118 neue Gaskraftwerke bis 2035 nötig: Bundesnetzagentur alarmiert über fehlende Kapazitäten

Um Deutschlands Stromversorgung auch in Zukunft sicherzustellen, sind viele neue steuerbare Kraftwerke nötig. Das steht im neuen Bericht zur Versorgungssicherheit der Bundesnetzagentur. Der Bedarf ist gewaltig und vermutlich dennoch nicht ausreichend.

von Maurice Forgeng

Um Deutschlands Stromversorgung auch in Zukunft sicherzustellen, sind viele neue steuerbare Kraftwerke nötig. Das steht im neuen Bericht zur Versorgungssicherheit der Bundesnetzagentur. Der Bedarf ist gewaltig und vermutlich dennoch nicht ausreichend.

Laut Bundesnetzagentur sollen Gaskraftwerke in Deutschland künftig die Versorgungssicherheit garantieren.

In Kürze:

  • Die Bundesnetzagentur veröffentlichte Anfang September den Bericht zur Versorgungssicherheit.
  • Die binnen zehn Jahren erforderlichen bis zu 35,5 Gigawatt Reservekapazität entsprechen einem neuen Gaskraftwerk pro Monat.
  • Ein Solarverband kritisiert, dass Potenziale von Batterieparks nicht ausreichend erwähnt wurden, und fordert die Überarbeitung des Berichts.
  • Der aktuelle Systemstabilitätsbericht der Übertragungsnetzbetreiber zeigt seinerseits, wie viele Aspekte im Stromnetz „nicht ausgereift“ sind.
  • Erneut wird ein Kapazitätsmechanismus genannt, der bereits mit einer neuen Stromsteuer in Verbindung gebracht wurde.

Wie stabil ist das deutsche Stromnetz im Rahmen der Energiewende?

Dieser Frage hat sich die Bundesnetzagentur mit dem Bericht zu Stand und Entwicklung der Versorgungssicherheit im Bereich der Versorgung mit Elektrizität gewidmet. Im Juni 2025 erschien dazu auch der Systemstabilitätsbericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT, 50 Hertz, Ampiron und TransnetBW.

Riesige neue Kraftwerkskapazitäten benötigt

Das am 3. September 2025 erschienene Monitoring der Bundesnetzagenturanalysiert die Entwicklung im Stromsystem bis zum Jahr 2035. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, teilte zusammenfassend dazu mit:

„Die Stromversorgung ist auch in Zukunft sicher, wenn zusätzliche steuerbare Kapazitäten errichtet werden.“

Damit teilte der Bundesnetzagentur-Chef klar mit, dass das deutsche Stromsystem dringend mehr grundlastfähige Kraftwerke benötigt. Diese müssen auch dann Strom liefern können, wenn die Windkraft und Photovoltaik aufgrund schlechter Wetterbedingungen zu wenig Strom bereitstellen. Da die aktuelle Regierung am Atomausstieg festhält und die Kohlekraftwerke ebenfalls bis spätestens 2038 vom Netz gehen sollen, bleibt nur die Verstromung von Erdgas.

Konkret müssen laut der Energiebehörde bis 2035 zusätzliche Reservekraftwerke mit bis zu 22,4 Gigawatt (GW) elektrischer Leistung entstanden sein, sofern das Zielszenario eintritt. In diesem werde Deutschland künftig alle energiewirtschaftlichen und energiepolitischen Ziele erreichen.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Diagramm, Reihe enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Ausbauziele der installierten Leistung von hauptsächlich Wind- und Photovoltaikanlagen in Deutschland (interpoliert).

Foto: Bundesnetzagentur

Neben dem starken Ausbau von Wind und Solar beinhalten diese „hohe Flexibilitätspotentiale bei neuen Verbrauchern“ ebenso wie Wärmepumpen, Stromspeicher, Elektroautos oder Elektrolyseure. Die Bundesnetzagentur nennt zudem die Installation geeigneter Messsysteme. Für E-Autos ist in diesem Rahmen angedacht, dass sie ihren Strom dem Netz in Mangelzeiten teilweise zur Verfügung stellen. Auch die Industrie solle ihren Stromverbrauch flexibel anpassen, ihn also bei Strommangel herunterfahren.

Falls die Zubauziele verfehlt werden und die Flexibilität zu gering ausfällt, hat die Bundesnetzagentur zusätzlich das Szenario „verzögerte Energiewende“ errechnet. Dabei wären steuerbare Kapazitäten von bis zu 35,5 GW nötig. Da ein einfaches Gasturbinenkraftwerk im Schnitt rund 300 Megawatt (MW) an Leistung bringen kann, wären dafür 118 Gaskraftwerke nötig. Selbst beim Zielszenario wären noch 75 solcher Kraftwerke nötig.

Beachtenswert ist zudem, dass die Ausbauziele in Deutschland im Jahr 2035 mehr als 500 GW an installierter Leistung durch „erneuerbare“ Energien vorsehen. Trotz der erheblichen Überkapazität der Erneuerbaren fordert die Energiebehörde damit, dass neue Grundlastkraftwerke ein Drittel bis über die Hälfte des jetzigen Strombedarfs decken können müssen.

Bereits berücksichtigt hat die Energiebehörde in ihrer Rechnung geplante Stilllegungen bestehender Kraftwerke. Würde keines der bestehenden Kraftwerke stillgelegt werden, wären im Zielszenario noch 42 und bei der „verzögerten Energiewende“ 85 der genannten Gaskraftwerke nötig.

Zugleich gibt die Behörde für das Jahr 2035 einen Jahresstromverbrauch von 941 Terawattstunden an, also fast das Doppelte wie aktuell.

Ereignet sich dann eine Dunkelfraute, also das Fehlen von Wind und Sonnen, wie vom 11. bis 14. Dezember 2024 wäre laut der Simulation des Portals „Energy Charts“die Zusatzstromerzeugung bei Weitem nicht ausreichend. Auch bei Erreichen der Ausbauziele wären in diesem Fall bis über 116 GW steuerbare Kapazität nötig.

 

Ein Bild, das Text, Screenshot enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Simulierte Stromerzeugung für Deutschland mit den geplanten Windkraft- und Solarwerten und der von der Behörde geschätzte Jahresstromverbrauch von 941 Terawattstunden. Als Relevanz dienen die Wind- und Solarwerte von Kalenderwoche 50 aus dem Jahr 2024.

Foto: Bildschirmfoto/energy-charts.info/Fraunhofer ISE

Verzögerte Energiewende wahrscheinlicher?

Wahrscheinlicher dürfte jedoch das Eintreten des Szenarios „verzögerte Energiewende“ sein. Wie Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bereits angekündigt hat, will sie Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen künftig mehr zur Verantwortung ziehen, indem sie sich beispielsweise an den Netzausbaukosten beteiligen sollen. Das könnte die Attraktivität dieser „erneuerbaren“ Kraftwerke spürbar reduzieren und den bisweilen gut laufenden Ausbau abbremsen.

Zudem soll in Kürze das Ergebnis der Prüfung der deutschen Energiewende folgen. Wie Reiche bereits andeutete, müsse sich der Zubau der „Erneuerbaren“ am Netz orientieren und nicht umgekehrt. Das lässt vermuten, dass die Regierung den Fokus bald weniger auf den Zubau der Erneuerbaren und mehr auf den Netzausbau legt, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Die Versorgungssicherheit ist im Zielszenario laut Bundesnetzagentur nur dann gewährleistet, wenn etwa der Netzausbau wie geplant verwirklicht wird. Wie der Bundesrechnungshof im vergangenen Jahr festgestellt hat, liegt dieser rund sieben Jahre im Rückstand.

Umsetzung der Reserve fragwürdig

Diese neue Kraftwerkskapazität müsste innerhalb der kommenden zehn Jahre betriebsbereit sein. Gemessen an der reinen Bauzeit wäre dies ein mehr als realistischer Rahmen. Der Bau des Gaskraftwerks Leipheim mit 300 MW hat knapp 24 Monate beansprucht. Allerdings müssen im Vorfeld Kraftwerksstandorte festgelegt und genehmigt werden, was zusätzlich Zeit benötigt.

Um bis 2035 besagte 118 Gaskraftwerke zur Verfügung zu haben, müsste jeden Monat ein solches Kraftwerk fertiggestellt werden. Um eine mehrtägige Dunkelflaute zu überbrücken, sind 387 Gaskraftwerke nötig und es müssten – parallel zum Ausbau der Erneuerbaren – mindestens drei Gaskraftwerke pro Monat entstehen.

Dass eine politische Ankündigung nicht zu einer schnellen Umsetzung führt, zeigte bereits die Forderung des früheren Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne). Bereits vor zwei Jahren sprach er davon, umgehend 8,8 GW an neuen Kraftwerken, möglichst wasserstofffähige Gaskraftwerke, auszuschreiben. Dem folgte bis heute kein Realisierungsansatz. Die aktuelle Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) spricht von Ausschreibungen von „mindestens 20 Gigawatt Gaskraftwerken“.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Zahl, Schrift enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Ausgangsbestand der steuerbaren Kraftwerke und Speicher in Deutschland am 01.02.2024.

Foto:, Bundesnetzagentur

Systemstabilitätsbericht zeigt massive Sicherheitslücken

Mit dem Systemstabilitätsbericht 2025 wollten die deutschen Übertragungsnetzbetreiber den aktuellen Stand der einzelnen Stabilitätsaspekte unserer Stromnetze darstellen. Das soll die eingangs gestellte Frage ebenso beantworten.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift, Zahl enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Entwicklungsstand der Bedarfsermittlung der einzelnen Stabilitätsaspekte.

Foto: Bundesnetzagentur, Systemstabilitätsbericht 2025

Die beiden Aspekte Frequenz- und Spannungsstabilität schneiden bei der Untersuchung noch am besten ab. Die Netzfrequenz liegt im europäischen Verbundnetz bei 50 Hertz. Diesen Wert müssen die Netzbetreiber möglichst konstant halten. Dazu muss die Stromerzeugung jederzeit genauso groß sein wie der Stromverbrauch. Die Spannungsstabilität beschreibt das Aufrechterhalten der Netzspannung.

Sowohl Frequenz- als auch Spannungsstabilität können die Übertragungsnetzbetreiber ermitteln und den Systembedarf definieren. Ebenso können sie bei Abweichungen Gegenmaßnahmen entwickeln, um diese stabil zu halten. Allerdings ist bei beiden Aspekten der Systembedarf noch nicht gedeckt. Sprich, TenneT und Co. können im Netz nicht die benötigten Strommengen halten, um das Netz stabil zu halten.

Das liegt unter anderem an der zunehmend fehlenden Momentanreserve, also mechanisch rotierende Schwungmassen von Turbinen in Großkraftwerken. Sie stabilisieren das Netz, da sie Spannungs- und Frequenzstörungen kompensieren können. Photovoltaik- und Windkraftanlagen können dies nicht. Sie speisen elektronisch über Wechselrichter ihren Strom in die Netze ein und sind vielmehr auf ein stabiles Netz angewiesen. Je mehr Wechselrichter und je weniger Momentanreserve, desto instabiler die Netze. Das führte im April letztlich zum Stromausfall auf der iberischen Halbinsel.

Noch „nicht ausgereift“

Deutlich kritischer sieht es bei der sogenannten „Transienten Stabilität“ aus, also wie sich das Netz bei Schwankungen verhält. Hier ist noch kein Bereich ausgereift. Die Methodik zur Ermittlung befindet sich noch „in Entwicklung“, die übrigen Bereiche sind noch „nicht ausgereift“. Auch hier spricht der Bericht von den rotierenden Massen:

„Die Analyse zeigt eine Verbesserung der Systemstabilität bei Erhöhung der Momentanereserve, wohingegen eine Reduktion der Momentanereserve zu einer Verschlechterung führt.“

Die Bilanz der allgemeinen „Netzstärke“ gleicht der „Transienten Stabilität“. So steht im Systemstabilitätsbericht: „Netzfolgende Stromrichter [Wechselrichter von Wind und Solar] tragen unter konservativen Annahmen hingegen nicht zur Netzstärke bei.“ Das bedeutet: Je mehr einspeisende Wechselrichter am Netz sind, umso instabiler wird das System.

Der letzte Aspekt, die „Harmonische Stabilität“, schneidet von allen Aspekten am schlechtesten ab. Hier ist jeder Bereich bisher „nicht ausgereift“. Die „Harmonische Stabilität“ beschreibt, wie gut es Wechselrichtern gelingt, „keine unzulässigen Schwingungen auszubilden“. Wechselrichter erzeugen solche Schwingungen. Das bedeutet, wenn ein Wechselrichter eine Oberschwingung aussendet, darf ein andere diese nicht auffangen und verstärken. Ein Netz mit viel Momentanreserve kann Oberschwingungen gut abfangen.

In Spanien haben diese Schwingungen zu einer erhöhten Netzspannungen geführt, was wiederum den Blackout auslöste.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt, dass der neue Bericht zur Versorgungssicherheit den Ausbau der „Erneuerbaren“ betont. Gleichzeitig kritisiert der Verband die mangelnde Erwähnung der Potenziale von Batteriespeichern für die Versorgungssicherheit.

Zwar schrieb die Bundesnetzagentur unter anderem: „Speicher werden eine immer wichtigere Funktion einnehmen. Schon heute können sich besonders Batteriespeicher im Strommarkt refinanzieren, wie die aktuelle Ausbaudynamik beweist. In bestimmten Marktsituationen können Speicher den Bedarf an zusätzlichen Kraftwerkskapazitäten reduzieren.

Dennoch forderte BSW-Solar die Überarbeitung des Berichts. Laut dem Verband habe die Bundesnetzagentur die Potenziale von Batteriegroßspeichern unzureichend abgebildet. Damit sei eine zentrale Realität der Energiewende ausgeblendet.

Dazu erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft: „Während Netzbetreiber bereits heute Zusagen für viele Gigawatt[stunden] an Speicherkapazitäten erteilt haben und bundesweit Anschlussanfragen in dreistelliger Gigawatt-Höhe vorliegen, bleibt der Bericht bei den Zahlen von gestern stehen und geht sogar realitätsfern von einem Rückbau stationärer Batteriespeicher aus.“ Körnig warf der Energiebehörde eine systematische Unterschlagung der Großspeicher vor.

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Batteriespeicher selbst keinen Strom erzeugen können. Sie speichern diesen nur zwischen. Daher können sie Kraftwerke nicht ersetzen.

Aktuell liegt die installierte Kapazität aller deutschen Batteriespeicher bei 20,7 Gigawattstunden (GWh), die der netzdienlichen Großspeicher bei nur knapp 3 GWh. Es besteht ein akuter Anschlussstau, sodass viele, die einen Batteriepark errichten wollen, teilweise zehn Jahre und länger warten müssen. Das liegt wiederum an der mangelnden Netzinfrastruktur.

Kommt ein Kapazitätsmechanismus?

Im Bericht der Bundesnetzagentur sagte Müller: „Unser Monitoring unterstreicht die Bedeutung der von der Bundesregierung geplanten Kraftwerksstrategie. Die weiteren notwendigen Kapazitäten sollten über einen Kapazitätsmechanismus bereitgestellt werden. Außerdem ist es wichtig, dass immer mehr Stromverbraucher flexibel auf Strompreise reagieren.“

Das bedeutet: Um den zusätzlichen Bedarf an neuen Kraftwerkskapazitäten zu finanzieren, ist ein sogenannter Kapazitätsmechanismus nötig. Dies soll laut dem Bericht eine technologieneutrale Finanzierungsmethode sein.

Dazu kursierte Anfang August das Gerücht einer neuen Stromsteuer. Das Wirtschaftsministerium hat dies allerdings nicht bestätigt. Stattdessen gebe es bei den „Möglichkeiten der Finanzierung“ noch „keine Festlegungen“. Auch der aktuelle Bericht zur Versorgungssicherheit bestätigt, dass der Kapazitätsmechanismus „zurzeit von der Bundesregierung erarbeitet“ wird.

Bis ausreichend Reservekraftwerke errichtet sind, bleibt die Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz ein Fragezeichen. Verzögerungen beim Ausbau der „Erneuerbaren“ würden laut der Energiebehörde die Versorgungssicherheit beeinflussen. Je mehr Strom aus Erneuerbaren erzeugt wird, desto wichtiger aber auch und rentabler werden Speicher und Nachfrageflexibilitäten.

Das Monitoring bestätigt, dass die zu transportierenden Energiemengen in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Um diesen Veränderungen gerecht zu werden, bedarf es eines weiteren raschen Netzausbaus. Die Ergebnisse zeigen auch, dass Redispatchmaßnahmen in den kommenden Jahren notwendig bleiben. Diese haben in den vergangenen Jahren immer wieder neue Rekordwerte erreicht. Auch für 2025 wird ein neuer erwartet.

Der Beitrag erschien zuerst bei EPOCH Times hier

 

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Laut Bundesnetzagentur sollen Gaskraftwerke in Deutschland künftig die Versorgungssicherheit garantieren.

Foto: Ruediger Fessel/iStock, Canva, Collage: Epoch Times

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Maurice Forgeng

13. September 2025

Lesedauer: 14 Min.

In Kürze:

  • Die Bundesnetzagentur veröffentlichte Anfang September den Bericht zur Versorgungssicherheit.
  • Die binnen zehn Jahren erforderlichen bis zu 35,5 Gigawatt Reservekapazität entsprechen einem neuen Gaskraftwerk pro Monat.
  • Ein Solarverband kritisiert, dass Potenziale von Batterieparks nicht ausreichend erwähnt wurden, und fordert die Überarbeitung des Berichts.
  • Der aktuelle Systemstabilitätsbericht der Übertragungsnetzbetreiber zeigt seinerseits, wie viele Aspekte im Stromnetz „nicht ausgereift“ sind.
  • Erneut wird ein Kapazitätsmechanismus genannt, der bereits mit einer neuen Stromsteuer in Verbindung gebracht wurde.

 

Wie stabil ist das deutsche Stromnetz im Rahmen der Energiewende?

Dieser Frage hat sich die Bundesnetzagentur mit dem Bericht zu Stand und Entwicklung der Versorgungssicherheit im Bereich der Versorgung mit Elektrizität gewidmet. Im Juni 2025 erschien dazu auch der Systemstabilitätsbericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT, 50 Hertz, Ampiron und TransnetBW.

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Riesige neue Kraftwerkskapazitäten benötigt

Das am 3. September 2025 erschienene Monitoring der Bundesnetzagenturanalysiert die Entwicklung im Stromsystem bis zum Jahr 2035. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, teilte zusammenfassend dazu mit:

„Die Stromversorgung ist auch in Zukunft sicher, wenn zusätzliche steuerbare Kapazitäten errichtet werden.“

Damit teilte der Bundesnetzagentur-Chef klar mit, dass das deutsche Stromsystem dringend mehr grundlastfähige Kraftwerke benötigt. Diese müssen auch dann Strom liefern können, wenn die Windkraft und Photovoltaik aufgrund schlechter Wetterbedingungen zu wenig Strom bereitstellen. Da die aktuelle Regierung am Atomausstieg festhält und die Kohlekraftwerke ebenfalls bis spätestens 2038 vom Netz gehen sollen, bleibt nur die Verstromung von Erdgas.

Konkret müssen laut der Energiebehörde bis 2035 zusätzliche Reservekraftwerke mit bis zu 22,4 Gigawatt (GW) elektrischer Leistung entstanden sein, sofern das Zielszenario eintritt. In diesem werde Deutschland künftig alle energiewirtschaftlichen und energiepolitischen Ziele erreichen.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Diagramm, Reihe enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Ausbauziele der installierten Leistung von hauptsächlich Wind- und Photovoltaikanlagen in Deutschland (interpoliert).

Foto: FfE, Bundesnetzagentur

Neben dem starken Ausbau von Wind und Solar beinhalten diese „hohe Flexibilitätspotentiale bei neuen Verbrauchern“ ebenso wie Wärmepumpen, Stromspeicher, Elektroautos oder Elektrolyseure. Die Bundesnetzagentur nennt zudem die Installation geeigneter Messsysteme. Für E-Autos ist in diesem Rahmen angedacht, dass sie ihren Strom dem Netz in Mangelzeiten teilweise zur Verfügung stellen. Auch die Industrie solle ihren Stromverbrauch flexibel anpassen, ihn also bei Strommangel herunterfahren.

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Falls die Zubauziele verfehlt werden und die Flexibilität zu gering ausfällt, hat die Bundesnetzagentur zusätzlich das Szenario „verzögerte Energiewende“ errechnet. Dabei wären steuerbare Kapazitäten von bis zu 35,5 GW nötig. Da ein einfaches Gasturbinenkraftwerk im Schnitt rund 300 Megawatt (MW) an Leistung bringen kann, wären dafür 118 Gaskraftwerke nötig. Selbst beim Zielszenario wären noch 75 solcher Kraftwerke nötig.

Beachtenswert ist zudem, dass die Ausbauziele in Deutschland im Jahr 2035 mehr als 500 GW an installierter Leistung durch „erneuerbare“ Energien vorsehen. Trotz der erheblichen Überkapazität der Erneuerbaren fordert die Energiebehörde damit, dass neue Grundlastkraftwerke ein Drittel bis über die Hälfte des jetzigen Strombedarfs decken können müssen.

Bereits berücksichtigt hat die Energiebehörde in ihrer Rechnung geplante Stilllegungen bestehender Kraftwerke. Würde keines der bestehenden Kraftwerke stillgelegt werden, wären im Zielszenario noch 42 und bei der „verzögerten Energiewende“ 85 der genannten Gaskraftwerke nötig.

Zugleich gibt die Behörde für das Jahr 2035 einen Jahresstromverbrauch von 941 Terawattstunden an, also fast das Doppelte wie aktuell.

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Ein Bild, das Text, Screenshot enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Simulierte Stromerzeugung für Deutschland mit den geplanten Windkraft- und Solarwerten und der von der Behörde geschätzte Jahresstromverbrauch von 941 Terawattstunden. Als Relevanz dienen die Wind- und Solarwerte von Kalenderwoche 50 aus dem Jahr 2024.

Foto: Bildschirmfoto/energy-charts.info/Fraunhofer ISE

Verzögerte Energiewende wahrscheinlicher?

Wahrscheinlicher dürfte jedoch das Eintreten des Szenarios „verzögerte Energiewende“ sein. Wie Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bereits angekündigt hat, will sie Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen künftig mehr zur Verantwortung ziehen, indem sie sich beispielsweise an den Netzausbaukosten beteiligen sollen. Das könnte die Attraktivität dieser „erneuerbaren“ Kraftwerke spürbar reduzieren und den bisweilen gut laufenden Ausbau abbremsen.

Zudem soll in Kürze das Ergebnis der Prüfung der deutschen Energiewende folgen. Wie Reiche bereits andeutete, müsse sich der Zubau der „Erneuerbaren“ am Netz orientieren und nicht umgekehrt. Das lässt vermuten, dass die Regierung den Fokus bald weniger auf den Zubau der Erneuerbaren und mehr auf den Netzausbau legt, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen.

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Um bis 2035 besagte 118 Gaskraftwerke zur Verfügung zu haben, müsste jeden Monat ein solches Kraftwerk fertiggestellt werden. Um eine mehrtägige Dunkelflaute zu überbrücken, sind 387 Gaskraftwerke nötig und es müssten – parallel zum Ausbau der Erneuerbaren – mindestens drei Gaskraftwerke pro Monat entstehen.

Dass eine politische Ankündigung nicht zu einer schnellen Umsetzung führt, zeigte bereits die Forderung des früheren Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne). Bereits vor zwei Jahren sprach er davon, umgehend 8,8 GW an neuen Kraftwerken, möglichst wasserstofffähige Gaskraftwerke, auszuschreiben. Dem folgte bis heute kein Realisierungsansatz. Die aktuelle Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) spricht von Ausschreibungen von „mindestens 20 Gigawatt Gaskraftwerken“.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Zahl, Schrift enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Ausgangsbestand der steuerbaren Kraftwerke und Speicher in Deutschland am 01.02.2024.

Foto: FfE, Bundesnetzagentur

Systemstabilitätsbericht zeigt massive Sicherheitslücken

Mit dem Systemstabilitätsbericht 2025 wollten die deutschen Übertragungsnetzbetreiber den aktuellen Stand der einzelnen Stabilitätsaspekte unserer Stromnetze darstellen. Das soll die eingangs gestellte Frage ebenso beantworten.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift, Zahl enthält. KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.

Entwicklungsstand der Bedarfsermittlung der einzelnen Stabilitätsaspekte.

Foto: Bundesnetzagentur, Systemstabilitätsbericht 2025

Die beiden Aspekte Frequenz- und Spannungsstabilität schneiden bei der Untersuchung noch am besten ab. Die Netzfrequenz liegt im europäischen Verbundnetz bei 50 Hertz. Diesen Wert müssen die Netzbetreiber möglichst konstant halten. Dazu muss die Stromerzeugung jederzeit genauso groß sein wie der Stromverbrauch. Die Spannungsstabilität beschreibt das Aufrechterhalten der Netzspannung.

Sowohl Frequenz- als auch Spannungsstabilität können die Übertragungsnetzbetreiber ermitteln und den Systembedarf definieren. Ebenso können sie bei Abweichungen Gegenmaßnahmen entwickeln, um diese stabil zu halten. Allerdings ist bei beiden Aspekten der Systembedarf noch nicht gedeckt. Sprich, TenneT und Co. können im Netz nicht die benötigten Strommengen halten, um das Netz stabil zu halten.

Das liegt unter anderem an der zunehmend fehlenden Momentanreserve, also mechanisch rotierende Schwungmassen von Turbinen in Großkraftwerken. Sie stabilisieren das Netz, da sie Spannungs- und Frequenzstörungen kompensieren können. Photovoltaik- und Windkraftanlagen können dies nicht. Sie speisen elektronisch über Wechselrichter ihren Strom in die Netze ein und sind vielmehr auf ein stabiles Netz angewiesen. Je mehr Wechselrichter und je weniger Momentanreserve, desto instabiler die Netze. Das führte im April letztlich zum Stromausfall auf der iberischen Halbinsel.

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Noch „nicht ausgereift“

Deutlich kritischer sieht es bei der sogenannten „Transienten Stabilität“ aus, also wie sich das Netz bei Schwankungen verhält. Hier ist noch kein Bereich ausgereift. Die Methodik zur Ermittlung befindet sich noch „in Entwicklung“, die übrigen Bereiche sind noch „nicht ausgereift“. Auch hier spricht der Bericht von den rotierenden Massen:

„Die Analyse zeigt eine Verbesserung der Systemstabilität bei Erhöhung der Momentanereserve, wohingegen eine Reduktion der Momentanereserve zu einer Verschlechterung führt.“

Die Bilanz der allgemeinen „Netzstärke“ gleicht der „Transienten Stabilität“. So steht im Systemstabilitätsbericht: „Netzfolgende Stromrichter [Wechselrichter von Wind und Solar] tragen unter konservativen Annahmen hingegen nicht zur Netzstärke bei.“ Das bedeutet: Je mehr einspeisende Wechselrichter am Netz sind, umso instabiler wird das System.

Der letzte Aspekt, die „Harmonische Stabilität“, schneidet von allen Aspekten am schlechtesten ab. Hier ist jeder Bereich bisher „nicht ausgereift“. Die „Harmonische Stabilität“ beschreibt, wie gut es Wechselrichtern gelingt, „keine unzulässigen Schwingungen auszubilden“. Wechselrichter erzeugen solche Schwingungen. Das bedeutet, wenn ein Wechselrichter eine Oberschwingung aussendet, darf ein andere diese nicht auffangen und verstärken. Ein Netz mit viel Momentanreserve kann Oberschwingungen gut abfangen.

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Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt, dass der neue Bericht zur Versorgungssicherheit den Ausbau der „Erneuerbaren“ betont. Gleichzeitig kritisiert der Verband die mangelnde Erwähnung der Potenziale von Batteriespeichern für die Versorgungssicherheit.

Zwar schrieb die Bundesnetzagentur unter anderem: „Speicher werden eine immer wichtigere Funktion einnehmen. Schon heute können sich besonders Batteriespeicher im Strommarkt refinanzieren, wie die aktuelle Ausbaudynamik beweist. In bestimmten Marktsituationen können Speicher den Bedarf an zusätzlichen Kraftwerkskapazitäten reduzieren.“

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Dennoch forderte BSW-Solar die Überarbeitung des Berichts. Laut dem Verband habe die Bundesnetzagentur die Potenziale von Batteriegroßspeichern unzureichend abgebildet. Damit sei eine zentrale Realität der Energiewende ausgeblendet.

Dazu erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft: „Während Netzbetreiber bereits heute Zusagen für viele Gigawatt[stunden] an Speicherkapazitäten erteilt haben und bundesweit Anschlussanfragen in dreistelliger Gigawatt-Höhe vorliegen, bleibt der Bericht bei den Zahlen von gestern stehen und geht sogar realitätsfern von einem Rückbau stationärer Batteriespeicher aus.“ Körnig warf der Energiebehörde eine systematische Unterschlagung der Großspeicher vor.

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Batteriespeicher selbst keinen Strom erzeugen können. Sie speichern diesen nur zwischen. Daher können sie Kraftwerke nicht ersetzen.

Aktuell liegt die installierte Kapazität aller deutschen Batteriespeicher bei 20,7 Gigawattstunden (GWh), die der netzdienlichen Großspeicher bei nur knapp 3 GWh. Es besteht ein akuter Anschlussstau, sodass viele, die einen Batteriepark errichten wollen, teilweise zehn Jahre und länger warten müssen. Das liegt wiederum an der mangelnden Netzinfrastruktur.

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Kommt ein Kapazitätsmechanismus?

Im Bericht der Bundesnetzagentur sagte Müller: „Unser Monitoring unterstreicht die Bedeutung der von der Bundesregierung geplanten Kraftwerksstrategie. Die weiteren notwendigen Kapazitäten sollten über einen Kapazitätsmechanismus bereitgestellt werden. Außerdem ist es wichtig, dass immer mehr Stromverbraucher flexibel auf Strompreise reagieren.“

Das bedeutet: Um den zusätzlichen Bedarf an neuen Kraftwerkskapazitäten zu finanzieren, ist ein sogenannter Kapazitätsmechanismus nötig. Dies soll laut dem Bericht eine technologieneutrale Finanzierungsmethode sein.

Dazu kursierte Anfang August das Gerücht einer neuen Stromsteuer. Das Wirtschaftsministerium hat dies allerdings nicht bestätigt. Stattdessen gebe es bei den „Möglichkeiten der Finanzierung“ noch „keine Festlegungen“. Auch der aktuelle Bericht zur Versorgungssicherheit bestätigt, dass der Kapazitätsmechanismus „zurzeit von der Bundesregierung erarbeitet“ wird.

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Das Monitoring bestätigt, dass die zu transportierenden Energiemengen in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Um diesen Veränderungen gerecht zu werden, bedarf es eines weiteren raschen Netzausbaus. Die Ergebnisse zeigen auch, dass Redispatchmaßnahmen in den kommenden Jahren notwendig bleiben. Diese haben in den vergangenen Jahren immer wieder neue Rekordwerte erreicht. Auch für 2025 wird ein neuer erwartet.

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Maurice Forgeng

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Nehmen Waldbrände wirklich zu?

Laut Harald Lesch droht die „Mega-Katastrophe“, auch bei uns in Deutschland. Denn Waldbrände würden immer mehr, immer schlimmer, immer heftiger, so das gängige Bild in deutschen Leitmedien. Und Tatsache: Spanien erlebte 2025 eine außergewöhnlich heftige Waldbrandsaison. Ist das wirklich der Klimawandel, der sich da zeigt, wie in vielen Medien behauptet?

von Marco Pino Tronberend

Auch andernorts kam es in den vergangenen Jahren zu starken Waldbränden. Doch ob Kalifornien, Australien oder bei uns in Europa – überall gilt: Die Schwankungen bei Waldbränden sind enorm, zwischen waldbrandschwachen und waldbrandstarken Jahren liegt ein Vielfaches. Diesen Umstand nutzen Leitmedien aus, das Prinzip dabei: Selektive Berichterstattung. Das Rekordjahr in Kalifornien wird zur Megastory im Spiegel, das rekordschwache Jahr hingegen ist nicht mal eine Randnotiz wert.

Mit diesen und anderen Methoden entsteht medial das Bild sich stetig verschlimmernder Zustände. Ein Blick auf Zahlen, Daten und Fakten hingegen führt zu ganz anderen Eindrücken, umso mehr, wenn dabei größere, also klimarelevante Zeiträume betrachtet werden. In dieser Folge nehmen wir das Thema Waldbrände genauer unter die Lupe – und werden sehen, wie viel am Ende von der klimabedingten „Mega-Katastrophe“ des Herrn Lesch übrig bleibt…

Marco Pino’s Adlerauge Folge 2: Nehmen Waldbrände wirklich zu?

unter diesem Link: https://youtu.be/RIoDP4VG9AI




Energiewende im Realitäts-Check: Schlimmer als Russisch Roulette

Manfred Haferburg

Kennen Sie Russisch Roulette? Nein? Ist auch besser so. Das ist nämlich total irre. Man nimmt einen Colt, legt eine Patrone in die Trommel, dreht sie wild durch, setzt sich das Ding an die Schläfe und drückt ab. Wenn man Glück hat, klickt es nur. Die Energiewende ist Russisch Roulette, nicht mit einer, sondern mit sechs Patronen in der Trommel. Die sechs Patronen im Energiewendecolt heißen: Gaskraftwerks-Fata-Morgana, Wasserstoff-Delirium, Stromspeicher-Illusion, Stromverbunds-Autismus, kognitive Netzsicherheits-Dissonanz und Sektor-Kopplungs-Psychose.

Deutschland hält sich die Wumme an die Schläfe und ist dabei, abzudrücken. Grüner Ehrgeiz ist bekanntlich grenzenlos, leider auch grüne Ahnungslosigkeit. Sie planen nichts Geringeres, als die Weltrettung, sind aber nichts Besseres als Architekten von Luftschlössern. Ihre Visionen sind schön wie Feuerwerke, bunt, laut, kurz. Übrig bleibt nur Rauch und ein leeres Portemonnaie.

Es war doch alles so schön geplant. Angela Merkels Allzweckminister Peter Altmaier, CDU, seinerzeit Bundesminister für Wirtschaft und Energie und gleichzeitig die personifizierte geballte energiepolitische Inkompetenz, offenbarte die Vision am 3. Juli 2020 im Deutschen Bundestag: „Wir sind das einzige Industrieland dieser Größe, das gleichzeitig aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie und dann aus der Nutzung der Kohleverstromung aussteigt. Das sind die historischen Aufgaben und die Leistung, die wir zu vollbringen haben.“

Unter „historisch“ machen es Minister nicht, weder Grüne noch Rote noch Gelbe, und schon gar keine Schwarzen. Nur sagte der Altmaier Peter nicht, wer „uns“ diese „historische Aufgabe und Leistung“ aufgegeben hat. Ist ihm der Herr hinter einem brennenden Busch erschienen? Kam ein geflügelter Engel und reichte ihm eine Steintafel? Oder nuschelte es seine Gottkanzlerin nur in ihrem Büro, als sie die neuesten Wahlumfragen las? Wir wissen es nicht.

Die „Energiewende“ sollte die historische Aufgabe vollbringen. Sie war ein „Allparteienprojekt“, eine Missgeburt des Zeitgeistes. Baake, Trittin, Fell und Flasbarth waren die geistigen Väter. Töpfer, Altmaier, Merkel, Schröder, Habeck und andere bauten ein undurchdringliches Verhau an Gesetzen, um sie unangreifbar und unumkehrbar zu machen. Kemfert, Quaschning und der Erklärbär vom ZDF, Professor Lesch, opferten ihren wissenschaftlichen Ruf auf dem Energiewendealtar, um sie gesellschaftsfähig zu machen. Nun ist sie halt da, die Energiewende.

Die Gaskraftwerks-Fata-Morgana

Durch das Kohleverstromungsausstiegsgesetz werden bald auch die letzten Kohlekraftwerke dem Erdboden gleich gemacht. Die Kernkraftwerke sind schon weitgehend zersägt. Jetzt haben die Energiewender mitbekommen, dass die These „irgendwo ist immer Wind“ nicht stimmte. Es wird ein Back-Up-Kraftwerkspark gebraucht, sonst gehen die Lichter aus. Der Habeck hat gerufen, dass es H2-Ready-Gaskraftwerke sein müssen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, der aus überflüssigem Solar- und Windstrom erzeugt wird. Und der ganze Politchor hat in die Gesänge eingestimmt, sogar mancher Industrieboss hat mitgesummt, vielleicht wären ja ein paar fette Subventionen abzusahnen, ehe man den Standort in die USA verlegt? Derzeit sieht der Regierungsplan von Ministerin Reiche vor, dass bis 2035 H2-Ready-Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 35,5 GW errichtet werden sollen.

Was ist das eigentlich – ein H2-Ready-Gaskraftwerk? Nun, man kann eine Gasturbine mit allem Möglichen betreiben, was exotherm verbrennt. Brikett vorn reinzuwerfen, ist natürlich nicht zu empfehlen. Aber Öl, Flugbenzin, Gas und Wasserstoff ginge. Nur haben diese Stoffe recht unterschiedliche Eigenschaften, auf welche die Schaufeln der Turbine abgestimmt sind, um einen akzeptablen Wirkungsgrad zu erzielen. Um es kurz zu sagen: die H2-Ready-Gasturbinen großer Leistung (500 MW) gibt es nicht. Die müssen erst noch konstruiert werden.

Bisher gibt es ein Musterkraftwerk H2-Ready in Leipzig mit 125 MW (188 Millionen Euro Kosten, Betrieb derzeit mit Erdgas). Für 35,5 GW müssten 284 solcher Gaskraftwerke errichtet werden. Kosten rund 53 Milliarden Euro. Nimmt man 500 MW-Turbinen, dann sind es nur 71. Um die mit Erdgas 1.400 Stunden zu betreiben, muss jeden zweiten Tag ein vollbeladener LNG-Tanker der Q-Max-Klasse aus den USA mit 265.000 Kubikmetern LNG entladen werden. Es gibt derzeit 14 davon.

Es ist aber mehr als fraglich, dass die paar Hersteller solcher Turbinen, zum Beispiel Rolls-Royce-Power, Hitachi-Energy, Siemens-Energy, eventuell Alstom (derzeit 260 MW) in der Lage sind, in den nächsten Jahren diese 72 Kraftwerke zu liefern. Die stehen ja nicht mit leeren Auftragsbüchern da und warten auf die Bundesregierung. Und es gibt keine Investoren, keine Planfeststellungsverfahren, keine Standorte, noch nicht einmal Ausschreibungen. Weil diese Gaskraftwerke nur 1.400 Stunden im Jahr laufen sollen – wenn Wind und Sonne pausieren – und damit staatlich garantiert nicht wirtschaftlich sein werden – warten alle auf die Subventionen. Beinahe hätte ich es vergessen – es gibt für diese Gaskraftwerke keinen grünen Wasserstoff. Selbst das Leipziger Vorzeigeprojekt wird mit Erdgas betrieben.

Das Wasserstoff-Delirium

Die 71 nicht existierenden Gasturbinenkraftwerke sollen mit „grünem Wasserstoff“ angetrieben werden, der auch nicht existiert. Dieser soll von Elektrolyseuren – die es nicht gibt – aus überschüssigem Strom von Wind und Sonne grünen Wasserstoff erzeugen und in ein Netz einspeisen – das es nicht gibt. Alternativ soll der grüne Wasserstoff, über Schiffe – die es nicht gibt – aus Lieferländern herbeigeschafft werden – die es ebenfalls nicht gibt. (Frei nach Gabor Steingart)

Eine seiner letzten Großtaten unseres genialen Wirtschaftsministers Robert Habeck war das Update zur Nationalen Wasserstoffstrategie. Er nannte es bescheiden „Turbo für die H2-Wirtschaft“. Doppelwumms hätte in puncto Wasserstoff vielleicht falsche Assoziationen erzeugt. Bis 2030 will die Bundesregierung zehn Gigawatt Elektrolysekapazität aufbauen.

„Die Wasserstoffstrategie soll Klimabilanz von Industrie und Verkehr erheblich verbessern, das heißt ganze Industriezweige müssen grundsätzlich umgebaut werden, zum Beispiel Stahl- und die Chemieindustrie und den gesamten Verkehrssektor.“ Der Robert wollte mal eben die gesamte Wirtschaft grundsätzlich umbauen. Diese psychische Erkrankung heißt außerhalb der Regierung „Megalomanie“. Minister glauben oft, sie seien zu Großem berufen, hätten eine besondere Mission oder seien außergewöhnlich talentiert, naja. Da dem Robert jemand erklärte, dass dafür die Fläche Deutschlands nicht ausreiche, kam er auf die geniale Idee, den Wasserstoff aus Afrika zu nehmen.

Was die Mutigen sich dann nicht trauten ihm zu sagen: Wird der Ferntransport per Schiff entweder in Form von Flüssigwasserstoff oder Ammoniak berücksichtigt, ergeben sich unter bestmöglichen Bedingungen Bereitstellungskosten für Deutschland von 171 Euro pro Megawattstunde (normal wäre ~60 €/GWh). Er antwortete trotzdem „Ist ja nur Geld“ und verabredete sich mit Northvolt zum Dinner.

Die Stromspeicher-Illusion

Die Märchenfee der Energiewende, Frau Professorin Dr. Claudia Kemfert, sagte in einem Fernsehinterview: „Deutschland hat Speicher noch und nöcher.“ Deutschlands Speicher „noch und nöcher“ reichen alle zusammen für weniger als eine Stunde Blackout. Batteriespeicher und andere „Wunderwaffen“ zählen gar nicht. Es gibt 32 Pumpspeicherwerke, benötigt würden für eine zweiwöchige Dunkelflaute etwa 6.500 Pumpspeicherwerke (laut Prof. Sinn). Die Norweger brauchen ihre Speicher selber und haben den Bau einer weiteren Stromtrasse nach Deutschland gestoppt, genauso wie die Schweden.

Ein berühmter Staatssekretär, Mitglied eines berühmten Energiewendeclans aus dem Wirtschaftsministerium Habeck, hingegen wusste, dass 15 Millionen E-Autos, die es ja bis 2030 auf deutschen Straßen geben würde, als Speicher fungieren würden. Sozusagen auf „noch und nöcher“ obendrauf. Bidirektionales Laden heißt das in der Energiewendersprache.

Es ist mit der Speicherillusion wie mit dem Wasserstroff-Delirium – es gibt 2030 weder 15 Millionen E-Autos noch 15 Millionen bidirektionale Ladestellen. Das geben die circa eine Million Kilometer Niederspannungsnetz gar nicht her. Die müssten erst querschnittsmäßig ertüchtigt werden. Neulich fragte mich ein Freund: „Was rauchen die da im Wirtschaftsministerium?“

Der Stromverbunds-Autismus

Der ehemalige geniale Wirtschaftsminister Habeck hat auch das schöne Wort „Strommangellage“ aus dem tiefen Brunnen seiner Weisheit geschöpft. Das Wort bedeutet: Wenn nach der Durchführung des „Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes“ (das heißt wirklich so) bei trüber Flaute die Lichter ausgehen, wenn die „Speicher noch und nöcher“ zufällig gerade leer sind und der Wasserstoff gerade deliriert, dann helfen die umliegenden Länder über die Strommangellage hinweg und liefern Strom.

Deutschland kann über seine Grenzkuppelstellen – also die Verbindungsleitungen zu den Stromnetzen der Nachbarländer – theoretisch bis zu etwa 20 bis 25 Gigawatt (GW) Strom importieren. Diese Zahl variiert je nach Netzsituation, Jahreszeit und technischer Verfügbarkeit der Leitungen. Es könnte allerdings passieren, dass die Nachbarn manchmal etwas unfroh reagieren, weil sie gerade selbst eine kleine Strommangellage haben und sie nicht gefragt wurden, als Deutschland seine 17 Kernkraftwerke verschrottete und dafür Unmengen von Windrädern und Sonnenkollektoren baute, deren Volatilität die Strompreise der Nachbarn ins Wanken bringen.

Der norwegische Energieminister Terje Aasland sagte im Dezember 2024 deutliche Worte zur Stromkrise, die durch massive deutsche Importe ausgelöst wurde. Als Deutschland während einer Dunkelflaute große Mengen Strom aus Norwegen bezog und dadurch die Preise in Norwegen explodierten, sagte Aasland: „Es ist eine absolute Scheißsituation.“ Die schwedische Energieministerin Ebba Busch sagte dazu: „Das Energiesystem Deutschlands ist nicht in Ordnung.“ „Ich bin sauer auf die Deutschen.“ „Es ist schwer für eine industrielle Wirtschaft, sich für ihren Wohlstand auf das Wohlwollen der Wettergötter zu verlassen.“ Beide Länder stoppten daraufhin den Stromtrassen-Ausbau nach Deutschland.

Die kognitive Netzsicherheits-Dissonanz

Die Bundesnetzagentur wird nicht müde, der Öffentlichkeit zu versichern, dass die „Netzsicherheit“ jederzeit gewährleistet ist. Kein Wunder – deren Chef heißt Müller und ist ein Grüner. Und der will weiter Kraftwerke abschalten und durch Erneuerbare ersetzen. Da passt es gar nicht ins grüne Weltbhild, dass der Bundesrechnungshof, die Versicherer, große Energieversorger, die Netzbetreiber und nahezu alle Fachleute – außer den Professoren Kemfert, Quaschning und Lesch – davor warnen, das Netz sei „am Limit“.

Müller steht nun zwischen den Windrädern der Energiewende und den Relais der Netzstabilität. Einerseits will er unbedingt den Umbau zur klimaneutralen Energieversorgung vorantreiben, andererseits warnt er davor, dass ohne Netzmodernisierung die schöne neue Solarwelt in einem Frequenzchaos enden könnte.

Dass mit dem deutschen Stromnetz nichts mehr stimmt, zeigt die Zahl der notwendigen Eingriffe zur Netzstabilisierung durch die Netzbetreiber, die von kleiner fünf (5) pro Jahr im Jahr 2005 auf heute über 30.000 pro Jahr angewachsen ist. Das Netz wird durch Dunkelflauten, Hellbrisen und die ständige Abnahme der rotierenden Massen gefährdet. Der Blackout in Spanien und Portugal am 28. April diesen Jahres war kein Blackout aus Erzeugungsmangel, sondern einer aus Überforderung durch Komplexität. Es war keine Cyberattacke, keine Versorgungslücke – sondern mangelhafte Spannungsregelung und fehlende netzbildende rotierende Invertermasse von Großkraftwerken. Wann sagt mal einer dem Herrn Müller und der Bundesnetzagentur, dass Solarpaneele keine rotierende Masse haben?

Die Sektor-Kopplungs-Psychose

Das grüne Weltrettungsziel ist, dass ab 2045 in Deutschland nur noch Öko-Strom als Energieträger in eine „All electric society“ führt. Sektor-Kopplung ist das Zauberwort der Energiewende – oder, je nach Perspektive, der Versuch, ein Stromkabel durch alle Lebensbereiche zu ziehen. Technisch gesprochen, bezeichnet sie die systematische Verbindung der Energiesektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie, um erneuerbare Energien möglichst breit und effizient einzusetzen. Die Sektor-Kopplungs-Psychose ist die Vereinigung aller Energiewende-Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Realitätsverluste zu einer tiefgreifende Störung der Wahrnehmung, des Denkens und der Realitätsverarbeitung der Energiewender.

Heute sind wir mit ~600 TWh Stromverbrauch, davon 300 TWh aus Erneuerbaren, eine ganze Galaxie weit entfernt von der „all electric society“, weil der Stromverbrauch ja nur ein Viertel des Gesamtenergieverbrauches darstellt. Bis 2045 werden benötigt: 300 TWh für die noch fehlende Arbeit des heutigen Stromverbrauchs; 700 TWh für Verkehr (synthethische Kraftstoffe); 1.300 TWh für Wärme (Industrie und Haushalte) und 200 TWh für Speicherverluste. Das heißt – es werden bis 2045 statt heute 600 TWh ganze 2.500 TWh aus Wind/Sonne/Biomasse benötigt.

Erforderlich würde also die Verzehnfachung des heute erzeugten Stroms durch Wind und Sonne bis 2045. Dies würde bedeuten, dass statt heute 33.000 Windräder 2045 etwa 300.000 Windräder benötigt werden und statt heute 3,5 Millionen Solarpaneele im Jahre 2045 etwa 300 Millionen Solarpaneele benötigt werden.

Deutschland hätte dann die Ästhetik eines Blade-Runner-Bauernhofs mit einem Windrad pro Quadratkilometer vom Schwarzwald bis Nordfriesland und mit 300 km² Modulfläche. Alles wird blauschimmernd – Dächer, Fassaden, Autobahnränder, Kuhställe. So ein System wird unsteuerbar, wie eine Horde Teenager auf Koffein. Batterien, Wasserstoff, Pumpspeicher, Netz – alles müsste mitwachsen. Abermillionen Wärmepumpen müssten surren. Die Kosten würden sich geschätzt auf 10 Billionen Euro ausdehnen. Die Energiewende in dieser Größenordnung wäre kein Infrastrukturprojekt – sie wäre eine Zivilisationsleistung  – ein unbezahlbares technoökologisches Experiment auf nationaler Ebene.

Operation misslungen, Patient in der Geschlossenen

Die Energiewende ist ein grünlackierter Geldschaufelbagger, der bei den kleinen Leuten im Garten die Ersparnisse ausbuddelt und auf die großen Geldhaufen der Wohlhabenden häuft. Leider baggert er nur Geld nach oben, alles andere an der Energiewende funktioniert nicht – weder die CO2-Einsparung noch die Unabhängigkeit von seltsamen Ländern und Diktatoren.

Deutschland emittiert heute achtmal so viel Kohlendioxid pro hergestellter Kilowattstunde wie sein Nachbarland Frankreich. Sonne und Wind schickten tatsächlich keine Rechnung, aber die Integration in das bestehende Energiesystem kostet Billionen. Stromsperren und Blackout drohen am Horizont, die Industrie flüchtet und die Leute verarmen. Die Energiewender haben sich im eigenen Wirrwarr von undurchdachten Rettungsversuchen ihres scheiternden Projektes aussichtslos verheddert. Das Dumme ist nur, dass sie alle ihre Hirngespinste ausprobieren, und wir müssen es bezahlen.

Die Absurdität und institutionalisierte Realitätsferne, die Vielzahl von unkoordinierten Maßnahmen, politischen Wunschvorstellungen und technisch fragwürdigen Annahmen, die im Rahmen der Energiewende getroffen wurden, fasst Prof. Harald Schwarz, ein Experte für Energietechnik an der BTU Cottbus-Senftenberg zusammen: „Baut ein Dach drüber, dann ist es eine geschlossene Anstalt.“

Zum Thema kürzlich von Manfred Haferburg und Klaus Humpich erschienen:

Atomenergie – jetzt aber richtig

Das Nachwort stammt von dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld. Sie können das Buch hier in unserem Shop bestellen.

Manfred Haferburg wurde 1948 im ostdeutschen Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Aber im Dunkeln leuchten kann er immer noch nicht. Als die ehemalige SED als Die Linke in den Bundestag einzog, beging er Bundesrepublikflucht und leckt sich seither im Pariser Exil die Wunden. In seiner Freizeit arbeitet er sich an einer hundertjährigen holländischen Tjalk ab, mit der er auch manchmal segelt. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier

 




Neues von der Bundesnetzagentur, die Gas-Kathi und eine schwierige Zukunft

Energiewendeskeptiker wurden bisher als Pessimisten, Ewiggestrige und wahlweise als Atom- oder Kohlefuzzis beschimpft. Nun zeigt sich: Sie waren bisher zu optimistisch. Eine Behörde sagt offiziell mit Zahlen, wovor viele andere schon warnten. Mit Licht und bewegter Luft lässt sich kein Staat machen.

Von Frank Hennig

Der aktuelle Bericht der Bundesnetzagentur (BNA) zur „Versorgungssicherheit Strom“ vom 3. September dürfte in der Branche und der Wirtschaft für Stirnrunzeln sorgen, bei den alternativlosen Energiewendern für Protest. In der Perspektive kommen auf Land und Leute schwierige Verhältnisse zu. Vorausgesetzt, die BNA liegt in ihrem Zahlenwerk halbwegs richtig, wovon zunächst bis zum Beweis des Gegenteils wohl auszugehen ist. Es bestehe bis 2035 ein Bedarf an regelbaren Kraftwerken von bis zu 35,5 Gigawatt (GW). Geht man von einer durchschnittlichen Anlagengröße von 500 Megawatt (MW) aus, wären das 71 Blöcke.

Noch vor zwei Jahren ging man von einer 21-GW-Lücke aus, worauf die heutige Kalkulation von Ministerin Reiche für die Ausschreibung von Gaskraftwerken beruht. Dafür wird sie in üblicher unflätiger Art von den Grünen als „Gas-Kathi“ tituliert. Kein Wort mehr dazu, dass ihr Vorgänger Robert Habeck, dem zu folgen sich Staat und Bevölkerung als unwürdig erwiesen hatten, bereits den Entwurf eines Ersatzkraftwerkegesetzes schreiben ließ und auch er eine ähnliche Ausschreibung organisiert hätte. Grünlinke hoffen auf Medienkonsumenten, die vergesslich wie Scholz, leichtgläubig wie FfF-Demonstranten und einfältig wie manche Grünenpolitikerinnen sind. Katherina Reiche setzt nur mit leichten Änderungen fort, was Habeck nicht mehr auf die Reihe bekam wegen falscher Prioritätensetzung und Ampelzoff. Nicht einmal den Zwischenbericht zum Kohleausstieg, im Gesetz verbindlich terminiert für den August 2022, ließ er erstellen. Der Verdacht liegt nahe, dass im Bericht kein erfolgreicher Verlauf des Kohleausstiegs hätte testiert werden können. Der Rückruf von Kohlekraftwerken aus der so genannten Sicherheitsbereitschaft und über das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) zeigten jedenfalls keinen wunschgemäßen Verlauf, also ließ man das Monitoring einfach weg.

Die grüngeführte BNA macht nur Zahlen, das ist Aufgabe dieser Behörde. Sie trifft keine Entscheidungen. Man kann ihr vorwerfen, dass die Zahlen im vorangegangenen Bericht nicht zutreffend waren, aber sie legt sich im Bericht nicht einmal auf eine Technologie fest und spricht nur von nötiger „steuerbarer Kraftwerksleistung“.

Im Unterschied zu früheren Annahmen fallen die möglichen Lastflexibilitäten geringer aus, weniger Wallboxen und weniger Elektrolyseure könnten auf der Verbraucherseite helfen. Für ein „Vehicle to Grid“ (V2G) fehlt immer noch der gesetzliche Rahmen, Wasserstoffprojekte segnen in größerer Zahl das Zeitliche. Der Begriff „Wasserstoff“ kommt im Bericht ganze zweimal vor.

Vision und Wirklichkeit

Wie realistisch ist der Bau einer großen Anzahl an Gaskraftwerken bis 2035? Zunächst baut niemand diese Anlagen am freien Markt, sie müssen gefördert werden über Baukostenzuschüsse und/oder vergünstigte Gaspreise und eine Vergütung für Stillstands-, d.h. Reservezeiten muss geregelt werden, vermutlich über einen Kapazitätsmarkt. Nur so können sie die Funktion der Netzfeuerwehr erfüllen. Aus Sicht der EU-Kommission sind allerdings Staatshilfen für fossile Kraftwerke verboten. Wie hier eine Zustimmung erreicht werden kann, ist eine offene Frage.

Dafür will aber eine Mehrheit der EU-Länder die Kernkraft den „Erneuerbaren“ gleichstellen und staatliche Förderungen zulassen. Selbst Länder ohne Kernkraftwerke wie Dänemark und Italien unterstützen dieses Vorhaben gegen den erbitterten Widerstand – natürlich – Deutschlands.

Zu den Kosten und den Gasbedarf dieser künftigen Gaskraftwerke äußert sich die BNA nicht. Sie sind schwer bezifferbar, auf jeden Fall aber gigantisch, wie auch die daraus folgenden Strompreise.

Bis 2035 bleiben zehn Jahre für den quasi parallelen Bau von vielleicht 70 Gaskraftwerken. In einem Land, das für einen Flughafen 14 Jahre braucht, ebenso lange für ein Schiffshebewerk, vermutlich 15 Jahre für den Umbau eines Hauptbahnhofs und selbst zweieinhalb Jahre für die grundhafte Sanierung von 1,1 Kilometern vierspuriger Straße (in Cottbus), geht sogar der Begriff „ambitioniert“ fehl. Eher distanzieren sich die Linken von Marx, als dies Realität werden könnte.

Die Dekarbonisierung des Landes bis 2045 steht fest verankert und unverrückbar als Ziel und muss, glaubt man den selbst ernannten Klimaschützern, um jeden Preis erreicht werden, weil andernfalls am 1. Januar 2046 die Apokalypse über uns hereinbricht. Auch hier ein Blick zurück: Wir haben 25 Jahre gebraucht, um beim Primärenergiebedarf einen 20-prozentigen „Erneuerbaren“-Anteil zu erreichen. In den nächsten 20 Jahren soll der Sprung von 20 auf 100 Prozent gelingen. Die bis 2035 nötigen neuen –zig Gaskraftwerke sollen dann nach nur zehn Jahren Laufzeit entweder wieder stillgelegt oder mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Wie realistisch ist das? Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Das gelingt aus einer innen verspiegelten Berliner Blase nicht.

Die Deutschen beherrschen den Luftraum des Traums, aber eine Option bleibt noch: Die Verlängerung der Laufzeiten von Steinkohle-Kraftwerken. Der Elefant, der dabei im Raum und im Weg steht, heißt Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG). Kanzler Merz wollte lapidar nichts mehr ohne Ersatz abschalten, konkreter wurde er nicht. Rotgrün wird den Kohleausstieg mit allen Mitteln verteidigen, er ist Kern ihrer Klimaschutzideologie. Notfalls werden staatlich finanzierte Vorfeldorganisationen mit der Gewalt der Straße nachhelfen. Ein „Herbst des Klimawiderstands“ ist von den Grünen schon angekündigt. Der Kanzler muss mitspielen, will er an der Macht bleiben.

Komplettversagen

Bisher galt die Vorhersage, dass die „Erneuerbaren“ die Aufgabe der Kohle- und Kernkraftwerke übernehmen würden. Das war zwar grundnaiv, aber Basis rotgrüner Politik.

„Der Anteil der Atomenergie kann und wird problemlos durch erneuerbare Energien ersetzt werden“,

sagte Frau Professor Kemfert (DIW) dem Magazin der Hans-Böckler-Stiftung im Jahr 2012. Offenbar ist dies nicht eingetreten. Dass ihre Aussagen sehr relativ sind, sollte inzwischen der Öffentlichkeit bekannt sein. Die Spezialistin für alles verortete kürzlich Pinguine am Nordpol.

Das Aufkommen der natürlichen Zufallsenergie, mit dem unser Land künftig versorgt werden soll und das man als Zahlenwerte durchschnittlicher Produktion permanent feiert, lässt sich kaum noch schönschreiben. Nach dem windärmsten ersten Quartal 2025 seit 50 Jahren wird offensichtlich, dass ein noch so starker Zubau an „Erneuerbaren“-Anlagen keine Versorgungssicherheit herstellen kann. Bisher sind gigantische Wind- und Sonnenstromkapazitäten errichtet – insgesamt über 184 Gigawatt, gut das Dreifache des durchschnittlichen Strombedarfs im Netz. Während nach unten die Nulllinie touchiert wird (1,11 Prozent Einspeisung im August 2025) wird auch nach oben die theoretisch mögliche Leistung nie erreicht, im gleichen Monat waren es nur 30,5 Prozent.

Aug 2025 Load D Wind Solar Wind + Solar Proz. der Nennleist.
inst. Nennleistung   75.021MW 109.255MW 184.276MW  
Max 65.090MW 33.154MW 52.132MW 56.137MW 30,46%
Mittelwert 48.747MW 10.009MW 13.360MW 23.369MW 12,68%
Min 34.290MW 923MW 0MW 2.045MW 1,11%
Summe Monat 36.268GWh 7.446GWh 9.940GWh 17.386GWh 12,68%

Quelle: Rolf Schuster, Vernunftkraft

Die EEG-Förderung, in 2024 etwa 18,5 Milliarden Euro, geht ungebremst weiter. Anstelle die „Erneuerbaren“ an den Markt heranzuführen, stehen sie weiter im Streichelzoo. Altguthaben wie der Einspeisevorrang, selbst bei negativen Börsenpreisen, finanzielle EEG-Förderung und die Vergütung von Phantomstrom (der auf Grund der Netzsituation nicht produziert werden kann) hätten schon längst abgeschafft werden müssen, damit sich die Branche auf bedarfsgerechte und damit marktgerechte Produktion einstellt.

Mit dem Bericht der BNA treten die Realitäten wieder ein Stück die marode Tür der Energiewendfantasien ein. Wir laufen Energiemangelzeiten entgegen, das wird neben dem Strom auch die Wärme betreffen, denn große Teile der Kraft-Wärme-Kopplung gehen mit der Abschaltung der Kohlekraftwerke verloren.

In über hundert Jahren war es gelungen, trotz Kriegen und Krisen in Deutschland ein sicheres, preiswertes und umweltverträgliches Energiesystem aufzubauen. In wenigen Jahrzehnten wird es zerstört.

Seneca sagte es so:

„Das Wachstum schreitet langsam voran, während der Weg zum Ruin schnell verläuft.“

In zwei Jahren wird es den nächsten Bericht der BNA geben. Bis dahin werden weitere staatsplanerische Ziele nicht erreicht sein.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

 




Offshore-Windkraft: Eine Branche im Niedergang

Geplatzte Auktionen, verschobene Baustarts, gestoppte Investitionen: Von der Windenergie auf dem Meer gibt es derzeit fast nur schlechte Meldungen. Es besteht kaum Hoffnung, dass sich daran viel ändert. Ohne Offshore-Windkraft aber steht die Energiewende vor dem Aus.

Von Peter Panther

Die Pläne Europa, was den Ausbau der Offshore-Windkraft angeht, sind atemberaubend. Bis 2030 soll alleine in der Nordsee eine Nennleistung von 120 Gigawatt installiert sein. Bis 2050 sollen es sogar 300 Gigawatt sein, das entspricht der Leistung von 300 grossen Atomkraftwerken. Heute sind allerdings erst 30 Gigawatt aufgestellt. Deutschland will dabei die Windkraft in seinen Gewässern bis 2030 auf 30 Gigawatt und bis 2045 auf 70 Gigawatt ausbauen. Verglichen mit den heute vorhandenen 9,2 Gigawatt klafft eine riesige Lücke.

Die hochtrabenden Pläne kommen nicht von ungefähr: Offshore-Windkraft ist für das Gelingen der sogenannten Energiewende existenziell. Anlagen auf dem Meer liefern im Vergleich zu ihren Pendants an Land wenigstens einigermassen zuverlässig Strom. Für die Versorgung im Winter, wenn die Photovoltaik weitgehend ausfällt, ist sie unentbehrlich. Zudem lassen sich Offshore-Windparks mangels Anwohner leichter verwirklichen: Opposition dagegen gibt es meist nur wenig. Ohne Windenergie auf dem Meer ist die Umstellung der Stromversorgung auf sogenannt erneuerbare Quellen schlicht unmöglich.

Doch wer die Schlagzeilen der letzten ein bis zwei Jahre verfolgt hat, merkt: Da läuft gerade ziemlich viel schief mit der Offshore-Windkraft. Das jüngste Beispiel ist die gescheiterte Auktion für zwei Windpark-Gebiete in der Nordsee Anfang August: Es ging erstmals in der Geschichte Deutschlands kein einziges Angebot von Investoren ein.

Kenner der Branche sind nicht überrascht

Bereits im Juni diesen Jahres war eine deutsche Ausschreibung beinahe gescheitert: Es meldeten sich gerade einmal zwei Bieter. Karina Würtz, Chefin der Stiftung Offshore-Windenergie, warnte damals vor einem Scheitern der deutschen Ausbauziele. Sie blickte wohl auch auf Dänemark. Denn dort war bereits im Dezember 2024 eine Auktion ergebnislos verlaufen. Es handelte sich mit rund drei Gigawatt um die bislang grösste Offshore-Ausschreibung in der Geschichte des Landes. Doch niemand wollte in Dänemark mehr investieren.

Kenner der Branche sind alles andere als überrascht über das mangelnde Interesse. Denn in den letzten ein bis zwei Jahren sind die Kosten für den Bau und Betrieb von Windrädern auf dem Meer um bis zu 60 Prozent gestiegen. Zum einen sind dafür hohe Zinsen verantwortlich, zum anderen verteuerte Rohmaterialien wie Stahl und Kupfer sowie stark gestiegene Arbeitskosten.

Um angesichts dieser Kostenexplosion noch gewinnbringend Offshore-Windparks bauen zu können, müssten die Staaten fette Subventionen in Aussicht stellen. Einige Jahre lang war das anders, da konnten Windparks auf dem Meer auch ohne öffentliche Beihilfen realisiert werden. Doch die goldenen Zeiten, die für eine relativ kurze Zeit herrschten, sind vorüber. Aber bei vielen Ausschreibungen sind die neuesten Entwicklungen noch nicht berücksichtigt – mit dem Resultat, dass die Bedingungen so unattraktiv sind, dass kaum mehr ein Investor ein Angebot macht.

Schlechte Meldungen aus Grossbritannien, Belgien, Niederlande, etc.

Es ist gut möglich, dass die staatlichen Regulatoren bald nachziehen, die Bedingungen ihrer Auktionen anpassen und die notwendigen Subventionen in Aussicht stellen. Dass sich damit aber die tiefe Krise, in der die Offshore-Windbranche steckt, überwinden lässt, ist zu bezweifeln. Denn auch sonst trafen in letzter Zeit fast nur schlechte Nachrichten aus diesem Energiebereich ein.

Bereits im Sommer 2023 stoppte der schwedische Energiekonzern Vattenfall die Planung des Windparks Norfolk Boreas vor der Küste Englands. Im letzten Mai stellte der Windkraft-Erbauer Ørsted auch die Entwicklung des riesigen Windparks Hornsea 4 (2,4 Gigawatt) in Grossbritannien vorläufig ein.

In den Niederlanden wurde im November das Ausschreibungsverfahren für den Windpark Nederwiek IB (als Teil eines grösseren Projekts) zurückgestellt. In Belgien kostet die Fertigstellung des Windpark-Projekts «Princess Elisabeth» statt 2,2 nun sieben Milliarden Euro. Entsprechend wurden die Arbeiten im Januar 2025 gestoppt. Man rechnet nun damit, dass sich die Inbetriebnahme um mindestens drei Jahre verzögert. Auch in Frankreich, das nur vergleichsweise bescheidene Offshore-Pläne hat, hapert es: Im letzten Juli gab der französische Energiekonzern EDF bekannt, dass der Windpark Calvados im Rahmen des Normandie-Projekts erst 2027 statt schon dieses Jahr ans Netz geht.

Vor allem in Deutschland gibt es neben den erwähnten Kostensteigerungen eine Reihe weiterer ungünstiger Entwicklung, die das Geschäft mit der Offshore-Windenergie vermiesen: Zum einen sind bei Fertigstellung der Windräder die Netzanschlüsse oftmals nicht bereit. So kann etwa der Windpark Borkum Riffgrund 3 deswegen erst im ersten Quartal 2026 statt wie beabsichtigt schon Ende 2025 Strom liefern.

«Windklau» als zusätzliches Problem

Zum anderen kannibalisiert sich die Energiewende selber: Weil es wegen den Millionen von Photovoltaik-Anlagen und Zehntausenden von Windrädern immer häufiger Phasen mit negativen Strompreisen am Markt gibt, können sich Betreiber zusätzlicher Windanlagen auf dem Meer nicht sicher sein, ob sie mit ihrer Elektrizität auch kostendeckende Erlöse erzielen können.

Dazu kommt ein Problem, dass sich insbesondere in der Nordsee immer häufiger zeigt: Viele Anlagen stehen viel zu dicht beieinander, sodass sie sich gegenseitig den Wind wegnehmen. Entsprechend müssen die Betreiber von Windparks ihre Ertragserwartungen gegen unten korrigieren. Eben erst machte deswegen ein Streit Schlagzeilen: Die Niederlande werfen Belgien vor, mit ihren Anlagen in der Nordsee «Winddiebstahl» zu begehen und den eigenen Rädern den Wind wegzunehmen.

Aus ganz anderen Gründen ist auch die schwedische Offshore-Windkraft in grossen Problemen: Im letzten November hat die Regierung des Landes 13 von 14 geplanten Projekten in der Ostsee gestoppt. Die schwedische Armee hatte beanstandet, dass Offshore-Windanlagen die Überwachung mittels Radar und Unterwassersensoren stören könne – was die Regierung mit Blick auf mögliche militärische Konflikte mit Russland als nicht hinnehmbar erachtete.

Die erwähnten schlechten Meldungen sind wohlverstanden keine Einzelfälle. Denn die offizielle Statistik spricht eine klare Sprache: Während 2023 EU-weit noch drei Gigawatt an neuer Offshore-Windkraftleistung installiert worden waren, kam man 2024 mit 1,4 Gigawatt gerade noch auf knapp die Hälfte.

Weiterer Sargnagel für die deutsche Energiepolitik

Alles spricht dafür, dass die zeitweilig schönen Zeiten in der Offshore-Windbranche vorüber sind. Denn die Margen in diesem Geschäft fallen immer tiefer. Windräder auf dem Meer zu bauen, war schon immer ein Nischengeschäft. Jetzt wird diese Nische noch enger. Damit wird auch klar, dass die hochtrabenden europäischen Pläne wohl Makulatur sind. Die gigantischen Ausbauziele entsprangen Fantasievorstellungen.

Während Fachleute den britischen Planern noch ausreichend Realitätssinn zugestehen, sehen sie insbesondere für Deutschland schwarz: Denn hier orientiert man sich in Sachen Stromversorgung schon seit längerem nicht mehr an physikalischen und ökonomischen Fakten. Die Schwierigkeiten der Offshore-Branche sind nur ein weiterer Sargnagel für die deutsche Energiepolitik.