Das schwarz-gelbe Energiekonzept: Kernenergie als Brücke ins Nichts!
Als ein wichtiges Mittel, dem Ziel einer zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung näher zu kommen, gilt die nach hartem Ringen beschlossene Verlängerung der Laufzeit der 17 deutschen Kernkraftwerke um durchschnittlich 12 Jahre. Einige Wirtschaftsverbände zeigten sich darob mehr als befriedigt. Denn darauf kam es ihnen an. Vielleicht war das auch Bundeskanzlerin Angela Merkels Ziel. Das erst später bekannt gewordene „Geheimabkommen“ zwischen der Regierung und den vier deutschen Strom-Oligopolisten, das die Kernkraftwerksbetreiber vor unrentablen technischen Nachrüstungen schützen soll und dem Staat im Falle kräftiger Strompreissteigerungen zusätzliche Einnahmen bescheren würde, deutet ebenfalls in diese Richtung. In diesem Fall könnte man alles, was sonst noch im „Energiekonzept“ steht, durchaus vergessen.
Doch möglicherweise geht es der Bundesregierung tatsächlich um etwas ganz anderes: „Beim Energiemix der Zukunft sollen die erneuerbaren Energien den Hauptanteil übernehmen.“ Das Schwergewicht soll dabei auf riesigen Windrädern auf dem Land und auf hoher See liegen. Auch der Beitrag der Photovoltaik soll kräftig wachsen. Hier enthält das Papier allerdings lediglich Anregungen für eine Senkung der Kosten der mit Abstand teuersten aller „alternativen“ Stromerzeugungsmethoden. Das tatsächliche Leitbild der deutschen Energiepolitik ist danach also nicht die kostengünstige und sichere Bereitstellung von Energie, sondern die Verwirklichung des grünen Traums von einem paradiesischen „Ökozeitalter“. Auf dem Weg dorthin spiele die Kernenergie lediglich die Rolle einer „Brückentechnologie“. Beim Stichwort „Brücke“ fällt mir allerdings unwillkürlich ein Exponat der letzten Kasseler „Documenta“ ein: eine Treppe, die ins Nichts führte.
Im Jahre 2050 sollen Windräder die Hälfte des benötigten Stroms bereitstellen. Die Leistung von Windkraftanlagen (WKA) auf hoher See (Offshore) soll bis zum Jahre 2030 mithilfe von Investitionen in der Größenordnung von 75 Milliarden Euro auf 25 Gigawatt (Milliarden Watt) ausgebaut werden. Diese Investitionen sollen durch staatliche Billigkredite und Garantien abgesichert werden. An Land soll die WKA-Kapazität vornehmlich durch „Repowering“, d.h. den Ersatz bestehender WKA durch weitaus größere erweitert werden. Zu diesem Zweck sollen dem Schutz der Landschaftsästhetik und der Rechte von Privateigentümern dienende bau- und planungsrechtliche Hürden beseitigt werden. Wie kann der von den projektierten riesigen Offshore-Windparks erzeugte Strom zu den energieintensiven Industrien im Süden der Republik transportiert werden, ohne die letzten Naherholungsgebiete in „verspargelte“ Industrielandschaften zu verwandeln? Wieso gelten Windparks als ausbaufähig und zukunftsträchtig, obwohl sie wegen ihrer unsteten Arbeitsweise bislang nachweislich kein einziges konventionelles Kraftwerk überflüssig machen konnten? Und nicht zuletzt: Warum braucht Deutschland überhaupt ein Konzept für einen kostspieligen Totalumbau der Energieversorgung? Genügte es nicht, den vorhandenen Mix verschiedener Energieträger vorsichtig veränderten Marktbedingungen anzupassen?
Die offizielle Antwort auf diese Fragen: Alle Unannehmlichkeiten und Widersprüche müssen in Kauf genommen werden, um „klimaschädliche“ CO2-Emissionen zu vermeiden. Bis zum Jahr 2020 sollen im Vergleich zu 1990 um 40 und bis 2050 mindestens 80 Prozent der so genannten Treibhausgasemissionen eingespart werden. Die Merkel-Regierung hält also stur an der von Sektierern in die Welt gesetzten Fiktion fest, die Entwicklung der (nicht messbaren!) Durchschnittstemperatur der Erde hänge in erster Linie mit dem CO2-Gehalt der Luft zusammen. Dabei stört es Frau Merkel und ihre Minister offenbar nicht, wenn der US-amerikanische Energiewissenschaftler Robert Bryce vorrechnet, dass Windräder unterm Strich keine einzige Tonne CO2 einsparen helfen. Deutschland scheint Dank weitgehend gelungener Selbstgleichschaltung seiner Massenmedien auch das letzte Land der Welt zu sein, dessen politische Klasse noch immer nicht zur Kenntnis nehmen möchte, dass den Warnungen vor einer drohenden „Klimakatastrophe“ seit der skandalträchtigen Aufdeckung von Datenmanipulationen im Umkreis des „Weltklimarates“ IPCC jegliche wissenschaftliche Grundlage abhanden gekommen ist.
Aber um das Klima, was immer auch darunter zu verstehen sein mag, geht es beim Energiekonzept der Bundesregierung wohl ohnehin nur vordergründig. Es lässt sich leicht zeigen, dass es in Wirklichkeit darum geht, die Vorstellungen jener Gruppierungen umzusetzen, die zwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des „Ostblocks“ noch immer an die Überlegenheit der Planwirtschaft glauben. So soll der Primärenergieverbrauch in Deutschland gegenüber dem Jahr 2008 um 20 und bis 2050 gar um 50 Prozent sinken. Das erfordert eine jährliche Steigerung der Energieproduktivität von durchschnittlich zwei bis zweieinhalb Prozent. Solche Steigerungsraten hat es selbst zu Zeiten des deutschen „Wirtschaftswunders“ niemals gegeben. Energiefachleute halten jährliche Produktivitätssteigerungen über ein Prozent kaum für machbar. Ungelöst ist auch das Problem der Stromvorratsspeicherung für die Überbrückung längerer Windflauten. Kein Problem, mögen sich die Autoren des Energiekonzepts gesagt haben, man muss nur fest daran glauben, dass es in Sachen Elektrizitätsspeicherung schon bald technische Durchbrüche gibt, sofern dafür nur ausreichend Forschungsgelder bereit stehen.
Die größten Energieeinsparpotenziale liegen im Wohngebäudebestand, auf den 40 Prozent des Energiebedarfs entfallen. Drei Viertel des Bestandes von 17 Millionen Wohngebäuden seien vor dem Erlass der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahre 1979 errichtet worden, stellen die Verfasser des Energiekonzepts fest. Um der politischen Vorgabe eines nahezu „klimaneutralen“ Gebäudebestandes im Jahre 2050 näher zu kommen, müsse die Rate der energetischen Gebäudesanierung von jährlich ein auf zwei Prozent verdoppelt werden. Das aber ist offenbar leichter gesagt als getan. Die Wärmedämmung eines einzigen Ein- oder Zweifamilienhauses gemäß der geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) kann leicht über 100.000 Euro verschlingen. Die dadurch erzielten Energieeinsparungen rechnen sich aber erst nach zwanzig bis fünfzig Jahren. Kein privater Unternehmer, einmal abgesehen von adeligen Waldbesitzern, würde freiwillig solche Investitionen tätigen. Insbesondere älteren Hausbesitzern in ländlichen Gebieten, die wegen der demografischen Entwicklung immer öfter keine Nachnutzer finden und bei potenziellen Geldgebern ohnehin nur selten als kreditwürdig gelten dürften, sind solche Vorgaben nicht zumutbar. Sie hätten wohl auch vor Gericht (noch!) gute Karten, denn nach dem im Maastricht-Vertrag der EU verankerten Prinzip der Verhältnismäßigkeit kann niemand zu Investitionen gezwungen werden, die sich nicht rechnen.
Das würde aber fanatische „Klimaretter“ auf längere Sicht kaum von Zwangsmaßnahmen von der in den „Eckpunkten zum Energiekonzept“ bereits angekündigten ordnungsrechtlichen „umfassenden Sanierungspflicht“ bis zur entschädigungslosen Enteignung abhalten, um ihrem Ziel der „Nullemission“, auf Deutsch: dem Nichts, näher zu kommen. Der in der hessischen Universitätsstadt Marburg von einem grünen Bürgermeister verordnete Solarzwang für Hausbesitzer hat das gezeigt. Dieser wurde lediglich wegen des Einspruchs des zuständigen Giessener Regierungspräsidiums nicht in Kraft gesetzt. Wie lange werden deutsche Richter und Regionalregierungen privaten Eigentumstiteln noch Vorrang vor Öko-Utopien einräumen?
Zu tiefen Konflikten mit privaten Eigentumsrechten dürfte vor allem der Bau von „Stromautobahnen“ zwischen den in Norddeutschland bereits bestehenden und noch geplanten Windparks und großen industriellen Stromverbrauchern beziehungsweise alpinen Pumpspeicher-Kraftwerken im Süden führen. Das gesamte deutsche Stromnetz muss mit Milliarden-Aufwand um- und ausgebaut werden, um die sehr unregelmäßige Stromeinspeisung durch Wind- und Solarparks ausgleichen zu können. Um die Vorgaben der „Klimapolitik“ umzusetzen beziehungsweise den Energieverbrauch an das naturgemäß stark schwankende Angebot „erneuerbarer“ Energien anzupassen, soll das Verhalten der Energieverbraucher mithilfe „intelligenter“ Stromnetze und Stromzähler ferngesteuert werden.
Sofern diese Umbaupläne nicht an Bürgerprotesten scheitern, wird es Deutschland als vertraute Heimat wohl schon in wenigen Jahren nicht mehr geben. Mit einigen Jahrzehnten Verspätung würde Henry M. Morgenthaus Plan einer Deindustrialisierung Deutschlands doch noch verwirklicht. Die heute noch exportstarke Schwerindustrie würde durch hohe Strom- beziehungsweise CO2-Zertifikatpreise aus dem Land vertrieben. An ihrer Stelle entstünde eine bizarre Industrielandschaft mit riesigen Windrädern, die unsteten Strom erzeugen, der an der Börse kaum etwas wert wäre. Es sei denn, die Menschen gewöhnten sich daran, nur noch zu leben und zu arbeiten, wenn der Wind weht. Deutschland würde zur sozialistischen Vogelscheuchen-Republik, deren Obrigkeit ihren durch astronomische Energiepreise und Soziallasten verarmten Untertanen Energiesparen als zentralen Lebenssinn verordnet. Wer da noch solchen altmodischen Werten wie Freiheit anhängt, der wird vom Wahrheitsministerium gnadenlos abgestraft.
Edgar L. Gärtner EIKE
Ergänzungsbeitrag von Detmar Doering vom Liberalen Institut:
Was erreichen „grüne Investitionen“?
Über 11% der nach Beginn der Finanzkrise in Amerika lancierten Mittel der staatlichen Ankurbelungsprogramme für die Wirtschaft wurden als besonders zukunftsträchtige „grüne Investitionen“ deklariert.
Ob die „grünen Investitionen“ in vielen, vielen Jahren das Weltklima oder gar die Menschheit retten werden, weiß man nicht. Aber man weiß eines mit Bestimmtheit: Die Wirtschaft kurbeln sie nicht an.
Internet
Entwurf BMWi/BMU: Energiekonzept. Neun Punkte für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/publikationen,did=357316.html
Gebäudesanierung: Klimaschutz mit Schlagseite faz
Deutsche Energiewende: Stromstoß für das Öko-Zeitalter http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,716192,00.html
Hausbesitzer fürchten Sanierungszwang http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,716337,00.html