Wie wir den Atommüll schrumpfen könnten – Energiejournal 4

Das Energiejournal informiert über Neuigkeiten aus den Bereichen Energie und Rohstoffe. Themen der 4. Ausgabe: 0:00 Begrüßung 0:19 Wie wir den Atommüll schrumpfen könnten 4:44 Hohe Metallpreise drohen die Energiewende auszubremsen

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Per Gesetz zu einer besseren Welt – Habecks Osterpaket

von AR Göhring

Paradox: Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges will die Ampel-Regierung die Unabhängigkeit von russischem Gas durch noch mehr Zappelstrom-Quellen (die dringend Notfall-Gaskraftwerke erfordern) senken.

Dazu hat Wirtschaftsminister Habeck ein Gesetz-Änderungspaket mit rund 600 Seiten verfassen lassen, das als „Osterpaket“ bezeichnet wurde. Was steht drin? Geändert werden die Werke Erneuerbare-Energien-Gesetz, Windenergie-auf-See-Gesetz, Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz. Ziel: Ab 2035 soll Strom (nicht Gesamtenergie) fast nur noch aus „Erneuerbaren“ kommen. Seltsam, da man Habeck eigentlich den Realitätsschock ansehen konnte, als er ins Amt kam. Und sein Besuch in Katar („Habück“) zur Sicherung des Energiehaushaltes ging bekanntlich schief, da die Ölmonarchie ihr Gas schon weitgehend an den Mann gebracht hatte.

Was bedeutet das Osterpäckchen konkret für die EE-Profiteure, was für die Masse der Bürger und Steuerzahler? Es soll Vereinfachungen von Verfahren zur Errichtung von noch mehr Windrädern und Photovoltaikanlagen geben – und der Bau soll als von „überragenden öffentlichen Interesse“ und als „Dienst an der öffentlichen Sicherheit“ definiert werden. Konsequenz: Einsprüche kann man fortan leichter abschmettern. Da Naturfreunde und Anwohnerinititativen seit 2019 den Nettozuwachs von Fledermausschreddern nahezu auf Null brachten, kann jetzt wieder durchregiert werden. WKA- und PV-Bau, wo man will, auch im Wald und bald auch Naturschutzgebiet?

Zusätzlich, nicht im Osterhasenpaket enthalten, will Robert Habeck 2% der deutschen Fläche mit Windrädern pflastern. Dazu brauch er aber Unterstützung der Länder. In Thüringen zum Beispiel hatte die CDU durchgesetzt, daß keine Waldbäume für Betonspargel fallen. Aber nicht auf ewig – die Regelung wird in zwei Jahren „geprüft“. Habeck sagt zur gesundheitlichen Beeinträchtigung sogar selber:

„Es ist klar, daß man nicht neben einer Windkraftanlage schlafen soll.“

Es trifft aber sowieso nur die konservativen Landbewohner – ein grüner Metropolenbürger hat außer einer Handyantenne neben dem Schlafzimmer nichts zu befürchten. Es ist ein köstliches Gedankenexperiment, sich auszumalen, was passierte, wenn in Zukunft einmal der Bau von WKA mitten in Prenzlauer Berg oder Schwabing möglich wäre und tatsächlich durchgeführt würde. Mit einem großen Lithiumspeicher daneben könnte man ja den Stadtteil gegen Stromausfälle sichern…

Wie wird das Osterpaket finanziert? Sagt man nicht genau, und weiß es wohl auch nicht. Angeblich wenig, was nicht realistisch ist. Erneuerbare-Quellen haben eine grauselige Leistungsdichte, einen minimalen Ernetefaktor und sind daher nur durch Quersubventionierung überhaupt (pseudo-)wirtschaftlich zu betreiben. So oder so wird es also der Steuerzahler bezahlen müssen, für nichts und wieder nichts. Denn der Atemgasgehalt der Luft wird durch die Maßnahmen garantiert nicht im meßbaren Bereich verringert. Eher im Gegenteil: Der Chef von Agora Energiewende sagte ja schon 2015, die WKA und PVA hätten enttäuscht, da allein durch ihren Bau viel mehr CO2 ausgestoßen und Energie benötigt werde als gehofft. Logisch: Ein Kernkraftwerk zum Beispiel würde ein einziges Mal enorme Emissionen verursachen, und dann mindestens 50 Jahre lang kaum noch. DAS wäre Naturschutz – und „Klimaschutz“ aus Sicht der Grünen.

Kritische Stimmen von Verbänden und Naturschützern
Habecks Generalangriff auf den Naturschutz von Dr. Epple
Habecks Osterpaket – eher Wunschdenken als Lösung von Blackout News




ITER: Kernfusion oder Konfusion?

von Hans Hofmann-Reinecke

Es ist bemerkenswert, dass die kontrollierte Kernfusion in den phantasievollen Szenarien zur Sicherung der deutschen Energieversorgung selten ins Spiel kommt. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass sich im teuersten Projekt zu dem Thema, namens ITER, die Termine laufend in die Zukunft und die Kosten in die Höhe bewegen. Und vielleicht wird uns ITER eines Tages vor Augen führen, dass die vergessenen Grenzen des Möglichen auch mit beliebig viel Geld nicht zu überwinden sind.

150 Millionen Grad Celsius

Der Zweck des International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) ist es, den „Proof of Concept“ zu liefern, dass kontrollierte Kernfusion zur Gewinnung von Elektrizität eingesetzt werden kann.

In der Kernfusion werden leichte Atomkerne, etwa die Kerne von Wasserstoff, einander ganz nahe gebracht. Dann kann die anziehende „starke Wechselwirkung“ die elektrische Abstoßung überwinden und die Kerne verschmelzen. Damit es soweit kommt müssen die Kerne sehr vehement aufeinander prallen, dann klappt es vielleicht.

In jedem Gas prallen Atome permanent auf einander, und zwar umso heftiger, je heißer das Gas ist. Heizen wir also auf, so weit es geht, und warten, war passiert. Bei etwa 10.000 Grad Celsius sind die Kollisionen so stark, dass die Elektronen von den Atomen abstreift werden – wir bekommen ein atomares Striptease.  Das Ergebnis ist eine sehr heiße Suppe aus nackten Atomkernen und freien Elektronen. Diese Suppe wird „Plasma“ genannt.

Jetzt müssen wir unsere freien Atomkerne nur noch dazu bringen, dass sie ihre gegenseitige elektrische Abstoßung überwinden und verschmelzen. Dazu muss die Temperatur noch einmal um mehr als den Faktor 10.000 erhöht werden, auf etwa 150 Millionen Grad.

Helium, benannt nach dem Sonnengott

Wir machen uns das Leben leichter, wenn wir nicht mit alltäglichem Wasserstoff arbeiten, dessen Atomkern aus einem Proton (p) besteht, sondern mit Deuterium (D) und Tritium (T). Die haben eine höhere  Wahrscheinlichkeit zu verschmelzen als zwei Protonen. Deuterium (D) und Tritium (T) tragen im Gegensatz zur landläufigen Sorte des Wasserstoffs noch ein bzw. zwei Neutronen (n) in ihrem Kern herum.

Der Kern von D ist also 1p1n und T ist 1p2n. Wenn dann tatsächlich eine Fusion stattfindet, dann sieht das so aus:  1p1n + 1p2n  → 2p2n  + 1n  +  Energie

Das Fusionsprodukt 2p2n ist der Atomkern des Gases Helium, das wir auch auf der Sonne finden, und n ist ein einzelnes Neutron, welches mit mörderischer Geschwindigkeit davonfliegt und den Löwenanteil der Energie E mit sich nimmt, der bei der Fusion frei wurde. Diese Energie können wir nutzen, um nach einigen Zwischenschritten elektrischen Strom zu erzeugen.

Also her mit den 150 Millionen Grad und los geht’s.

Leider gibt es da aber ein Problem. Während wir ein Stück Metall auf den Tisch legen, Flüssigkeit in eine Schale gießen und Gas in eine Flasche pumpen können, müssen wir beim Plasma darauf achten, dass es nicht die Wandung seines Behälters berührt. Entweder würde es sich bei der Gelegenheit abkühlen oder der Behälter würde verdampfen – auf jeden Fall wäre das Plasma verloren.

Und wie funktioniert das auf der Sonne? Die besteht doch fast nur aus Plasma?  Die Sonne hält das Plasma durch die eigene gigantische Schwerkraft zusammen. Wie sollen wir auf der Erde machen?

Da gibt es nun einen Trick: Magnetismus. Die Atomkerne und Elektronen aus denen das Plasma besteht sind ja elektrisch geladen und sie bewegen sich sehr schnell. Elektrische Teilchen werden in magnetischen Feldern von ihrer Flugbahn abgelenkt, und zwar immer quer zur momentanen Bewegung und quer zu den Magnetlinien. Sie bewegen sich also im Kreis oder auf einer Spirale um die Magnetlinien. Atome und Elektronen können daher nur parallel zu den Magnetlinien ungestört geradeaus fliegen. Man nehme also ein Rohr, lege es längs in ein Magnetfeld, und jetzt kann das Plasma nur mühsam an die Wände des Rohres driften, während es sich in Längsrichtung frei bewegen kann.

Wenn das Plasma allerdings an die Stirnflächen des Rohres stößt, dann hat die Magie ihr Ende.

Ein teurer Donut

Kluge Forscher aus Russland haben nun so ein Rohr zu einem Ring gebogen und die offenen Enden zusammengeschweißt. Das sah dann so aus wie eine „Donut“, in dessen Inneren statt Marmelade ein Magnetfeld zu finden ist. Sie gaben dem Gebilde den Namen Tokamak, wobei die Silbe To für „Torus“ steht, dem lateinischen Wort für Donut.

In solch einen Tokamak also füllt man etwas Gas, legt ein Magnetfeld an, heizt das Ganze auf 150 Millionen Grad und wartet auf die Kernfusion. Seit sechs Jahrzehnten wurden bisher in verschiedenen Ländern Dutzende solcher Maschinen gebaut.  „Und“, werden Sie jetzt fragen „hat man tatsächlich Kernfusion bekommen? Hat es geklappt?“

Im Prinzip ja, allerdings hat man immer weniger Energie herausbekommen, als man zum Heizen des Plasmas reingesteckt hat. Dieses Verhältnis, der Q-Faktor, war immer kleiner als eins. Dennoch hat man die Hoffnung nicht aufgegeben. Man hat gelernt, dass die Chancen umso besser sind, je größer man das Ding macht.

Und so entschloss man sich zum Bau von ITER, dem Jumbo aller Tokamaks, der hoffentlich kein Weißer Elefant wird. Der Durchmesser seines Torus beträgt gut zwölf Meter. Wenn Sie sich nun diese „Donut“ als Adventskranz vorstellen, um den ein Band spiralförmig gewunden ist, dann bekommen Sie eine Vorstellung von den Magnetspulen welche dort zum Einsatz kommen.

Verdammt kalt

Allerdings sind die nicht aus rotem Chiffon, und auch nicht aus Kupfer, sondern aus einer chemischen Verbindung der Metalle Niob und Zinn (Nb3Sn). Zurecht fragen Sie vielleicht warum so kompliziert? Das Metall Kupfer hat doch auch einen recht niedrigen elektrischen Widerstand! Das mag schon sein, aber Nb3Sn hat gar keinen. Es ist ein „Supraleiter“. Da fließt der Strom, einmal angeschubst, von selber immer weiter.

Allerdings hat das seinen Preis. Alle Supraleiter und Supraleiterinnen müssen auf sehr niedriger Temperatur gehalten werden, in diesem Fall sind es vier Grad über null; allerdings über absolut null, das sind auch minus 269 Grad Celsius. Viele Tonnen Material in dieser Saukälte zu halten ist eine extreme Herausforderung für die Ingenieure, und es ist nur einer der vielen technologischen Superlative und Weltrekorde, wie sie beim Bau des ITER realisiert werden müssen.

Gemessen an Größe, Gewicht und Komplexität ist die Konstruktion dieser Maschine wohl eines der kompliziertesten Projekte, auf das sich die Menschheit je eingelassen hat, und auch eines der teuersten: die Angaben für die Kosten bewegen sich zwischen 18 und 65 Milliarden Dollar.

Wird es sein Ziel erreichen? Und wenn ja, wann?

2008 starteten die Erdbewegungen für den Bau in Südfrankreich.

Der Bau der Maschine sollte zehn Jahre dauern, und es war geplant, das „Erste Plasma“ im Jahr 2020 zu erzeugen. Dieser Meilenstein würde den Nachweis bringen, dass der ITER-Torus tatsächlich Plasma beherbergen kann, dass sich Magnetfelder, Vakuum, Ströme etc. tatsächlich so verhalten, wie berechnet.  Man ist an diesem Punkt aber noch meilenweit von einer ersten Fusion entfernt, bei der tausendmal höhere Temperaturen herrschen müssen.

400 Sekunden

Diese erste Fusion war für ursprünglich für 2023 geplant. Der jüngste Fahrplan sieht jedoch vor, dass das erste Plasma im Jahr 2025 erreicht wird und die erste vollständige Fusion 2035. Die Meilensteine verschieben sich offensichtlich mit großen Schritten in die Zukunft, was bei der enormen Komplexität der Maschine nicht überrascht. Da sind Überraschungen unvermeidlich, und meist sind sie unangenehm.

Immerhin, wenn die Fusion 2035 klappt, haben wir dann also die Maschine, die uns unendliche Mengen sauberen Stroms liefert? Jetzt müssen wir die Katze aus dem Sack lassen: Die Antwort ist Nein. Das erklärte Ziel von ITER ist die Erzeugung eines Deuterium-Tritium-Plasmas in dem 400 Sekunden lang eine Fusionsleistung von 400 Megawatt erzeugt wird, wobei zur Heizung des Plasmas maximal 40 Megawatt eingespeist werden. Wenn das erreicht ist, dann hat ITER seine Schuldigkeit getan.

Die Erfahrungen mit ITER sollen dann in eine Maschine Namens „DEMO“ fließen, welche Fusionsleistung in mindestens 500 Megawatt Elektrizität umformen soll – und das vermutlich für einen Zeitraum von mehr als 400 Sekunden. Aber auch DEMO ist nur für die Demonstration und noch nicht für die routinemäßigen Einspeisung ins Netz gedacht.

Wird uns ITER – das ist auch das lateinische Wort für „der Weg“ – also den Weg zur störungsfreien Stromversorgung aus Kernfusion ebnen? Oder ist ITER ein Irrweg? Fragen Sie dazu Nostradamus.

In einer Vorlesung über Plasmaphysik hörte ich vor mehr als 50 Jahren den Professor Ewald Fünfer, Gründungsmitglied des Max-Planck-Instituts in Garching bei München, die berühmten Worte sagen:

„Das wird noch 30 Jahre dauern“.

Inzwischen hat sich der Zusatz eingebürgert: „… und es wird immer so sein.“

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

 




Die Klimaschau – Unerträgliche Hitze in der Jungsteinzeit

Die Klimaschau informiert über Neuigkeiten aus den Klimawissenschaften und von der Energiewende.

Themen der 107. Ausgabe: 0:00 Begrüßung 0:22 Vor 7000 Jahren war es wärmer als heute 8:29 Klimamodelle schaffen den südamerikanischen Monsun nicht

 

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Der große russische Energiebetrug: Schwarzgeld finanziert „grüne“ Gruppen im Westen

von Giulio Meotti, Gatestone Institute

Westliche Klima-Aktivisten und NGOs, die die Abhängigkeit von russischem Gas stützen, sind dem Kreml lieb und teuer. Und werden in vielfältiger Weise unterstützt.

„Mit dem nahenden Winter befindet sich Europa in einer Energiekrise – und ist auf die Barmherzigkeit des russischen Machthabers Wladimir Putin angewiesen. Es ist eine selbstverschuldete Katastrophe, die sich seit Jahren anbahnt.“

So begann ein Leitartikel des Wall Street Journal vom 20. Oktober 2021, bevor Rußland seine Truppen an der ukrainischen Grenze aufstellte und kein Analyst oder Think Tank sich vorstellen konnte, dass das Undenkbare bevorstand. Der Leitartikel fuhr fort:

„Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich in Energiefragen selbst behindert, um eine Klimaagenda zu verfolgen, die keine Auswirkungen auf das Klima haben wird, aber die Energiepreise in die Höhe treibt, Verbrauchern und Industrie schadet und jetzt die Tyrannen im Kreml stärkt.

Großbritannien und die EU haben sich verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, Kohlekraftwerke zu schließen und Milliarden in Solar- und Windkraftprojekte zu stecken. Deutschland und mehrere andere europäische Länder haben Fracking weitgehend verboten. Dies hat die europäischen Staats- und Regierungschefs in das Äquivalent von Seefahrern des 16. Jahrhunderts verwandelt, die um günstige Winde und Wetterbedingungen beten, während die Energiepreise je nach Wolkenbedeckung und Windverhältnissen steigen und fallen.

Auch Deutschland hat sich selbst geschadet, als Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Überreaktion auf den Unfall in Fukuschima 2011 den Ausstieg aus der Kernenergie beschloß.“

Konstantin Kossatschow, ein einflussreicher russischer Abgeordneter, hatte zuvor gegenüber Bloomberg erklärt, dass „wir nicht zur Rettung reiten können, nur um Fehler zu kompensieren, die wir nicht begangen haben“. Diese schonungslose Ehrlichkeit stand in schmerzlichem Kontrast zu Europas Naivität.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, traf sich kürzlich mit Aktivisten der von Greta Thunberg inspirierten „Fridays for Future“-Bewegung, obwohl diese Umweltschützer die Verantwortung für Europas energetischen Masochismus tragen, wie das Wall Street Journal es in einem anderen Leitartikel nannte.

Der Autor Michael Shellenberger, der ebenfalls die Klimapolitik Europas anprangert, wies kürzlich in einem Beitrag mit der Überschrift „The West‘s Green Delusions Empowered Putin“ (Der grüne Wahn des Westens stärkt Putin) darauf hin:

„Während der Westen in eine hypnotische Trance verfiel, in der es darum ging, seine Beziehung zur Natur zu heilen, die Klimaapokalypse abzuwenden und einen Teenager namens Greta zu verehren, machte Wladimir Putin seine Züge.“

Deutschlands Krieg gegen Frankreichs Kernkraft

Einer der Gründe für Deutschlands katastrophale Energieentscheidungen – russisches Gas und chinesische Solarpaneele anstelle von heimischer Kernenergie und fossiler Brennstoffproduktion – wurde von Fabien Bouglé in seinem Buch „Nucléaire, les vérités cachées“ („Kernenergie, die verborgenen Wahrheiten“) aufgedeckt. In einem Interview mit Le Figaro sagte er kürzlich:

„Meine Recherchen haben eindeutig ergeben, dass Deutschland einen Wirtschaftskrieg gegen die französische Kernenergie geführt hat. In Verbindung mit Anti-Atom- und Pro-Wind-Umwelt-NGOs kämpft unser Nachbar seit Jahren darum, unsere Atomindustrie auf unserem Boden, aber auch in Brüssel zu verunglimpfen. Ein Heer von deutschen Lobbyisten arbeitet mit der Europäischen Kommission zusammen, um zu verhindern, dass die französische Kernenergie in die Liste der Aktivitäten aufgenommen wird, die aufgrund ihres kohlenstoffarmen Charakters als ‚grün‘ gelten.“

Im Herbst 2021 bot die COP26, die UN-Klimakonferenz, ein groteskes Schauspiel: eine Art ökologisches Versailles. Die Reichen, Mächtigen und Tugendhaften des Planeten versammelten sich in Glasgow, um den Bürgern der westlichen Länder zu erklären, wie sehr wir den Planeten mit unserer Lebensweise schädigen. Sie reisten in ihren Privatjets an, um sich über die Abgasplage der Luftfahrtindustrie zu beklagen. Der wissenschaftliche Chefberater der britischen Regierung, Patrick Vallance, sagte, jeder solle weniger Fleisch essen und weniger fliegen. Dann kam die Nachricht, dass 400 Privatjets zur UN-Klimakonferenz fliegen würden, die internationale Spitzenpolitiker und Führungskräfte aus der Wirtschaft mitbringen.

Der britische Prinz Charles sagte von einem seiner Paläste aus, die COP26 sei die „letzte Chance“ für den Planeten. Die britische Königsfamilie ist in den letzten fünf Jahren so viel geflogen, dass sie damit bis zum Mond und zurück hätte kommen können.

Deutschlands gigantische Kohlegruben

Während die Deutschen über das Klima schwadronierten, informierte uns die Washington Post über ihre Heuchelei:

„Deutschland stellt sich selbst als Klimavorreiter dar. Aber es reißt immer noch Dörfer für Kohleminen ab… Die gähnende schwarz-braune Narbe in der Erde, die Deutschlands Kohlebergwerk Garzweiler darstellt, hat bereits mehr als ein Dutzend Dörfer verschluckt. Jahrhundertealte Kirchen und Wohnhäuser wurden abgerissen und das Land, auf dem sie gebaut waren, weggerissen. Ackerland ist verschwunden, Friedhöfe wurden geleert.“

Allein die Grube Lützerath ist doppelt so groß wie Manhattan. Deshalb wurde Deutschland als das umweltschädlichste Land in Europa bezeichnet. Vor sechs Jahren, zur Zeit der COP21, warnte uns der ehemalige polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek: „Lasst uns keine Heuchler sein: Die Deutschen bauen zusätzliche Kohlekraftwerke auf, um ihren Sektor der erneuerbaren Energien zu unterstützen“.

Im November 2021 schrieb Thomas Friedman in der New York Times:

„In einem kürzlich erschienenen Essay über den Wettbewerb der Großmächte und den Klimawandel erinnerte Rob Litwak, ein Experte für Rüstungskontrolle am Wilson Center, an eine Frage, die Präsident Ronald Reagan dem sowjetischen Führer Michail Gorbatschow stellte, nachdem sie während ihres Gipfels am Genfer See 1985 einen Spaziergang gemacht hatten.

Wie Gorbatschow es später ausdrückte: ‚Präsident Reagan sagte plötzlich zu mir: ‚Was würden Sie tun, wenn die Vereinigten Staaten plötzlich von jemandem aus dem Weltall angegriffen würden? Würden Sie uns helfen?‘‘…

Litwak geht es bei der Erzählung dieser Geschichte natürlich darum, dass wir heute mit einer ähnlichen, weltbedrohenden Bedrohung konfrontiert sind – nicht von Außerirdischen aus dem All, sondern von einer viel vertrauteren und einstmals scheinbar gutartigen Kraft: unserem Klima.“

So träumten die progressiven amerikanischen Experten bis Oktober von einer Allianz zwischen dem Westen, Rußland und China gegen die globale Erwärmung. Jetzt, da der Westen Russland, den größten Energielieferanten für Europa, isoliert hat, spricht niemand mehr davon.

Das Treffen in Glasgow im Januar ist in Vergessenheit geraten. Die Kohleeinfuhren in die Europäische Union sind bereits um mehr als 56 Prozent im Vergleich zu 2021 gestiegen, um einer Energiekrise zu begegnen. In Großbritannien hat die Coal Authority einem Bergwerk in Wales die Genehmigung erteilt, die Produktion in den nächsten zwei Jahrzehnten um 40 Millionen Tonnen zu erhöhen.

„Dunkle Gelder“ über die Bermudas

Deutschland, das von russischem Gas abhängig ist und in dem die Grünen mit den Sozialdemokraten an der Regierung sind, war so verzweifelt, dass es die Abschaltung seiner Kernkraftwerke stoppen mußte. Die Schließung der Reaktoren war von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Fukushima-Unfall beschlossen worden. Jetzt schreibt Hans-Werner Sinn, ein führender deutscher Wirtschaftswissenschaftler:

„Deutschland wird weder kurz- noch langfristig in der Lage sein, die russischen Gasimporte zu beenden, ohne ein wirtschaftliches Chaos auszulösen… Deutschlands Versprechen, auf Kohle und Kernenergie zu verzichten, also auf die Energieträger, die dem Land ein gewisses Maß an Autarkie und Unabhängigkeit verschafft hätten, hat das Land damit in große Gefahr gebracht.“

Wie sich herausstellte, hat Russland Berichten zufolge – oft durch „dunkle Gelder“ über die Bermudas – die nicht verlangen, dass die Geberländer genannt werden – „grüne“ Kampagnen gegen die Kernenergie gefördert, um die Abhängigkeit des Westens von Importen fossiler Brennstoffe aus Russland zu gewährleisten. Laut einem Artikel in „The Hill“:

„Im Jahr 2014 – demselben Jahr, in dem Russland die Krim annektierte – warnte der damalige Generalsekretär der Nordatlantikvertrags-Organisation (NATO), Anders Fogh Rasmussen, dass Rußland verdeckt daran arbeite, die europäische und US-amerikanische Produktion fossiler Brennstoffe zu untergraben…

Laut ‚The Guardian‘ behauptete Rasmussen… in einer Präsentation vor einem Think Tank in London: ‚Ich habe Verbündete getroffen, die berichten können, dass Russland als Teil seiner ausgeklügelten Informations- und Desinformationsoperationen aktiv mit so genannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – Umweltorganisationen, die gegen Schiefergas arbeiten – zusammenarbeitet, um die Abhängigkeit Europas von importiertem russischen Gas aufrechtzuerhalten.‘“

Dominique Reynié, Professor für Politikwissenschaft am Institut d‘Etudes Politiques in Paris, stellte kürzlich in einem Interview mit „CNews“ fest:

„Wir haben festgestellt, dass Gazprom vor allem Umwelt-NGOs finanziert, die bestimmte europäische Länder mit Ministern ausgestattet haben – Belgien zum Beispiel –, die sich dann für einen Ausstieg aus der Kernenergie starkmachten.“

Gazprom als Umweltschützer in Mecklenburg-Vorpormmern

Die deutsche „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“, die Berichten zufolge mehr als 17 Millionen Euro von Gazprom erhalten hat, wurde ebenfalls beschuldigt, eine von Moskau finanzierte „Marionette“ zu sein, wie die Sunday Times enthüllte.

Die Stiftung wurde 2021 in Mecklenburg-Vorpommern von Manuela Schwesig gegründet, der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin und Verbündeten des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der Vorsitzender der Unternehmen ist, denen die Pipelines Nord Stream und Nord Stream II gehören, die gebaut wurden, um Erdgas von Russland nach Deutschland zu transportieren. Schröder saß auch in den Aufsichtsräten russischer staatlich unterstützter Energieunternehmen.

Darüber hinaus ergab eine Untersuchung von „Unherd“, dass China ebenfalls westliche Umweltschützer finanziert:

„Ein paar Blocks vom Platz des Himmlischen Friedens entfernt, inmitten der höhlenartigen Pracht des Pekinger Hotelkongresszentrums, versammelte sich im September eine Reihe hochrangiger Funktionäre der Kommunistischen Partei, um eine klare Botschaft zu verkünden: ‚Durch die Konzentration auf die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen … wird China eine grüne Entwicklung fördern und seine Ökologie kontinuierlich verbessern‘. Die Jahreshauptversammlung des China Council for International Co-operation on Environment and Development (CCICED) war in vollem Gange…

Während der Saal vor optimistischer Öko-Rhetorik nur so strotzte, konnte man fast vergessen, dass China der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen ist – und dass allein die im Bau befindlichen neuen Kohlekraftwerke eine größere Kapazität haben als die gesamte britische Stromerzeugungsmaschinerie….

Laut dem offiziellen Konferenzbericht lobten die ‚Mitglieder des ausländischen Komitees und die Partner Chinas ökologischen Zivilisationsaufbau und seine neuen und größeren Beiträge zur Förderung des Aufbaus einer sauberen und schönen Welt‘.“

Prinz Charles und John Kerry

Anwesend waren Professor Lord Nicholas Stern, Präsident des „Grantham Center on Climate Change“ an der London School of Economics, ehemaliger Chefökonom der Weltbank und Berater britischer Regierungen in Umweltfragen, Kate Hampton, Geschäftsführerin der „Children‘s Investment Fund Foundation“ (CIFF), die Berichten zufolge von dem Milliardär Christopher Hohn, einem führenden Umweltphilanthropen, finanziert wird, und der World Wide Fund for Nature-UK (WWF), dessen Präsident Prinz Charles ist.

Worüber machte sich US-Außenminister John Kerry, der „Klimazar“ der USA, Sorgen, als Europa vor seinem eigenen Energieselbstmord stand und kurz bevor Putin begann, die Ukraine zu vernichten? Über die „massiven Emissionsauswirkungen“ des Krieges und darüber, dass er vom Kampf gegen den Klimawandel ablenkt. „Ich hoffe, dass Präsident Putin uns helfen wird, auf dem richtigen Weg zu bleiben, was wir für das Klima tun müssen“, sagte er der BBC.

Hier ist ein weiterer Betrug: Deutschland und Frankreich verfügen nicht nur über genügend Erdgasreserven, um das russische Gas für mehr als 20 Jahre zu ersetzen (der Bundesverband Erdgas nennt hier bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter technisch erschließbares Erdgas aus Schiefergesteinen), sondern die Förderung wurde „aus Umweltgründen“ verboten.

Der Journalist Michael Shellenberger stellte fest:

„Russland hat eine Wirtschaft, die halb so groß ist wie die deutsche, eingesetzt, um die Ära nach dem Kalten Krieg zu beenden und die NATO zu besiegen. Es tat dies mit Aggression, Erdgas und Atomwaffen. Amerika muss massiv mehr Atomkraft, Erdgas und Öl produzieren, oder die freiheitlich-demokratische westliche Zivilisation ist tot.“

So Ulf Poschardt in „Die Welt“:

„Wladimir Putin kann nur tun, was er will, weil er die Schwächen des Westens durchschaut hat: Europa und vor allem die Deutschen sind dekadent geworden, sie bevormunden ihre Leistungsträger und unterwerfen sich einem naiv verblendeten Zeitgeist… Putin schaut auf Deutschland und sieht es als eine Bundesrepublik der Clowns. Und er hat keine Angst vor Clowns.“

Jetzt versucht Europa, seine Abhängigkeit vom russischen Gas zu verringern. Aber was kommt als nächstes?

Giulio Meotti, Kulturredakteur bei „Il Foglio“, ist ein italienischer Journalist und Autor. Sein Artikel erschien zuerst bei Gatestone und der Achse des Guten. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.