Hochwasser, eine besondere Gefahr – seit 1.000 Jahren dokumentiert (Teil 3)

Dieser Artikel erschien im Original auf epochtimes.de als vierteilige Artikelserie unter dem Titel „Hochwasser, eine besondere Gefahr“. Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autoren.

Von Klaus H. Richardt und Tim Sumpf

Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind aktuell betroffen; Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen waren es 2021 und Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Brandenburg und die Stadtstaaten Hamburg und Bremen waren 2002 betroffen. Egal, ob Starkregen oder Schneeschmelze, Menschen in den betroffenen Regionen scheinen Hochwasser hilflos ausgeliefert zu sein. Ist das aber wirklich so? Und richten die Wassermassen wirklich immer häufiger und immer größere Schäden an?

In dieser vierteiligen Artikelserie betrachtet Klaus H. Richardt, Kraftwerksingenieur, Strömungstechniker sowie Wasser- und Stahlwasserbauer im Ruhestand, die jüngsten Hochwasser im Detail und im geschichtlichen Kontext.

Der erste Teil zeigte, wie sich die Gefahr durch steigendes Wasser in den vergangenen Jahren – und Jahrhunderten – entwickelt hat. Der zweite Teil beschäftigte sich detailliert mit den Flutereignissen des Jahres 2021 sowie ihren historischen Rahmenbedingungen und ihrer Einordnung. Dieser dritte Teil betrachtet analog die Hochwasser 2024. Im vierten Teil erfahren Sie, wie Sie sich selbst schützen können, sowie wann und wo das Gesetz Sie dazu sogar verpflichtet.

Mosel, 2021 und 2024: Alles wie immer?

Hochwasser sind an der Mosel keine Überraschung. Ihre Anrainer sind im Regelfall gut darauf vorbereitet und die Historie der Fluten ist relativ gut erforscht. Seit 1817 werden in Cochem die Pegelstände amtlich gemessen und registriert, Kirchenbücher und Archive lassen darüber hinaus auf frühere Daten schließen.

Das höchste bekannte Hochwasser an der Mosel ereignete sich 1784 während der sogenannten Kleinen Eiszeit. Als mögliche Auslöser gelten Vulkanausbrüche auf Island. Im Allgemeinen war jener Winter sehr streng gewesen, mit sehr viel Eis und Schnee. Als ein Warmlufteinbruch im Februar dafür sorgte, dass Schneeschmelze und Starkregen zusammenkamen, kam es zu dieser historischen Flut mit einem Pegelstand von 12,18 Meter. Flutmarken zeigen zudem ein noch höheres Hochwasser aus dem Jahr 1781.


Einzugsgebiet der Mosel und historische Hochwasser in Cochem einschließlich rekonstruierter Pegelstände vor Beginn der Messungen, die die Jahrhundertflut 1993 überstiegen. Die Flutmarken an der „Alten Thorschenke“ am Enderttor zeigen die mehr als 250-jährige Flutgeschichte, das Foto der Hochwasserstege in der Ravenestraße von 1993 zeigt die Routine, derartige Stege werden noch heute verwendet. Zum Vergrößern klicken.
Foto: ts/Epoch Times, mit Material der Moselkommission (Karte, CC BY-SA 3.0), Thomas Krämer (Flutstege, CC BY-SA 3.0), Dietmar Rabich (Thorschenke, CC BY-SA 4.0), Sartor 2020 (Diagramm, doi.org/10.3243/kwe2020.11.001)

Beim „Jahrhunderthochwasser“ 1993 stieg das Wasser auf 10,34 Meter. Seit 1550 erreichte das Wasser insgesamt siebenmal einen Pegel über zehn Meter. Sowohl 2021 als auch 2024 weisen in den von der Bundesanstalt für Gewässerkunde und vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt geführten Statistiken keine Extremwerte auf.

Rund 20 Kilometer flussaufwärts, in Zell, ist man ebenfalls auf Hochwasser vorbereitet, zumindest bis zu einer gewissen Höhe. Die mobilen Hochwasserschutzwände wurden sowohl am 21.04.21 als auch an Pfingsten 2024 überspült. In Anbetracht bestehender Schutzmaßnahmen und den wiederkehrenden Wassermassen stellt sich weniger die Frage, ob, sondern wann die Stadt weitere Maßnahmen ergreifen wird.

Wupper, 2021 und 2024: Aus den Erfahrungen gelernt

Die Wupper ist ein Mittelgebirgsfluss im Bergischen Land mit einer Länge von 115 km, einem Höhenunterschied von 407 Meter und einem mittleren Abfluss von 17 Kubikmeter pro Sekunde (m³/s). Durch ihre Lage im Gebirge mit vielen kleineren Zuflüssen kann es bei stehenden Wetterlagen und Starkregen sehr schnell zu Überschwemmungen kommen.

Schon 1852 und 1890 berichtete das Solinger Kreis-Intelligenzblatt von erheblichem Winterhochwasser an der Wupper, was die Wuppertaler Stadtteile Barmen und Elberfeld überflutete und sehr stark in Mitleidenschaft zog. Allerdings war damals das Tal der Wupper noch nicht so eng bebaut, weshalb sich das Hochwasser besser verteilen konnte. Heute sollen 16 Talsperren den Abfluss verzögern. Durch intelligente Talsperrenbewirtschaftung könnten Hochwasserereignisse im Winter bei Starkregen derart begrenzt werden, dass der Wupper in Wuppertal maximal 80 m³/s zugeführt wurden.

Dabei erreicht das Wasser die Stützen der Schwebebahn. Eine Gefahr der Überflutung einzelner bebauter Grundstücke oder Infrastruktureinrichtungen bestehe bei einem solchen Hochwasser in der Regel nicht, teilte eine Sprecherin des Wupperverbandes gegenüber Epoch Times mit. Mit anderen Worten, jene Wassermenge kann das Flussbett noch verkraften. – Zuflüsse unterhalb der Sperren bleiben davon unberührt.

Als sich im Juli 2021 Tief „Bernd“ ankündigte, war die Wuppertalsperre nach zwei relativ trockenen Jahren bereits gut gefüllt. Anders als im Winter konnte man die Talsperren damit nicht einfach volllaufen lassen. Entsprechend den Niederschlagsvoraussagen habe man bis zum 12.07.2021 an der Wuppertalsperre 15 m³/s abgelassen. Am Folgetag erhöhte man dies auf 35 m/s³ und am 14.07.2021 tagsüber weiter auf 55 m³/s. Am späten Abend nahm der Zufluss weiter zu, sodass man in der Spitze 189,6 m³/s ablassen musste, bei einem maximalen Zufluss von 245,86 m³/s.

Im Mai 2024 war man vorgewarnt. Es zeigte sich aber ein neues Phänomen. Bei Starkregen (50 Liter/m²) ist die Kanalisation nicht leistungsfähig genug, das Wasser abzuführen, weshalb Wasser in die Keller drang und später abgepumpt werden musste.

Die Talsperren der Wupper verzögerten und reduzierten die maximalen Abflussmengen der Wupper erheblich. Mitte Juni 2021 mussten dennoch bis zu 190 m³/s abgelassen werden. Foto: ts/Epoch Times mit Material und freundlicher Genehmigung des Wupperverbands

Saar und andere, 21.05.2024: Mehr Wasser als die Kanalisation verkraftet

Auch an der Saar haben die Behörden aus den Vorjahren gelernt. Da war das schlimme Saarhochwasser 1993, wie auch die Starkregenereignisse 2006, 2016 und 2018, die große Schäden anrichteten, worauf das Land die Hochwasservorsorge ausbaute, Rückhaltebecken anlegte, Bachläufe renaturierte und Hochwassergefahrenkarten für die Kommunen anfertigte. Zudem habe man Erkenntnisse aus der Ahrflut 2021 genutzt.

Das diesjährige Hochwasser entsprach laut Landesamt für Umwelt einem Ereignis, das alle 20 bis 50 Jahre stattfinde. Auf Regenmengen um die 100 Liter/m² in weniger als 24 Stunden sei die Infrastruktur jedoch nicht ausgerichtet. Schäden waren deshalb – auch 2024 – unvermeidlich. Die Schadenssumme belief sich auf mehrere Millionen Euro, besonders im privaten Bereich. Ähnliche Regenmengen und Schäden gab es 1993, 2006, 2016 und 2018.

Dasselbe Schadensbild zeigte sich vielfach vor allem an kleineren Wasserläufen in ganz Süddeutschland. Aufgrund der stehenden Wetterlage und den kreisenden Niederschlagsgebieten waren die Gewässer auf der Schwäbischen Alb, die der Donau, dem Neckar und dem Bodensee zuströmen, stark angeschwollen. Ihre Flussbetten und Ortsdurchquerungen waren und sind oft für solche Wassermassen nicht ausgelegt.

Dies war auch in Kastl in der Oberpfalz der Fall. Die Stadt erlebte zu Pfingsten ein Starkregenereignis mit bis zu 84 l/m², sodass die Kanäle das Wasser nicht mehr abführen konnten und überliefen. Der unter dem Marktplatz verlaufenden Abwasserkanals weist einen Querschnitt von etwa 40 mal 80 cm auf. Statt unter dem Marktplatz lief das Wasser darüber, riss mehrere Fahrzeuge mit sich, die das Wasser weiter anstauten.

Süddeutschland, 1.-4. Juni 2024: Erfolgreicher Hochwasserschutz, sofern vorhanden

Erst konzentrierte sich alles auf die Zuflüsse, danach führten die Flüsse Donau, Neckar und Rhein in ihren Oberläufen stark erhöhte Wasserstände. Wo in der Vergangenheit schon einmal größere Schäden aufgetreten waren, war man vorbereitet. Die Schäden blieben gering. An anderer Stelle fehlten Rückhaltebecken oder genügend hohe Dämme, wie mehrere Beispiele zeigen. (Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

• Fils (Salach, Ebersbach, BW), 01.06.24: Trotz Jahrhunderthochwasser nur geringe Schäden

In Salach stieg der Pegel der Fils durch Starkregen innerhalb von 24 Stunden von 1,38 auf 4,6 m an. Dies entsprach knapp einem hundertjährigen Hochwasser (4,82 m). Fluss, Wehr und Auslauf waren dafür ausgelegt.

An den meisten Stellen trat das Wasser nicht über die Ufer. Eine Ausnahme bildete der Sulpach, ein Zufluss in Ebersbach an der Fils. Im Bereich einer Verrohrung überflutete dieser mehrere Straßenzüge und staute sich hinter einer Lärmschutzwand der Bundesstraße 10. Diese war für solche Lasten nicht ausgelegt und versagte. Die Fils selbst befindet sich jenseits der Straße. Für Ortskundige: Der Kameramann befindet sich auf dem Gentenriedweg, Blick Richtung Ortsteil Sulpach. Die Fils fließt hinter seinem Rücken.

• Kocher (Schwäbisch Hall, BW), 02.06.2024: Hochwasser, na und?

Hochwasser sind an der Kocher seit dem Mittelalter bekannt und die Stadt ist für solche Wassermengen ausgelegt. Auch 2024 gehörte sie zu den eher wenig überschwemmten Gebieten.

• Neckar (Heidelberg, BW), 03.06.2024: Geografisch geschützt

Die Wehranlage in Heidelberg wurde während des Hochwassers maximal geöffnet. Die höher gelegene Stadt ist weitgehend ungefährdet. Ausnahmen bilden kleinere Überflutungsflächen im direkten Uferbereich, die seit Jahren bekannt sind.

• Tannbach (Miedelsbach bei Schorndorf, BW), 04.06.2024: Überraschende Wassermassen

Hier stieg die Flut des normalerweise knietiefen Flüsschens Tannbach so schnell an, dass eine 1,5 m hohe Flutwalze durch den Ort floss und die Menschen überraschte. Allerdings sind die Überflutungsflächen bekannt, wie die Hochwassergefahrenkarte zeigt.

• Paar (Landkreis Pfaffenhofen, BY), 01.06.2024: Dammbruch flutet Ortschaften

Die Paar im Landkreis Pfaffenhofen trat über die Ufer. Ein Dammbruch flutete den Ort Baar-Ebenhausen und Manching. Die Schäden sind enorm.

• Zusam (Dinkelscherben, BY), 03.06.2024: Hochwasserschutz in der Schublade versenkt

Das Risiko von Überflutungen in Dinkelscherben ist im Einzelnen bekannt, ebenso die Überflutungsflächen. Laut Aussagen des Bürgermeisters seien zudem die Planungen für einen Hochwasserdamm zwei Kilometer vor dem Ort seit elf Jahren abgeschlossen und die Baugenehmigung erteilt. Weil der Erwerb der Grundstücke ins Stocken geraten ist, konnte der Bauträger jedoch bislang den Auftrag nicht erteilen. Mittlerweile haben sich die Baukosten von 3,5 auf 6,9 Millionen Euro quasi verdoppelt. Hinzu kommen jetzt enorme Flutschäden im Ort. Wer die Kosten dafür trägt, ist offen.

• Regen (Regensburg, BY), 01.-04.06.2024: Mobile Schutzwände erfolgreich

Regensburg ist fluterprobt. Mit mobilen Schutzwänden trotzt man der Flut; die Schäden sind gering.

• Donau, Inn, Ilz (Passau, BY) 04.06.2024: 1.000 Jahre Hochwassererfahrung

Passau liegt an den Zusammenflüssen von Donau, Inn und Ilz. Der Normalpegel liegt bei knapp fünf Meter. Durch Regen in den Einzugsgebieten wurde am Hauptpegel der Stadt, welcher flussaufwärts der Mündungen von Inn in Ilz liegt, am 04.06.2024 eine Hochwassermarke von zehn Metern erreicht.

Dies überschreitet die höchste Meldestufe (IV) von 8,5 Metern deutlich, ist verglichen mit früheren Zeiten jedoch relativ niedrig. Wegen der langen Historie der schon in Kirchenbüchern erfassten Hochwasser war die Stadt gerüstet. Die Schäden waren eher gering.

Die Hochwasser 2021 und 2024 markieren die niedrigsten Werte der historischen Flutereignisse in Passau. Höher als 2013 stieg die Donau zuletzt vor mehr als 500 Jahren. Die Flutmarken am Rathaus veranschaulichen den Wasserstand: ganz oben die Flut von 1501, etwa 4,5 Meter über der Straße. Foto: ts/Epoch Times mit Material des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, Roger Wollstadt (Flutmarken, CC BY-SA 2.0)

Österreich, 08.06.2024: „Übles“ Hochwasser

Am 08. und 09.06.2024 gab es im Großraum Graz ebenfalls eine stehende Wetterlage, die insbesondere im Tal des 27,4 Kilometer langen Übelbaches Schäden anrichtete. In ihrem Einsatzbericht schrieb die Freiwillige Feuerwehr Friesach-Wörth: „Wir wurden am Samstag, den 08.06.2024 um 18:20 Uhr gemeinsam mit den Feuerwehren Übelbach und Deutschfeistritz zu einem Murenabgang auf die A9 alarmiert, mehrere Muren gingen nach enormen Regenfällen zwischen Übelbach und dem Schartnerkogeltunnel über die Autobahn.“

Dass dies „erst der Beginn des schlimmsten Unwetterereignisses der letzten Jahre“ war, sei den Kollegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst gewesen. Hinzukamen später Einsätze wegen Überschwemmungen, Hangrutschen und umgestürzten Bäumen. Zudem wurden Straßen weggerissen und Häuser vermurt. „Die Region Übelbachtal wurde zum Katastrophengebiet erklärt.“

Der Name des Baches mit einem Höhenunterschied von der Quelle bis zur Mündung in die Mur von 1.368 Metern lässt vermuten, dass dies nicht das erste Mal war. Obwohl materielle Schäden auftraten, hielten die Fundamente der Häuser den Belastungen stand.

Hochwasser des Übelbachs in Deutschfeistritz mit angedeutetem Bachbett (rot, Google Streetview zeigt den Normalzustand), Murenabgang auf der A9 und Auswaschung einer Straße im Gemeindegebiet. Die angrenzende Garage blieb unbeschadet.
Foto: ts/Epoch Times mit Material und freundlicher Genehmigung der Freiwilligen Feuerwehr Friesach-Wörth

Schweiz, 21.06.2024: Touristenort durch Hochwasser abgeschnitten

Im Bergdorf Zermatt machten die relativ kleinen Flüsse Vispa und Triftbach Probleme, die auch hier bei stehender Wetterlage und nach langer Trockenheit extrem viel Wasser führten. Wie lokale Meiden berichten, ließen sich die Probleme mit einem – geplanten – Stausee, genannt ‚Gornerli‘, unterhalb des schwindenden Gornergletschers regeln. Dieser könne für stetige Wasserabgabe sowie Stromerzeugung für rund 45.000 Haushalte sorgen.

In der Touristenregion kam es zu Sachschäden. Durch Murenabgänge andernorts im Wallis kamen auch Personen zu Schaden, weil Gerölllawinen ihre Häuser zerstörten. Zeitweise war Zermatt von der Außenwelt abgeschnitten. Inzwischen wurde der vorsorglich eingestellte Bahnverkehr wieder aufgenommen. Mehrere Straßen müssen erst grundlegend repariert werden.

Lesen Sie im vierten und letzten Teil dieser Serie, was Sie selbst tun können, um sich vor Hochwasser zu schützen. Welche Maßnahmen können Sie gegebenenfalls mit einfachen Mittel und wenig Aufwand umsetzen? Welche sollten Sie in letzter Minute ergreifen? Und zu welchen Maßnahmen Sie der Gesetzgeber im Wasserhaushaltsgesetz in die Pflicht nimmt.




Hochwasser, eine besondere Gefahr – was ist 2021 passiert und was nicht? (Teil 2)

Dieser Artikel erschien im Original auf epochtimes.de als vierteilige Artikelserie unter dem Titel „Hochwasser, eine besondere Gefahr“. Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autoren.

Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind im Jahr 2024 betroffen gewesen; Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen waren es 2021 und Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Brandenburg und die Stadtstaaten Hamburg und Bremen waren 2002 betroffen. Egal ob Starkregen oder Schneeschmelze, Menschen in den betroffenen Regionen scheinen Hochwasser hilflos ausgeliefert zu sein, aber ist das wirklich so? Und richten die Wassermassen wirklich immer häufiger und immer größere Schäden an?

In dieser vierteiligen Artikelserie betrachtet Klaus H. Richardt, Kraftwerksingenieur, Strömungstechniker sowie Wasser- und Stahlwasserbauer im Ruhestand, die jüngsten Hochwasser im Detail und im geschichtlichen Kontext.

Der erste Teil zeigte, wie sich die Gefahr durch steigendes Wasser in den letzten Jahren – und Jahrhunderten – entwickelt hat. Dieser zweite Teil beschäftigt sich detailiert mit den Flutereignissen des Jahres 2021 sowie ihre historischen Rahmenbedingungen und Einordnung. Der dritte Teil betrachtet analog die Hochwasser 2024. Im vierten Teil erfahren Sie, wie Sie sich selbst schützen können, sowie wann und wo das Gesetz Sie dazu sogar verpflichtet.

Von Klaus H. Richardt und Tim Sumpf

Hochwasser sind keine neue Gefahr. Leider kommen immer wieder Menschen nicht nur zu Schaden, sondern auch in den Fluten ums Leben; einschließlich 2021 im Ahrtal sowie 2024. Manchmal hätte das vermieden werden können. Hier eine geografische und chronologische Zusammenfassung der jüngeren Hochwasserereignisse von 2021:

Ahrtal, 13.07.2021 – Extremwetter und Hochwasser mit Ansage

Bereits 2016 hatte es an der Ahr ein Hochwasser mit einem Maximalpegel von 3,71 Meter und Sachschäden an der normal knietiefen Ahr gegeben. Binnen fünf Jahren wurden zwar die Schäden beseitigt, anderweitige Vorkehrungen wurden nicht getroffen beziehungsweise umgesetzt. Die WDR-Dokumentation „Die Flut – Chronik eines Versagens“ fasst die Ereignisse zusammen. Der Analysebericht des Landtags ist indes zur Verschlusssache geworden.

Die Dokumentation beschreibt dennoch Fehler der Verantwortlichen auf allen Ebenen. Zudem werden zwei bauliche Probleme in der Produktion des WDR offensichtlich: Die viel zu kleinen Abflussquerschnitte der Ahr und die viel zu nahe Uferbebauung. Sie führten dazu, dass sich die Flut durch die Ortschaften zwängte, statt im Flußbett zu bleiben.

Bereits fünf Tage vor der großen Flut warnten die europäischen Wetterdienste vor extremem Starkregen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die prognostizierten Regenmengen von bis zu 227 Liter pro Quadratmeter im Ahrtal deuteten bereits zu diesem Zeitpunkt auf ein Jahrtausendereignis, wie es sehr selten vorkommt. Auch „Kachelmannwetter“ warnte bereits am 12. Juli auf X, damals Twitter:

Frische Karten aus dem ECMWF Mittagslauf mit Niederschlag bis Freitag, 02 Uhr: Ensemble-Mittel, Ensemble Max/Min. Blick geht nach Westen (Norden/Osten Gewitter=Mengen unbrauchbar).

Größte Mengen werden NRW, RLP, Saarland, West BW erwartet. /FR pic.twitter.com/yWIylqCv5G

— Kachelmannwetter (@Kachelmannwettr) July 12, 2021

Über sein privates Nutzerkonto ergänzte Kachelmann am Folgetag:

[…] Es wird möglicherweise Zeit, Menschen allmächlich behördlicherseits und medial auf ein Hochwasser-Szenario vorzubereiten.“

Letzterer Tweet ist nicht mehr auf der Messenger-Plattform abrufbar, in einer Präsentation für den Landtag Rheinland-Pfalz jedoch dokumentiert.

Doch nicht nur die Wetterdienste warnten. Das Europäische Flutwarnsystem EFAS meldete alarmierende Daten für Westdeutschland mit weit stärkeren Flutereignissen als 2016. Bis zum tatsächlichen Einsetzen der Flut hat EFAS 25 Warnmeldungen verschickt, auch an den Deutschen Wetterdienst in Offenbach.

Was war Gegenstand der Warnungen? Es herrschte subtropisches Wetter mit feuchter, gewittriger Luft. Durch vorangegangene Regengüsse konnte der Boden kein Wasser mehr aufnehmen, eine ideale Voraussetzung für schnell fließendes Hochwasser. In Rheinland-Pfalz gab es für den 14. Juli 2021 Pegelvorhersagen für die Ahr, doch offenbar wollte die am Anfang niemand glauben.

Ahrtal, 14. Juli 2021 – sieben Meter statt knietief

Seit dem Hochwasser 2016 wusste man, dass ein Pegel von 3,71 Meter der Stadt Probleme bereitet. Damals mussten Personen mit Hubschrauber aus Fahrzeugen gerettet werden. Für Altenahr wurde am 14. Juli 2021 um 15:26 Uhr für die sonst knietiefe Ahr ein Pegel von 5,19 Meter vorhergesagt. Statt sofort den Katastrophenfall auszurufen und Hilfskräfte in Bewegung zu setzen, verlangte der damalige Landrat weitere Informationen.

Zeitgleich, bei einer Debatte im Mainzer Landtag, behauptete die Umweltministerin des Landes, Rheinland-Pfalz sei Spitzenreiter in der Hochwasservorsorge. Dass sie die aktuelle Pegelvorhersage kannte, ist angesicht einer um 16:43 Uhr verschickten Pressemitteilung fraglich. Darin heißt es: „Wir nehmen die Lage ernst, auch wenn kein Extremhochwasser droht.“

In Insul an der Ahr hatte man im Radio von Starkregen gehört. Warnungen gab es keine. Eine Anwohnerin dokumentierte kurz vor 17 Uhr den bedrohlich gestiegenen Ahrpegel, bevor sie sich wegen weiter steigender Flut in höhere Räume rettete. Die erste Etage ihres Hauses sollte binnen Stunden unter Wasser stehen.

In Ahrbrück saßen am 14. Juli 2021 um 20:30 Uhr der Ortsarzt mit seiner Frau und den vierjährigen Zwillingen auf dem Dach ihres Hauses und warteten auf Hilfe. Die Nachbarn setzten einen Notruf ab. Minuten später verschwand das Haus mitsamt der Familie in den Fluten. Für Frau und Tochter kam die Hilfe am nächsten Morgen zu spät.

Am Abend war nur ein Hubschrauber, Christoph 23, im Einsatz, hatte aber keine Rettungswinde, weshalb er nicht helfen konnte. Der Pilot bat gegen 21 Uhr die Einsatzzentrale, „alles, was möglich ist“ zu schicken, aber nichts passierte, da man dort auf eine Anweisung des Landrates wartete. Auch die Bürgermeisterin von Altenahr waretet auf Nachricht vom Landrat. Die neueste Flutprognose sprach nun von einem Pegel „um sieben Meter“.

Um 23 Uhr wurde schließlich vom Landrat der Katastrophenfall ausgerufen. Der SWR, der die Bevölkerung hätte informieren und warnen können, erhielt keinerlei amtliche Nachricht zur Dramatik der Situation.

Insgesamt verlieren im Hochwasser bis zu 136 Menschen aus Rheinland-Pfalz ihr Leben. Die Angaben in den Medienberichten varrieren. 52 weitere Todesopfer sind hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen zu beklagen. Über 750 Menschen werden verletzt. Etwa 17.000 Menschen sind direkt betroffen.

Ahrtal, 15.07.2021 – Sorgen um „gutes Wording“ und Sportwagen

Am Morgen des 15. Juli 2021 beginnt das Ausmaß der Zerstörung an der Ahr sichtbar zu werden. Darunter befinden sich Tausende kaputte Häuser, zerstörte Straßen und Bahngleise sowie zerstörte Wasser-, Strom und Gasleitungen.

Während nun auch mehrere Rettungshubschrauber mit Winden aus den Nachbarbundesländern im Einsatz sind – einer von ihnen kann den Arzt aus Altenahr mit seinem Sohn retten –, sorgte sich die Umweltministerin um „ein Wording“, dass man rechtzeitig gewarnt habe. Ihre Chat-Nachrichten werden später Gegenstand von Kritik, Rücktrittsforderungen und Ermittlungen.

Am Nachmittag des 15. Juli 2021 begaben sich die damalige Ministerpräsidentin und der Innenminister in das Flutgebiet für einen Pressetermin. Erstere lobte die Einsatzkräfte und den Landrat. Der wiederum berichtete davon, wie er und seine Frau sich gerade noch rechtzeitig retten konnten.

Laut Ermittlungen des Landeskriminalamtes hatte der Landrat die Einsatzleitung am Vortag an einen ehrenamtlichen Feuerwehrmann delegiert, um sich besser der eigenen Evakuierung, einschließlich eines Sportwagens, zuwenden zu können.

Die Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren gegen den Landrat wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung in 134 Fällen später ein. Wie der Strafrechtsprofessor Thomas Weigand in einem „Focus“-Artikel vom 28. Mai 2024 ausführte, hat der Einstellungsbeschluss vor der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz möglicherweise keinen Bestand. Das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen.

Ein deutliches Zeichen setzten indes die Bürger von Altenahr. Cornelia Weigand, damalige Bürgermeisterin und sehr engagiert, den Bürgern zu helfen, wurde von ihnen etwas über sechs Monate nach der Flut im ersten Wahlgang und mit absoluter Mehrheit zur Landrätin gewählt.

Nordrhein-Westfalen, 13. Juli 2021 – Bäche, wo keine sein sollten

Dass das Tiefdruckgebiet „Bernd“ auch das Nachbarbundesland betreffen werde, war den dortigen Behörden rechtzeitig bekannt. Bis zum 14. Juli 2021 verschickte das Umweltministerium Warnungen an die Bezirksregierungen. Wie sich später herausstellen sollte, las diese jedoch keiner, offenbar weil die Meldungen – so die Aussage der Umweltministerin – nicht klar genug formuliert waren. Sie selbst befand sich zu diesem Zeitpunkt im Urlaub und sah keinen Grund, ihren Urlaub wegen der drohenden Unwetterlage abzubrechen.

Der Deutsche Wetterdienst warnte ebenfalls bereits am Vortag vor großen Regenmengen. Diese Meldungen sah auch der Bürgermeister von Stolberg in der Nähe von Aachen, doch niemand erklärte ihm, wie hoch die Gefährdungslage für die Einwohner war. Am selben Abend, 13. Juli 2021, verwandelten sich in Hagen, 130 km von Stolberg entfernt auf der anderen Seite des Rheins, die Straßen in Bäche. Die Behörden griffen nicht ein.

Stolberg (NRW), 14. Juli 2021 – Facebook statt Sirenen

Am nächsten Tag bat Stolbergs Bürgermeister die örtliche Feuerwehr, sich ein Bild über die Lage zu machen. Kurz vor Mittag war der Vichtbach praktisch voll. Am frühen Nachmittag floss das Wasser durch die Fußgängerzone, dennoch warnte niemand vor einer Flut. Möglicherweise weil es hier, anders als in Rheinland-Pfalz, keine Voraussagen für kleinere Wasserläufe gab. Vielleicht auch, weil das Wasser zunächst wieder am sinken war.

Letztendlich kam die Flut in drei Wellen, jede höher als die vorherige. Die letzte erreichte die Balkone im ersten Obergeschoss. In Teilen der Stadt war bereits der Strom ausgefallen, Autos trieben durch die Straßen. Sirenen zur Warnung der Bevölkerung waren, wie in weiten Teilen der Republik, abgeschafft worden. Stattdessen rief der Bürgermeister die Anwohner über Facebook auf, sich in höhere Stockwerke zu flüchten oder, wenn möglich, höhere Stadtteile aufzusuchen.

Die Feuerwehr fuhr ein letztes Mal in die Stadt, um Menschen aufzunehmen. Das Video des lebensgefährlichen Einsatzes verbreitete sich schnell unter Feuerwehren und warnte die Kollegen flussabwärts und in anderen Tälern vor dem, was auf sie zukommen sollte.

Im Innenministerium in Nordrhein-Westfalen gibt es für diese Fälle ein Krisenzentrum, das am 14. Juli 2021 allerdings noch nicht besetzt ist. Später wurden „vorsorglich“ zwei Feuerwehrleute in das Krisenzentrum delegiert. Bis alle Ministerien vertreten waren, sollten mehrere Tage vergehen.

In Schleiden in der Eifel erscheint am 14. Juli 2021 um 21 Uhr zunächst noch alles harmlos, bis das Wasser in der Fußgängerzone immer höher stieg. Gegen 23 Uhr fiel dort der Strom aus. Die Menschen riefen um Hilfe, aber die Feuerwehr hatte keine passenden Rettungsmittel.

Erftstadt (NRW), 16. Juli 2021 – Hochwasser flutet Kiesgrube: Erosion im Zeitraffer

Am Abend des 14. Juli 2021 berichtete der staatliche Rundfunk über die Flut. Die später ausgestrahlte „Popnacht“ unterbrach man lediglich für halbstündliche Pegelmeldungen. Eine Sondersendung, wie der Dramatik der Situation angemessen, blieb aus. Im Nachhinein bedauerte der Sender diese Entscheidung.

In Stolberg wartet man am Morgen des 15. Juli 2021 in Anbetracht gewaltiger Schäden noch immer auf Hilfe – vergeblich. Auch in Schleiden werden nach dem Sonnenaufgang am frühen Donnerstagmorgen die Schäden sichtbar.

Um 7 Uhr wurde der Kleine Krisenstab mit sieben Beamten eingerichtet. Dem Innenministerium war noch nicht klar, welches Ausmaß die Schäden angenommen hatten. Der Innenminister, der bis dahin ebenfalls im Urlaub war, beschloss daraufhin diesen abzubrechen und fuhr, wie er selbst sagte, im Stau zurück.

Obgleich das Wasser sich langsam zurückzog, war die Gefahr nicht gebannt. In Erftstadt-Blessem trat am 16. Juli 2021 das kleine Flüsschen Erft über die Ufer, flutete eine Bundesstraße, unterspülte die Autobahn und die Hänge einer Kiesgrube. Die Wassermassen strömten daraufhin nahezu ungehindert über die Hänge, verschlangen Felder und rissen Häuser, Straßen und Versorgungsleitungen mit sich. Die Bilder begleiteten Schlagzeilen weltweit.

Lesen Sie im nächsten Teil, welche Lehren man die aus dem Ahrtal gezogen hat. An welchen Stellen hapert es immer noch? Und wie sind die Fluten 2024 im historischen Kontext zu betrachten?

Über die Autoren

Dipl.-Ing. Klaus Hellmuth Richardt, geboren 1951 in Offenbach, war 38 Jahre tätig in Entwicklung, Konzeption, Vertrieb, Realisierung, Inbetriebnahme, Betrieb und Modernisierung von Wasserbauten, Wasserkraft- und thermischen Kraftwerken auf der ganzen Welt. Er hat unter anderem den Stahlwasserbau für die Wuppertalsperre und Hochwasserschutzeinrichtungen konzipiert sowie Talsperren und Meeresdämme saniert. Er ist Autor der Bücher „Damit die Lichter weiter brennen“ sowie „Grüne Volkswirtschaft“ und arbeitet an einem weiteren.

Dipl.-Ing. Tim Sumpf, Jahrgang 1992, studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit den Schwerpunkten Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Als Chefredakteur Wissen der deutschen Epoch Times und Statistiker des Hauses berichtete er neben den genannten Themen unter anderem über Klima, Forschung und Technik sowie über alles, was mit Zahlen zu tun hat.




Woher kommt der Strom? Ganztägiger Stromimport bis zum Mittwoch

Woher kommt der Strom? 38. Analysewoche 2024 von Rüdiger Stobbe

Zu Beginn der Analysewoche 38 war die PV-Stromerzeugung schwach.  Ganztägiger Stromimport bis zum Mittwoch um 11:00 Uhr ist die Folge. Sann aber ist die PV-Stromerzeugung kräftig. Zusammen mit der Windstromerzeugung, die bis Freitag ebenfalls stark ist, wird der Strombedarf Deutschland inklusive der netzstabilisierenden konventionell-fossilen Erzeugung mehr als gedeckt. Am Samstag und Sonntag ist der Bedarf wesentlich geringer. Da reicht zur Deckung bereits der PV-Strom aus. Windstrom wird zwar ebenfalls erzeugt. Zeitweise aber ist dieser ´flautenmäßig` gering.

An den letzten 5 Tagen der Woche rauscht der Strompreis über die Mittagsspitze jedes Mal in den Keller. Negative Preise werden zum Glück für die Erzeuger des regenerativen Stroms zwar nur selten aufgerufen. Sie erhalten die EEG-Vergütung. Nur der Stromkunde ist der Dumme. Er profitiert nicht von den niedrigen Preisen. Dafür darf er den Importstrom zum Vorabend bezahlen. Der ist an jedem Tag der Woche hoch. An allen sieben  Tagen der Woche ist der Vormittagspreis ebenfalls ´spitzenmäßig`. Preisfazit: Vormittags- und Vorabendpreis schwanken um die 130 bis 150 €/MWh. Der Stromkunde profitiert von Niedrigpreisen (Mittag) so gut wie gar nicht. Die von Politik und Stromproduzenten gewollten Stromimporte darf er dafür teuer bezahlen. Wäre es nicht so traurig, könnte man herzlich lachen. Manche Zeitgenossen tun dies bestimmt. Sie lachen über die Genügsamkeit ihrer Kundschaft, die das alles ruhig und gelassen erträgt. Denn viele Menschen glauben wirklich, die Welt müsse vor dem Klimatod gerettet werden. So was kann man sich nicht ausdenken.

Realität: Norwegen nimmt vom Wasserstoffpakt mit Deutschland Abstand!

Das berichtet der Tagesspiegel hinter der Bezahlschranke. Die Berliner Zeitung ebenfalls. Erst das BusinessPortaNorwegen liefert eine für jedermann lesbare Nachricht. Dort heißt es unter anderem: „Wenn wir jetzt sehen, dass weder die Rahmenbedingungen gegeben sind noch die Angebotsseite und die Nachfrageseite fehlen, können wir eine so große Investition wie die Pipeline für den Transport von blauem Wasserstoff nach Europa nicht aufbringen“, sagt Frantzen Eidsvold gegenüber der norwegischen Zeitung Energie und Klima. laut der norwegischen Nachrichtenagentur NTB äußerte sich der Storing-Vertreter Ove Trellevik von der konservativen Partei Høyre dahingehen, dass er von Premierminister Støre ein Antwort darauf erwarte, warum ein weiteres prestigeträchtiges Projekt, für das er sich selbst die Mühe gemacht hat, jetzt nicht realisiert wird.

Doch keine Panik. Klimaminister Habeck redet die Absage der Norweger schön: Norwegen und Deutschland wollen in Zukunft den Umfang ihrer Wasserstoffkooperation unter dem Dach der deutsch-norwegischen Industrie- und Energiepartnerschaft erweitern. Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima auf Anfrage von BusinessPortalNorwegen zu den Folgen des Ausstiegs des norwegischen Energiekonzern Equinor ASA aus dem Wasserstoff-Pipelineprojekt mitteilt, bleibt es das Ziel, Wege zu finden, um Wasserstoff-Wertschöpfungsketten zu realisieren und zur europäischen Energiewende und Dekarbonisierung beizutragen. Equinor habe dabei versichert, hierzu weiter im Gespräche zu bleiben. Die Nachricht zum Stopp des Projektes sei erwartet worden. Norwegen wolle nun statt des Baus einer langen Pipeline für blauen Wasserstoff Gas in den Niederlanden zur Herstellung von blauem Wasserstoff verwenden und diesen dann in das Wasserstoff-Kernnetz einspeisen. Das abgeschiedene CO2 soll dann per Schiff nach Norwegen zur Speicherung transportiert werden. Deutschland werde damit als Übergang blauen Wasserstoff aus den Niederlanden statt aus Norwegen erhalten. Quelle

Auch diese Geschichte (… bleibt das Ziel, Wege zu finden …) kann man sich nicht ausdenken, oder?

Wochenüberblick

Montag, 16.9.2024, bis Sonntag, 22.9.2024Anteil Wind- und PV-Strom 50,5 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,4 Prozent, davon Windstrom 28,3 Prozent, PV-Strom 22,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,8 Prozent.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 38. Analysewoche ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 38. KW 2024: Factsheet KW 38/2024 – ChartProduktionHandelswocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 68 Prozent AusbaugradAgora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad.

Rüdiger Stobbe zum Strommarkt: Spitzenpreis 2.000 €/MWh beim Day-Ahead Handel

  • Meilenstein – Klimawandel & die Physik der Wärme
  • Klima-History 2: Video-Schatz des ÖRR aus dem Jahr 2010 zum Klimawandel
  • Klima-History 1: Video-Schatz aus dem Jahr 2007 zum Klimawandel.
  • Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Wasserstoff plus Zusatzinformationen
  • Weitere Interviews mit Rüdiger Stobbe zu Energiethemen
  • Viele weitere Zusatzinformationen
  • Achtung: Es gibt aktuell praktisch keinen überschüssigen PV-Strom (Photovoltaik). Ebenso wenig gibt es überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es fast keine Überschüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023/24. Strom-Überschüsse werden bis auf wenige Stunden immer konventionell erzeugt. Aber es werden, insbesondere über die Mittagszeit für ein paar Stunden vor allem am Wochenende immer mehr!

Jahresüberblick 2024 bis zum 22. September 2024Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2024Chart 1Chart 2ProduktionStromhandelImport/Export/Preise/CO2

Tagesanalysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2024 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.

Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.

Montag, 16.9.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 37,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,8 Prozent, davon Windstrom 29,1 Prozent, PV-Strom 8,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,5 Prozent.

Wenig Windstrom, viel zu wenig PV-Strom. Ganztägiger Stromimport treibt den Strompreis. Auch über die Mittagsspitze.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 16. September ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 16.9.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten.

Dienstag, 17.9.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 48,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,4 Prozent, davon Windstrom 31,3 Prozent, PV-Strom 17,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,1 Prozent.

Die PV-Stromerzeugung ist höher als am Vortag. Dennoch ganztägiger Stromimport. Das Preisniveau sinkt etwas.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 17. September ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 17.9.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten

Mittwoch, 18.9.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 51,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,7 Prozent, davon Windstrom 29,3 Prozent, PV-Strom 22,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent.

Befriedigende PV-Stromerzeugung plus erkleckliche Windstromerzeugung plus fossile Netzstabilisierungserzeugung sorgen für die erste Bedarfsübererzeugung mit Preissturz zur Mittagsspitze.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 18. September 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 18.9.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Donnerstag, 19.9.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 56,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 68,7 Prozent, davon Windstrom 33,7 Prozent, PV-Strom 22,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent.

Befriedigende PV-Stromerzeugung plus erkleckliche Windstromerzeugung plus fossile Netzstabilisierungserzeugung sorgen für die zweite Bedarfsübererzeugung mit Preissturz zur Mittagsspitze.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 19. September ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 19.9.2024: ChartProduktion, HandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Freitag, 20.9. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 61,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 73,7 Prozent, davon Windstrom 36,1  Prozent, PV-Strom 25,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,5 Prozent.

Befriedigende PV-Stromerzeugung plus erkleckliche Windstromerzeugung (Erneuerbare allein!) sorgen für die dritte Bedarfsübererzeugung  mit Preissturz zur Mittagsspitze.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 20. September ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 20.9.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.

Samstag, 21.9. 2024: Anteil Wind- und PV-Strom 54,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 69,4 Prozent, davon Windstrom 23,2 Prozent, PV-Strom 31,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,3 Prozent.

Vierte Stromübererzeugung trotz fallender Windstromerzeugung. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 21. September ab 2016.

Daten, Tabellen & Prognosen zum 21.9.2024: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.

Sonntag, 22.9.2024: Anteil Wind- und PV-Strom 40,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 58,3 Prozent, davon Windstrom 9,1 Prozent, PV-Strom 31,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,9 Prozent.

Fünfte Stromübererzeugung trotz kaum Windstromerzeugung. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 22. September ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 22.9.2024: Chart, ProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? seit Beginn des Jahres 2019 mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

Rüdiger Stobbe betreibt seit 2016 den Politikblog MEDIAGNOSE.




Henrik Svensmark: Der Zusammenhang zwischen kosmischer Strahlung und Klima DEUTSCHE VERSION

16. Internationale EIKE-Klima- und Energiekonferenz, IKEK-16, 14.-15. Juni 2024, Wien.

Quantifizierung der Rolle, die die Sonne beim Klimawandel spielt. Warum glauben wir, daß es sich um kosmische Strahlung handelt, und was bedeutet das?

Nir Shaviv und Henrik Svensmark erklären, wie die Sonne der Erde unser Klima steuert. Sie entdeckten den Svensmark-Shaviv-Effekt, wie wir ihn bei EIKE nennen, fast gleichzeitig und unabhängig voneinander: Kosmische Strahlung, Überreste von Supernovae, trifft auf die obere Atmosphäre des Planeten und erzeugt in einem komplizierten Prozeß Wolkenkerne.
Die Teilchenstrahlung der Erdsonne verdrängt nun einen Teil dieser kosmischen Teilchen, was im Extremfall, nach einer Koronaeruption, seit den 1950er Jahren als Forbush-Effekt bekannt ist. Auf diese Weise bewirkt die Sonne – je nach ihrer eigenen aktuellen Strahlungsintensität – eine Abnahme der Wolkendecke, indem sie die Anzahl der für ihre Bildung erforderlichen Kerne verringert. Die Folge ist der bereits erwähnte Dominoeffekt: Weniger Wolken reflektieren weniger Sonnenstrahlung zurück ins All, wodurch sich die Atmosphäre aufheizt.




Freie Energie – zu hohem Preis

von Hans Hofmann-Reinecke

In Oberbayern entsteht derzeit eine gigantische Anlage, welche die Hitze aus kilometertiefen Erdschichten an die Oberfläche bringen soll, um dort Haushalte und Fabriken mit Energie zu versorgen. Es ist ein weltweit einzigartiges Vorhaben. Könnte das vielleicht seine Gründe haben?

Die Hitze in den Goldminen

Wo auch immer wir stehen, 6200 km unter uns, im Zentrum unserer Erdkugel, herrscht eine Temperatur von mehr als 5000 Grad Celsius. Zur Oberfläche hin wird es zwar kühler, aber nicht weit unter unseren Füßen ist es immer noch so heiß, dass das Gestein schmilzt; da herrschen um die 1200 Grad. Davor schützt uns nur eine dünne Erdkruste, die gerade mal 40 km dick ist. Allerdings ist die an manchen Orten auch dünner, denn sie setzt sich aus einer Reihe von tektonischen Platten zusammen. In der Nähe der Nahtstellen quillt manchmal sogar das heiße Magma heraus, aus dem sich im Laufe der Zeit riesige Vulkane aufgetürmt haben.

Normalerweise aber haben wir festen und kühlen Boden unter den Füßen, denn innerhalb der 40 km dicken Erdkruste sinkt die Temperatur von Magma-Glut auf Umgebungsluft ab. Das ergibt also eine Abkühlung von durchschnittlich 1200°/40km = 30 Grad pro Kilometer Erdkruste. Umgekehrt bedeutet das, dass es wärmer wird, wenn wir von oben in Erde hineinbohren, und zwar mit den besagten 30 Grad pro Kilometer. Davon können die Arbeiter in den Goldminen ein Lied singen, deren Schächte oft in einigen Kilometern Tiefe liegen. Aber könnte man diese Wärmequelle nicht auch zum Nutzen der Menschheit einsetzen? In Regionen, in denen die Erdkruste dünner ist, und daher die Hitze dichter unter der Oberfläche lauert, wird das schon längst getan, etwa in Island. Da holt man sich die Wärme aus einer Tiefe von hundert Metern oder weniger.

Wir sind nicht Island

Und in Deutschland? In unserem unerbittlichen Kampf gegen CO2 ist kein Opfer zu groß und kein Preis zu hoch. Wenn sich eine alternative Energieform anbietet, egal wo auf der Welt, dann wir die angezapft. Der neue Quell ist jedoch – anders als Chile oder Namibia – keine 100.000 Kilometer entfernt, sondern nur ein paar tausend Meter; allerdings nicht nach Süden oder Westen, sondern nach unten. Im oberbayerischen Geretsried startete letztes Jahr ein gigantisches Projekt mit dem Ziel, die unendliche Hitzequelle im Inneren unseres Planeten anzuzapfen. Solche geothermischen Anlagen sind, wie schon erwähnt, nicht Neues; hier aber handelt es sich um einen Standort, an dem die Erdkruste weder brüchig noch ausgedünnt, sondern ganz normal ist.

Hier bringt man die Hitze an die Erdoberfläche, indem man Wasser in die Tiefe leitet, damit es sich dort unten erhitzt, um es anschließend wieder nach oben zu holen. Damit sich das lohnt muss das Wasser aber richtig heiß werden. Bei der geplanten Anlage will man es bis auf 140°C aufheizen. Gemäß unserer Rechnung, dass es jeden Kilometer 30 Grad wärmer wird, wäre die notwendige Tiefe dann 140/30, also knapp fünf Kilometer. Die geplanten Bohrungen sollen deshalb auf 4500 Meter gehen. Genauer gesagt handelt es sich um zwei senkrechte Bohrungen im horizontalen Abstand von 3800 Metern, die an ihren unteren Enden durch eine Reihe von parallelen Leitungen verbunden sind. Das Wasser wird in Bohrung A eingefüllt, fließt dann in einer Tiefe von 4500 Metern durch die horizontalen Rohre zur 3800 Meter entfernte Bohrung B, in der es wieder an die Oberfläche steigt.

Nachhilfe von den Ölbohrern

Das zu verwirklichen ist natürlich eine gewaltige technische Herausforderung, aber man kann hier viel von der Petroleum-Industrie lernen. Die operieren in ähnlichen Tiefen und können da unten auch horizontale Bohrungen durchführen. Man wird dafür sorgen müssen, dass diese horizontalen Rohre möglichst guten Wärmekontakt mit dem umgebenden Gestein haben, damit sich das Wasser erhitzen kann, Bohrung B aber sollte gut isoliert sein, damit das Wasser auf dem Weg nach oben nicht seine kostbare Wärme wieder an die kalte Umgebung abgibt.

Oben angekommen wird das Wassers mit seinen mehr als 100 Grad zum einem Teil als Fernwärme an die umliegenden Haushalte verteilt, zum anderen Teil wird Strom daraus gemacht. Dazu muss dann irgendwie ein elektrischer Generator angetrieben werden. Eine Wärmekraftmaschine hat bei solch niedriger Temperatur zwar keinen guten Wirkungsgrad, trotzdem erwartet man, dass neben den 64 Megawatt an Heizleistung noch 8 Megawatt Elektrizität herauskommen, die dann an die umliegenden 32.000 Haushalte verteilt werden. Wieviel bekäme dann jeder Haushalt ab? Es wären 2 Kilowatt an Heizung und 0,25 kW an Strom. Damit könnte man schon das WiFi betreiben und die Smartphones der Familie aufladen. Für die Waschmaschine genügt das nicht.

Und wer pumpt die riesigen Mengen an Wasser durch dieses viele Kilometer lange Labyrinth an Rohren? Das macht die Schwerkraft. Die Wassersäule von 4500m Höhe erzeugt am Boden von Bohrung A einen Druck von 450 bar. In Bohrung B herrscht ein ähnlicher Druck, aber etwas weniger als bei A. Das kommt daher, dass das Wasser in Bohrung B eine geringeres Gewicht hat, weil es dort (hoffentlich)wärmer ist als in A. Der Unterschied der Dichte könnte bei 1% liegen, was eine Druckdifferent von 4,5 bar verursachen würde. Das sollte für die Zirkulation ausreichen.

Ein Perpetuum Mobile?

Haben wir jetzt also endlich das perpetuum mobile, das CO2-frei, ohne Treibstoff und unabhängig von Jahreszeit, Tageszeit und Wetter zuverlässig Energie liefert? Das wäre zu schön um wahr zu sein. Zwar ist der Wärmehaushalt von Mutter Erde unerschöpflich, das Gestein aber, welches die Röhren umgibt, wird sich abkühlen. Dem werden kontinuierlich so ca. 100 Megawatt Wärme entzogen. Diese Wärme muss aus der Umgebung nachfließen. Geht das so schnell?

Wäre das Gestein flüssig, oder wäre da unten heißes Wasser, dann würde sich die Temperatur sofort ausgleichen, im harten Fels aber ist das etwas anderes. Und so muss man damit rechnen, dass da unten bald keine 140° mehr herrschen werden. Die Anlage verliert also mit den Jahren an Leistung, sie hat eine „Halbwertszeit“, und irgendwann ist sie dann unbrauchbar. Würde man sie dann abschalten und ein oder zwei Jahrzehnte warten, dann brächte sie wieder die volle Leistung, weil das Gestein in der Tiefe Zeit hatte, wieder die natürliche, hohe Temperatur anzunehmen.

Die notwendigen Investitionen werden derzeit auf 350 Millionen Euro geschätzt. Angesichts der Tatsache, dass es sich um ein „weltweit einzigartiges“ Projekt handelt, sollte man hier nicht kleinlich sein, wenn dann letztlich noch ein Faktor zwei oder drei vor dieser Zahl steht. Im Jahr 2026 soll die Anlage betriebsbereit sein. Damit auch alles unter einem guten Stern steht kam im August vorigen Jahres die politische Elite Deutschland zum Projektstart nach Geretsried: Olaf Scholz (Jurist), Bettina Stark-Watzinger (Germanistin), Markus Söder (Jurist) und Hubert Aiwanger (Landwirt). Schön, dass kein Ingenieur dabei war, der hätte vielleicht dumme Fragen gestellt. Dafür hat Hubert Aiwanger den „Innovationsmut“ gelobt, der das Vorhaben möglich gemacht hat. Allerdings wurden die Steuerzahler, auf deren Risiko sich all das abspielt, nicht vorher gefragt.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.

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