Europäische Industrie für „saubere“ Technologie ist im starken Sinkflug

[Belegt wird dies mit einer eindrucksvollen Graphik von Bloomberg, die wegen urheberrechtlicher Gründe hier aber nicht gezeigt werden kann. Es wird auf das Original verwiesen; Link siehe unten. Anm. d. Übers.]

Der Absturz in Europa erfolgt zu einer Zeit, in der erneuerbare Energie auf der ganzen Welt keimt, wobei vor allem China stark investiert (hier).

Bloomberg New Energy Finance (BNEF) zufolge machten bis vor Kurzem die europäischen Investitionen in erneuerbare Energie 45% der globalen Investitionen aus. BNEF überwacht diesen Sektor. Aber nach einem Spitzenwert von 132 Milliarden Dollar im Jahre 2011 stürzten die Investitionen in Europa um über die Hälfte ab auf 18% der globalen Investitionen, oder 58 Milliarden Dollar im Jahre 2015.

Michael Liebreich, Vorsitzender des BNEF-Beratergremiums, sagte, dass die globale Finanzkrise und deren Folgen nur teilweise dafür verantwortlich gemacht werden kann. „Europas Versagen, angemessen auf die Krise zu reagieren, war ein Faktor. Außerdem hatten aber auch globale Investoren, die hinsichtlich des Überlebens des Euro besorgt waren, viele Gründe zu zögern, Geld in von Europa dominierte Projekte sauberer Energie zu stecken“, sagte er.

Aber er verwies auch auf Fehler der Politiker in den Mitgliedsstaaten. Diese hätten seinen Worten zufolge zu einem „Aufwärts-Abwärts-Zyklus“ geführt, zeigten sie doch zunächst starke Unterstützung für Erneuerbare, um dann wieder rasch zurückzurudern, fürchteten sie doch die Höhe erfolgreicher Subventionen.

Auch die Hersteller in Europa haben durch den Absturz gelitten. War die EU zu Beginn dieses Jahrhunderts und während einiger nachfolgenden Jahre noch weltführend bei der Herstellung von Solarpaneelen, befindet sich jetzt kein einziges Unternehmen der EU mehr unter den globalen Top 10. Im vorigen Jahr übernahm das chinesische Unternehmen Goldwind den Spitzenplatz als der weltgrößte Hersteller von Windturbinen (hier), was die europäischen Unternehmen in den Schatten verschob.

In der Folge gingen Arbeitsplätze verloren. Der International Renewable Energy Agency zufolge ging die Beschäftigung im Bereich Solar-Photovoltaik in Europa um über ein Drittel zurück auf 165.000 Arbeitsplätze im Jahre 2013, dem letzten Jahr, in denen diese Zahl noch aufgezeichnet worden war. Arbeitsplätze im Bereich Windenergie haben geringfügig zugenommen, und zwar um etwa 5% im Jahre 2013, mehr als die Hälfte davon in Deutschland.

Investiert wird nicht gleichmäßig im Sektor saubere Technologie. Trotz der ärmlichen Vorstellung insgesamt gab es im Bereich der Wind-Energieerzeugung in Europa im Jahre 2015 einen Extraschub (hier), wurden doch 26,4 Milliarden Euro investiert. Aber dies dürfte kaum von Dauer sein.

Oliver Joy, Sprecher der European Wind Energy Association, sagte dem Guardian: „Die Aussichten für 2016 sind nicht gerade rosig, und vermutlich werden wir einen Einbruch bei den Installationen in diesem Jahr sehen. Darüber hinaus ist die Zukunft für Onshore-Windenergie unklar, weil ein unkoordiniertes Patchwork politischer Maßnahmen in Europa den Fortschritt weiter verhindert, nicht zuletzt in UK und Spanien. Es bedarf eines größeren politischen Willens auf europäischer und nationaler Ebene, das heißt, es muss eine Vision für Erneuerbare entworfen werden bis ins nächste Jahrzehnt hinein“. [Na denn man tau! Anm. d. Übers.]

Die Aussichten der in Schwierigkeiten steckenden Industrie sauberer Energie in Europa sind insgesamt schlecht, meinen Analysten. Die beste Hoffnung auf Besserung bietet wahrscheinlich eine Rückkehr des politischen Engagements in diesen Bereich, aber danach sieht es kurzfristig nicht aus, selbst im Zuge des Eckpfeiler-Klimaabkommens von Paris (hier).

Eine grundlegende Ankündigung der Europäischen Kommission zur Zukunft der Energie in der EU im vorigen Monat wurde von grünen Gruppen kritisiert, weil sie sich auf Gas anstatt auf Erneuerbare oder Effizienz konzentrierte (hier). Führer der Kommission und einige Mitgliedsstaaten sind der Ansicht, dass Europa angesichts von Rezession, Arbeitslosigkeit und Einwanderung die Sicherheit der Gasversorgung betonen sollte – trotz der Notwendigkeit, den Treibstoff teuer von außerhalb des Blocks zu importieren, darunter aus Ländern wie Russland, mit dem die Beziehungen der EU derzeit problematisch sind. Dem Geschäftsleben erscheint dies sicherer.

Ein weiterer Schlag ist das heraufdämmernde Referendum über die EU-Mitgliedschaft in UK, was die Investoren verunsichert (hier). Gleichzeitig hat die Tory-Regierung die Unterstützung für Erneuerbare wie Onshore-Wind und Solarenergie scharf zurückgefahren (hier), begründet mit den hohen Kosten.

Liebreich ließ dieses Argument nicht gelten. „Die Tragödie ist, dass Europa seinen Talisman gerade in dem Moment verloren hat, an dem die Kosten bis zu einem Punkt gefallen sind, an dem grüne Energie ohne Subventionen in immer mehr Teilen der Welt vollständig wettbewerbsfähig ist“. [Woher hat er denn das?! Anm. d. Übers.]

Er verwies auf die Kosten der Windenergie-Erzeugung von 4 US-Cent pro Kilowattstunde in den USA. Dies sollte ihm zufolge mit der richtigen Unterstützung seitens der Regierung auch in UK möglich sein. [Ja was denn nun? Soll die Regierung unterstützen {mit Subventionen}, oder soll sie nicht? Anm. d. Übers.] Politiker und Gegner der Windenergie haben nicht verstanden, dass ein Grund für die höheren Kosten in UK in der politischen Unsicherheit zu finden ist“.

Der Rückgang in der EU wurde von einem Fortschritt sauberer Energie in China begleitet (hier). Einem neuen Report der Klimawandel-Denkfabrik E3G zufolge investierten die Chinesen im vorigen Jahr zweieinhalb mal so viel wie die EU in saubere Technologie. [Deswegen ist ja die Luftverschmutzung in China immer wieder in den Nachrichten hierzulande ein Thema! Anm. d. Übers.]

Die Ironie ist, dass Investitionen in der EU das Aufblühen der Industrie sauberer Energie in Asien erst ermöglicht hat, haben doch initiale subventionierte Fischzüge im Bereich saubere Technologie Früchte getragen in Gestalt professionellerer Herstellungsprozesse zu deutlich reduzierten Kosten. Wenn das so weitergeht, wird China die ökonomischen Vorteile der historischen Investitionen Europas abstauben.

Der Direktor von E3G Nick Mabey sagte: „Vor zwanzig Jahren haben die Europäer den Chinesen beigebracht, wie man Umweltgesetze erlässt. Vor zehn Jahren sah Europa China als einen Markt für seine grünen Exporte an. Heute befindet sich China auf bestem Wege, die globale Ökonomie sauberer Energie zu dominieren. Die EU muss entscheidend tätig werden, um im Rennen zu bleiben“.

[Nun ja! Anm. d. Übers.]

Link: http://www.thegwpf.com/european-renewables-industry-falls-into-rapid-decline/

Übersetzt von Chris Frey EIKE




Erdgas von der EU als grüne Energie umetikettiert

*Im Original lautet dieser Satz: „Victory for gas lobby as aims of €80bn EU innovation programme altered to channel money to ‚low-carbon‘ fossil fuel”
Bild rechts: Ein Gaskraftwerk als Teil des nationalen Netzwerks zur Gasverflüssigung auf der Insel Grain. Bild: Chris Ratcliffe/Getty Images
Einem geheimen Dokument zufolge, dass dem Guardian vorliegt, wird ein großer Teil der Euromilliarden an Zuwendungen, die vermeintlich für die Forschung und Entwicklung erneuerbarer Energien wie Solar- und Wellenenergie gedacht waren, stattdessen umgeleitet, um die Entwicklung des gut etablierten fossilen Treibstoffes zu subventionieren.
Die Nachricht stammt von der angesehenen International Energy Agency IEA, welche ein „goldenes Zeitalter für Erdgas“ mit der globalen Erschließung „unkonventioneller“ Gasquellen prophezeite (vor allem hinsichtlich Schiefergas, das mit dem ‚Fracking’ extrahiert wird), die sich bis zum Jahr 2035 verdreifachen sollen.
Der daraus resultierende Preisverfall für Gas birgt das Risiko, die Entwicklung erneuerbarer Energien in den Startlöchern zu stoppen, solange die Regierungen nicht Maßnahmen ergreifen, um die erneuerbaren Technologien wie Solar- und Wellenkraft zu unterstützen. „Die erneuerbare Energie könnte das Opfer billiger Gaspreise sein, wenn die Regierungen nicht an ihren Agenden zur Unterstützung der Erneuerbaren festhalten“, sagt der führende Ökonom an der IEA Fatih Birol.
Die Einführung von Gasenergie als Energieform mit geringem Kohlenstoffanteil in ein EU-Programm folgt einer mehr als 18 Monate dauernden intensiven Lobbyarbeit der europäischen Gasindustrie, welche versucht, sich selbst als grüne Alternative zu Kohle- und Kernkraft zu gerieren sowie billiger zu sein als erneuerbare Formen der Energie z. B. aus Wind und Sonne.
Aber grüne Gruppen warnten davor, sich auf Gas zu verlassen, weil die Energiepreise steigen würden und dies ein Scheitern des Kampfes gegen die Klimaänderung sei. Außerdem könnte das Wachstum der Industrie der Erneuerbaren grundlegend gestört werden. Gas ist ein fossiler Energieträger – aber weil bei der Verbrennung weniger Kohlendioxid entsteht als beim Verbrennen von Kohle, haben die Lobbyisten der Gasindustrie das Gas aufdringlich als Treibstoff mit niedrigem Kohlenstoffanteil als Alternative zur Kohle angepriesen.
Die Vorteile des Schwenks von Kohle zu Gas sind kurzlebig – von jedem Gaskraftwerk, das heute gebaut wird, erwartet man, dass es mindestens 25 Jahre lang in Betrieb sein würde. Das würde Jahrzehnte lange Kohlenstoffeinträge in die Atmosphäre bedeuten – während Wissenschaftler und Industrieexperten warnen, dass die globalen Emissionen bis 2020 ihren Höhepunkt erreichen müssen, um die schlimmsten Auswirkungen der Klimaänderung zu vermeiden. „Ein goldenes Zeitalter für Gas ist nicht notwendigerweise ein goldenes Zeitalter für das Klima“, warnte Birol.
Dem dem Guardian vorliegenden Dokument haben die Mitgliedsstaaten zugestimmt, und es bildet den Rahmen für das Programm Horizon 2020, einem 80 Milliarden Euro teuren Programm für Forschung und Innovation für die Jahre von 2014 bis 2020. 30 Milliarden davon sind der Europäischen Kommission zufolge dafür vorgesehen, „wesentliche Sorgen aller Europäer anzusprechen, wie Klimaänderung, die Entwicklung nachhaltiger Mobilitäts- und Transportmöglichkeiten, die Verbilligung erneuerbarer Energie, die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln oder die Herausforderung einer alternden Gesellschaft“.
Als Teil dieser Mission sollen im Rahmen von Horizont bis 2020 Milliarden von Euro als Förderung für Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgegeben werden, und die Mission soll „Forschungs- und Innovationsaktivitäten unterstützen, die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen in Europa stärken sowie Vorteile für die Gesellschaft bringen“. Saubere Energie ist dem Dokument zufolge ein Schlüsselpart davon: „Die besondere Objektive liegt darin, angesichts zunehmend knapper werdender Ressourcen, zunehmendem Energiebedarf und der Klimaänderung den Übergang [transition] hin zu einem verlässlichen, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen System durchzuführen.“
Aber das Originaldokument wurden von Funktionären verändert, um explizit die Förderung für Gas einzuschließen – obwohl Gas ein fossiler Energieträger und eine ausgereifte Technologie ist.
Das Dokument bezieht sich auf eine im vorigen Jahr veröffentlichte Roadmap der EU, wonach die Emissionen durch die Energieerzeugung bis 2050 um 90% gekürzt werden müssen, um die EU-Ziele zu erreichen. Hier wurde ein neuer, weiterer Satz hinzugefügt: „Die Roadmap zeigt auch, dass Gas kurz- und mittelfristig zur Änderung des Energiesystems beitragen kann“.
Weiter beinhaltet das Dokument auch das Gas als eine Energiequelle mit niedrigem CO2-fausstoß: „Um diese ambitionierten Reduktionen zu erreichen, müssen signifikante Investitionen in die Forschung, die Entwicklung, die Demonstration und das Marketing effizienter, sicherer und zuverlässiger Energietechnologien vorgenommen werden, einschließlich Gas und Service“. Die Erwähnung des Gases wurde hinzugefügt. Obwohl es unmöglich ist zu sagen, welches Mitgliedsland diese Änderung verlangt hat, sagten Insider in Brüssel, dass es der Unterstützung vieler Mitgliedsstaaten bedurft hatte.
Dieser Bezug zeigt, dass Gas nunmehr in einem offiziellen EU-Programm als eine „low-carbon“-Form von Energie angesehen wird, äquivalent zu den Erneuerbaren oder der Kernkraft – trotz seines Status’ als fossiler Energieträger.
Schließlich zeigt der letzte Absatz des Dokuments, dass das R&D-Förderprogramm, das ursprünglich nur zur Unterstützung der Erneuerbaren gedacht war, dahingehend verändert worden ist, dass explizit fossile Treibstoffe mit eingeschlossen sind. Es heißt dort: „Aktivitäten (im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprogramms) sollten sich auf Forschung, Entwicklung und Demonstrationen in größtmöglichem Umfang konzentrieren – auf innovative Erneuerbare, effiziente und flexible Kraftwerke (einschließlich der fossiles Erdgas verbrauchenden Kraftwerke) sowie Technologien zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff.“. Der Hinweis auf fossile Treibstoffe ist eingefügt worden.
Während das Horizon 2020-Programm wahrscheinlich zur Ausgabe vieler Milliarden für R&D von 2014 bis 2020 führen wird, geht die Bedeutung dieser Änderungen Brüsseler Experten zufolge noch viel weiter. Die Änderungen zeigen, dass die Gasindustrie damit Erfolg hatte, dass Gas als ein „low-carbon“-Treibstoff angesehen wird, zumindest in einigen Bereichen der Europäischen Kommission – und dies wird wahrscheinlich katastrophal für die Industrie der Erneuerbaren sein. Auch wird es massive Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen und den Kampf gegen den Klimawandel haben.
Die Erneuerbaren konkurrieren mit Investitionen in fossile Treibstoffe wie Gas, und falls die Investoren sehen, dass Gas – mit seiner ausgereiften Technologie und geringen Risiken sowie hoher Renditen – bevorzugt wird, werden sie wahrscheinlich Investitionen in Gas gegenüber solchen in Erneuerbare den Vorzug geben.
Fiona Harvey, Umweltkorrespondentin, guardian.co.uk
Link: http://www.guardian.co.uk/environment/2012/may/29/gas-rebranded-green-energy-eu
Übersetzt von Chris Frey EIKE