Explodierende Stromkosten: Energiewende bereitet Großindustrie unerwartete Zusatzprobleme

Die ehemals halb-zentrale Stromversorgung Deutschlands mit Kern- und Kohlekraftwerken hatte nicht nur den Vorteil, die Verschmutzung der Luft auf bestimmte Regionen zu begrenzen (statt in jeder Küche wie zuvor); es war auch möglich, besonders energiebedürftige Verbraucher wie die Aluminium- und Stahlindustrie ortsnah mit billigem Strom in benötigter Menge zu versorgen. Den Grund für den hohen Bedarf kennt der kundige EIKE-Leser aus dem Schulunterricht: Erze wie Bauxit müssen erst mit mehr als 2000°C verflüssigt werden, um die Aluminium-Ionen zu mobilisieren, die dann via Elektrolyse reduziert und zu elementarem Metall gemacht werden. Das Schmelzen der Alusalze kann meist noch mit Gas oder Kohle bewerkstelligt werden; aber für die Elektrolyse braucht man Strom mit hohen Spannungen und hohen Stromstärken.

Da die Stromtarife für die Industrie seltsamerweise auch nach Transportstrecke berechnet werden, fallen nun viel höhere Preise an, da die zentralen Meiler nach und nach abgerissen werden. Und die vielen dezentralen Kleinkraftwerke und Ökostromanlagen, oder der nächste noch in Betrieb befindliche  Großmeiler stehen zwangsläufig weit weg von den Großverbrauchern. Ergebnis: Verdopplung der Stromkosten, die logischerweise an den Produktkäufer weitergegeben werden müssen. Deutsches Metall wird damit nicht mehr konkurrenzfähig. Heißt irgendwann, Werk schließen oder ins Ausland verlagern.

Typisches Beispiel ist die Aluhütte von Trimet in Hamburg. Bisher wird die Fabrik vom nahen Moorburg, einem neuen hocheffizinenten Kohlekraftwerk, versorgt, das Vattenfall an Silvester schließen wird. Das KKW Brokdorf, zehn mal so weit entfernt (70km), muß dann übernehmen. Dummerweise fällt Brokdorf Silvester 22 auch aus; und dann muß ein Anbieter im fast 100 km entfernen Bremen übernehmen.

Man sieht: Die Energiewende, die das Kabinett Merkel II 2011 vom Zaun brach, sorgt lediglich für eine Desindustrialisierung Deutschlands. Die Kern- und Kohlekraftwerke und die Aluhütten werden keineswegs weniger, sondern wandern nur ins benachbarte Ausland ab.

Den Akademikern im öffentlichen Dienst und in den Redaktionen mag das gleich sein – zunächst noch. Denn die Grundstoffindustrie erzeugt den Wohlstand, von dem die Steuer-Transfers letztlich finanziert werden. Daß die Hunderttausende Jobs, die zeitnah wegfallen, jemanden von den Transferempfängern  interessieren, darf bezweifelt werden. Es geht ja um die Rettung des Klimas; da müssen eben ein paar Späne fallen.




Neues Buch: Bill Gates will jetzt auch das Klima retten

„Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“ heißt die derzeit heiß diskutierte Publikation von Bill Gates, mit der der Computer- und Medienstar durch die Talkshows zieht.

Eigentlich war der Technikgigant eher als Kritiker der Klimaszene bekannt, was zum Beispiel Maischberger in ihrer 45minütigen Interview klar anspricht. Der wendige Gates diskutiert das aber schnell weg und bekräftigt, daß er sich nun auch der Rettung der Welt vor der Klimakatastrophe widmen will. Warum gerade er, bleibt offen, weil der Mann nur für Betriebssysteme, besser: die clevere Vermarktung von umstrittenen Betriebssystemen bekannt ist.

Aber wie es halt so ist: Wird jemand reich und berühmt, fühlt er sich bemüßigt, sich von der „banalen“ Basis seines Erfolges zu emanzipieren und quasi-religiös das Schicksal der Menschen mitzubestimmen. Der bekannte Psychologe Abraham Maslow nannte dieses Phänomen „Bedürfnishierarchie“ oder „Motivationspyramide“. Da Gates übrigens keineswegs ein amerikanischer Aufsteiger nach dem Modell Tellerwäscher-Millionär ist, sondern wie Donald Trump mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, strebt er mit seiner Bill/Melinda-Gates-Stiftung nach ganz vorn in die Geschichtsbücher. Dafür bieten sich die gerade promovierten Themen wie „Pandemie“ und „Klimakollaps“ besonders an; unabhängig davon, ob die Narrative überhaupt stimmen.

Immerhin beweist Gates noch einen Rest Eigenständigkeit, in dem er klipp und klar sagt, daß es ohne moderne Kernkraftwerke nicht gehe. Auf Maischbergers ARD-typisch grünen Einwand, daß die Meiler doch gefährlich seien und jede Menge Strahlenmüll verursachten, meint er erstaunlich gelassen, daß es ja neue Konzepte gäbe, die viel sicherer seien und man eben Problem gegen Problem abwägen müsse. Und die „Klimakatastrophe“ müsse angegangen werden, eben auch mit problematischen Methoden wie Kernkraft.

Als Klimakritiker ist man daher geneigt, den Aktivismus des Bill Gates zu unterstützen, weil er, sofern erfolgreich, uns wenigstens die Energiesicherheit im Land erhielte. Nicht, daß die Massenmedien oder Klimapolitiker etwas darauf geben würden, was der unbeliebte Windows-Kapitalist für richtig hält. Gates hat mit seiner Stiftung aber die weltgrößte private Nichtregierungs-Organisation NGO aufgebaut, die über rund 46 Milliarden (!) Dollar Einlagen verfügt, deutlich mehr als die Unternehmungen des Milliardärs György/George Soros mit seiner Open Society.

Da es bei den Öko-NGOs, wie dieses Beispiel zeigt, bestenfalls ganz am Anfang um Moral und Natur, sonst aber nur um Lobbyismus für Interessengruppen geht, sind die 46 Milliarden allerdings eine Hausnummer, an der keiner so leicht vorbeikommt. ARD/ZDF-Journalisten mögen in ihrer weltanschaulichen Filterblase gefangen sein; aber dahinter steht, bewußt oder unbewußt, stets das Eigeninteresse. Denn das privilegierte Juste Milieu will entgegen der eigenen Bekundungen natürlich keineswegs auf schöne Fernreisen, bequeme Autos, windradlose Aussichten, nicht Styropor-verschandelte Altbauvillen und exotisches Essen verzichten. Und das bekommt man dadurch, daß man das sagt, was Finanzierer hören wollen.

Was steht außer der KKW-Befürwortung noch in Gatesens Buch? Angeblich untersuche er schon seit zehn Jahren mit Unterstützung zu Rate gezogener (bezahlter?) Experten wie Naturwissenschaftlern, Politologen (!) und Finanzexperten (!) den Klimawandel. Als Fazit seiner Recherche habe sich ergeben, daß die Menschheit eine „Netto-Null“-CO2-Emission erreichen müsse. Dabei ist dem Informatiker durchaus klar, daß man Stahl und Beton nicht ohne Emissionen produzieren kann; man müsse aber ausgleichen. Wie das gehen soll, wird mit einem konkreten Plan erklärt, der, grob gesagt, auf Erhöhung der technischen Effektivität und Erfindungen beruht. Also nichts Neues unter der Sonne; aber deutlich bürgerfreundlicher als die Mittelalter-verliebte Technikfeindlichkeit europäischer bzw. D/A/CH- Klimaaktivisten, die auch noch den Unterricht schwänzen und sowieso meist nichts Technisches studier(t)en.

Innovationen und Effizienz sind grundsätzlich zu begrüßen, weil sie als logische Folge von Aufklärung, Wissenschaft, Demokratie und Kapitalismus die heutige Zivilisation Europas überhaupt erst möglich machten. Problematisch ist natürlich, wenn die Erfindungen und Verbesserungen, die ja eine Menge Geld kosten, nur noch auf dem ideologischen Gebiet des „Klimaschutzes“ gemacht werden. Was nutzt ein Linienflugzeug, das mit sicherem Brutreaktor fliegt und kein CO2 ausstößt, aber thermodynamisch ineffizient und daher superteuer ist?

Das hat uns die Aufstiegsgeschichte Europas gelehrt: Geniale Erfindungen wie die Dampfmaschine von Denis Papin müssen nicht nur ihren Wirkungsgrad erhöhen, um überhaupt praktikabel zu sein; nein, sie müssen verbessert werden, um überhaupt bezahlbar zu werden. Bis 1914 zum Beispiel profitierte Deutschland von der eigenen Erfindung des Automobils überhaupt nicht, weil die wenigen im Lande fahrenden Karossen händig zusammengeschraubte Spielzeuge für Kaiser, Adel und Reiche waren. Die amerikanischen Kollegen in Detroit gingen die Sache viel intelligenter an und produzierten unsere Erfindung in Massen und billig, so daß Ford-Autos zur Wirtschaft und zur Lebensqualität der USA gewaltig beitrugen.

An die Tradition Henry Fords knüpft Bill Gates aber nicht an, wenn er Innovationen im Sinne der Verhinderung einer nicht vorhandenen Katastrophe fordert und fördert. Man sieht: Die USA haben ihre einstigen einzigartigen Umsetzungs-Fähigkeitren verloren und unterwerfen sich wie wir Europäer den irrealen Narrativen von Lobbygruppen.




Kamele im Schnee: in Vorderasien wüten Eisstürme

Nach PIK, Quarks&Co und dem DWD sind sowohl Schneestürme wie auch das aktuelle Frühlingswetter unbestreitbare Beweise für die menschgemachte Klimaerwärmung.

Darüber können die Araber im Maghreb und in Vorderasien nur lachen: Von der arabischen Halbinsel erreichen uns Filme von schneebedeckten Kamelen in der Wüste, in Libyen bauen Kinder Schneemänner, und in der Kriegsprovinz Idlib in Syrien fallen über 20 cm Schnee. Dieses Video einer Nachrichtenseite ist aufschlußreich:

Fundstück FB

Der Scheichberg bei Damaskus in Syrien. Privates Foto.




Sind Computer bessere Piloten?

Fluch oder Segen?

Am 9. Januar 2021 verunglückte Flug J-182 kurz nach dem Start von Jakarta; alle 62 Personen an Bord kamen ums Leben. Eine offizielle Stellungnahme zur Ursache gibt es noch nicht, es spricht jedoch vieles dafür, dass es auch hier ein Problem mit dem Computer gab, genauer gesagt mit der „Autothrottle“, einer Art Tempomat. Siehe auch hier.

Ist der Computer an Bord („Computer“ steht hier für die gesamte digitale Automatisierung im Flugzeug) also ein Fluch oder ein Segen? Bevor wir das untersuchen machen wir drei willkürliche, aber nützliche Unterscheidungen an unserem Fluggerät:

Da gibt es zuerst den „Airframe“, das „eigentliche“ Flugzeug sozusagen, bestehend aus Rumpf, Tragflächen und den diversen Rudern und Klappen. Man könnte das als Skelett des Flugzeugs bezeichnen. Dann gibt es die Motoren, das sind die Muskeln. Das dritte Element umfasst alles, was die Vorgänge im Flug beobachtet und steuert. Das nennen wir „Cockpit“, es ist das Gehirn.

Evolution

Das Skelett hat sich seit den frühen Jets wenig verändert. Die Profile der Tragflächen sind heute zwar raffinierter und es gibt „Winglets“, aber die Geometrie ist die gleiche wie früher: Tiefdecker, gepfeilte Flügel und die Motoren hängen in Gondeln darunter. Das war bei der Boeing 707 vor siebzig Jahren so, und so ist es noch heute beim Dreamliner oder dem A350 von Airbus.

Die Muskeln dagegen haben sich deutlich verbessert. Aus dem „Turbojet“ wurde der „Turbofan“, der weniger verbraucht und nicht so laut ist. Der ist zwar nach wie vor eine Turbine, der Antrieb kommt aber nicht nur vom Rückstoß der „Auspuffgase“, sondern primär von der Luft, die von einem riesigen „Fan“ nach hinten geblasen wird.

Deswegen haben Turbofans einen größeren Durchmesser als ihre Vorgänger. Versucht man nun die neuen Muskeln an das alte Skelett zu bauen, dann kann es Probleme geben; da passen die dicken Muskeln dann nicht mehr gut unter die Flügel, weil das Skelett zu kurze Beine hat. Das war der eigentliche Murks, den sich Boeing bei der problematischen 737 Max geleistet hat (siehe hier).

Kein Dinosaurier

Der Fortschritt des Gehirns aber war eher Revolution als Evolution. Die heutigen Jets sind mit Sicherheit keine Dinos, deren Kopf bei der Entwicklung nicht mitkam, sondern eher Neurotiker, deren Hirn zu schnell gewachsen ist.

Warum Computer an Bord? So wie im Rest der Welt gibt es auch im Flieger unzählige Aufgaben, die sich immer in ähnlicher Weise wiederholen. Wichtige Stellgrößen müssen aus Gewicht, Temperatur, Wind etc. bei jedem Flug berechnet werden, und auch bei der Navigation gibt es beliebig viel Mathematik.

Solche Jobs haben früher der Flugingenieur oder der Pilot gemacht, heute überlässt man das dem „Flight Management System“, das beispielsweise ausrechnet, wieviel Power man zum Start braucht und welchen Kurs man steuern muss, um trotz Seitenwind ans Ziel zu kommen. Mit solchen Daten ausgerüstet kann der Pilot nun das Flugzeug bewegen, er kann starten, steigen, cruisen, und letztlich landen.

Fast all diese Jobs kann er aber auch dem Autopiloten überlassen, auch der kann Höhe und Steigrate halten, Kurs steuern, etc., und zwar besser als der Mensch. Und der Autopilot ist  so programmiert, dass er keinen Unsinn machen kann. Er kann sogar den Menschen daran hindern Unsinn zu machen, etwa zu stark ins Ruder zu treten oder einen Looping zu fliegen.

Die Automatisierung des Cockpits war sicher der größte Fortschritt in der Fliegerei. Sie hat den Flugingenieur, den dritten Mann im Cockpit, überflüssig gemacht und sie hat unzählige mehr oder weniger dramatische menschliche Fehler verhindert, die durch Müdigkeit oder Schlamperei passiert wären.

Insgesamt sind die heutigen Flieger ein wunderbares Ergebnis technologischer Kompetenz, trotz allen „Bashings“, das die Industrie bei jeder Gelegenheit erfährt.

Zwischen Langweile und Panik

Es ist aber auch keine Frage, dass die Anforderungen an mentale Belastbarkeit und kognitive Fähigkeiten der Piloten durch die Automatisierung gesenkt wurden.

Ein Flug, insbesondere über lange Strecken, verlangt den Piloten zwar bei Start,  Abflug , Anflug und bei der Landung einiges ab, aber unterwegs gibt’s wenig zu tun, außer dem Autopiloten dabei zuzuschauen, wie er alles richtig macht und hin und wider mit den Fluglotsen zu plaudern.

Der Autopilot aber ist nicht unfehlbar. In schwerer Turbulenz etwa oder bei Systemfehlern wird er sich unter lautem Alarm verabschieden. Der Pilot muss jetzt von einer Sekunde auf die andere vom Bediener eines Computers zum Luftfahrer alter Schule mutieren. Langweile schlägt in Panik um, und manchmal ist er dann überfordert.

Ein tragisches Beispiel dafür ist Air France Flug 447 von Rio nach Paris. Der stürzte am 1. Juni 2009 aus 11 Kilometer Höhe in den Atlantik, wobei alle 228 Insassen ums Leben kamen. Ein Sensor für die Geschwindigkeit war vereist, dem Autopiloten wurden jetzt unrealistische Daten geliefert und er schaltete sich automatisch ab. Einer der Piloten übernahm das Kommando, machte aber elementare fliegerische Fehler. Er brachte den Airbus in einen „Stall“, d.h. die Tragflächen verloren den Auftrieb und die ganze Maschine hörte auf ein Flugzeug zu sein.

In der Ausbildung lernt der Pilot, wie er sich aus dieser fatalen Lage befreit. In diesem Zustand der Panik aber stand dem Mann am Steuer das notwendige Können nicht zur Verfügung. Über drei Minuten fiel das Flugzeug durch die Luft  bis es auf dem Meer zerschellte.

Der kritische Moment

Die Statistik berechnet weniger als einen tödlichen Crash pro einer Million Flüge. Die Summe aus Flugzeug, Crew und „Air Traffic Control“ (das sind Fluglotsen und Tower, etc.) scheint also eine zuverlässige Sache zu sein. Es ist in der Tat eines der perfektesten Systeme, das der Mensch erschaffen hat und eines der wenigen, das weltweit, über alle Grenzen hinweg nahtlos funktioniert. Wenn Politik mit derselben Professionalität betrieben würde wie die Fliegerei, dann hätten wir es gut.

Gerade deshalb ist jeder Unfall ein Anlass, um an Schwachpunkten zu arbeiten.

Piloten haben sich angewöhnt, dem Computer zu 100% zu vertrauen. Wenn der dann einen Fehler macht, reagieren sie nicht routiniert – das ist logisch, denn es passiert ja so gut wie nie. Sie fragen in der Situation nicht „Was muss ich jetzt machen?“  sondern  „Was macht der denn jetzt?“ Statt sofort 100% Verantwortung für den Flugzustand zu übernehmen geben sie dem Computer die Schuld für das Problem.

Wir Menschen neigen dazu, in Panik gemäß unserer frühkindlichen Prägungen zu reagieren. Wir rufen „Mama“ oder laufen weg. Dem Piloten muss in der Ausbildung eine andere frühkindliche Prägung zuteil werden: „Attitude – Speed – Power.“ In der ersten Sekunde der Krise muss er sich um die Lage des Flugzeugs, die Geschwindigkeit und den Antrieb kümmern. Das sind die Überlebensfaktoren.

Erst wenn das gesichert ist kann er – oder der andere Pilot – sich um den Rest kümmern, etwa  um den Computer, der gleichzeitig „Pull up“ und „Speed“ kräht und außerdem noch drei Alarmglocken eingeschaltet hat.

In seiner Ausbildung trainiert der Pilot solch kritische Situationen im echten Luftraum, unter echter Schwerkraft, allerdings in  kleineren Maschinen, mit einem oder zwei Propellern und mit weniger Computerei an Bord. In einem echten Airliner hat er nie einen Stall oder Spin ausprobiert. Er hat also nie in Echt erlebt was passiert, wenn da Attitude, Speed und Power nicht stimmen.

Die schwachen Glieder der Kette

Solche kritischen Situationen werden nur im Flugsimulator trainiert, und je öfter, desto besser eignen sich Piloten die richtigen Reflexe an und behalten sie bei. Zeit im Simulator ist aber teuer, auch weil sie den Piloten von der Arbeit abhält, und so mag es Airlines geben, die hier an der falschen Stelle sparen.

Ein anderer Schwachpunkt scheinen die Sensoren zu sein, die Sinnesorgane des Flugzeugs, die etwa Geschwindigkeit und Anstellwinkel signalisieren. Das Versagen dieser vergleichsweise billigen Teile kann gigantischen Schaden anrichten, wie bei den erwähnten Boeing Max und Air France 447. Aber nicht nur die Verkehrsflieger leiden an dieser Achillesferse.

Die US Airforce verlor einen Bomber vom Typ B2, dessen Sensoren beim Start die falsche Geschwindigkeit angaben. Die Piloten hatten versucht abzuheben, obwohl das Flugzeug noch zu langsam war. Die 1,4 Milliarden teure Maschine zerschellte wegen des Versagens einer lächerlich simplen Komponente.

Vielleicht ist das kennzeichnend für unsere Zeit: die Computerei hat gigantische Fortschritte gemacht, aber vernünftige Sensoren bekommt man nicht hin. Das wäre eine Aufgabe für angewandte, klassische Physik. Deren Blütezeit aber ist Vergangenheit.

Das Wunder im Hudson

Kommen wir zurück zur Frage: ist der Mensch das schwächste Glied in der Kette der Flugsicherheit? Sollte man den Piloten aus Fleisch, Blut und Gehirn also aus dem Cockpit verbannen und alles Computern überlassen?

Das wäre keine gute Idee. Ein Computer kann nur auf Situationen reagieren, für die er programmiert ist. Er ist nicht mehr als ein sehr zuverlässiger Fachidiot. Die Wirklichkeit aber ist vielfältig, und es werden immer Dinge passieren, die außerhalb seiner „Envelope“ liegen, außerhalb des einprogrammierten Bildes, welches der Computer von der Welt hat. Hier sind menschliche Intelligenz und Kreativität unersetzlich.

Oder glauben Sie, dass ein Computer einen A320 nach Ausfall beider Motoren sicher in New Yorks Hudson River gelandet hätte? Am 15. Januar 2009 tat Sully Sullenberger genau das. Auf dem US-Airways-Flug 1549 waren kurz nach dem Start in knapp 1000 m Höhe kanadische Wildgänse in die Triebwerke geraten und hatten sie zerstört. Sully hatte die Geistesgegenwart, sofort die „APU“, das kleine Hilfstriebwerk im Heck der Maschine zu starten, um Elektrizität und Hydraulik für die Steuerung zu haben. Als Segelflugpilot wusste er, dass man auch ohne Motoren fliegen kann. So glitt er zu einer Landung im Wasser, die sanft genug war, dass alle an Bord überlebten; für die leichtsinnigen Gänse aus Kanada hingegen kam jede Hilfe zu spät.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.




Klimaschau 17 – die Tagesschau von Sebastian Lüning

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