Die grüne Rezession

Mikroskopische 0,02 Prozent standen auf diese Weise zu Buche. Grund für den Taschenspielertrick war das Vorquartal: In den drei Monaten von Juli bis September 2018 war das sogenannte Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent geschrumpft. Weil zwei Minusquartale in Folge eine Rezession definieren, sollte mit der Ausweisung einer „schwarzen Null“ vermieden werden, dass über die zugrundeliegenden Ursachen diskutiert wird. Nun lässt sich das böse „R-Wort“ jedoch nicht mehr verscheuchen.

Nach Jahren der Fokussierung auf links-grüne Wohlfühlthemen zahlt Deutschland den Preis dafür, dass die Bundesregierung jede Sachpolitik vermeidet. Statt Reformen anzupacken und die sprudelnden Steuereinnahmen in Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur zu investieren sowie den Arbeitsmarkt weiter zu liberalisieren, um das enorme Potenzial des Dienstleistungssektors zu heben, kreist die Berufspolitik um sich selbst. Es scheint nur noch darum zu gehen, Partikularinteressen zu befriedigen und Dogmen durchzusetzen – vor allem aber um das Wohl der eigenen Partei.

Populistische Augenwischerei

Deutschland liegt auf dem vorletzten Platz in Europa. Selbst Italien, dessen tief zerstrittene Regierung deutsche Beobachter gerne als handlungsunfähig abqualifizieren, hat ein Minus vermeiden können. Überhaupt wies im zweiten Quartal 2019 kein einziges Land im Euroraum einen Wirtschaftsrückgang auf. Um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal wuchs die Eurozone. Nimmt man die restlichen Länder Europas hinzu, belief sich das Wachstum gar auf 1,3 Prozent. Hierzulande scheint man sich unterdessen zunehmend weniger für den Wirtschaftsstandort zu interessieren. Umso mehr aber für die Frage, wie gendergerechte Toiletten zu gestalten sind, welche Verbote sich wohl noch erfinden lassen oder wo unentdeckte Rechtspopulisten schlummern. Nutzenstiftend ist keine dieser Fragen.

Dabei waren die Voraussetzungen für Investitionen nie besser: Gestützt auf die nicht enden wollenden Freibierrunden der Europäischen Zentralbank zahlt Deutschland seit Jahren so gut wie keine Zinsen mehr, wenn es sich neu verschuldet. Es ist sogar die groteske Situation entstanden, dass der Bundesfinanzminister mit der Kreditaufnahme Geld verdient, weil Investoren für sichere Anlagen Minuszinsen in Kauf zu nehmen bereit sind. Möglich macht dies eine Zentralbankpolitik, die den Wert des Geldes abgeschafft hat und gefährliche Spekulationsblasen entstehen lässt. Doch wohin fließt das ganze Geld, das Jahr für Jahr in die Kassen des Fiskus gespült wird? Wäre nicht spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, um sich dem drohenden Abschwung entgegenzustellen? Bundesarbeitsminister Heil will den Eindruck entschlossenen Handelns erwecken, indem er in die Werkzeugkiste aus der Finanzkrise greift.

Andere verantwortlich machen

Seine angekündigten Maßnahmen sind aber nichts weiter als populistische Augenwischerei. Denn der Arbeitsmarkt ist nicht das vordringliche Problem. Vom Schrecken der Jahre 2009/2010 sind wir weit entfernt. Vielmehr müsste die Bundesregierung aufhören, unsere Schlüsselindustrien immer weiter zu schwächen. Vor allem wegen der grünen Zwangsvorstellungen, die eine regelrechte Treibjagd auf die Automobilbranche ausgelöst haben, leidet der deutsche Export inzwischen so sehr, dass Fachleute den Anteil an entgangenem Wirtschaftswachstum auf mehr als ein halbes Prozent pro Jahr schätzen. Der hiesige Industriesektor ist im zweiten Quartal um zwei Prozent geschrumpft.

Viele Journalisten machen dafür allerdings gerne andere verantwortlich: Sie suchen die Schuld bei Donald Trump, den Befürwortern des „Brexit“ und ganz generell bei allen, die sie des Rechtspopulismus verdächtigen. Und während die internationalen Handelskonflikte sowie die Unsicherheit über die künftige Beziehung der Europäischen Union zu Großbritannien sicher einen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung auch in Deutschland haben, ist das Problem in erster Linie hausgemacht.

Wer keinerlei Konzept für die Wohlstandssicherung künftiger Generationen hat, Gleichmacherei an die Stelle von Chancengleichheit setzt und bedingungslose Zuwanderung für Wirtschaftsförderung hält, muss sich nicht wundern, wenn am Ende das Gesamtsystem ins Wanken gerät. Totalitärer Kollektivismus, naive No-Border-Utopien und fanatischer Ökologismus haben eine ehemalige Wirtschaftsmacht zur Gefahr für Europas Stabilität werden lassen. Wenn Merkel abtritt, wird dies ihr grausames Vermächtnis sein.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Liberale Warte und der Achse des Guten.

Ramin Peymani ist Wirtschaftsiunformatiker und hat für die Citibank, Goldman Sachs und für den Deutschen Fußballbund gearbeitet. Er veröffentlicht Artikel bei der Achse des Guten, TheEuropean, dem Online-Magazin Novo und eigentümlich frei. Ramin Peymani ist FDP-Mitglied. Er hat mehrere Parteifunktionen inne und ist Kreistagsabgeordneter im Main-Taunus-Kreis. Er ist Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft

Seine Thesen hat der Autor in seinem Buch Chronik des Untergangs- Ist es für uns wirklich erst 5 vor 12? ausführlich dargelegt.




Klima-Unfug auf t-online: Kipp-Punkte und Forderungen nach mehr „Koordination“

Da ich der Redaktionsbeauftragte für die pointierte Darstellung offensichtlichen Unfugs bin, bat mich Kollege Demmig, mich dreier Artikel anzunehmen. Über die „unverhältensmäßige Sichtbarkeit von Klimaleugnern in den Medien“ hatte sich der geneigte Leser schon amüsieren können. Die beiden restlichen klingen im Titel erst einmal erstaunlich vernünftig und sogar „klimaleugnerisch“.

In Warum Warnungen vor der Klimakrise stets gleich enden verweist der Autor überraschend offen auf die immer wieder neu justierten Fristen, den Weltuntergang zu verhindern, die berühmten Kipp-Punkte, nach denen nichts mehr zu retten sei. Die bekanntesten darunter sind die „100 Monate“ von Al Gore aus dem Jahr 2006, und aktuell die „elf Jahre“ (oder waren es zwölf?) von Greta Thunberg. Die Weltrettungsfristen, für die auch Charles, der Fürst von Wales, bekannt ist, werden selten als ungefähre Angabe kommuniziert, sondern stets als unumstößlicher Point-of-no-return. Der Betrug ist also offensichtlich, wenn immer neue Kipp-Punkte definiert, und die alten „vergessen“ werden.

Der Autor im t-online-Artikel entschuldigt den Schwindel damit, daß „methodologischer Optimismus“ dahinter stecke. Die Wissenschaftler, „die besten ihres Fachs“, bäten darum, ihre Forschung als „neue Realität“ (eine schöne Freudsche Fehlleistung…..) ernst zu nehmen, und wechselten dann zur „notwendigen Beschwörung“. Dies sei laut t-online auch gerechtfertigt, da die Klimakrise keine „kategorische“ Katastrophe sei, an oder aus, sondern eine „graduelle“; der Mediziner würde sagen, eine Stück für Stück fortschreitende Krankheit, die man in jedem Stadium anhalten könne.

Geschickt, oder? Wenn ich kein „Klimaleugner“ wäre, würde ich erst einmal drauf hereinfallen; bin ich früher auch. Das muß man unseren Redaktions-Aktivisten lassen: Sie haben keine Ahnung von der Wirklichkeit (geschweige denn Naturgesetzen und physikalischen Formeln), aber wie man Informationen in Orwellscher Weise geschickt verdreht und ins sogar Gegenteil verkehrt, das wissen sie ganz genau. Ich glaube, die können das deswegen so gut, weil sie das mit sich selbst genau so machen. Evolutionsbiologe Robert Trivers spricht hier von „Selbstbetrug“. Zudem seien die „Gebildeten“ besonders gut in der Lage, wie eine auf der Achse besprochene Studie einmal nachwies.

 

Ein weiterer eigentlich Hoffnung machender Artikel bei t-online trägt den Titel Die CO2-Wende wird Billionen kosten. Davor warnen wir ja auch laufend: Der Klimaschwindel ist lediglich ein Umverteilungsprogramm von unten nach oben, das der Mehrheit der Bürger ihren Wohlstand kosten wird. Je nach Quelle kostet uns der Unfug sieben Billionen Euro bis 2050; also die Gesamt-Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik von sieben Jahren. Der Cicero hatte die Merkelsche Wohlstandsvernichtung auch schon einmal in einem interessanten Artikel beleuchtet.

Bei t-online ist davon natürlich wenig zu lesen. Die Klimakrise wird dogmatisch als Realität verkauft; für die wir natürlich fleißig zahlen müssten: Um 80% der Emissionen von Klimakillergasen zu reduzieren, seien bis zu 2,3 Billionen Euro bis 2050 nötig. Fast schon bescheiden, wenn man bedenkt, daß die Rechnung mit den 7 Billionen oben eher konservativ ist.

Ehrlicherweise stellt der t-online-Artikel fest, daß die Treibhausgas-Emissionen trotz „33 Milliarden Euro“ Subventionskosten für die erneuerbaren Energien (derentwegen immer mehr armen Kunden der Strom abgeschaltet wird) kaum sinken. Statt aber den Schwindel in Frage zu stellen, fordert der Artikel die Abschaltung der Kohlekraftwerke. Heißt: Die Hütte brennt, also Benzin draufschütten. Eine aktuell häufig geäußerte Strategie zur Lösung von Problemen.

In der Conclusio schlägt die Autorin, eine Wirtschaftsjournalistin aus Berlin, vor, die Koordinierung der Klimaschutzmaßnahmen zu verbessern. Bislang sei sinngemäß zu viel Stückwerk in Form isolierter Förderprogramme gemacht worden.

Auch hier würde ich sagen: gute Propaganda. Es werden tatsächliche Probleme, explodierende Kosten und die Wohlstandsvernichtung, benannt, aber Roß und Reiter natürlich nicht. Stattdessen wird der möglicherweise um seinen Wohlstand bangende Leser mit Geschwurbel beruhigt. Mal sehen, wie lange diese Taktik trägt, wenn zum Beispiel die Banken unter der €-Last krachen (2020?) oder unsere Realwirtschaft noch weiter schwächelt.

 

 

 




„Klimaleugner kommen öfter zu Wort als Klimaforscher“

Kollege Andreas Demmig wies mich auf einen lustigen Artikel bei t-online hin, da ich der Redaktionsbeauftragte zur pointierten Aufarbeitung offensichtlichen Unsinns bin. Letzteres stimmt beim angegebenen Artikel des Massenportals t-online auf jeden Fall: Wir sind ja einiges an Schwindel und Schwachsinn gewohnt, aber manche Publikationen hauen selbst uns noch vom Sitzmöbel.

Drei Wissenschaftler (z.T. Physiker) in Paris und in Merced (Universität von Kalifornien (UC), zu der auch der berüchtigte Campus Berkeley gehört), analysierten ca. 200.000 englischsprachige Fachartikel und ca. 100.000 englischsprachige journalistische Artikel und Blogbeiträge (Druck & Internet) aus den Jahren 2000 bis 2016. Sie „juxtaposierten“ (verglichen), wie oft ausgewählte 386 „Klimaleugner“ aus Forschung, Wirtschaft und Politik im Vergleich zu 386 Klima-Apokalyptikern Erwähnung fanden. Ergebnis: Zitate der Leugnerfraktion waren in den Medien 49% häufiger, sogar in der linken New York Times und dem linken Guardian!

Die „unverhältensmäßige Sichtbarkeit skeptischer Argumentation und ihrer Akteure in den Medien verdrehe die tatsächliche Verteilung von Expertenmeinungen“ zu den Ursachen des Klimawandels.

Die hohe Aufmerksamkeit für die Positionen von Klimakrisen-Skeptikern untergrabe die Autorität von Klimawissenschaftlern und „verstärkt den Trend, daß Klimakrisen-Leugner den öffentlichen Diskurs anführen.“

Facebook und Twitter seien mit schuld daran.

Und, da hört man Rezos „es gibt nur EINE legitime Einstellung“ trapsen:

„Diese Ergebnisse zeigen, warum Klimawissenschaftler zunehmend ihre Autorität in Wissenschaft und öffentlichem Diskurs ausüben sollten, und warum professionelle Journalisten und Redakteure das unverhältnismäßige Widmen von Aufmerksamkeit für die Gegner einstellen sollten.“

Da ist man doch wirklich überrascht. Der erste Klimahype um Al Gore mit Oscar™ und Nobelpreis 2007 und der zweite aktuelle Klimahype um Greta Thunberg mit ihrem lächerlichen Schulstreik und ihrem grotesken Segeltörn sagen uns Klimarealisten eigentlich etwas ganz, ganz anderes. Zudem wurden die beiden „Climate-Gates“ 2009 und 2010 von den Massenmedien effizient verschwiegen oder nur „invertiert“ berichtet. Sogar mir entgingen die Informationen damals (Asche auf mein Haupt).

Was also haben unsere tüchtigen Klimaforscher aus Kalifornien da gelesen? Die enorme Zahl  der analysierten 100.000 Artikel aus Medien und 200.000 aus Fachmagazinen erinnert an die berüchtigte „97%“-Studie des Psychologen John Cook, in der 120.000 Fachartikel von Greenpeace-Leuten analysiert wurden. Dem Methodenteil der Nature Communications-Veröffentlichung ist zu entnehmen, dass die drei Klimatologen computergestützt Datenbanken durchsuchten. Für die Publikationen der Katastrophenfraktion wurden diese beiden Quellen genutzt; für die Veröffentlichungen der Klimaskeptiker die Seite unseres US-Partners Heartland. Auf der stehen auch EIKE-Mitglieder und -Referenten wie Horst-Joachim Lüdecke, Sebastian Lüning, Tom Wysmüller, Viscount Monckton, Nils-Axel Mörner, Nir Shaviv, Helmut Alt…. Die Ergebnisse der Datenbanksuchen wurden dann, typisch für unsere Klimaforscher, aufwändig und möglichst unverständlich mit irgendwelchen Programmen prozessiert und die Ergebnisse mit bunten dreidimensionalen Grafiken präsentiert. Wer es sich antun möchte, die pdf-Datei ist kostenlos.

Daß von Steuergeld bezahlte und von interesse-geleiteten Politikern geförderte Wissenschaftler kontrafaktische Propaganda produzieren, ist Legion. Norbert Bolz hat das akademische Korruptions-Phänomen in einer Rede kürzlich treffend beschrieben.

Daß renommierte Wissenschaftsmagazine mit enorm hohen Einflussfaktoren (impact, die „Währung“ der Wissenschaftler) wie Nature die Spielchen mitmachen, ist mir unverständlich. Sie riskieren ihren Ruf, wenn die Klimaschwindelblase platzt; und sie haben mit echten naturwissenschaftlichen Publikationen eigentlich genug zu tun. Da würde ich als Hauptschriftleiter oder Herausgeber einen großen Bogen um den Polit-Hype machen. Aber wahrscheinlich arbeiten in der Redaktion längst genügend Indoktrinierte; und/ oder der Verlag bekommt politisch und über die Geldschiene erheblichen Druck. Was für eine Schande.

 

 




Wo Wissenschaft noch Wissenschaft ist – und wo nicht. Universitäre Klimaforschung

Dieser Wissenschafts-Prozess hakt allerdings in den Geisteswissenschaften, wo 80 Prozent der in Fachjournalen publizierten Arbeiten von der entsprechenden Wissenschaftsgemeinde überhaupt nicht zur Kenntnis genommen werden. Das heißt, dass 80 Prozent aller publizierten geisteswissenschaftlichen Ergüsse nicht ein einziges Mal von einem anderen Forscher zitiert werden. Diese Arbeiten enthalten also ganz offensichtlich weder Erkenntnisse, die geeignet sind zur Begründung weiterführender oder vertiefender Untersuchungen, noch erscheinen sie anderen Wissenschaftlern als so relevant oder interessant, dass sie sich kritisch mit ihnen auseinandersetzen oder sie gar widerlegen wollten.

In den Naturwissenschaften verhält es sich glücklicherweise meist anders. Obwohl es natürlich auch hier Forschung für den Papierkorb gibt, aber eben in deutlich kleinerem Maßstab als in den Geisteswissenschaften. Unter der Überschrift „Wenn Bewährtes scheitert“ hat kürzlich das Deutsche Ärzteblatt auf ein gutes Beispiel für eine funktionierende Wissenschafts-Kultur hingewiesen. Es handelt sich dabei um eine in zweierlei Hinsicht bemerkenswerte Studie aus den USA: Zum einen ist die systematische und anspruchsvolle Fleißarbeit des Autorenteams zu loben, zum anderen der Gegenstand dieser Fleißarbeit, nämlich klinische Studien aus ganz verschiedenen medizinischen Gebieten, in denen zwar gängige, aber nicht gut oder auch gar nicht belegte Therapien einer kritischen Prüfung ihrer Wirksamkeit unterzogen wurden.

Denn nicht selten sind Mediziner mit dem Problem konfrontiert, dass es für den gerade vor ihnen sitzenden oder liegenden Patienten mit seinem gesundheitlichen Problem keine durch methodisch einwandfreie Forschungsergebnisse belegte Therapie gibt. Was macht man in einer solchen Situation? Man entscheidet sich für das, was unter Berücksichtigung des übrigen medizinischen Wissens und der eigenen Erfahrung plausibel erscheint. Das kann durchaus funktionieren – oder eben auch nicht.

Liebgewordene Erkenntnisse über Bord werfen

Die Forschergruppe hat nun für den Zeitraum von 2001 bis 2017 aus den weltweit führenden drei Medizinjournalen mehr als 3.000 randomisierte klinische Studien herausgefiltert und näher analysiert. Dabei ermittelten sie 396 Treffer, also Studien, die gängige Therapien im Vergleich zu anderen Therapien oder Placebo als unwirksam, unnötig oder gar schädlich identifizierten. Bei den untersuchten Therapien geht es vor allem um verschiedene medikamentöse Behandlungen einschließlich der Einnahme von bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln, aber auch um invasive Verfahren wie die Anlage eines Stents bei bestimmten Herzerkrankungen. Ein Nebenergebnis dieser Analyse belegt zudem die Notwendigkeit unabhängiger Forschungsförderung: Während der Anteil von industriegesponserten Studien insgesamt gut 40 Prozent betrug, traf das auf nur 9 Prozent der erwähnten 396 Studien zu.

In der klinischen Medizin herrscht also ganz offensichtlich nicht die Meinung, dass es ewige therapeutische Wahrheiten gibt, die sozusagen unantastbar und sakrosant sind. Etwa weil die überwältigende Mehrheit der einschlägigen Fachärzte, Lehrstuhlinhaber oder Fachgesellschaften von der Wirksamkeit dieser Methoden restlos und frei von vernünftigen Zweifeln überzeugt sind. Wissenschaft ohne Offenheit für Neues, ohne Bereitschaft, auch sehr, sehr liebgewordene Erkenntnisse durch bessere, widerspruchsfreiere über Bord zu werfen, würde nicht mehr die Bezeichnung Wissenschaft verdienen und alle Beteiligten schlussendlich ins Abseits führen.

Natürlich gibt es auch in der Medizin, wie in allen Wissenschaften, so etwas wie die Grundlagen oder Basics, die sinnvollerweise nicht mehr zur Diskussion stehen. Aber bereits bei der Frage, wo genau die Grenze zwischen diesen kristallisierten Basics und den beginnend fluiden fachlichen Grundlagen des Faches zu ziehen ist, wird man keine hundertprozentige Übereinstimmung unter Medizinern mehr herstellen können. Ganz zu schweigen von den offen geführten kontroversen Diskussionen, die es zu zahllosen speziellen, aber auch grundlegenden Fragen des Faches gibt.

Manchmal allerdings dauert es in der Medizin lange oder vielleicht auch zu lange, bis ein einmal eingeschlagener Forschungspfad aufgegeben wird. Ein solches Beispiel betrifft die bisher weitestgehend erfolglose Suche nach medikamentösen Therapien für die Alzheimer-Krankheit. Wie mittlerweile klar geworden ist, hatten sich die führenden Forscher nahezu geschlossen, vorschnell und einseitig auf eine bestimmte und durchaus gut untersuchte Theorie – fast schon ein Basic– – zur Krankheitsentstehung festgelegt, die aber ganz offensichtlich nur einen Teilaspekt des Geschehens erklärt. Aber, wie es sich für eine Wissenschaft nun einmal gehört, hat das ständige Scheitern mit verschiedenen – theoretisch immer überzeugenden – Pharmaka im praktischen Versuch an echten, nicht an virtuellen, Patienten schließlich zu einem Umdenken geführt, es geradezu erzwungen.

Wenn Wissenschaft sich der Politik andient

Ungeachtet dieses letzten Beispiels möchte ich trotzdem behaupten, dass die Erkenntnisse der Medizin über ihren Haupt-Forschungsgegenstand – die Krankheiten des Menschen – umfassender, detaillierter und abgesicherter sind, als es beispielsweise in der Klimawissenschaft in Bezug auf den Klimawandel der Fall ist. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil man es in der Medizin im Gegensatz zum Klimawandel nicht „mit einem gekoppelten, nichtlinearen und chaotischen System“ (IPCC) zu tun hat.

Wieso man angesichts dieser Voraussetzungen und einer von steten Klimawandeln geprägten Erdgeschichte den aktuell vor sich gehenden Klimawandel de facto monokausal glaubt erklären zu können, wird zweifellos als großes Rätsel in die Wissenschaftsgeschichte eingehen. Und dass Vertreter einer Wissenschaft und sogenannte Wissenschaftsjournalisten sich trauen zu behaupten, es gäbe unter den Klimaforschern zu einem so komplexen Problem wie den Treibern des gegenwärtigen Klimawandels einen grundlegenden Konsens von 97 Prozent, lässt tief, ja geradezu in Abgründe blicken. Unberücksichtigt bleiben soll ausnahmsweise, dass diese Prozentangabe nicht stimmt, denn das ist hier nicht der entscheidende Punkt.

Vielmehr zeigt das Prahlen mit dieser vermeintlich exorbitant hohen Übereinstimmung innerhalb der Wissenschaftsgemeinde zweierlei: wie weit man sich in der Mainstream-Klimawissenschaft bereits von herkömmlichen Wissenschafts-Idealen und -Standards entfernt hat und in welchem Maße das Schicksal des Faches – meist auch des eigenen – mittlerweile verwoben ist mit der Politik. Denn die Politik würde nicht Riesensummen über einen längeren Zeitraum auf der Grundlage von offen als unsicher deklarierten, sehr kontrovers und ergebnisoffen diskutierten Hypothesen für die Forschung und die gesellschaftliche Transformation bereitstellen.

Um so etwas machen zu können, braucht die Politik vielmehr nicht zu komplizierte, sondern auf den ersten Blick plausibel erscheinende und zumindest dem Anschein nach abgesicherte und unstrittige Ergebnisse. Wenn dann die Agenda der Wissenschaftler noch zeitgeistkompatibel ist, vielfältige Möglichkeiten für die Lieblingsbeschäftigung der meisten Politiker – regulieren und neue Steuern erlassen – eröffnet und zudem ein sogar im globalen Maßstab sinnstiftendes Potenzial bietet, steht einer wunderbaren Zusammenarbeit nichts mehr im Wege.

Die durch die mediale, politische und finanzielle Protektion mittlerweile übermächtig und omnipräsent erscheinende Mainstream-Klimawissenschaft hat es jedenfalls geschafft, dieses Anforderungsprofil der Politik zu erfüllen – und es mit Hauen und Stechen zu verteidigen. Die Klimawissenschaft hat seinerzeit die Gunst der Stunde genutzt und sich unter sehr wohlmeinender Beobachtung der Medien der Politik angedient, sich ihr geradezu prostituiert. Allerdings werden die Mainstream-Klimaforscher nun die Geister nicht mehr los, die sie riefen. Sie sind dazu verdammt, Politik und Medien jeden Wunsch zu erfüllen. Also: immer mehr vom Gleichen zu liefern und die sogenannte Klimakrise dabei immer bedrohlicher erscheinen zu lassen. Gibt die Empirie das nicht her, wird bei der Computer-Modellierung eben scaling betrieben, vulgo: nachgebessert.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Zuerst erschienen auf der Achse des Guten.




Broders Spiegel: Willkommen in der neuen klima-ökologischen Klassengesellschaft!

Mit freundlicher Genehmigung von Henryk Broder. Zuerst erscheinen bei der Achse des Guten bzw. Achgut.pogo.