtsauffassung aus dem Windenergie-Erlass Baden-Württemberg ein falsches Verfahren angewendet und eine fehlerhafte Genehmigung erteilt wurde.

Für die bereits genehmigten und errichteten Windkraftanlagen werden die Beschlüsse des VGH wahrscheinlich dennoch keine weitere Auswirkung haben, auch wenn die zugrunde liegenden Genehmigungen rechtswidrig waren. Das beruht auf folgenden rechtlichen Erwägungen:

Die Genehmigung einer WKA ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Der Verwaltungsakt ist deshalb begünstigend, weil der Adressat einen rechtlichen Vorteil, nämlich die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der WKA erlangt. Ein Verwaltungsakt wird unanfechtbar, wenn nicht innerhalb der Widerspruchsfrist ein Widerspruch eingelegt wird und ggf. gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid eine Anfechtungsklage erhoben wird.

In den Fällen, in denen eine WKA bereits errichtet wurde, ist mit Sicherheit die Widerspruchsfrist schon lange abgelaufen. Die Genehmigung für die WKA ist somit unanfechtbar geworden und hat die sogenannte Bestandskraft. Das gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist.

Zwar kann ein rechtwidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, von der Behörde zurückgenommen werden (vgl. § 48 Abs. 1 VwVfG Bund). Das geschieht aber nicht automatisch und immer. Vielmehr ergibt sich aus dem Wort „kann“ (zurückgenommen werden), dass die Behörde ein Ermessen hat, ob sie den rechtswidrigen Verwaltungsakt zurücknimmt. Bei dieser Ermessensentscheidung muss die Behörde abwägen zwischen dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Vertrauensschutz des Begünstigten. Das Gesetz schreibt dazu in § 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG: „Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann“. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für begünstigende Verwaltungsakte, durch die eine Geldleistung oder Sachleistung gewährt wird (also z.B. Rentenbescheid oder die Bewilligung eines Stipendiums). Die Regelung gilt aber entsprechend auch für sonstige begünstigende Verwaltungsakte, z. B. also auch für die Genehmigung einer WKA.

Wenn der Betreiber einer WKA also nach der Genehmigung der WKA die Anlage errichtet und viel Geld, meistens wahrscheinlich Millionen von Euro, investiert hat, wird sein Vertrauen in den Bestand der Genehmigung in aller Regel schutzwürdig sein. Die Abwägung wird daher ergeben, dass das Prinzip des Vertrauensschutzes gegenüber dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiegt. Dann darf der – rechtswidrige – Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden.

Sollte eine Behörde dennoch der Meinung sein, dass das Prinzip der Gesetzmäßigkeit überwiegt, müsste sie dem Begünstigten den Vermögensnachteil ausgleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat (§ 48 Abs. 3 S. 1 VwVfG). Die Behörde müsste dem Begünstigten mit anderen Worten Schadensersatz zahlen. Daran wird keine Behörde ein sonderliches Interesse haben.

Fazit: Die genehmigten und bereits errichteten Windkraftanlagen werden aller Voraussicht nach nicht stillgelegt und nicht abgerissen werden, sondern völlig unverändert weiter betrieben werden.

 

Anmerkung: Viele juristische Laien sind überrascht oder unzufrieden, wenn sie erstmals davon hören, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt nicht automatisch zurückgenommen wird, sondern dass eine Abwägung mit dem Vertrauensschutz des Begünstigten stattfindet. Diese Regelung des Gesetzes ist aber vernünftig und gerecht. Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Haus bauen wollen. Dann müssen Sie eine Baugenehmigung beantragen und vermutlich einen sechsstelligen Kredit aufnehmen. Angenommen Sie bekommen sowohl die Baugenehmigung als auch den Kredit. Sie bauen das Haus und ziehen mit Ihrer Familie dort ein. Drei Jahre nach Ihrem Einzug stellt sich heraus, dass die Ihnen erteilte Baugenehmigung, aus welchen Gründen auch immer (böse Nachbarn können da recht findig sein), rechtswidrig war. Würden Sie es gerecht finden, wenn Ihre Baugenehmigung sofort und automatisch zurückgenommen würde und Sie das Haus abreißen müssten? Sicherlich nicht

3. Ausblick

Was kann man dagegen unternehmen, wenn man den Verdacht hat, dass in der Nachbarschaft eine WKA gebaut werden soll?

Zunächst ist es oft schon ein Problem, rechtzeitig von einem solchen Vorhaben zu erfahren. Damit Ihnen hier nichts entgeht, sollten Sie regelmäßig die an Ihrem Ort weit verbreitete Tageszeitung lesen, regelmäßig das Amtsblatt Ihrer Gemeinde oder Ihres Kreises studieren und auf den Internetseiten Ihres Kreises bzw. Ihrer kreisfreien Stadt suchen. Denn das sind die Medien, auf denen üblicherweise von einem WKA-Vorhaben berichtet wird und auf denen auch die öffentlichen Bekanntmachungen (z.B. nach § 10 Abs. 8 S. 1 BImSchG im förmlichen Genehmigungsverfahren) erfolgen.

Sobald Sie von der Genehmigung einer WKA erfahren, legen Sie sofort Widerspruch ein, am besten als Einschreiben gegen Rückschein, damit Sie die Widerspruchserhebung beweisen können. Wichtig ist dabei erstmal nur, dass Sie den Widerspruch fristgerecht, regelmäßig also binnen eines Monats, einlegen. Die Begründung für Ihren Widerspruch können Sie, u.U. auch mit anwaltlicher Hilfe, später nachreichen.

Inhaltlich gibt es eine Reihe von Punkten, die gegen eine geplante WKA vorgebracht werden können, z. B. Überflugrouten von Vögeln, insbesondere von gefährdeten Vogelarten oder Fledermäusen, schützenswerte Biotope oder auch die Verletzung eines Mindestabstandes zum nächsten Wohnhaus. Dabei können Sie als Nachbar aber nur die Verletzungen von Belangen oder Vorschriften geltend machen, die eine sogenannte nachbarschützende Wirkung haben. Sie können wahrscheinlich nur dann erfolgreich gegen die Genehmigung einer WKA Widerspruch einlegen oder klagen, wenn Sie selbst von den schädlichen Auswirkungen der WKA betroffen sind. Allgemeine Belange des Umweltschutzes, z.B. die Überflugrouten von Fledermäusen oder Vögeln, können in der Regel nur durch Naturschutzverbände geltend gemacht werden.

Günstig ist selbstverständlich auch, wenn sich bereits eine Bürgerinitiative gegen das WKA Vorhaben gebildet hat oder wenn ein Naturschutzverband gegen das WKA Vorhaben vorgeht, dass Sie sich in der Bürgerinitiative bzw. dem Naturschutzverband engagieren. Die Bildung einer solchen Bürgerinitiative können Sie auch selbst initiieren durch eine Anzeige in der Zeitung oder einen Aufruf im Internet. Mit der Zeitung erreichen Sie aber im Zweifel mehr Personen, auch ältere oder solche, die nicht regelmäßig im Internet surfen.

Schließlich müssen Sie, wenn Sie rechtlich gegen eine WKA vorgehen möchten, einen guten Anwalt, am besten einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht einschalten. Als juristischer Laie sind Sie den Verwaltungsbehörden mit deren Rechtsabteilungen ansonsten völlig unterlegen.

Ich wünsche allen Lesern, die sich gegen eine weitere sinnlose WKA wehren wollen, viel Erfolg.

 




Aktuelles aus Klima und Energie (17.01.2020) Einladung zum Fachvortrag

Fachpublikationen

Werner Roos, Infraschall aus Windenergieanlagen – ein verkanntes Gesundheitsrisiko, Naturwissenschaftlichen Rundschau, 72. Jahrgang, Heft 7, 2019, Leseprobe Nawi Ru 7_2019 S. 343.

Vorträge

Vortragstitel: Warum wir uns mit der Energiewende so schwer tun

Referent: Dr. rer. nat. Dominique Görlitz

Datum und Zeit: Donnerstag, 23. Januar 2020 um 19:30

Ort: Schulküche Hochheim, 99869 Hochheim

Kurzbeschreibung: Klimawandel und Energiewende sind momentan in allen Medien präsent und Lösungen gegen den Temperatur- und Meeresspiegelanstieg werden händeringend gesucht. „Die Energiewende ist wichtig und konsequenterweise richtig, wird aber völlig falsch angegangen“, sagt Dominique Görlitz. Denn laut dem vortragenden Naturwissenschaftler hat der Temperaturanstieg seinen Ursprung in der Komplexität des Weltklimas und nicht ausschließlich im Menschen. In der Wissenschaft gibt es kein Erkenntnisproblem, sondern ein Anwendungsdefizit. Das beweist Dominique Görlitz in seinem Vortrag zur Energiewende anhand des Beispiels der ABORA-Expeditionen. Denn mit seinen Schilfboot-Expeditionen über den Atlantik oder auf alten Handelsrouten übers Mittelmeer beweist der Experimentalarchäologe, dass Erkenntnisse von gestern Lösungen für den Klimawandel bieten und nicht nur Kohlefaserboote der gefährlichen Atlantiküberfahrt standhalten können. Görlitz zeigt in seinem Klima-Vortrag, dass die Klimageschichte der letzten 20.000 Jahre mögliche Ursachen, Widersprüche, Folgen und Lösungsansätze des Klimawandels bietet. Daraus entstehen reelle und nachhaltige Lösungen, die der Naturwissenschaftler in seinem Vortrag argumentativ und frei von Wertungen beschreibt.

 

Zur neuen EIKE-Serie

Da dies die erste EIKE-News dieser Reihe ist und hoffentlich nicht gleich die letzte bleibt, nachfolgend die Kriterien für Zusendungen:

Themen: Klima, Energie, Energiewende. Im Wesentlichen erwarten wir Hinweise auf Vorträge, insbesondere auch solche an Hochschulen. Ferner Hinweise auf Fachveröffentlichungen und einschlägige Promotionsarbeiten.

Nicht dazu gehören: eigene Beiträge, die noch nicht veröffentlicht wurden, Beiträge aus Zeitungen, TV oder Hörsendungen.

Die Zusendungen müssen entsprechende Informationen oder Unterlagen aufweisen, damit sie für Veröffentlichung in den EIKE-News brauchbar sind. Bei Vorträgen daher bitte alle relevanten Informationen (Beispiel s. oben) angeben, bei Veröffentlichungen die genaue Angabe der Quelle.

Bitte beachten, dass aus Zeitgründen bei nicht verwendeten Zusendungen keine Antwort erfolgen kann.

Zusendung an moluedecke1@gmx.de

 




Buschbrände in Australien: Folgen grüner Politik

Der Autor ist zwischen 1995 und 2010 mehrfach und jeweils für einige Wochen dem deutschen Winter an der Queensländischen Sunshine Coast entkommen. Der „Australian“, größte Zeitung in Down Under, war damals tägliche Lektüre. Und natürlich gab es stets Buschbrände. Die Ureinwohner haben sie gezielt in früheren Zeiten selber gelegt. Einige australische Baumarten würden ohne diese Brände nicht einmal überleben, ihre Samenkapseln springen nämlich erst bei Feuer auf (hier).

Tatsächlich gab es schon immer diese Buschbrände im australischen Sommer. Ihre Schäden und die durch sie verursachte Gefährdung der Bevölkerung haben aber tatsächlich stark zugenommen. Wie kam es dazu? Der Australian hat über einen der wichtigsten Gründe schon vor Jahrzehnten berichtet. Das Fazit: Im Zuge der weltweiten „politischen Ergrünung“ sind damals grüne Parteien in die australischen Landesparlamente eingezogen. Dort haben sie sich als erstes mit den Forstleuten angelegt, die sich bekanntlich am besten mit Buschfeuer, dessen Verhinderung und Bekämpfung auskennen.

Alle vernünftigen ehemaligen Forst-Vorschriften wurden durch die neue grüne Politik in Victoria und News-South-Wales gesetzlich außer Kraft gesetzt. Im wesentlichen waren es die beiden folgenden Maßnahmen:

1. Baugnehmigungen auch für Grundstücke sehr nahe am Busch wurden jetzt zugelassen, ja sogar ausdrücklich gefördert. Es wurde „nahe an der Natur“ propagiert, hat ja auch etwas für sich, Naturnähe liebt jeder. Es birgt aber andererseits auch erhebliche Gefahren, vor denen die Forstexperte zwar dringend warnten, dies aber die Grünen ignorieren (erinnert an die Geschichte von Paulinchen und den Streichhölzern im Struwwelpter).

2. Das Beseitigen von „fuel“ wurde von grüner Politik verboten! Mit „fuel“ bezeichnen dort die Fachleute leicht brennbares Gestrüpp an den Grenzen zum Busch bzw. auch im Busch!

Nebenbei und nicht unmittelbar zum Thema gehörend: Hinzu kam noch die Beseitigung von Hai-Netzen (hier), die zum Schutz von Schwimmern vor frequentierten Badestränden unter der Wasseroberfläche installiert waren. Grüne Begründung: es verfangen sich in diesen Netzen auch Delphine. Die Entscheidung in Sachen Hainetze fiel damals zugunsten der Delphine – nichts dagegen zu sagen, auch der Autor liebt diese hochintelligenten Tiere. Sie fiel aber auch zu Ungunsten der Menschen, die Erholung beim schwimmen und surfen suchten. Menschen lagen in der Gunst der Grünen unter den Delphinen. Sie sollten eben besser zu Hause bleiben als im Meer zu schwimmen oder zu surfen.

Auch heute noch scheint die grüne Politik für Buschbrände eine gehörige Portion Mitverantwortung zu tragen, so bekundet es jedenfalls die freiwillige Feuerwehr Australiens (hier). Die automatische Google-Übersetzung ins Deutsche:

Die Volunteer Firefighters Association (VFFA), das Gremium, das die Stimme der freiwilligen ländlichen Feuerwehrleute in NSW vertritt, widerlegt die Behauptung grüner Alarmisten, dass der Klimawandel die Ursache der jüngsten Buschbrände in New South Wales ist.

Es ist lächerlich, dem Klimawandel die Schuld zu geben, wenn wir wissen, dass es in Australien weitaus schlimmere Buschbrände gegeben hat, die bis in die frühen Tage der europäischen Besiedlung zurückreichen, einschließlich des Black Saturday Victoria 2009, der NSW Bushfires 1994, des Ash Wednesday Victoria 1983, der Blue Mountains NSW 1968 und des Black Tuesday Hobart 1967 und Black Friday Victoria 1939, sagte Peter Cannon, Präsident des VFFA.
Das VFFA ist verärgert über die Äußerungen der grünen Lobbygruppen, dass die Bekämpfung des Klimawandels wichtiger sei, als die vorgeschriebene Verbrennung von Waldbrennstoffen, um das Buschbrandrisiko zu verringern. Die eigentliche Schuld liegt bei den Grünen und ihrer Ideologie, da sie sich weiterhin gegen unsere Bemühungen zur Gefahrenreduzierung in den kühleren Monaten stellen, diese untergraben und verhindern, dass private Landbesitzer ihr Land roden, um das Buschfeuerrisiko zu verringern. Die Gefahrenreduzierung ist das einzige bewährte Managementinstrument, mit dem Feuerwehrleute in ländlichen Gebieten die Intensität und Ausbreitung von Buschbränden reduzieren müssen. Dies wurde in zahlreichen Untersuchungen zu Buschbränden seit der Stretton-Untersuchung zu den viktorianischen Buschbränden von 1939 festgestellt.
Die Menge an „grünem Band“, die wir durchlaufen müssen, um eine Verbrennung zu genehmigen, ist mehr als frustrierend. sagt Peter Cannon. Das VFFA fordert die NSW-Landesregierung auf, den Aufwand für die Planung und Durchführung von Gefahrenreduzierungen zu reduzieren, damit unsere freiwilligen Feuerwehrleute in den kühleren Monaten mit der Durchführung von Brandschutzarbeiten beginnen können, um den unvermeidlichen sommerlichen Buschbrand und Katastrophen zu verhindern, die jetzt häufiger auftreten.Die NSW-Landesregierung muss auch ausreichende Mittel für geplante und nachhaltige Maßnahmen zur Reduzierung der Buschbrandgefahr bereitstellen, einschließlich der Schaffung von Schutzzonen für Vermögenswerte und der Modernisierung aller Brandpfade in Gebieten mit hohem Buschbrandrisiko. Denken Sie daran, dass es weitaus kostengünstiger ist, beispielsweise 66- bis 100-mal so kostengünstig, Waldbrände durch Risikominderung zu verhindern, als reaktionäre Brandreaktionen, wie wir es derzeit haben. Wie hoch ist dann angesichts der großen Zahl verlorener Häuser und sinkender Immobilienwerte durch diese Waldbrände der gesamte Steuerbetrag, wenn durch eine wirksame Verringerung der Gefährdung alles hätte verhindert werden können! Ausweitung der Fläche, die durch vorgeschriebenes Brennen auf buschfeuergefährdeten Flächen behandelt wird, von derzeit weniger als 1% pro Jahr auf mindestens 5% pro Jahr, wie von der Victorian Royal Commission und vielen führenden Buschfeuerexperten empfohlen.Die Verringerung der Gefährdung durch vorgeschriebenes Verbrennen ist seit der Stretton Royal Commission 1939 ein wichtiges Instrument zur Verringerung der Intensität und Ausbreitung von Buschbränden bei nationalen Untersuchungen zu Buschbränden. In dieser Hinsicht unterstützt das VFFA:Strategische und gezielte Gefahrenreduzierung durch vorgeschriebene Verbrennung zur Reduzierung des Waldbrennstoffgehalts und der Buschbrandgefahr für Menschen (einschließlich der Sicherheit von Feuerwehrleuten), Eigentum und Umwelt in Gebieten, in denen ein hohes Buschbrandrisiko festgestellt wurde. Planungsansatz für das Bushfire-Risikomanagement basierend auf dem Canobolas-Modell in NSW.

Integrierte Gefahrenreduzierung durch vorgeschriebene Verbrennungs- und ergänzende Methoden wie Hieb, Beweidung und Anbau.

Bereitstellung angemessener staatlicher und staatlicher Mittel für ländliche Brandschutzbehörden, Landverwaltungsbehörden und Kommunalverwaltungen zur Schaffung und Erhaltung von Schutzzonen und Brandpfaden in Gebieten mit hohem Buschbrandrisiko auf geplanter und nachhaltiger Basis.
Laufende relevante Forschung zu Brandverhalten, -verhütung und -bewältigung sowie zu den Auswirkungen von Bränden auf die Artenvielfalt durch die Bushfire Cooperative Research.
Peter Cannon
Präsident
VFFA
Dem ist nichts hinzuzufügen. Man wird unwillkürlich an grüne Politik in Deutschland erinnert. Hier geht es nicht um „fuel“ sondern um Windräder. Wir erkennen aber die „grüne“ Analogie:

Umwelt, Naturschonung und Menschen sind den Grünen inzwischen völlig egal. Sie haben sich von anfänglichen Naturschützern im Laufe der Zeit zu größten Umweltverbrechern verwandelt. So setzt es heute grüne Politik durch, falls an der Macht wie in Baden-Württemberg, dass für vernachlässigbare 3,1% Windanteil an der deutschen Primärenergie [1] Wälder und Landschaften zerstört werden. Gesundheitsgefährdender Windrad-Infraschall wird als übertrieben weggewischt. Dass diese Umweltzerstörungen andere politische Parteien auch noch mittragen, anstatt dem grünen Wahnsinn ein Ende zu bereiten, darf als eine weitere Katastrophe gelten.

 

Quellennachweise:

[1] Findet eine Energiewende statt? – heiDOK – UNI Heidelberg, 2017.




CO2-Ausstoß 2019 stark gesunken? Die Glaubwürdigkeit der Medien auch.

Das Portal Wetteronline meldete sich am Morgen des 7. Januar auf meinem Smartphone so:

CO2-Ausstoß 2019 stark gesunken

Weniger Kohlestrom und dafür mehr Windkraft: Die Energiewende hat den Ausstoß von Treibhausgas in Deutschland Experten zufolge im vergangenen Jahr auf ein Rekordtief gedrückt. Im Vergleich zu 1990 sind die CO2-Emissionen um etwa 35 Prozent gesunken. Der Rückgang von mehr als 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Vergleich zum Vorjahr geht allerdings nur auf die Stromproduktion zurück. Die Erneuerbaren Energien deckten einen Rekordanteil von 42,6 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Der gestiegene CO2-Preis der EU für die Energiewirtschaft machte die klimaschädliche Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle weniger rentabel.“

Hintergrund war eine dpa-Meldung der „Denkfabrik“ Agora Energiewende, die sämtlichen deutschen Medien eine Schlagzeile wert war. Ähnliches berichteten nämlich zeitgleich ARD Tagesschau, ZDF heute, Deutschlandfunk, BR, Bild, FAZ, Süddeutsche, Tagesspiegel, taz, Welt u.v.m., auch im benachbarten Ausland.

Was zeigen die Zahlen von Agora wirklich? Und ist die Energiewende wirklich ursächlich für den Rückgang von Treibhausgas-Emissionen?

Lassen Sie uns die Aussagen anhand des Jahresberichts von Agora Energiewende (2020, [1], im Weiteren mit AE bezeichnet) und einem aktuellen Aufsatz dreier Physikprofessoren der Universität Heidelberg (2019, [2], im Weiteren mit Uni-HD bezeichnet) prüfen:

(1) Agora schreibt: Die Energiewende hat den Ausstoß von Treibhausgas in Deutschland Experten zufolge im vergangenen Jahr auf ein Rekordtief gedrückt. Im Vergleich zu 1990 sind die CO2-Emissionen um etwa 35 Prozent gesunken. Der Rückgang von mehr als 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Vergleich zum Vorjahr geht allerdings nur auf die Stromproduktion zurück.  

Laut AE (Bild 1, linke Grafik) scheinen die Zahlen zu stimmen: Für 2019 werden 811 Mio. t CO2-Äquivalente angegeben, gegenüber 867 t für 2018 und 1251 t für 1990, was eine Reduktion um 35,2 % seit 1990 und um mehr als 50 Millionen Tonnen seit dem Vorjahr ausmacht. Aber zur Interpretation vergleiche man das mit der Abbildung der Uni-HD (Bild 1, rechte Grafik):

Bild 1:  CO2-Emissionen in Deutschland. Links: AE, S. 25, Abb. 3-1. Rechts: Uni-HD, Abb. 1. Die senkrechten blauen Striche bei den Jahren 2009 und 2017 wurden von der Verfasserin eingezogen, um den Zeitraum in drei Phasen zu gliedern und den visuellen Vergleich der Grafiken zu erleichtern.

Abgesehen davon, dass die von AE genannte Quelle des Umweltbundesamtes [3] nur „energiebedingte“ Emissionen angibt und AE diese offenbar hochrechnet, zeigen die Daten des Umweltbundesamtes zunächst zwei Phasen, die sich auch in obigen Grafiken identifizieren lassen:

  • Von 1990 (1037 t) bis 2009 (762 t) sind die CO2-Emissionen um 26,5 % zurückgegangen.
  • Von 2009 (762 t) bis 2017 (766 t) sind sie überhaupt nicht zurückgegangen.
  • AE betont zudem eine dritte Phase: Von 2017 bis 2019 seien sie angeblich um weitere 8,7 Prozentpunkte (35,2 % – 26,5 %) zurückgegangen.

Angeblich deshalb, da AE den Wert für 2018 als „vorläufig“ und für 2019 als „eigene Schätzung“ angibt. Diese Daten sind infolgedessen nicht nachprüfbar.

Den Rückgang in den Jahren nach 1990 führt Uni-HD im Wesentlichen auf den Strukturwandel in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung zurück, auch das Umweltbundesamt spricht von „Stilllegung emissionsintensiver Braunkohlekraftwerken in den 1990er Jahren“. Den Rückgang in den Jahren 2018 und 2019 führt AE auf die milde Witterung und vermindertes Wirtschaftswachstum zurück. Wörtlich schreiben sie dann selbst: „Weil Emissionsminderungen aufgrund von Witterungs- und Konjunktureffekten keine nachhaltige Wirkung hat, kann daraus kein Trend abgeleitet werden. Der treibhausgasmindernde Effekt dieser beiden Variablen könnte sich also bereits im folgenden Jahr umkehren und die Entwicklung konterkarieren.“ (AE, S. 26)

Wir halten fest: Der „Rückgang von mehr als 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Vergleich zum Vorjahr“ hat keine nachhaltige Ursache. In den acht Jahren davor gab es gar keinen Rückgang. Folglich ist nicht die Energiewende ursächlich für das (behauptete, nicht nachprüfbare) Rekordtief von Treibhausgasemissionen, sondern unabhängige Prozesse wie Konjunktur und Wetter.

(2) Agora schreibt: Die Erneuerbaren Energien deckten einen Rekordanteil von 42,6 Prozent des Bruttostromverbrauchs.

Sehen wir uns hierzu wieder zwei Grafiken an (Bild 2):

Bild 2: Links: Die Anteile verschiedener Energieträger an der Bruttostromerzeugung in TWh (AE, S. 18, Abb. 2-2). Rechts: Die Anteile verschiedener Energieträger an der gesamten (primären) Energieversorgung in % (Uni-HD, Abb. 2). Die senkrechten blauen Striche markieren wieder die Jahre 2009 und 2017. Sie wurden von der Verfasserin eingezogen, um den Bezug zu den drei oben besprochenen Phasen herzustellen und den visuellen Vergleich der Grafiken zu erleichtern.

Wir sehen, dass je nach Darstellung ein ganz unterschiedlicher Eindruck entsteht. Während die linke Grafik die Aussage eines stark steigenden und inzwischen erheblichen Anteils erneuerbarer Energien illustriert (243 von 606 TWh im Jahr 2019, d.h. 40,1 %), bleibt in der rechten Grafik der Anteil von Wind- und Sonnenkraft verschwindend gering (3,1 % bzw. 1,3 % im Jahr 2018).

Drei Gründe erklären die Diskrepanz:

  1. Stromerzeugung versus -verbrauch. 2019 wurden 606 TWh Strom erzeugt und 569 TWh verbraucht. Die Differenz ergab sich durch Lastflüsse aus dem und in das Ausland (vgl. AE, S. 15, Abb. 1-5). 243 TWh aus erneuerbaren Energien machen also bei der Erzeugung 40,1 %, beim Verbrauch hingegen 42,6 % aus. Da diese Diskrepanz gering ist, soll sie im Folgenden vernachlässigt werden).
  2. Strom versus gesamte (primäre) Energie: Es verzerrt erheblich das Bild, wenn man nur den Stromsektor betrachtet, da alle energieverbrauchenden Sektoren, d.h. auch Verkehr, Gebäude und Industrie, zum CO2-Ausstoß beitragen, und da im Rahmen der Energiewende große Verschiebungen zwischen den Sektoren vorgesehen sind. Die linke Grafik zeigt nur den Stromsektor, wo Erneuerbare einen Anteil von 40,1 bzw. 42,6 % ausmachen. Die rechte Grafik zeigt die gesamte Energie, an der die Erneuerbaren einen Anteil von ca. 14 % ausmachen (Uni-HD S. 2). Mit 14,7 % in 2019 und 13,8 % im Jahr 2018 bestätigt auch AE diesen Anteil (S. 11f.).
    (Will man der AE-Publikation entnehmen, welchen Anteil der Stromsektor an der gesamten Energie ausmacht, muss man Einheiten umrechnen: Laut AE betrug im Jahr 2019 der Primärenergieverbrauch 12815 Petajoule (S. 11) und der Stromverbrauch 569 TWh (S. 15). Mit der Umrechnung 1 Ws = 1 J stellen wir fest, dass der Stromverbrauch mit 569 TWh = 2048 Petajoule einen Anteil von 16 % des Primärenergieverbrauchs ausmacht. Man müsste sich also die Kurven in der linken Grafik alle auf ca. 16 % ihrer Höhe skaliert vorstellen, um einen Vergleich mit der rechten Grafik zu ermöglichen.)
  3. Wind- und Sonnenkraft versus erneuerbare Energien: Zu den „erneuerbaren Energieträgern“ zählen außer Wind und Sonne auch Biomasse (Holz, Klärgas, Biodiesel u.a.), Wasserkraft und Naturwärme. Wo finden sich diese in der linken Grafik? Man braucht eine weitere Abbildung von AE (Bild 3, linke Grafik), um zu erkennen, dass von den 243 TWh erneuerbar erzeugtem Strom 127 TWh auf Windkraft und 47 TWh auf Sonnenkraft entfallen. Ihre Anteile am Strom betrugen im Jahr 2019 also 127/606 = 21% Windkraft und 47/606 = 7,8 % Sonnenkraft. Das ist deutlich weniger, als man sich bei der propagierten Rekordzahl von ca. 40 % vorstellt. Und in der rechten Grafik von Bild 2 wird deutlich, dass 2018 bezogen auf die Primärenergie nur 3,1 % bzw. 1,3 % von Wind bzw. Sonne erzeugt wurden (Uni-HD, S. 2). Der Zuwachs von 2018 zu 2019 ist hier vernachlässigbar. Das ist nun eine ganz andere Größenordnung als die propagierten 40 %.

Wir halten fest: Es wurden 2019 zwar 42,6 % des verbrauchten Stroms von erneuerbaren Energieträgern erzeugt, aber nur 21 % des erzeugten Stroms stammte aus Windkraft und 7,8 % aus Sonnenkraft. Da der Stromsektor wiederum nur ca. 16 % der gesamten Energie (Primärenergie) ausmacht, beträgt der Anteil von Wind- bzw. Sonnenkraft dort nur verschwindende 3,1 % bzw. 1,3 %.

 

(3) Agora schreibt: Der gestiegene CO2-Preis der EU für die Energiewirtschaft machte die klimaschädliche Stromgewinnung aus Stein- und Braunkohle weniger rentabel.

Die beiden folgenden Grafiken (Bild 3) verdeutlichen in der Tat, dass der Zuwachs an Stromproduktion aus erneuerbaren Energien von 2018 bis 2019 (linke Grafik) nicht von einem entsprechenden Ausbau von Anlagen begleitet wurde (rechte Grafik).

Bild 3: Links: Stromproduktion aus erneuerbaren Energien 1990 – 2019 (AE, S. 20, Abb. 2-4). Rechts: Installierte Erneuerbare-Energien-Kapazität 2018 und 2019 (AE, S. 22, Abb. 2-6)

 

Augenfälliger wird das Problem, wenn wir uns auf Wind- und Sonnenenergie fokussieren:

Bei der Sonnenkraft stieg die Stromproduktion innerhalb eines Jahres nur um 2 % (von 46 auf 47 TWh, AE S. 20), obwohl die Kapazität der Anlagen um 8,8 % wuchs (von 45,2 auf 49,2 GW). Die beiden Grafiken verdeutlichen dabei unmittelbar den geringen Wirkungsgrad der Photovoltaik: Obwohl die Anlagen in der Nennleistung einen erheblichen Anteil an den Erneuerbaren ausmachen (gelber Sektor in der rechten Grafik), ist ihr Anteil am erzeugten Strom gering (gelber Sektor in der linken Grafik, auch oben Punkt 2c.). Der Ausbau brachte also nicht viel.

Bei der Windkraft stieg umgekehrt die Stromproduktion innerhalb eines Jahres um erhebliche 15 % (von 110 auf 127 TWh, AE S. 20), die Kapazität der Anlagen wuchs jedoch kaum (nur um 3,9 %, von 58,8 auf 61,1 GW). Der Zuwachs ist also in der Tat wirtschaftspolitisch gesteuert. Die Kosten werden auf uns alle umgelegt: Allein im letzten Jahr stieg der Preis für Haushaltsstrom erneut von 29,88 ct/kWh auf 30,85 ct/kWh (AE S. 9).

Wir halten zusammenfassend fest: Der in Bild 2 und 3 jeweils links dargestellte und in Bild 2 rechts erheblich relativierte Zuwachs wurde bei der Windkraft nur durch politische Steuerung der Einspeisung aus den bestehenden, nicht jedoch durch den Bau neuer Anlagen erzielt. In anderen Publikationen, u.a. [4], [5], wurde gezeigt, warum ein erfolgversprechender Ausbau auch in Zukunft nicht möglich ist. Wie Bild 1 zeigt, führen erneuerbare Energien nicht zu einer CO2-Einsparung. Die Kosten zahlt der Verbraucher.    

 

Das ZDF beschloss in der heute-Sendung am 6. Januar 2020 die „erfreuliche Meldung“ mit mahnenden Appellen: Leider hakt der weitere Ausbau. Aus dem Bundesumweltministerium fordert ein Herr Haufe .. „eine Dynamik, die unseren Klimazielen gerecht wird.“ Und Agora-Direktor Patrick Graichen mahnt: „Ohne Windkraft werden wir weder den Kohleausstieg noch die Klimaschutzziele erreichen.“

Kommentar: Das mag sein. Mit Windkraft aber auch nicht.

 

Quellen:

[1] Agora Energiewende (2020): Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2019. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2020.

https://www.agora-energiewende.de/fileadmin2/Projekte/2019/Jahresauswertung_2019/171_A-EW_Jahresauswertung_2019_WEB.pdf

[2] Dubbers, D., Stachel, J. & Uwer, U. (2019). Energiewende – ein Kommentar aus der Physik.

https://www.physi.uni-heidelberg.de/~dubbers/energiewende/text.pdf

[3] Umweltbundesamt (2019). Energiebedingte Treibhausgas-Emissionen nach Quellgruppen. https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energiebedingte-emissionen#textpart-1

(Zitat dort: „Als energiebedingte Emissionen bezeichnet man die Freisetzung von Treibhausgasen und Luftschadstoffen, die durch die Umwandlung von Energieträgern z.B. in Strom und Wärme entstehen. Sie machen etwa 85 % der deutschen Treibhausgas-Emissionen aus.“)

[4] 13. IKEK in München: Horst-Joachim Lüdecke – Naturgesetzliche Schranken der Energiewende. 23. Dezember 2019.

https://www.eike-klima-energie.eu/2019/12/23/13-ikek-in-muenchen-horst-joachim-luedecke-naturgesetzliche-schranken-der-energiewende/

[5] Lüdecke, H.-J. (3. Aufl. 2018). Energie und Klima. Renningen: expert verlag.