Gletschersterben: Schmilzt das Eis, warten blühende Landschaften

«Die Gletscher in Grindelwald leiden derzeit täglich», titelte SRF. Stets folgen düstere Mahnungen von «Fachleuten», endlich dem Klimawandel Einhalt zu gebieten.

Welch ein Unsinn!

Seit Jahrtausenden stösst die Gletscherbedeckung vor oder zieht sich ­zurück. Noch bis ins 19. Jahrhundert beteten Bergbewohner zu Gott, er möge die Gletscher stoppen. Ihre Sorgen waren berechtigt, überfuhren doch wachsende Eiszungen regelmäs­sig wertvolles Weideland oder machten ganze Siedlungen platt. Schmelzende Gletscher aber bedrohen nichts und niemanden. Selbstverständlich verändern sich, übers Jahr gesehen, die Pegelstände von Bächen und Flüssen, wenn in höheren Regionen Eismassen verschwinden. Das kann heissen, dass die Wasserversorgung in landwirtschaftlichen Gebieten angepasst werden muss oder dass die Bedingungen für die Gewinnung von Energie wechseln. Doch es bleiben Jahrzehnte für entsprechende Veränderungen.

Wären fehlende Gletscher eine Bedrohung, wie es ständig suggeriert wird, müssten in Regionen ohne Eis Notstände herrschen – schon seit Jahrhunderten. Aber die Teile der Alpen, in denen schon heute Gletscher fehlen, sind weder verödet, noch leiden deren Bewohner Durst.

Eindrückliches Naturspektakel

Natürlich kann man es bedauern, wenn die majestätischen Gletscher allmählich verschwinden. Doch nach und nach werden sich Bergwälder ausbreiten, wo heute Schutt und Geröll dominieren. Wer die atemberaubende Herrlichkeit alpiner Arven- und Föhrenwälder unter der Baumgrenze kennt, weiss, dass allenfalls Schönheit durch Schönheit abgelöst wird. Es warten «blühende Landschaften», um einen von Altkanzler Helmut Kohl in ganz anderem Zusammenhang geprägten Begriff zu bemühen. Kommt dazu, dass der Gletscherschwund so oder so weitergehen wird. Auch wenn der Klimawandel stoppt und die Temperaturen wie in den letzten achtzehn Jahren stagnieren, wird das Schmelzen noch Jahrzehnte anhalten.

Der Rückzug der Gletscher ist keine Katastrophe, sondern vielmehr ein eindrückliches Naturspektakel.

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)* Anmerkung der EIKE-Redaktion http://www.eike-klima-energie.eu/  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Umwelt: Gletschersterben | Die Weltwoche, Ausgabe 35/2015 | Mittwoch, 26. August 2015

http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und dem Autor Alex Reichmuth für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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Übersicht über WELTWOCHE :   Artikel zur "Klima-Skepsis"  seit 2002 :  

http://vademecum.brandenberger.eu/themen/klima-1/presse.php#weltwoche

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Billiges Öl, teure Sonne

 

Unberechenbares schwarzes Gold: Szene aus dem US-Film «There Will be Blood» (2007). Bild: Daniel Day-Lewis (United Archives, Keystone)

Bedeutungsvolle Ereignisse treffen oft unerwartet ein. So war es auch beim Absturz des Ölpreises. Kein Politiker und kaum ein Analyst sahen die Verbilligung des schwarzen Goldes innert so kurzer Zeit kommen. Derzeit kostet das Fass Öl (159 Liter) um fünfzig Dollar, somit weniger denn die Hälfte als noch vor einem halben Jahr. Die Zürcher Kantonalbank schrieb in ­einem Analysebericht mit Blick auf die Ölpreisbaisse von einem «schwarzen Schwan», also von einem extrem unwahrscheinlichen, aber umso wichtigeren Ereignis.
Wie das billige Öl die Welt verändern könnte, wurde in den letzten Wochen facettenreich beschrieben. Die wirtschaftlichen und ­politischen Folgen erscheinen gravierend, ist doch das finanzielle Gedeihen vieler erdölexportierender Staaten wie Venezuela und Russland auf Notierungen deutlich über den jetzigen angewiesen – was deren Verhalten auf der Weltbühne beträchtlich verändern könnte.

Über einen Aspekt der Baisse gab es aber noch wenig zu lesen, obwohl er gerade hierzulande interessieren müsste: über die Folgen für die sogenannte ökologische Wende —

insbesondere für die Umsetzung der Energiewende, wie sie in der Schweiz und in Deutschland angedacht ist, und für das Gelingen der Klimapolitik mit der beabsichtigten ­Abkehr von den fossilen Brennstoffen.

Der Schweinezyklus hat gewirkt

Wie tiefgreifend die Folgen sind, hängt natürlich entscheidend davon ab, wie lange der ­Ölpreis auf niedrigem Niveau verharrt. Im ­Gegensatz zu 2009, als die Notierungen kurzfristig noch tiefer sanken, steht dieses Mal nicht eine Wirtschaftskrise und eine Nachfrage­flaute hinter der Baisse. Zwar schwächelt die Nachfrage nach Öl auch jetzt etwas, vor allem wegen des verlangsamten Wachstums in Schwellenländern wie China oder Brasilien. Die Gründe für den Preiszerfall liegen aber vor allem im Überangebot: Weil die Preise jahrelang deutlich über hundert Dollar pro Fass lagen, explodierten die ­Investitionen in unkonventionelle, relativ teure Fördermethoden – etwa in die Schieferölgewinnung in den USA oder in Offshore-Bohranlagen vor der Küste Brasiliens. Die Ölschwemme, die damit produziert wurde, löste zusammen mit dem Entscheid des Erdölkartells Opec gegen eine Förderbeschränkung den Sturzflug der Preise aus. Der vielbesagte Schweinezyklus hat gewirkt.
Eine gewisse Verteuerung des Öls ist zwar absehbar, denn bei den gegenwärtigen Preisen kann kaum ein Produzent seine Kosten mehr decken. Eine Rückkehr zu dreistelligen Fass-preisen wird es dieses Mal aber laut Ölexperten wohl nicht geben. «Wir erwarten frühestens im zweiten Halbjahr 2015 eine moderate Erholung», schreibt Sara Carnazzi Weber, ­Ölspezialistin bei Credit Suisse, auf Anfrage. «Einen Preis von hundert Dollar werden wir auf absehbare Zeit nicht mehr sehen», meint ihre Kollegin Susanne Toren von der Zürcher Kantonalbank.
Der britische Independent schrieb gar von ­einem «Konsens, dass die Ölpreise zumindest für einige Jahre tief bleiben». Es scheine, so die Zeitung weiter, «dass es die grossen Preissprünge, die für die 2020er und 2030er Jahre vorausgesagt wurden, nicht geben wird».

Das muss eine herbe Ernüchterung für die Protagonisten einer ökologischen Energiewende bedeuten, für die ein steigender Ölpreis eine existenzielle Bedingung ist.

Treffend drückte es Peter Atherton aus: «Die Subventionen für erneuerbare Energie wurden der Öffentlichkeit mit dem Argument wirtschaftlicher Vorteile schmackhaft gemacht», so der britische Energieanalyst. Diese Argumente basierten aber auf der Vorstellung, fossile Brennstoffe würden teurer, so dass die Subventionen für Erneuer­bare mit der Zeit sinken könnten. «Das ist nun sehr in Frage gestellt», folgerte Atherton.
Wie wirkt sich der tiefe Ölpreis konkret aus? Dass der Verbrauch unmittelbar steigt, ist wenig wahrscheinlich. Man fährt nicht mehr ­Auto, weil Benzin und Diesel etwas billiger zu haben sind. Man stellt die Ölheizung nicht ­höher, weil es weniger kostet. «Der direkte Verbrauch an Öl ist kaum elastisch», so UBS-Aktienanalyst Alexander Stiehler. Mittelfristig könnten aber Investitionen, um von Ölprodukten wegzukommen, auf die lange Bank geschoben werden – etwa Gebäudesanierungen und der Ersatz von Ölheizungen. Bei Neubauten sind Ölheizungen zwar trotz abstürzender Preise kaum mehr ein Thema, zumindest nicht in der Schweiz. Hier bleiben Wärmepumpen und Minergie-Standard Trumpf. Aber Hausbesitzer von Altbauten dürften mit einer Sanierung tendenziell zuwarten. Auch Industrieunternehmen, die knallhart rechnen, werden es sich zweimal überlegen, ob und wann sie in energieeffiziente Technologien investieren – man denke etwa an Fluggesellschaften, die den Kauf spritsparender Flugzeuge in Erwägung ziehen.

«Katastrophe für den Planeten»

Der tiefe Ölpreis könnte sich auch bei der Stromproduktion auswirken. Die Rentabilität des sogenannt neuen erneuerbaren Stroms, insbesondere der Wind- und der Sonnenenergie, rückt in noch weitere Ferne, als sie es ohnehin schon ist.

Zwar ist die Produktion von Strom aus Öl weltweit mit einem Anteil von nur fünf Prozent ­eine Randerscheinung.
Nur wenige Länder wie Saudi-Arabien, Mexiko oder Japan treiben in grösserem Mass Stromgeneratoren mit Öl an. Aber der tiefe Ölpreis könnte sich indirekt auswirken. «Gas- und Ölpreise entwickeln sich namentlich in Europa mit einer gewissen Parallelität, auch wenn es in den Langfristverträgen weniger explizite Kopplungen als früher gibt», sagt Urs Meister, Energiespezialist der Denkfabrik Avenir ­Suisse. Können aber Gaskraftwerke, die europaweit einen beachtlichen Produktionsanteil haben, billiger produzieren, drückt das die Strompreise nach unten – oder belässt sie länger auf dem tiefen Niveau, auf dem sie gegenwärtig in Europa sind.

«Somit erhöhen sich die Subventionen, die den Produzenten von erneuerbarem Strom bezahlt werden müssen, damit diese existieren können», so Meister.

Der Staat müsse tiefer in die Tasche greifen. «Ist das Subventionsbudget gedeckelt, reicht es einfach für weniger Alternativstrom­anlagen», sagt Meister. Peter Zweifel, Wirtschaftsprofessor der Universität Zürich, kommt zu ähnlichen Schlüssen. «Wenn die ­Öl-Baisse jahrelang anhält, würde sich das stark auf die Erneuerbaren auswirken.»
Der tiefe Ölpreis torpediert auch alle Anstrengungen zum Klimaschutz. Ob es je ein globales Abkommen zur Reduktion des CO2-Ausstosses geben wird, ist ohnehin zweifelhaft. Die Klimakonferenz in Lima im letzten Dezember endete mit einer Pseudoeinigung.

In ­Europa, das bisher im Klimaschutz vorangegangen ist, schwindet angesichts der wirtschaft­lichen Schwierigkeiten die Bereitschaft zu Selbstbeschränkungen.

Billiges Öl steigert den Anreiz, sich an einem allfälligen Klimaabkommen nicht zu beteiligen, zusätzlich. «Länder, die von einem Emissionshandel fernbleiben und auch von CO2-Abgaben absehen, können umso mehr wirtschaftliche Vorteile für ihre Industrie herausholen, je tiefer der Ölpreis ist», sagt Urs Meister von Avenir Suisse. «Der sinkende Ölpreis verringert den Druck, die Klimaverhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen», sagt Peter Zweifel von der Universität Zürich. Viele finden das betrüblich. «Aus Umweltsicht ist der Preissturz eine Katastrophe für den Planeten», sagte Olivier Cadot, Direktor des Lausanner Konjunkturforschungsinstituts Crea, Anfang Januar.
Wie reagieren die Anhänger einer grünen Wende auf die unerwartete Ölpreis-Baisse? Zumindest einige von ihnen fallen durch hartnäckiges Leugnen auf oder setzen auf das Prinzip Hoffnung. Er gehe davon aus, dass das Öl «sehr schnell wieder teurer wird», meinte Stefan Batzli von AEE Suisse, der Dachorganisa­tion der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, gegenüber der Aargauer Zeitung. Der grünliberale Nationalrat Josias Gasser, Betreiber eines Windrads bei Chur, ist gemäss Bündner Tagblatt überzeugt, dass es sich bei der Baisse um eine «vorübergehende Situation» handle. Es werde trotz allem immer schwieriger, «an den letzten Tropfen Öl zu kommen».

Der «Peak-oil» als Maxime

Energieexperte Daniele Ganser, ebenfalls ein Anhänger der Peak-Oil-These, betont gegenüber der Weltwoche, ein Preis von fünfzig Dollar pro Fass sei immer noch hoch, wenn man einige Jahre zurückschaue. Das stimmt zwar, ändert aber nichts daran, dass für das Gelingen der Energiewende Ölpreise von hundert Dollar oder mehr nötig wären.

Der Zerfall des Ölpreises ist Gift für das Gelingen der Energiewende.

Einige ihrer Anhänger gehen angesichts dieser neuen Gefahr schon mal in Stellung. Hanspeter Guggenbühl, Journalist und erklärter Wachstumsgegner, machte sich kürzlich für eine «variable Lenkungsabgabe» stark, die einen Mindestpreis für Öl garantiert. Ähnliches forderte Nick Beglinger: «Wenn die fossilen Energien langfristig günstig bleiben, braucht es höhere Lenkungsabgaben, um den Verbrauch senken zu können», so der Chef des Lobby-Verbands Swisscleantech gegenüber der «Tagesschau».
Welche Konsequenzen hat der Ölpreis­zerfall aus Sicht des Bundesamts für Energie (BfE), das bei der angestrebten Öko-Wende in der Schweiz federführend ist? Offenbar keine. «Der Ölpreis müsste über mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte auf tiefem Niveau verharren, um die Energie- und Klimapolitik des Bundes massgeblich zu beeinflussen», schreibt Ma­rianne Zünd auf Anfrage. Die BfE-Sprecherin weist darauf hin, dass die Ölressourcen «global begrenzt» seien. Der Peak Oil gilt beim Bund also noch immer als Maxime: «Was heute konsumiert wird, kann später fehlen, und wird somit langfristig wieder zu einem Preisanstieg führen», so Zünd.

Sie verweist zudem auf die Klimakonferenz in Lima. Dort hätten sich «insbesondere die beiden grössten Emittenten, die USA und China, zu Klimazielen verpflichtet». Der Realitätsverlust beim Bundesamt für Energie scheint weit fortgeschritten zu sein.

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Anmerkung EIKE-Redaktion :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in WELTWOCHE Zürich:

Donnerstag, 22. Januar 2015 http://www.weltwoche.ch/

EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE für die Gestattung des ungekürzten Nachdrucks.

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