Beeinflusst die globale Viehwirtschaft das Klima?
Der Viehzüchter und Experte für Tropische Weidewirtschaft Albrecht Glatzle hat in drei Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften mit peer review die Vorwürfe der Klimaschädlichkeit der Viehwirtschaft analysiert und kommt zu dem Schluss, dass sowohl die FAO, wie auch der Weltklimarat IPCC, auf dessen Anleitung zur Erstellung Nationaler Treibhausgasinventare sich die FAO in weiten Teilen bezieht, schwere methodische Fehler begingen.
Grundvoraussetzung für eine Klimabeeinflussung durch Haustiere ist eine messbare Klimaerwärmung durch anthropogene Treibhausgasemissionen (z.B. CO2, CH4, N2O). Eine nennenswerte Klimasensitivität dieser Treibhausgasemissionen bestreitet z.B. EIKE auf dieser Webseite seit Jahren mit hunderten von guten wissenschaftlichen Argumenten, denen eigentlich nichts hinzuzufügen ist. Ergänzt soll hier lediglich werden, dass sich der Weltklimarat selbst, dessen Existenzberechtigung ja mit der Aufrechterhaltung des Klima-Alarms steht und fällt, durch inhärente Widerspruche ad absurdum führt, was bei gründlichem Studium der IPCC-Berichte deutlich wird:
Im 4. Sachstandbericht AR4 (2007) werden in Tabelle 2.11 sechzehn (16) natürliche und menschengemachte Antriebskräfte (forcing agents) für das weltweite Temperaturgeschehen aufgelistet und hinsichtlich ihres wissenschaftlichen Verständnisses bewertet. Nur eine dieser Antriebskräfte wird als gut verstanden, und 11 werden als schlecht bis sehr schlecht verstanden klassifiziert. Genau diese Antriebskräfte sind es aber, die als Variablen in die Modellberechnungen künftiger Temperaturszenarien einfließen. Selbst jedem Laien wird einleuchten, dass bei einen so hohen Niveau von Unsicherheit der verwendeten Variablen keine Zukunftsszenarien mit akzeptabler Vertrauenswürdigkeit erstellt werden können. Das IPCC tat dies aber trotzdem. Unter der stillschweigenden Annahme einer ganzen Reihe zusätzlicher, unbestätigter Randbedingungen werden Projektionen künftiger Temperaturentwicklungen in Abhängigkeit von bestimmten Emissionsszenarien erstellt, die allesamt ziemlich steil nach oben zeigen (z.B. Fig. TS.26 im AR4).
Wissenschaftler, die Beiträge zum letzten IPCC-Bericht (2013) AR5 leisteten, haben die Temperaturprojektionen aus früheren Berichten einer empirischen Validierung unterworfen, soweit sie heute schon mit den tatsächlich gemessenen Temperaturen verglichen werden können. Das Ergebnis war ernüchternd: Die derzeit gemessenen globalen Mittelwerttemperaturen liegen deutlich unterhalb der Konfidenzintervalle aller früheren vom IPCC erstellten Temperaturprojektionen (Fig.1.4 aus dem an die Öffentlichkeit gelangten 2nd order draft von AR5, siehe http://www.washingtontimes.com/news/2012/dec/18/chilling-climate-change-news/ ). Nach gängigen wissenschaftlichen Kriterien müssten daher sämtliche IPCC-Modelle als unzutreffend verworfen werden. Leider haben sich die Funktionäre des IPCC aber dazu entschieden, die genannte Abbildung nicht in die endgültige Version des AR5 aufzunehmen. Stattdessen haben sie in ihrer „Summary for Policy Makers“ die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch mittels Treibhausgasen das Klima merklich erwärmt, von 90 auf 95% angehoben, obwohl seit Erscheinen der letzten 3 IPCC-Sachstandsberichte (17 Jahren) keine weitere Erderwärmung mehr beobachtet worden war, trotz weiter steigender Treibhausgas-Emissionen.
Selbst wenn man von einer beträchtlichen Klimaerwärmung durch anthropogene Treibhausgase ausgeht, wie vom IPCC postuliert, gibt es erhebliche Diskrepanzen zwischen der Realität und dem Motto „Less Meat = Less Heat“, unter dem im Europäischen Parlament im Jahre 2009 eine Anhörung stattfand: Diese Diskrepanzen werden in den drei genannten Veröffentlichungen mit unterschiedlicher Ausführlichkeit abgehandelt. Hier sollen nur die wichtigsten kurze Erwähnung finden:
– Während in der Anleitung zur Erstellung Nationaler Treibhausgasinventare (IPCC 2006, http://www.ipcc-nggip.iges.or.jp/public/2006gl/vol4.html ) im Falle von CO2 korrekterweise nur zusätzliche, vom Menschen verursachte Emissionen berücksichtigt werden, wird bei der Bewertung von Methan- und Lachgasemissionen ein schwerwiegender Fehler begangen: Es werden mit akribischer Genauigkeit Formeln, Richtwerte und Anhaltspunkte abgehandelt, um die Gesamtemissionen dieser Gase aus bewirtschafteten Ökosystemen (managed ecosystems) abzuschätzen. Emissionen aus natürlichen Ökosystemen werden aber per definitionem nicht berücksichtigt, weil sie ja nicht menschengemacht sind. Aber auch natürliche Ökosysteme geben manchmal sogar erhebliche Mengen an Methan und Lachgas ab. Deshalb muss selbstverständlich die jährliche Gesamtemission aus einem bewirtschafteten Ökosystem um den Betrag nach unten korrigiert werden, der von dem zuvor an diesem Standort vorhandenen natürlichen Ökosystem (also ohne menschlichen Einfluss, d.h. vor der Inkulturnahme) jedes Jahr abgegeben wurde, um auf den anthropogenen Anteil der berechneten Gesamtemission zu kommen. Diese Korrektur ist in der IPCC-Anleitung nicht vorgesehen und wurde infolgedessen weder von der FAO noch in irgendeiner der mir bekannten einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema vorgenommen. Eine systematische und erhebliche Überschätzung der als anthropogen deklarierten Emissionen von Nicht-CO2-Treibhausgasen aus Agro-Ökosystemen ist die logische Konsequenz, da Baseline-Emissions-Szenarien über Raum und Zeit keine Berücksichtigung finden.
– Weder bei der von Satelliten gemessenen geographischen Verteilung der Methankonzentration in der Atmosphäre noch bei ihrer historischen Entwicklung ist ein Haustiersignal erkennbar. Zum Beispiel hat zwischen 1990 und 2007 der Weltbestand an Rindern um über 115 Millionen Kopf zugenommen während der Anstieg der Methankonzentration in der Atmosphäre auf null abfiel. Diese empirischen Beobachtungen vertragen sich schlecht mit der Behauptung der FAO, die Rinderhaltung trage mit 35 bis 40% zu den Methanemissionen anthropogenen Ursprungs bei.
– Die „Emissionsintensität“ (erforderliche Emission von CO2-Äquivalenten für die Erzeugung von einem Kilo Rindfleisch) berechnet die FAO je nach Kontinent unterschiedlich: Während in Europa die historischen Emissionen aus der Rodung zur Grünlanderzeugung unterschlagen werden, weil sie schon vor langer Zeit erfolgten, werden diese CO2-Emissionen in Südamerika, wo heute immer noch gerodet wird, um Weideland anzulegen, in dem Jahr, in dem sie anfallen, in voller Höhe auf die in Südamerika erzeugte Fleischmenge verrechnet.
Dieses Vorgehen ist methodisch nicht sauber:
Wenn Buschland oder Wald gerodet oder ausgelichtet wird zur Ansaat von Weideland, dann wird die daraus hervorgehende einmalige Emission in Kauf genommen, um auf dem neu angelegten Dauergrünland über einen sehr langen Zeitraum Fleisch zu produzieren. Zur Berechnung der Emissionsintensität darf daher die bei der Rodung einmalig freigesetzte CO2-Menge nicht auf eine beliebig gewählte Fleischmenge (z.B. Jahresproduktion von Südamerika) umgelegt werden. Sie muss vielmehr auf die Gesamtmenge des auf der neu angelegten Weidefläche während ihrer gesamten Nutzungszeit erzeugten Fleischs verteilt werden. Diese Nutzungszeit kann sich leicht über Jahrhunderte erstrecken wie z.B. in Mitteleuropa, wo sich nahezu alles Grünland an ehemaligen Waldstandorten befindet. Je länger aber die Nutzungszeit, desto geringer wird der Emissionsanteil aus der Rodung, der auf ein kg erzeugtes Fleisch entfällt, ja er tendiert sogar gegen Null. Soweit es um die Emissionsintensität geht (nicht um die in einem bestimmten Jahr in einem bestimmten Kontinent freigesetzte gesamte CO2-Menge), wäre es daher richtig, bei Fleischerzeugung auf Dauergrünland die einmalige Emission aus Rodung grundsätzlich zu vernachlässigen. Die FAO behandelt aber verschiedene Kontinente in dieser Frage uneinheitlich und begeht damit einen weiteren methodischen Fehler.
Die wissenschaftliche Substanz der weit verbreiteten Behauptung, man könne durch Fleischverzicht oder Reduzierung des Fleischkonsums das Klima der Erde beeinflussen, ist vernachlässigbar gering. IPCC und FAO sind mehreren methodischen Fehlern erlegen. Dass auch Hilfsorganisationen wie Misereor und Brot für die Welt aus Gründen des Klimaschutzes zum Fleischverzicht aufrufen, zeugt von Ignoranz und Desinformation. Dasselbe gilt für das Europäische Parlament, wenn es sich für eine Audienz unter dem Schlagwort „Less Meat = Less Heat“ nicht zu schade ist.
Dr. sc. agr. Albrecht Glatzle Paruguay
Hier die Links zu den Veröffentlichungen von Dr. Glatzle (EIKE) zum Thema
1. http://www.pastoralismjournal.com/content/4/1/1
Questioning key conclusions of FAO publications ‘Livestock’s Long Shadow’ (2006) appearing again in ‘Tackling Climate Change Through Livestock’ (2013)
2. http://tropicalgrasslands.info/index.php/tgft/article/view/144/92