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Kommentar zur Stellungnahme der DMG zum Klimawandel in Heft 3/2015
Walter Fett, Berlin
Nach dem letzten Statement der DMG zum Klimawandel von 2007 brachte die DMG am 2. Sept. 2015, also 8 Jahre später, aber noch rechtzeitig vor der anstehenden UN-Klimakonferenz in Paris, eine neue Stellungnahme heraus – mit der einleitenden Überschrift "Der Erwärmungstrend ist ungebrochen", – obgleich schon weit zuvor, nämlich bereits seit 1998 keine gesicherte Erwärmung mehr nachzuweisen ist. Genau das steht sogar im jüngsten IPCC-Bericht 2013 [1]: "… Fifteen-year-long hiatus periods are common in both the observed and CMIP5 historical GMST time series".
Die letzte Erwärmung (und wohlgemerkt, NUR diese Trendaussage steht hier zur Diskussion) brach also schon vor 17 Jahren ab, nachdem diese Erwärmungs-Phase zwischen etwa 1975 bis 1998 auch nicht viel länger andauerte als die jetzige Stagnations-Phase. Mehr noch an Bruchstellen: Dieser nicht allzu langen Erwärmungsphase ging eine 3 Jahrzehnte lange – wenn auch nur leichtere – Abkühlung voraus [2]. Diese Tatsachen sind in der DMG-Stellungnahme jedenfalls keiner Erwähnung wert. Natürlich waren auf dem letztlich erreichten – und unbestritten seit langer Zeit höchsten – Niveau die meisten folgenden Jahre dann auch mit die wärmsten. Und blieben sie auch das kommende Dutzend Jahre gleichbleibend auf diesem Niveau, würden wiederum die meisten Jahre mit "die wärmsten" sein: eine triviale Aussage. Doch wollte man etwa auch dann immer noch sagen, der Erwärmungstrend sei ungebrochen geblieben?
DMG: "Von den 10 wärmsten Jahren dieses Zeitraums traten global 9 und in Deutschland 7 allein im 21. Jahrhundert auf. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Erwärmung der unteren Atmosphäre weiter fortschreitet." Diese Aufzählung gestattet keinesfalls eine Zukunftsaussage: Sie ist lediglich ein Indiz dafür, dass sich die Erwärmung auf diesem Niveau – zumindest zunächst – stabilisiert hat. Doch auch auf einem noch so hohen Plateau besagte eine neue Maximumüberschreitung allein keine Trendaussage, sondern fördert allenfalls eine Vermutung, oft aber nur ein Menetekel.
Bei Trendaussagen mit Einzelwerten zu argumentieren, selbst mit Maximalwerten, zeugt nicht von hinreichendem Statistikverständnis. In den 8 Jahren seit der DMG-Erklärung von 2007 läge auch bei einer Zufallsfolge um einen konstanten Mittelwert herum die Wahrscheinlichkeit, dass der 9. Wert das bisherige Maximum zufällig überschreitet, noch immer über 12%, und vom Jahre 1998 an gerechnet noch bei fast 6%. Selbst wenn sich die Werte noch ein weiteres Dutzend Jahre in gleicher Weise ohne Trend fortsetzten, ist ein inzwischen neuer Maximalwert auch rein zufällig stets zu erwarten, und zwar zu jedem und auch baldigem Zeitpunkt (zumal beim aktuell anstehenden maximalen Temperaturwert für 2015 das neue Super-El-Nino-Ereignis relativierend in erklärende Rechnung zu stellen wäre!). Das wäre darum aber immer noch kein Wahrscheinlichkeitsbeleg dafür, um sagen zu können, es läge nach 3 Jahrzehnten – und erst damit vergleichbar lang mit dem negativen Trend nach 1945 – nun doch endlich ein positiver Trend vor. Sollten sich unter solchen Gegebenheiten die Meteorologen als vorauseilende Warner hergeben? Zudem lässt sich mit statistischen Aussagen vor statistischen Laien leicht auch im irritierend-opportunistischem Sinne argumentieren. Unversehens gelangt man dabei aber leicht vom Trend zur Transzendenz und von der Tendenz zum Tendenziösen. Wenn man hingegen nur wollte und es opportun wäre, ließe sich nämlich mit genau den gleichen Beobachtungen die Öffentlichkeit also durchaus auch beruhigen. In welchem Interesse liegt nun demgegenüber die gewählte bedrohliche Alternative?
Den Stellungnehmern der DMG, welche die beobachtete Datenfolge in ihrer Extrapolation extensiv und eher mutmaßlich interpretieren, mag die Sorge vor einer – wenn auch erst in zeitlicher Ferne! – irdischen Erhitzungsgefahr zugebilligt werden. Ist demgegenüber dann nicht gleichermaßen die Sorge derjenigen verständlich, die sich durch jene höchst vorzeitig in Gang gesetzten und unserer Gesellschaft zugemuteten Zusatzlasten von ungewisser Auswirkung zunehmend belastet sehen, und zwar bereits gegenwärtig! – zumal angesichts noch ganz anderweitig akut drohender gesellschaftspolitischer Belastungen?
[1] IPCC : Climate Change 2013: The Physical Science Basis, Technical Summary, p.61. (www.ipcc.ch) [2] Climate Research Unit, University of East Anglia (www.cru.uea.ac.uk/data/temperature)
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DMG-Anmerkung zum Leserbrief von Herrn Fett
Das Autorenteam des DMG-Statements 2015
Das Autorenteam der aktuellen Stellungnahme der DMG zum Klimawandel möchte den Leserbrief des Kollegen Fett nicht unwidersprochen lassen.
Der von Herrn Fett aus dem aktuellen Sachstandsbericht des IPCC zitierte Satz hinsichtlich des Hiatus der globalen oberflächennahen Lufttemperatur in den Jahren 1998 bis 2010 ist in der Box TS.3 der Technischen Zusammenfassung auf S. 61 des Berichts (1) zu finden. Dort wird der Hiatus im Zusammenhang mit der internen Klimavariabilität diskutiert. Und gerade um der "Tendenz zum Tendenziösen“ zu entgehen, haben auch wir ausdrücklich betont, dass die Erderwärmung zeitlich (und räumlich) nicht gleichmäßig erfolgt. Ferner haben wir darauf hingewiesen, dass die oberflächennahe Lufttemperatur nicht der einzige und in mancher Hinsicht auch kein guter Indikator für die anthropogen verursachte Erwärmung des Klimasystems sei. Wir verweisen nochmals auf den IPCC-Bericht, insbesondere auf die Abbildung 1 auf S. 264 des Berichts der Arbeitsgruppe I. Dort wird klar zum Ausdruck gebracht, dass seit den 1970er Jahren zunehmend Energie in den oberen Schichten des Ozeans gespeichert wird. Änderungen der Energiespeicherung in der Atmosphäre fallen demgegenüber kaum ins Gewicht. Die Zunahme der Energiespeicherung im Klimasystem ist konsistent mit den Abschätzungen der Antriebsänderungen des globalen Energiekreislaufes, die ebenfalls in vielfältiger Weise im IPCC-Bericht dokumentiert sind. Diese klare Kongruenz von Beobachtung und Theorie, die wir im Statement betonen, und nicht allein das Betrachten der Daten lässt belastbare Zukunftsaussagen zu.
Ein Wort zum von Herrn Fett uns unterstelltem nicht hinreichenden Statistikverständnis, was uns angesichts der Tatsache, dass Mitglieder des Autorenteams international anerkannte Experten der Klimastatistik sind, schmunzeln lässt. Richtig ist auf den ersten Blick der Einwand, dass bei einem anhaltenden Erwärmungstrend die jüngsten Jahre sozusagen automatisch die wärmsten sein sollten. Bei sehr starker überlagerter, zwischenjährlicher Variabilität könnte es aber auch anders sein. Daher ist es durchaus eine Erwähnung wert, dass dies nicht der Fall ist. Dass parallel zur allgemeinen Erwärmung auch eine Häufung von sehr warmen Jahren in den letzten zwei Jahrzehnten beobachtet wurde, ist schon seit geraumer Zeit dokumentiert (siehe IPCC-Bericht) und als ein Phänomen jenseits der natürlichen Schwankungen erkannt worden (2).
Kommen wir damit zum Politischen. Wir stimmen der Bemerkung von Herrn Fett zu, dass mit dem Hiatus alles Mögliche, auch Tendenziöses, angestellt werden kann. Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung der globalen Mitteltemperatur mit den außergewöhnlich warmen Jahren 2014 und 2015 müssen wir fragen, welchen Sinn eigentlich die Hiatus-Diskussion gehabt hat. Im Internet finden sich viele Beispiele, in denen die naturwissenschaftliche Diskussion von der Sorge um die Kosten der gegenwärtigen Klimapolitik geprägt ist. Dass uns dagegen die Sorge vor einer Erhitzungsgefahr getrieben haben solle, das Klimastatement der DMG zu aktualisieren, ist lediglich als eine Interpretation von Herrn Fett zu betrachten. Tatsächlich weisen wir in den beiden letzten Abschnitten des Statements ausdrücklich darauf hin, dass noch viele Fragen offen seien und dass sich die DMG stärker als bisher mit dem Spannungsfeld zwischen politischem Nutzen und wissenschaftlicher Offenheit beschäftigen müsse, um ihre Rolle eines sachorientierten Kommunikators noch besser wahrzunehmen.
(1) IPCC, 2013: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Stocker, F., et al. (Eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 1535 pp. (2) Zorita, e., t. Stocker and H. Von Storch, 2008: How unusual is the recent series of warm years? Geophys. Res. Lett. 35, L24706, doi:10.1029/2008GL036228, 6 pp.
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Anmerkungen der EIKE-Redaktion zur o.st. DMG-Anmerkung :
[A] DMG: "… dass seit den 1970er Jahren zunehmend Energie in den oberen Schichten des Ozeans gespeichert wird."
Hier scheint die DMG nicht ganz auf dem aktuellen Stand zu sein, wie die folgenden Abbildungen zeigen:
Abb. 1 : Wärmeinhalt Nordatlantik
Abb. 2 : Wassertemperaturen der vergangenen 2000 Jahre
[B] DMG: "Diese klare Kongruenz von Beobachtung und Theorie, die wir im Statement betonen, und nicht allein das Betrachten der Daten lässt belastbare Zukunftsaussagen zu."
Schon im IPCC-Report von 2001 steht Gegenteiliges zu lesen:
"In climate research and modeling we should recognize, that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible" [IPCC, 3. Ass. Report, 2001, Section 14.2.2.2, S. 774].
[C] DMG: "Dass parallel zur allgemeinen Erwärmung auch eine Häufung von sehr warmen Jahren in den letzten zwei Jahrzehnten beobachtet wurde, ist schon seit geraumer Zeit dokumentiert (siehe IPCC-Bericht) und als ein Phänomen jenseits der natürlichen Schwankungen erkannt worden (2)."
Für Zweifel an dieser Aussage genügen in der Millionen Jahre währenden Klimahistorie schon die letzten 10 Tausend Jahre – Abb. 3 :
Abb. 3 : Temperaturen der letzten 10.000 Jahre
[D] DMG: "Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung der globalen Mitteltemperatur mit den außergewöhnlich warmen Jahren 2014 und 2015 müssen wir fragen, welchen Sinn eigentlich die Hiatus-Diskussion gehabt hat."
Hier ausgerechnet die beiden El-Nino-bedingten warmen Jahre 2014+15 als erneutes Signal einer anhaltenden Erderwärmung zu werten – das ist schon kühn und nahezu dreist (Abb.4).
Abb. 4 : Alle Temperatur-Reihen
Wir erinnern uns: Die etablierte Klimaforschung und auch die mediale Öffentlichkeit war konsterniert, daß ausgerechnet der Klimarat IPCC in seinem jüngsten Bericht (2013/14) einen 15-jährigen(!) Erwärmungsstillstand ("Hiatus = Pause") zugestehen mußte. Es gab sogar intensive politische Bemühungen, insbesondere auch von deutschen Bundes-Ministerien, diesen Stillstand aus dem "Summary for Policymakers" heraus zu halten [X] ! Umgehend "erklärte" die etablierte Klimaforschung, daß es lt. WMO-Definition eines wenigstens "30-jährigen-Stillstandes bedürfe", um von einem Klima-Stillstand zu sprechen. Nun erwidert hier w.o. die DMG ihrem Kollegen Fett, daß schon 1…2 Jahre Erwärmung (2014/15) genügen, um die "Hiatus-Debatte für sinnlos zu erklären"; und das El-Nino-Wetter-Phänomen wird w.o. von der DMG "sicherheitshalber" gar nicht erst erwähnt. Was für eine seltsame Wissenschaft!
[X] (a) SPIEGEL-ol : Streit mit Forschern: Politiker wollen Erwärmungspause aus Klimareport verbannen; 20.09.2013; http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/ipcc-verhandlungen-politiker-gegen-wissenschaftler-beim-uno-klimareport-a-923507.html (b) WELT-ol., 22.09.2013: Deutsche Politiker wollen Klimabericht verschärfen; http://donnerunddoria.welt.de/2013/09/22/deutsche-politiker-wollen-klimabericht-verschaerfen/
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