Ist die Klimapolitik mit sozialer Marktwirtschaft vereinbar?

Edgar L. Gärtner

Wie die gefährlichen Verkehrsblockaden durch Aktivisten der „Letzten Generation“ und deren moralische Unterstützung durch das Habeck-Ministerium der von den Grünen dominierte Berliner Ampel-Regierung, die christlichen Kirchen und politisierte Großkonzerne demonstrieren, ist die politische Auseinandersetzung um die finanzielle Förderung von Wind- und Solarstrom und die Verlängerung der Laufzeit der letzten in Deutschland noch betriebenen Kernkraftwerke längst zu einem Glaubenskampf geworden, in dem Sach-Argumente kaum mehr zählen. Es geht in der Auseinandersetzung mit den „grünen Khmer“ um Leben oder Tod. Wie könnte man da eine dauerhafte und letztlich zerstörerische Spaltung der Gesellschaft noch verhindern?

Nils Goldschmidt und Arnd Küppers sehen hier in einem kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen hinter einer Bezahl-Schranke veröffentlichten Aufsatz Parallelen zu den Konflikten, die die Weimarer Republik zerrissen und Hitler an die Macht gebracht haben. Diese Konflikte wurden im Westen erst nach der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands zeitweilig überwunden – und zwar durch die Idee der „Sozialen Marktwirtschaft“, die der protestantische Ökonom Alfred Müller-Armack erstmals in seinem 1947 erschienenen Buch „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“ entwickelte. Müller-Armack war einer der engsten Berater Ludwig Erhards, der 1948 im Zuge der Währungsreform mit seinem mutigen Schritt der Abschaffung von Preiskontrollen und Rationierung den Weg zum westdeutschen „Wirtschaftswunder“ freimachte.

Ökonomie der Versöhnung

Müller-Armack schrieb sein wegweisendes Buch im katholischen Kloster Vreden in der Nähe der niederländischen Grenze. Dorthin war seine Forschungsstelle an der Universität Münster während des Krieges ausgelagert worden. Wie dem ebenfalls protestantischen Ludwig Erhard ging es Müller-Armack nicht vordergründig um eine ökonomische Wachstumsstrategie, sondern um ein gesellschaftliches Reformprojekt, das Aufbrechen der Kartellierung bzw. „Vermachtung“ der Wirtschaft durch die Stärkung des Wettbewerbs auf dem freien Markt. Das „Wirtschaftswunder“ war nicht primäres Ziel, sondern willkommene Nebenwirkung der von ihm angeregten ethischen Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Durch das Anfügen des Attributs „Sozial“ zur Marktwirtschaft, so Goldschmidt und Küppers, wollte Müller-Armack signalisieren, dass er die Renaissance der Marktwirtschaft als „Ökonomie der Versöhnung“ verstand, das die Grabenkämpfe, die zur Zerstörung der Weimarer Republik geführt hatten, überwinden sollte. Er bezeichnete das Schlagwort „Soziale Marktwirtschaft“ selbst als „irenische Formel“, als Friedensformel zur Überwindung des Ressentiments zwischen „arm“ und „reich“. Ludwig Erhard hingegen wies wiederholt darauf hin, dass die Marktwirtschaft gar nicht des Attributs „sozial“ bedurfte, da sie an und für sich sozial sei. „Der Markt ist der einzig gerechte demokratische Richter, den es überhaupt in der modernen Wirtschaft gibt“, betonte er im Jahre 1950 im deutschen Bundestag.

Allerdings stieß Erhard von Anfang an auf Widerstand – nicht nur bei den sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaften, sondern auch im eigenen politischen Lager. Im Jahre 1957 setzte Bundeskanzler Konrad Adenauer gegen den Widerstand seines Wirtschaftsministers Erhard, um der Altersarmut kurzfristig abzuhelfen, die Rentenreform in Form des längerfristig nicht durchhaltbaren Umlageverfahrens durch. Immerhin ging die hinter der „irenischen Formel“ stehende Wette bis weit in die 1960er Jahre auf: Der erwünschte soziale Friede stellte sich ein und ermöglichte ein im Vergleich zu unseren westeuropäischen Nachbarländern beeindruckendes Wirtschaftswachstum. Schon 1950 überschritt das Realeinkommen der Durchschnittsdeutschen das Vorkriegsniveau und ab 1960 herrschte in Deutschland offiziell Vollbeschäftigung. Doch wenn es den Menschen zu gut geht, werden sie leichtsinnig und übermütig. Die Studentenrevolte von 1968 und ihr „Marsch durch die Institutionen“ in den folgenden Jahrzehnten setzte alle ökonomischen und sozialen Errungenschaften der ersten Nachkriegs-Jahrzehnte wieder aufs Spiel. Immer öfter wurden Rufe nach staatlicher Lenkungswirtschaft (oft verbrämt durch anarchistische Parolen) laut. Heute sind vom Friedenswerk Müller-Armacks nur noch ferne Erinnerungen übrig. Längst geht es im Konflikt um den „Klimaschutz“ um Leben und Tod der Demokratie und des sozialen Friedens.

In dieser Situation schlagen Goldschmidt und Küppers eine „irenische Zusammenführung“ verschiedener Gruppen und Parteien zu einer „praktischen Weltaufgabe“ vor. Statt um den Wiederaufbau Deutschlands und Europas nach den Flächenbombardements der Alliierten im Zweiten Weltkrieg gehe es nun um die „Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft hin zur Klimaneutralität“. Denn es stehe außer Frage, dass das die „größte Aufgabe unserer Epoche“ ist. Als studierter Ökologe frage ich mich da unwillkürlich, wie die beiden Autoren zu dieser Einschätzung gelangt sind. Vermutlich akzeptieren sie unhinterfragt das Dogma eines linearen Zusammenhangs zwischen der atmosphärischen CO2-Konzentration und der Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur. Bis jetzt ist dieser Zusammenhang aber rein hypothetisch und wird wahrscheinlich nie schlüssig bewiesen werden können. Dafür sind das Wettergeschehen und die mittelfristige Entwicklung des Klimas im regionalen und globalen Maßstab viel zu komplex, weil da eine unüberschaubare Zahl natürlicher und gesellschaftlicher Ursachen zusammenwirkt. Darf man aus einer unzureichend begründeten Vermutung quantifizierte politische Vorgaben wie das Kioto-Protokoll von 1997 und das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ableiten? Und verdient das Ergebnis der hoheitlichen Zuteilung handelbarer „Treibhausgasemissionslizenzen“ (Zertifikate) und deren politische Rationierung noch die Bezeichnung „Soziale oder Ökologische Marktwirtschaft“? Goldschmidt und Küppers bejahen diese Fragen implizit.

Ich selbst habe schon vor 20 Jahren in meinem Beitrag im einschlägigen „Handbuch Nachhaltige Entwicklung“ (2003) ebenfalls ausgehend vom oben zitierten Buch Alfred Müller-Armacks zu begründen versucht, warum ich diese Fragen verneinen muss. Außer auf Müller-Armack habe ich mich dort aber auch auf den Abschlussbericht der Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundestages „Schutz des Menschen und der Umwelt“ (1998) sowie auf Arbeiten des französischen Wissenschaftsforschers Bruno Latour berufen. Ich habe damals hergeleitet, dass Müller-Armacks „irenische Formel“ nur dann mit individueller Freiheit und Demokratie vereinbar ist, wenn sie nicht als operatives wirtschaftliches Management-Modell, sondern als „produktives Missverständnis“ behandelt wird.

Die Nachhaltigkeits-Enquête des 13. Deutschen Bundestages hatte darauf hingewiesen, dass bei der Umsetzung politischer Gestaltungsansprüche meist andere als die gewollten Ergebnisse erzielt werden, wenn nicht sogar ihr Gegenteil: „Am Ende kommt man bei der Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse selten dort an, wohin man wollte – und wenn doch, hat das ursprüngliche Ziel seine Bedeutung geändert, hat der Weg selbst mit seinen Stationen und Umwegen längst die Perspektiven verschoben, neue Horizonte geschaffen. Notwendig ist deshalb die Offenheit der Suchprozesse, damit Versuch und Irrtum einander ablösen und einmal gesetzte Ziele revidiert werden können, wenn sie sich als Irrtum erweisen.“ Überdies, so die Kommission weiter, gebe es „keine eindeutigen Bezugspunkte, die es erlauben würden, wissenschaftlich zu entscheiden, was optimale Umweltzustände sind.“

Diese Einsichten sind vermutlich beim Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin in Vergessenheit geraten. Zwar versicherte der damals dafür zuständige Staatsminister, mit Planwirtschaft habe die vom Bundeskabinett im April 2002 verabschiedete „Nachhaltigkeitsstrategie“ nichts zu tun. Doch zeigen die Reihenfolge der dort gewählten Nachhaltigkeitsindikatoren wie das (vergebliche) Insistieren der deutschen und EU-Delegationen auf den „Klima-Gipfeln“ auf entsprechenden quantitativen Vorgaben im dort verhandelten globalen Aktionsplan, dass dem Papier die Überzeugung zugrunde liegt, (natur-)wissenschaftlich sei längst ausgemacht, wohin die Reise gehen muss.

Bruno Latours „Parlament der Dinge“ 

Der (grüne) französische Wissenschaftsforscher Bruno Latour teilt diese Illusion nicht. In seinem Versuch einer „symmetrischen Anthropologie“ von 1991 und in seiner Essay-Sammlung Pandora’s Hope von 2000 räumte er mit der Vorstellung auf, die exakten (Labor-)Wissenschaften („Sciences“, auf Deutsch ganz irreführend „Naturwissenschaften“ genannt) beschäftigten sich mit der Natur und lieferten den Schlüssel für die saubere Trennung zwischen Objekt und Subjekt, zwischen Tatsachen und Werten. Da es unmöglich sei, Menschen und Dinge voneinander zu trennen, existierten die Gegenstände wissenschaftlicher Forschung nicht ohne die Forscher und umgekehrt. Latour schloss daraus: Vor Louis Pasteur habe es (für die Menschen) keine Mikroben gegeben.

Um Glaubenskriege zu verhindern, könne sich die Politik nicht auf die „modernistische Übereinkunft“ einer unabhängig von menschlichen Interessen existierenden Natur berufen. „Natur“ gebe es nur im Plural. Die Erde sei nicht a priori die „eine Welt“, das „gemeinsame Haus“ der Menschen. Die unterschiedlichen konkreten Lebenswelten müssten vielmehr erst (auf möglichst demokratische Weise) „von unten“ zu einem solchen gemacht werden – und zwar mithilfe des von Latour angeregten Parlaments der Dinge mit einem „Oberhaus“, das entscheidet, welche Anliegen einbezogen werden, und einem „Unterhaus“ für das Ordnen der einbezogenen Mischwesen.

Wie der liberale Ökonom Friedrich-August von Hayek (aber unter einem ganz anderen politischem Vorzeichen!) geht also auch Latour davon aus, dass die Menschen, trotz aller erreichten wissenschaftlich-technischen Fortschritte, weiterhin grundsätzlich im Dunkeln tappen müssen. Sie können sich (in Form des „Parlaments der Dinge“) lediglich politisch auf eine „experimentelle Metaphysik“ einigen. Das heißt sie können nur so tun, als hätten sie das für das Management der Erde nötige Wissen.

In diesem Sinne interpretiert Latour Verlauf und Ausgang der Klimakonferenzen von Kyoto (1997) und später Paris (2015). In den Mammut-Palavern sieht er Vorstufen seines „Parlaments der Dinge“. Denn dort habe es erstmals eine politische Repräsentation nichtmenschlicher Wesen neben allen Formen legitimer menschlicher Interessen gegeben. Man dürfe in den Ergebnissen solcher und anderer Großveranstaltungen aber keinen durch rationale Diskurse erzielten Konsens sehen. Vielmehr handele es sich dabei um diplomatische Zweideutigkeiten: „Diplomatie bedeutet, dass es (…) keinen Schiedsrichter gibt, der darüber wacht, ob rationale Verhandlungsbedingungen eingehalten werden und der die eine oder andere Partei des Irrationalismus zeiht, wenn die Verhandlungen scheitern. In der Diplomatie ist vielmehr die Aufrechterhaltung der Zweideutigkeit Bedingung für die Einstellung von Feindseligkeiten. In einer Welt, in der Verstehen unwahrscheinlich ist, haben wir nur den Weg der Diplomatie um Blutvergießen zu verhindern“, erklärt Latour. „Der rationale Diskurs ist demgegenüber ein unerreichbares Ideal. Wir sind zu viele auf der Welt, um uns darauf einigen zu können, wie diese aussehen soll.“ (so Bruno Latour in einem Interview mit dem Verfasser, veröffentlicht in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ am 12.Mai 2002).

Die auf diplomatischen Arrangements fußenden Maßnahmen sind deshalb für Latour nichts weiter als (friedensstiftende) offene kollektive Realexperimente, deren Verlauf durch ein wissenschaftliches Monitoring begleitet werden sollte. Insofern hat Bruno Latour recht, wenn er Versuche, das Kyoto-Protokoll naturwissenschaftlich zu begründen, von vornherein für müßig erklärt. Dennoch hat er sich ohne Vorbehalt hinter die für den Westen suizidären Beschlüsse der Mammut-Palaver des Kioto-Prozesses gestellt. Er unterstützt bis heute den Aberglauben, eine Drosselung, wenn nicht die totale Zerstörung der Wirtschaft durch „Net Zero“ leiste einen Beitrag zur Milderung von Hitze und Trockenheit. Folgerichtig wurde er im Jahre 2021 mit dem „Kyoto-Preis“, einem der neben dem Nobelpreis höchst dotierten Wissenschaftspreise, ausgezeichnet.

Bruno Latour hat mit dem von ihm vorgeschlagenen „Parlament der Dinge“ zwar das Problem der Quellen des Management-Wissens konstruktivistisch aufgelöst und dadurch die Ökologie (zumindest in der Theorie) einigermaßen mit demokratischen Ansprüchen versöhnt. Doch hinter dem damit ausgesprochenen „Primat der Politik“ sind die Belange der Ökonomie beinahe vollständig dem Gesichtskreis entschwunden. Er verdächtigt die Ökonomen sogar, statt auf eine Politische Ökonomie auf eine „Ökonomie des Politischen“ im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Politik hin zu arbeiten und regte sich darüber auf, dass auch „Klimaskeptiker“ sich seiner konstruktivistischen Argumentation bedienten.

Bruno Latour geriet m.E. vor allem deshalb in ein wirtschaftlich und ethisch bedenkliches Fahrwasser, weil er seinem „Parlament der Dinge“ Aufgaben zuschrieb, die nach Ansicht Friedrich August von Hayeks und der Begründer des Liberalismus eigentlich der Markt lösen sollte. Nur dort ist ein ethisch einwandfreier Umgang mit dem auch Latour durchaus bewussten Problem der Entscheidungen unter der Bedingung mangelnden, wenn nicht völlig fehlenden Wissens denkbar. Von Marktwirtschaft kann man m.E. eigentlich nur sprechen, wenn die freien Marktteilnehmer die Informationen, die ihren Investitions-, Kauf- und Verkaufsentscheidungen zugrunde liegen, ausschließlich vom Markt selbst und nicht aus konstruierten Narrativen und entsprechenden staatlichen Vorgaben beziehen. Neben den Marktsignalen brauchen die Menschen in diesem Prozess spontaner Ordnungsbildung nur die 10 Gebote der Bibel oder ähnliche seit Jahrtausenden bewährte Lebensregeln ohne Bezug zur außermenschlichen Umwelt als Vorgaben. Jedwede weitere externe Vorgabe muss als Einstieg in den Sozialismus gewertet werden. Kurz: Was nachhaltig ist, “weiß“ in einem liberal-demokratisch und marktwirtschaftlich verfassten Gemeinwesen nur der Markt. Wobei der Markt nicht als Abstraktum verstanden werden darf, sondern als Summe der Entscheidungen Tausender, wenn nicht Millionen vernunftbegabter Individuen. Diese gründen sich auf die Hoffnung, dass sich im Wettbewerb hinter ihrem Rücken materielle Fortschritte einstellen, von denen zuvor niemand geträumt hat. Friedrich-August von Hajek hat das wie folgt auf den Punkt gebracht: „Weil jeder einzelne so wenig weiß, vertrauen wir darauf, dass die unabhängigen und wettbewerblichen Bemühungen Vieler die Dinge voranbringen, die wir wünschen werden, wenn wir sie sehen.“

Latours Vorschlag einer „experimentellen Metaphysik“ kann dagegen alles Mögliche rechtfertigen – insbesondere auch angeblich von „der“ Wissenschaft gebotene repressive, aber kaum wirksame Maßnahmen wie den Lockdown zur Eindämmung einer politisch dekretierten Corona-Pandemie. Das hat Latour in seinem gegen Ende des vergangenen Jahres erschienen Buch mit dem Titel „Wo bin ich?“ explizit getan. Es zeigt, dass der postmoderne Konstruktivismus letztlich immer dazu dient, das jeweils herrschende Narrativ zu bestätigen. Insofern stimme ich dem zu, was die Physiker Alan Sokal und Jean Bricmont 1999 über Latour und andere postmoderne Wissenschaftsforscher schrieben: Es handele sich dabei um „eleganten Unsinn“, der obendrein gefährlich werden kann, wenn er wie im Fall der Covid-„Pandemie“ zur Begründung despotischer Maßnahmen dient. Im Klartext: Ich halte das Einsperren der Bevölkerung und die ihr mithilfe massiver Erpressung angeblich als Schutz vor Covid-19 aufgedrückte ebenso nutzlose wie gefährliche Gen-Spritze für „experimentelle Metaphysik“ reinsten Wassers.

Produktive Missverständnisse

Konsens, da hat Bruno Latour zweifelsohne recht, beruht in einer ungeplanten Welt fast immer auf Missverständnissen. Fortschritte der Neurobiologie auf der einen Seite und die von der Wissenschaftsforschung vermittelten Einsichten in die Entstehungsbedingungen und den politischen Stellenwert wissenschaftlichen Wissens auf der andern Seite legen es nahe, die Hoffnung, über rationale Diskurse zu einvernehmlichen und dauerhaften Lösungen gesellschaftlicher Probleme gelangen zu können, als unbegründet fahren zu lassen.

Wir wissen heute: Missverständnisse sind unvermeidlich. Es fragt sich nur, ob diese destruktiv oder produktiv sind. Die große Kunst der Politik besteht darin, Konsensformeln zu finden, die auf produktiven Missverständnissen beruhen. Dabei handelt es sich im Prinzip um Leerformeln, die einen so großen politischen und wirtschaftlichen Interpretations- und Gestaltungsspielraum bieten, dass alle Akteure damit lange Zeit in Frieden leben und auf einigermaßen anständige Weise ihren wirtschaftlichen Interessen nachgehen können.

Die Väter der „Sozialen Marktwirtschaft“ wussten wohl, warum es besser war, ihr Leitbild nicht in die Form quantitativer Zielvorgaben zu bringen. Jedenfalls gibt es darüber bis heute, je nach politischer Partei oder zivilgesellschaftlicher Organisation, die unterschiedlichsten Vorstellungen. Doch wurde dieses Manko bislang keineswegs zum Anlass, Meinungsverschiedenheiten mit juristischen Mitteln oder gar durch die Anwendung physischer Gewalt auszutragen. Im Gegenteil: Gerade als Leerformel brachte die „soziale Marktwirtschaft“ den Deutschen ein halbes Jahrhundert lang inneren Frieden und Wohlstand. Hätten sich Wissenschaftler und Politiker jedoch schon in den fünfziger Jahren daran gemacht, die Formel zum operativen Managementkonzept mit 20 oder 50 Indikatoren für die Messung seiner Umsetzung auszubauen, hätte der schillernde Begriff höchstwahrscheinlich bald seine Faszination eingebüßt und wäre möglicherweise schon längst wieder in Vergessenheit geraten.

Der Verzicht auf inhaltliche Ausgestaltung und quantitative Operationalisierung wertet die Idee der Sozialen oder Ökologischen Marktwirtschaft keineswegs ab. Denn eine regulative Idee im Sinne Emmanuel Kants (wie Wahrheit, Freiheit oder Gerechtigkeit) ist viel mehr als „nur so ´ne Idee.“ Sie kann durchaus zur materiellen Gewalt werden, indem sie Leidenschaften erzeugt. Neuerdings scheint die Idee der „Sozialen Marktwirtschaft“ bei den Deutschen wieder im Aufwind zu sein. Nach einer im vergangenen Jahr vom Allensbach Institut durchgeführten demoskopischen Umfrage finden 56 Prozent der Deutschen die irenische Formel sympathisch. Im Jahre 2005 waren es nur 34 Prozent. Die Idee einer nachhaltigen Entwicklung mit und in der „Sozialen und Ökologischen Marktwirtschaft“ (aber ohne Rationierung der CO2-Emissionen bzw. des „Ökologischen Fußabdrucks“!) hätte m.E. durchaus das Zeug, weiterhin als friedensstiftendes Missverständnis zu dienen. Das kann sie aber nur, wenn sie den Zauber der Vieldeutigkeit bewahrt.

 




Wissenschaftler fordern Abkehr vom deutschen Atomausstieg

Zwanzig Energie-Experten rufen zu einer realitätspolitischen Wende auf. Publico dokumentiert ihren Appell, mit dem die Unterzeichner eine öffentliche Debatte erzwingen wollen

Von Alexander Wendt

 

Auf der Tagung „20 Jahre Energiewende – Wissenschaftler ziehen Bilanz“ an der Universität Stuttgart am 8. und 9. Juli 2022 widmete sich eine Reihe von Experten der Aufgabe, die energiepolitischen Pläne der aktuellen Bundesregierung und der Regierungen vor 2021 einer Realitätsüberprüfung zu unterziehen.

Ihr Fazit lautete: Egal, ob es um die Energieerzeugung, ihre Speicherung, den Netzausbau oder die Frage der Bezahlbarkeit geht – zwischen der Vorstellung in der Politik und den begleitenden Erzählungen in vielen Medien einerseits und der Wirklichkeit klafft eine Lücke, die sich auch bei noch so großer Anstrengung in absehbarer Zeit nicht schließen lässt.

Spätestens seit sich das Vorhaben nicht mehr verwirklichen lässt, bis 2030 dreißig bis sechzig neue mit russischem Gas belieferte Gaskraftwerke zu errichten, die den Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken ersetzen und die nötige Regelenergie liefern sollten, wenn der Wind nicht ausreichend weht und die Sonne nicht scheint, brach die zentrale Stütze des Energiewende-Designs zusammen. Einen Alternativplan legte die Bundesregierung bisher nicht vor.

Die Debatte innerhalb des politischen Betriebs und in einem Teil er Medien konzentriert sich zurzeit auf einen Weiterbetrieb der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke für einige Monate über das Jahresende 2022 hinaus. Gleichzeitig plädieren Politiker, die bisher die Reduzierung des CO2-Ausstoßes zum obersten Ziel erklärt hatten, für eine sehr viel stärkere Kohleverstromung, um nicht eingestehen zu müssen, dass es sich bei dem deutschen Atomausstieg um einen irrationalen Sonderweg handelt, der die Energieversorgung des größten europäischen Industrielandes aufs Spiel setzt. Derzeit steht übrigens noch nicht einmal fest, ob sich die notwendige zusätzliche Steinkohlemenge überhaupt zuverlässig zu den Kraftwerken transportieren lässt.
Eine Betriebsverlängerung der Atomkraftwerke nur um einige Monate würde das grundsätzliche Problem nur ein weiteres Stück in die Zukunft verschieben.

Auf Anregung von Professor André Thess, Organisator der Tagung und Inhaber des Lehrstuhls für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart fanden sich Wissenschaftler von 12 Universitäten und Hochschulen und dem Karlsruher Institut für Technologie zusammen, um Politik und Öffentlichkeit mit der „Stuttgarter Erklärung“ zu einer Art Realitätswende aufzurufen: weg von immer neuen hektischen Kurswechseln, hin zu einer langfristig stabilen und bezahlbaren Energieversorgung, die es ihrer Ansicht nach nicht ohne Kernenergie geben kann.
Die Erklärung wurde am 26. Juli beim Petitionsausschuss des deutschen Bundestages eingereicht. Erhält sie mehr als 50 000 Unterschriften, muss ihre Forderung im Parlament behandelt werden: die Rücknahme des Atomausstiegs.

Ziel der Erklärung ist es außerdem, über das parlamentarische Verfahren hinaus eine Debatte in Deutschland anzustoßen, bei der Wissenschaftler mehr und anders zu Wort kommen als bisher.

Publico dokumentiert ihren Wortlaut.

 

Stuttgarter Erklärung

25. Juli 2022

Mit einseitiger Ausrichtung auf Sonne, Wind und Erdgas wurde Deutschland in Energienot manövriert. Steigende Energiepreise und sinkende Versorgungssicherheit gefährden Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Das Festhalten am deutschen Atomausstieg verschärft diese Gefahren und bremst – zusammen mit anhaltender Kohleverstromung – den internationalen Klimaschutz. Der Weltklimarat IPCC bezeichnet die Kernenergie als ein Instrument des Klimaschutzes. Die Europäische Union ordnet Kernenergie als nachhaltige Energiequelle ein. Auf dieser Grundlage plädieren wir für den Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke als dritte Klimaschutzsäule neben Sonne und Wind. Wir fordern die sofortige Aufhebung der Atomausstiegs-Paragraphen (insbesondere §7 Atomgesetz) und eine Prüfung der sicherheits- technischen Betriebserlaubnis, um deutschen Kernkraftwerken den Weiterbetrieb zu ermöglichen.

Prof. Dr. André D. Thess, Universität Stuttgart
Prof. Dr. Harald Schwarz, BTU Cottbus-Senftenberg
Prof. Dr. Michael Beckmann, TU Dresden
Prof. Dr. Burak Atakan, Universität Duisburg-Essen
Prof. Dr. Alexander Dilger, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Prof. Dr. Francesca di Mare, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Kerstin Eckert, TU Dresden
Prof. Dr. Sabine Enders, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Martina Hentschel, TU Chemnitz
Prof. Dr. Dr. Rafaela Hillerbrand, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Antonio Hurtado, TU Dresden
Prof. Dr. Matthias Kind, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Marco Koch, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Andrea Luke, Universität Kassel
Prof. Dr. Axel Meyer, Universität Konstanz
Prof. Dr. Frank R. Schilling, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Klaus Steigleder, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Robert Stieglitz, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. Gerhard Wegner, Universität Erfurt
Prof. Dr. Thomas Wetzel, Karlsruher Institut für Technologie (KIT

Der Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors hier

 




Der Ausbau von Windfarmen führt zum Einbruch der Landwirtschaft, Umweltschäden und verstärkter lokaler die Klimaerwärmung

von Jürgen Langeheine

„Windenergie ist kostenlos!“ verkündet Wirtschafts- und „Klimaminister“ Habeck ständig. Eine politische Aussage, die bei dem Versuch, diese Energien für zivilisatorische Zwecke massiv zu nutzen, zu katastrophalen Schäden bezüglich landwirtschaftlicher Erträge, zu weitreichenden Umweltschäden und verstärkter Klimaerwärmung führt.

Die Umwandlung von Windenergie in elektrische Energie durch Fotovoltaik- Felder und Windfarmen bedeutet einen massiven Eingriff in den Energiehaushalt der unteren Atmosphäre. Es erfolgt nicht nur eine Umverteilung der Energie selbst, sondern ein wesentlich maßgeblicherer Eingriff in den Wasserkreislauf.

Abgesehen von einer geringen, durch radioaktive und chemische Prozesse im Erdinneren erzeugte Menge, bezieht die Erde ihre Energie von der Sonne. Diese liefert jährlich eine Strahlungsenergie von 5,36· 106 EJ.

(1EJ sind 1018 J), (1 J = 1Watt·Sekunde)

Etwa 30% dieser jährlichen Einstrahlung wird sofort wieder ohne energetische Wirkung von der Erde und ihrer Atmosphäre in den Weltraum zurückgestrahlt.

Abb.1: Die Verteilung der solaren Einstrahlung über die Breitenkreise der Erde: obere durchgezogene Kurve, Einstrahlung der Sonne; untere durchgezogene Kurve, Energieabsorption des Gesamtsystems Erdoberfläche, Ozean, Atmosphäre; gestrichelte Kurve, Infrarot-Abstrahlung des Gesamtsystems Erdoberfläche, Ozean, Atmosphäre in Watt/m² (Sellers 1968)1

Die restlichen 3,75· 106 EJ entfalten ihre Wirkung auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre und führen zu einer bezüglich der Breitengrade schwach veränderten Abstrahlung jedoch in gleicher absoluter Größe s. Abb.1.

Die in der Atmosphäre, vorwiegend als Wasserdampf ständig enthaltene Wassermenge beträgt ca. 1,3 · 1013 m³ (Langeheine, 2012)2. Verteilt man dieses Volumen auf die Erdoberfläche von 511· 106 km², so ergibt sich eine Wassersäule von ca. 25 mm.

Die mittlere Niederschlagsrate beträgt weltweit ca. 1000mm Wassersäule pro Jahr (Baumgartner und Reichel 1975)3. Es fallen danach ca. 511· 1012 m³ Niederschlag pro Jahr, Das bedeutet, dass der Zyklus Verdampfung mit Wärmeaufnahme an der Erdoberfläche und Kondensation mit Wärmeabgabe in der Atmosphäre ca. 40mal pro Jahr abläuft und die mittlere Verweilzeit des Wassers in der Atmosphäre ca. 10 Tage beträgt.

Eine genauere Aufschlüsselung der Flüsse (Baumgartner und Reichel 1975) im globalen Wasserkreislauf zeigt die folgende Abbildung:

Tab 1: Wasserkreislauf in der Atmosphäre (Baumgartner und Reichel 1975)

Mit der Verdampfungswärme von Wasser von 2256 kJ/kg bedeutet das einen Transport von latenter Energie von ca. 1,09·106 EJ pro Jahr in die obere Atmosphäre. Diese Energie wird überwiegend in den Weltraum abgegeben. Damit stehen der Erde noch ca. 2,5· 106 EJ pro Jahr zur Verfügung.

Dieser Energietransport wird durch Luftbewegungen in der Atmosphäre bewirkt. Eine erste Abschätzung der in der Atmosphäre enthaltenen kinetischen Energie stammt von Lorenz, E.N., 19764 und Peixoto J.P.; Quort, A.H.; 19925. Ca.1% der von der Erde absorbierten Sonnenenergie sollen in kinetische Energie umgewandelt werden. Damit wären in der Bewegungsenergie der Luftmassen ca. 2,5· 104 EJ pro Jahr enthalten.

Die Dichte und Temperatur der Luft nimmt mit wachsendem Abstand zur Erdoberfläche ab. Beides führt zu einem mit zunehmender Höhe stark verringerten Wassergehalt der Atmosphäre. Ca. 90% des Wassergehaltes der Atmosphäre verteilen sich auf die ersten 5500 Höhenmeter. Wetterprozesse spielen sich deshalb im Wesentlichen in einem Höhenbereich bis ca. 5500m ab.

Geht man davon aus, dass die gesamte Niederschlagsmenge von 483· 1012 m³ pro Jahr in Form von Wasserdampf durch die Luftbewegungen in der Atmosphäre auf die Höhe von ca. 5500m transportiert wird, so ist eine Energie von ca. 2,75· 204 EJ pro Jahr in Form von Hubarbeit erforderlich, die von der Luftströmung aufgebracht werden muss. Diese Berechnung bestätigt die oben angeführten Angaben von Peixoto J.P und Quort 1992 und Lorenz 1967.

Ausgehend von einer Bewegungsenergie der Luftmassen ca. 2,75· 104 EJ pro Jahr ergibt sich eine auf die Fläche der Erde bezogene jährliche gemittelte Windenergie von 5· 107 J/m².

Dieser Energiebetrag stellt das 40-fache des heutigen Energieverbrauchs dar und scheint über die Ausnutzung dieser im Wind enthaltenen Energie eine unerschöpfliche Energiequelle für die Menschen zu sein. Die Frage stellt sich jedoch nach der Reaktion der Atmosphäre bei einer verstärkten Energieentnahme.

Die kinetische Energie der Atmosphäre wird durch den Wind beobachtbar. Der geostrophische Wind*, der eng mit den wahren Luftströmungen in der oberen Atmosphäre verbunden ist, erlaubt eine verlässliche Aussage über Veränderungen der kinetischen Energie der Atmosphäre.

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*Als Geostrophie bezeichnet man in der Physik und Meteorologie das Gleichgewicht zwischen Corioliskraft und Druckgradientenkraft bei Strömungen an der Erdoberfläche. Sie ist eine Vereinfachung für ein reibungsfreies System. Den in der Atmosphäre oberhalb der planetaren Grenzschicht resultierenden Wind nennt man geostrophischen Wind

 

2020 betrug die weltweit installierte Leistung von Windkraftanlagen im „onshore“ und „offshore“ Betrieb ca. 750 GW. Bei einer durchschnittlichen Auslastung der Nennkapazität von 40% wurden durch den Betrieb der Anlagen der kinetischen Energie des Windes ca. 10 EJ entzogen und anderen Orten in Form von Wärme freigesetzt. Das sind 0,13% der jährlichen über die Landflächen der Erde gemittelten Windenergie.

In Deutschland findet der weltweit stärkste Entzug von kinetischer Energie aus der Atmosphäre statt. Abb. 2 zeigt die Verteilung von Windkraftanlagen mit der im Norden hohen Flächendichte.

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Abb. 2: Flächendichte der Windkraftanlagen im Norden Deutschlands

Innerhalb Deutschlands ist Niedersachsen das Land mit der höchsten Flächendichte. Auswirkungen durch den Entzug kinetischer Energie durch den Betrieb dieser Anlagen können hier am deutlichsten erkannt werden.

Bezogen auf die Landfläche von Niedersachsen (47614km²) hat die mittlere, im Wind enthaltene kinetische Energie einen Betrag von 2,4 EJ.

Im Jahr 2019 listet die Statistik für Niedersachsen allein 6342 Windkraftanlagen an Land mit einer Leistung von ca. 11000 MW auf. In Küstennähe befinden sich Windkraftanlagen mit einer Leistung von ca. 1000 MW. Bei einer 40-prozentigen Auslastung der Anlagen werden der kinetischen Energie der Atmosphäre ca. 0,35 EJ entsprechend ca. 15% entzogen. Das ist ein um den Faktor 100 höherer Wert als das weltweite Mittel.

Da die kinetische Energie des Windes mit dem Quadrat der Windgeschwindigkeit steigt, bedeutet eine Energieabnahme von 15 % eine Reduktion des geostrophischen Windes über Niedersachsen um ca. 10 %.

Die folgende Abb.3 aus dem Niedersächsischen Klimareport6 zeigt ein deutliches Absinken der geostrophischen Windgeschwindigkeit nach 1990, den Jahren des verstärkten Ausbaus der Windenergie.

Abb.3; Jahresmittel des geostrophischen Windes, berechnet aus den bodennahen Luftdruckdaten der Stationen Hamburg, Emden und List

Das Niedersächsische Klimaministerium fordert einen Ausbau der Windenergie auf ca. 30 GW ( Minister Olaf Liess) und unterliegt damit der gleichen Fehleinschätzung wie Wirtschaftsminister Habeck. Bei Realisierung dieses Zieles würde das einen Entzug von ca.1 EJ bzw. 40 % aus der kinetischen Energie des Windes über Niedersachsen (von 2, 4 EJ) bedeuten. Die mittlere geostrophische Windgeschwindigkeit würde um 22,5% sinken.

Abgesehen davon, dass die verringerte Windgeschwindigkeit eine Verringerung der Leistung installierter Windkraftanlagen bedeutet, steuert Niedersachsen mit dem Ausbau der Windenergie auf eine agrarpolitische Katastrophe zu, da eine verringerte Windgeschwindigkeit eine verringerte Verdunstung und geringere Niederschläge bedeutet. Die Landwirtschaft Niedersachsens wird durch den bevorstehenden Wassermangel massiv gefährdet.

Die derzeitige Verdunstungsrate für Niedersachsen liegt bei 550mm/a. Da die Verdunstungsrate proportional zur Windgeschwindigkeit ist, ist jetzt schon von einer Verringerung der Verdunstung und damit auch einer Verringerung der Niederschläge um 10% in den letzten Jahren auszugehen.

Dieser Prozess wird sich weiter verstärken und bei Realisierung der Ausbaupläne für Windkraft eine Reduktion der derzeitigen Niederschläge (750mm pro Jahr) um 20% bewirken. Im Jahresmittel könnten dann nur noch ca. 600mm /m² Niederschlag fallen und würden deutliche Ertragseinbrüche in der Landwirtschaft zur Folge haben.

Durch die nicht verdampfte Wassermenge entfällt auch die Bodenkühlung, die Verdampfungswärme wird dem Boden nicht entzogen. Eine höhere Temperatur in Bodennähe ist die Folge, und die durch die Klimaänderung hervorgerufene Temperaturerhöhung wird noch verstärkt.

Wie die nachfolgende Abbildung 4 einer Windfarm der Firma Vattenfall7 deutlich zeigt, hat die Energieentnahme durch Windfarmen Auswirkungen über große Entfernungen. Die Energieentnahme führt zu einer Druckreduktion hinter den Windkraftanlagen und damit zur Übersättigung der mit Wasser gesättigten Luft oberhalb der Wasseroberfläche. Der Wasserdampf kondensiert und bildet den durch Strömungsturbulenzen verstärkten Nebelschleier hinter den Windkraftanlagen.

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Abb. 3 Windpark, Vattenfall7

Der sog. „wake“ Effekt (Nachlauf- Effekt) ist bis zu 50 km hinter einer Windfarm messbar, wie Untersuchungen von Platis, A. et al. 20187 zeigen. Bei Umgebungswindgeschwindigkeiten von ca.10m/sec konnte eine Zone von bis zu 3m/ sec reduzierter Windgeschwindigkeit in einer Entfernung von 5 km von den Anlagen nachwiesen werden. In 45 km Entfernung war noch eine Reduktion von 1m/sec zu beobachten. s. Abb.5

Abb. 5 Satellitenbild eines „Wake“ Effekts, erzeugt von Windkraftanlagen der drei Windparks Amrumbank West, Nordsee Ost und Meerwind Süd/Ost. Die weißen Punkte sind das Radarsignal der Windkraftanlagen, der dunkle Schatten das Gebiet geringerer Strömungsgeschwindigkeit7

Wind ist eine begrenzte Ressource und nicht kostenlos, wie Wirtschaftsminister Habeck ununterbrochen verlauten lässt. Wenn kinetische Energie, wie in einem Goldrausch in immer größerem Umfang abgeschöpft wird, werden im Umfeld dieser Anlagen massive Umweltschäden auftreten. Abgesehen davon, dass installierte Windfarmen immer weniger Ertrag liefern, werden die Grundwasserstände weiter sinken, Wälder und Landschaften werden unter Wassermangel leiden, die Vogel- und Insektenwelt wird massiv beeinträchtigt und der Klimawandel wird verstärkt.

Um die Bevölkerung vor unabsehbaren Folgen durch die Abschöpfung der kinetischen Energie des Windes zu schützen, ist dringend ein Moratorium gegen den weiteren Ausbau der Energieerzeugung durch Windenergieanlagen erforderlich.

Literatur:

1. Sellers, W.D. 1966, Physical Climatology, Chicago, Univ. of Chicago Press 272pp (49,54)

2. Langeheine, J. 2012, Energiepolitik in Deutschland- das Geschäft mit der Angst, Athene Media- Verlag ISBN 978-3-86992-054-2

3. Baumgartner, A; Reichel, E. 1975 Die Wasserbilanz, Oldenbourg, München

4. Lorenz, E. N. 1967: The nature and theory of the general circulation of the atmosphere. World meteological organization, 1967

5. Peixoto, J. P; Oort, A.H. Physics of Climate, AIP Press, 1992, 520p.

6. Niedersächsischer Klimareport 2018

7. Platis, A., Siedersleben, S., Bange, J. et al. First in situ evidence of wakes in the far field behind offshore wind farms. Sci Rep 8, 2163 (2018). https://doi.org/10.1038/s41598-018-20389-y

 




Terrestrial Stilling (TS)

In hoher Zahl werden Wind- und Solaranlagen gebaut. Haltungsgerecht wird in den Medien unterstellt, dass der massenhafte Entzug von angeblich unbegrenzter Naturenergie wenig Folgen für die Natur und keine für Wetter und Klima hat. Dem ist nicht so.

von Frank Hennig

Der Begriff Terrestrial Stilling (TS) beschreibt ein statistisch nachweisbares Absinken der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit. Chinesische Wissenschaftler konstatieren dies für die gesamte Nordhemisphäre, Amerikaner stellten die Windabschwächung im Bereich großer Windindustrieparks fest. Auch die Wetterdaten in Deutschland zeigen leicht gesunkene Windgeschwindigkeiten und gestiegenen Luftdruck. Weniger Wind bringt weniger Regen und höherer Luftdruck verringert den Niederschlag.

Vorangestellt seien drei Thesen:

– Keine Energie geht verloren.

– Jegliche Naturenergie wird in natürlichen Kreisläufen verwendet.

– Ein Abschöpfen dieser Energie hat Folgen für die Natur.

Mit Sicherheit bräuchte die Diskussion zum Terrestrial Stilling als Folge des Ausbaus der Windkraft nicht geführt werden, wenn wir 300 Anlagen im Land hätten. Das wäre ohne weiteres als unbedeutend einzustufen. Wir leben aber gegenwärtig mit etwa 30.000 Anlagen. Sollten die Pläne des „Osterpakets“ tatsächlich umgesetzt werden, ist mindestens von einer Verdopplung, eher einer Verdreifachung dieser Zahl auszugehen. Bereits heute bereitet die gegenseitige Verschattung der Anlagen der Branche Sorgen, weil sie Erträge mindert. Eine solche Verschattung, die sich in geringeren Windgeschwindigkeiten auf der Lee-Seite zeigt, wirkt natürlich auch auf Natur, Wetter und regionales Klima ein.

Die folgenden Ausführungen basieren auch auf den Erkenntnissen von Frau Dagmar Jestrzemski aus Wedel, die seit Jahren zu diesem Thema intensiv forscht und zahlreiche Beiträge verfasste.

Der Begriff der „Erneuerbaren Energie“ ist ein Euphemismus des Klimaneusprech und soll suggerieren, dass man der Natur folgenlos große Mengen Energie, vermeintlicher Überschuss-Energie, ohne negative Nebenwirkungen entziehen kann. Richtig ist, dass durch die Sonneneinstrahlung und die daraus folgenden Temperaturdifferenzen immer wieder Luftdruckdifferenzen und damit Winde entstehen, die man auch nutzen kann. Falsch ist, dass sich innerhalb weniger Kilometer der durch Windkraftanlagen (WKA) gebremste Wind (kinetische Energie wird entzogen) selbst regeneriert. Dies geschieht nur über sehr große Distanzen. Betrachtet man die Verteilung der WKA in Europa und die Hauptwindrichtung West bis Nordwest, so ist erkennbar, dass der Wind beginnend von den britischen Inseln über die Nordsee und über die Küstenländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern eine Vielzahl von Windindustrieparks passieren muss und die Energie-Ernte in Brandenburg, Sachsen und im weiteren Mittel- und Osteuropa deutlich niedriger ausfallen muss. Die „Wetterküche“ Atlantik mit ihren Regen bringenden Tiefdruckgebieten wirkt nicht mehr wie früher.

Die überstrichene Rotorblattfläche der allein in Deutschland vorhandenen 30.000 WKA beträgt etwa 200 Millionen Quadratmeter. Dies entspricht einer 1.300 Kilometer langen und 150 Meter hohen rotierenden Wand, die sich von Flensburg bis nach Montepulciano (südlich von Florenz) erstrecken würde. Milliarden von Fluglebewesen passieren diese Wand, mehr oder weniger erfolgreich, aber das ist ein anderes Thema.

Mehrere internationale Studien bestätigen das Terrestrial Stilling, eine chinesische zieht folgendes Fazit:

„- Über der Nordhalbkugel ist eine weit verbreitete Abnahme der Oberflächenwinde zu beobachten.

– Die Windenergieressourcen gehen vielerorts rapide zurück.

– Die Fähigkeit von Klimamodellen zur Simulation von Wind und Windenergie muss verbessert werden.“

Zu den quantitativen Folgen halten sich die Studien zurück. Eine Studie von Miller und Keith (2018) wagt sich am weitesten vor:

„Die Erwärmung durch Windkraftnutzung kann die vermiedene Erwärmung durch reduzierte Emissionen für ein Jahrhundert übersteigen.“

Für Deutschland sind eine Verringerung der Windgeschwindigkeit und eine Erhöhung des Luftdrucks nachweisbar1:

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Eine Studie der Deutschen Windguard gibt für 2012 bis 2019 einen Rückgang der mittleren spezifische Leistung der WKA im Norden um 30%, in der Mitte um 23%, im Süden um 26% an.

Nach Berechnungen von Diplomphysiker Dieter Böhme entspricht die über Deutschland durch Windkraft der Atmosphäre entzogene Energie etwa 7.000 Hiroshima-Bomben. Nicht als Einschlagsenergie, sondern als Entzug von Energie. Dass dies ohne jegliche Folgen auf Natur, Wetter und Klima bleibt, ist höchst unwahrscheinlich.

1. Erkenntnis: Die natürliche Luftströmung wird durch den Entzug kinetischer Energie gebremst.

Neben der Abbremsung der Luftmasse wird auch die Art der Strömung verändert. Die natürliche Luftbewegung stellt sich als laminare Strömung übereinander liegender Schichten dar, je höher die Lage, desto größer die Geschwindigkeit. Durch Widerstände an der Erdoberfläche (Oberflächenrauigkeit) wie Bebauung, Wald, bergige Landschaft, kommt es zur Verwirbelung der unteren Luftschichtung und zu Turbulenzen, was zu einer Durchmischung der Luftschichten führt.

Diese Rauigkeit wird durch WKA verstärkt. Da die Luftgeschwindigkeit mit der Höhe steigt, bringen höhere WKA mehr Ertrag, weshalb der Trend zu immer größeren Anlagen geht:

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Quelle: Wikipedia

Ein neues Projekt in der Lausitz erreicht die Dimension des Berliner Fernsehturms:

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Screenshot: t-online

Die der Luftmasse entzogene Energie wird umgewandelt in elektrische Energie (maximaler Wirkungsgrad 46 Prozent) und in die Änderung der Strömungsart (turbulent) und der Richtung der Strömung (vertikaler Anteil). Die Turbulenzen breiten sich nach dem Rotor in Trichterform aus, der im Radius zunimmt, weil benachbarte Luftschichten mitgerissen werden. Dieser Trichter weitet sich soweit auf, bis auch die Erdoberfläche erreicht wird. Dadurch wird bodennahe feuchte Luft in die Höhe transportiert und trockenere Luft aus höheren Luftschichten nach unten gedrückt.

Bei bestimmten Wetterlagen ist der Effekt der Entfeuchtung zu sehen:

Ist die Luft in größerer Höhe bereits gesättigt, kommt es durch zwei Effekte zur Auskondensation der Feuchtigkeit und Tropfen-, ggf. sogar Wolkenbildung: Die WKA bremsen den Wind und senken den Druck der Luftmasse ab, fallender Luftdruck hinter den Anlagen führt zur Auskondensation der Luftfeuchte. Praktisch bedeutet dies, dass die ersten Windindustrieparks die anströmende Luft quasi „ausquetschen“, was in diesem Bereich zu höheren Niederschlägen führen kann. Die Niederschläge fehlen dann allerdings in größerer Entfernung auf der Lee-Seite. Dies könnte die extreme Trockenheit in den östlichen Bundesländern erklären helfen. Zusätzlich kühlt sich die in die Höhe transportierte Bodenluft ab und kann ebenfalls auskondensieren. Bei ausreichend hohen Temperaturen geht die Feuchtigkeit allerdings sofort in Luftfeuchte über und ist nicht sichtbar.

Wasserdampf gilt als stärkstes Treibhausgas, die nach den Anlagen entstehende Bewölkung könnte damit Klimawirkung entfalten. Hier sind die Forschungsergebnisse aber nicht eindeutig.

Nachts sorgt der vertikale Lufttransport dafür, dass die Erdoberfläche nicht so stark auskühlt, weil wärmere Luft aus höheren Schichten herunter strömt. Diesen Effekt machen sich schon lange Obstbauern zu Nutze, um ihre Plantagen mit so genannten Windmaschinen vor Frühjahrsfrösten zu schützen:

Quelle: „Öko-Obstbau“ 2/2017 (Spuhler, Neuwald, Prunier)

WKA bewirken den gleichen Effekt wie Windmaschinen. Tendenziell werden also immer größere Flächen vor nächtlicher Abkühlung bewahrt, die höheren Temperaturen bringen eine stärkere Verdunstung mit sich.

Der Vergleich der Verteilung der WKA und des Dürremonitors Deutschlands zeigt Indizien dieser Effekte und einen dringenden Forschungsbedarf:

 

Verteilung der WKA Dürremonitor

(Quelle: Vernunftkraft Hessen) (Quelle: Hemlholtz-Zentrum)

Die Beeinflussung der Luftströmung durch WKA wirkt insbesondere bei geringeren und mittleren Windgeschwindigkeiten. Vernachlässigbar sind diese Effekte bei Starkwinden und Stürmen. Die Winterstürme Ylenia, Xandra und Zeynep im Februar 2022 wurden unwesentlich gebremst, dennoch leisteten die deutschen WKA im Maximum nur 73 Prozent ihrer installierten Leistung. Dies als Hinweis, dass die installierte Leistung als Parameter für Planungen und Betrieb der Anlagen untauglich ist.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages wertete Literatur zu diesem Thema aus2 und konnte zumindest keine gegenteilige Position einnehmen:

– „Darum ist die Annahme eines kausalen Zusammenhangs zwischen Windkraftanlagen und Dürre nicht sofort naheliegend und bedarf eingehenderer Untersuchungen.“

– „In der Umgebung von Windkraftanlagen kommt es nach derzeitigem Kenntnisstand nachts zu Temperaturerhöhungen in den unteren Luftschichten. Dies wird als ein mikroklimatischer Wechsel bezeichnet, ist aber noch keine Dürre.“

2. Erkenntnis: WKA erzeugen Wirbelschleppen, stören die natürliche Luftschichtung, können zu Bodentrockenheit führen und zur Änderung von regionalem Wetter und Klima.

Die Windbranche beauftragte Forschungen, um dem Effekt der Windverschattung und den damit einhergehenden Ertragsverlusten zu begegnen. Im Ergebnis werden möglichst große Abstände zwischen den Anlagen empfohlen. Mindestens der achtfache Rotordurchmesser als Distanz zur nächsten Anlage ist nötig, um zumindest den stärksten Turbulenzen und damit dem Strömungsabriss an den Anlagen in zweiter Reihe zu entgehen. Bei ungünstiger Windrichtung stehen mehrere Anlagen hintereinander, spätestens ab der dritten Anlage bricht der Ertrag dann stark ein. Betriebsoptimierungen werden dahingehend geprüft, inwieweit man die ersten Anlagen etwas aus dem Wind dreht, um die Wirbel abzulenken. Dadurch sinkt der Ertrag der ersten Anlagen, aber der der Anlagen danach bricht nicht so stark ein.

Die Kantenlänge der Offshore-Windindustrieparks sollte auf 100 mal 100 Kilometer begrenzt bleiben. Mit weiterem Ausbau der Offshore-Windenergie, wie im Osterpaket als Ziel gesetzt, geht auch die Volllaststundenzahl dieser Anlagen zurück. Statt 4.000 könnten es nur noch 3.300 im Jahr sein, schätzen Experten3.

Bisher orientieren sich Planungen und Genehmigungen von WKA an den Einzelanlagen, es wurde linear skaliert, so als gäbe es die gegenseitige Beeinflussung nicht. Nötig wären übergreifende Betrachtungen für ganze Regionen, auch bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP), um die Folgen eines massenhaften Ausbaus abschätzen zu können.

Der Zusammenhang, dass die Windgeschwindigkeit in dritter Potenz in die Leistung der Anlage eingeht, wird von den politischen Entscheidern offenbar nicht realisiert. Eine Verdoppelung der Windgeschwindigkeit führt zur Verachtfachung der Leistung, eine Halbierung zur Achtelung. Daraus folgen bei der Vielzahl der Anlagen enorme Leistungsgradienten, die von konventionellen Kraftwerken, Pumpspeicherwerken und durch Export/Import im Netz ausgeglichen werden müssen.

Diese exponentielle Abhängigkeit erklärt den Run auf die windhöffigsten Plätze, macht aber auch deutlich, dass der massenhafte Ausbau der Windkraft in Süddeutschland völlig unsinnig ist. Der Windatlas Deutschlands zeigt, dass in diesen Gefilden die durchschnittliche Windgeschwindigkeit nur wenig über der Anlaufgeschwindigkeit der Anlagen liegt. Zudem kämen nur die meist bewaldeten Bergrücken als Standorte in Frage, wo sich auf Grund der Höhenlage und geringerer Luftdichte der Ertrag mindert. Der umfängliche Ausbau der Windkraft in Süddeutschland entspricht der oft angeführten Bananenplantage auf Grönland.

3. Erkenntnis: Der Windenergieertrag ist wesentlich von Windgeschwindigkeit und damit auch Verschattung abhängig.

Um die Folgewirkungen des massenhaften Windkraftausbaus zu bedenken, muss man nicht Physiker, Meteorologe oder Strömungstechniker sein. Professor Nico Paech von der Uni Siegen, der maßgeblich die Diskussionen zur „Postwachstumsökonomie“ prägt, machte sich aus Sicht der Nachhaltigkeit Gedanken zum weiteren Ausbau der Windkraft und dem Entzug von Naturenergie:

“Indes trübt das Zauberwort „erneuerbar“ jeden vernunftgeleiteten Blick auf die Limitationen der damit etikettierten Energieträger. Beispielsweise Wind – von dem als ergiebigste der erneuerbaren Energiequellen alle grünen Wachstumspläne auf Gedeih und Verderb abhängen – ist eine knappe Ressource. Wind unterliegt innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts und geographischen Raumes diversen Verwendungskonkurrenzen. Erstens: Je geringer der Abstand zwischen Windkraftanlagen und je größer deren Kapazitäten sind, desto geringer ist die durchschnittliche Ausbeute, weil die von einer Anlage abgeschöpfte Bewegungsenergie für die anderen nicht mehr verfügbar ist.

Zweitens: Die von den Rotoren verbrauchte Windenergie ist nicht mehr für die Entstehung von Regenwolken verfügbar. Durch diesen und weitere physische Effekte beeinflussen Windkraftanlagen das Klima, wie neue Studien aus den USA zeigen.

Dies kann zu Temperaturerhöhungen und Trockenheit für einzelne, davon betroffene Regionen führen. Drittens: Flora, Fauna und unzählige ökologische Prozesse beruhen je nach geographischer Lage auf einem bestimmten Windaufkommen.
Wie sich der Entzug systemimmanenter Bewegungsenergie auswirkt, scheint weitgehend vernachlässigt und unerforscht zu sein.

Jedenfalls ist die Gleichung „erneuerbar = unbegrenzt = ökologisch“ schlicht unzutreffend . . ..”

Die Austrocknung großer Regionen in Deutschland nimmt besorgniserregende Formen an. Man kann es formell auf einen Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre in den vergangenen 20 Jahren von 370 auf 420 ppm schieben, was aber keine Erklärung für die regional ausgeprägte Trockenheit wäre. Oder man überlegt, inwieweit wir durch Windkraft- und Fotovoltaikanlagen in die Kreisläufe natürlicher Energien eingegriffen haben. Nötig wäre eine intensive Forschung, die entsprechende Budgets erfordert. Politisch und medial ist das Thema „Terrestrial Stilling“ unterbelichtet. Der politische Einfluss der Windbranche ist enorm. Daher gibt es ein verständliches politisches Interesse daran, eine breite Diskussion zu vermeiden und eben kein Interesse, Forschungsvorhaben einzuleiten.

Nachtrag: Bevor möglicherweise einige Leser korrekt längsdenkend protestieren, möchte ich ergänzen, was ich im Beitrag nicht ausgesagt habe:

– Der Beitrag behandelt nicht einen möglichen Klimawandel durch steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre.

– Es wird nicht behauptet, am Klimawandel seien WKA Schuld. Sie können aber wetter- und klimabeeinflussend wirken, wenn sie in großer Zahl vorhanden sind und weiter massenhaft installiert werden sollen.

1 – Grafiken von Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

2 – Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages

„Wissenschaftliche Literatur zu mikroklimatischen Auswirkungen von

Windkrafträdern“ WD 8-076-20

„Lokale mikroklimatische Effekte durch Windkrafträder“

WD 8 – 3000 – 083/20

3 – Wirtschaftswoche v. 23.05.22

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

 




Deutschland im Energiedilemma! Wir brauchen eine sofortige Wende von der Energiewende – Baerbock fürchtet „Volksaufstände“

Der Ausstieg aus der Kernenergie begann mit der Schließung der Kernforschungszentren. Ausgerechnet in dem Land, in dem Otto Hahn entdeckte, dass sich Atomkerne spalten lassen und dabei ungeheure Energiemengen frei werden. Jetzt verzichtet Deutschland auf eine der stärksten Kräfte des Universums – freiwillig. 

von Holger Douglas

Langsam sickert auch bei Grünen die Wahrheit in die Gehirne: Außenministerin Annalena Baerbock fürchtet „Volksaufstände“, wenn die Gasknappheit ihre Wirkung entfaltet. Es ist eine selbstverschuldete Situation.

In der Zwickmühle steckt, wer bei jedem Zug nur noch verlieren kann. Deutschlands Energieversorgung ist allerdings kein harmloses Brettspiel, sondern bitterer Ernst. Es geht um die Existenz der Wirtschaft und des Wohlstandes eines großen Landes, das noch zu den führenden Industrienationen der Welt gehörte.

Jeder weiß: Energie muss billig und jederzeit verfügbar sein, sonst war‘s das mit der Industrie. Den Beweis liefert gerade derzeit ihre Verknappung. Reihenweise geraten Unternehmen in Schwierigkeiten und müssen teilweise schließen – darunter auch die jahrhundertealte Glashütte im sächsischen Freital, die Napoleons Raubzüge überstanden hat, zwei Weltkriege, eine Wirtschaftskrise – aber jene Krise, die die Energiepolitik bedeutet, bringt sie an den Rand ihrer Existenz.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine legt offen: Die sogenannte »Energiewende« zertrümmert ein Industrieland. Es ist nicht mehr damit getan, die letzten drei Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Das wäre zwar richtig, hilft aber allein nicht weiter. Zu viele Energieproduktionsmöglichkeiten wurden bereits zerstört. Nahezu die Hälfte der Produktionskapazitäten sind abgeschaltet. Dass dennoch häufig genug Strom vorhanden ist, zeugt von großer Resilienz des von Altvorderen aufgebauten Stromsystems. Das, was jeder einigermaßen Fachkundige weiß: Ein Land lässt sich nicht mit dem versorgen, was Sonne und Wind an Energie liefern. Ein einfacher Blick auf die »Charts« zeigt dies. Ohne Kohle- und Kernkraft wäre es schon längst dunkel geworden.

Die fatale Lage lässt sich nur im Rückblick in ihrer Dimension ermessen. Denn es waren gründliche Kräfte am Werk. »Atomkraft Nein Danke« begann schon in den 1970er Jahren. Den »Ausstieg« nahmen dann SPD und Grüne in der ersten rot-grünen Bundesregierung in Angriff, er wurde 2000 beschlossen und unter der Regierung Merkel fortgesetzt. Die Kernkraft sollte mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden; schon vor Jahren begann der Ausstieg mit der Schließung der Kernforschungszentren. Dies ausgerechnet in dem Land, in dem ein Otto Hahn entdeckte, dass sich Atomkerne spalten lassen und dabei ungeheure Energiemengen frei werden. Jetzt verzichtet das Land auf eine der stärksten Kräfte des Universums – freiwillig. Davon gibt es nur vier.

Jetzt ist geschafft, was die Grünen in Verbindung mit der SPD mit jenem unseligen Atomausstieg vor der Jahrtausendwende bereits begonnen haben und die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel vollendete: der Ausstieg aus einer gesicherten Energieversorgung. Von 17 Kernkraftwerken, die einmal ein Drittel der Energieversorgung sicherten, sollen die letzten drei Ende des Jahres abgeschaltet werden. Alle anderen wurden unter Beifall abgeschaltet, bei einem wurde der Kühlturm von Ministerpräsident Kretschmann in Baden-Württemberg in die Luft gesprengt, um keine halben Sachen zu machen und ein vollständiges Werk der Zerstörung zu hinterlassen.

Immer mit dabei: Merkel. Sie hatte als Umweltministerin angefangen und sah den mächtigen Hebel einer »Umweltpolitik«, mit der man ein Industrieland abwürgen kann. Sehenden Auges und bewusst hat sie den Kraftwerks-Kahlschlag befördert. Niemand muss sich wundern: Mit einer solchen Politik wurde ein Land vollkommen erpressbar gemacht. Galt früher die Regel, sich nicht mehr als zu einem Viertel von bestimmten Energielieferungen abhängig zu machen, so ist Deutschland nur noch von Gas abhängig. Auf dieser Basis die »Gusche« über Gebühr weit aufzureißen, wie dies grünes »Spitzenpersonal« tut, zeugt nur noch von Entrücktheit.

Dies ist nicht von heute auf morgen wieder zu reparieren. Über 100 Jahre dauerte es, bis ein funktionierendes Stromsystem mit Kraftwerken in der Nähe der Industriestandorte und einem Leitungsnetz aufgebaut wurde, das eine hohe Ausfallsicherheit garantierte und zudem preisgünstig Strom lieferte. Um dieses System beneidete uns die Welt. Jetzt lacht sie über Deutschland, das sein herausragend funktionierendes System freiwillig geschrottet hat.

Wie kritisch die Situation wird, wird auch regierenden Politikern langsam bewusst. Ihnen scheint zugleich klar zu werden, dass dies möglicherweise nicht friedlich ausgehen kann. Es zeigt sich daran, dass der Verfassungsschutz vor inneren Unruhen warnt – freilich nicht ohne zu betonen, dass rechtsradikal sei, wer auf die Straße geht, weil er keinen Strom, kein Gas und nichts mehr zu essen hat. Die Vorgänge in Sri Lanka dienen als warnendes Beispiel. Das einzige, was das derzeitige grüne Spitzenpersonal zu bieten hat, ist der verzweifelte Ruf aus dem Kindergarten: Solidarität. Dieser im Bereich internationaler Politik untaugliche Begriff muss fehlende Kenntnis über grundlegende Zusammenhänge einer Energieversorgung ersetzen.

Wenn Merz und die grüne Parteichefin über Energiefragen in irgendeiner TV-Talkshow diskutieren, zeigt sich das wahre Problem Deutschlands: Sie haben dieselbe Ahnung von Energie und Naturgesetzen wie die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie frisst. Weder in TV-Talks noch in den diversen Ausstiegs-Kommissionen saßen Fachleute, für die Kirchhoffsche Gesetze nichts Unanständiges sind und die etwas von Energie verstehen.

Zu fordern ist jetzt eine sofortige Wende von der Energiewende. Unsinn sind jene Sprüche, dass nur 100.000 Windräder notwendig seien, damit die Energiewende gelinge. Auch die lieferten jetzt keinen Strom, wenn kein Wind weht. Dies klingt wie Sozialismus, der nur nie richtig ausgeführt wurde.

Wieder in Gang gesetzt werden muss die Forschung im kerntechnischen Bereich. Allein die Entwicklung einer der zukunftsträchtigen Reaktortechnologien wie des Dual Fluid Reaktors, den wir hier mehrfach beschrieben haben, zeigt, dass noch nicht aller Hopfen und Malz verloren ist. Aufhören müssen die Millionenzuflüsse an Steuergeld für NGOs, sogenannte »Thinktanks« und Umweltinstitute. Sie schwemmen den öffentlichen Raum mit Phrasen wie »Phase-in«-Ländern, »Hochlauf« und »Ausstiegsstrategien« zu. Je dümmer die Gedanken, desto häufiger die Begriffe »intelligente Energien«. Kohlekraftwerke müssen wieder in Gang gebracht werden. Sie sind mit Hilfe von aufwendigen Filtern sauber gemacht worden und liefern kostengünstig Strom und Wärme.

Jeder weiß: Masselose Energie lässt sich nicht in Form von Elektrizität speichern, jedenfalls nicht in den Mengen, in denen sie benötigt wird. Energiespeicher sind jene Kohlenwasserstoffe wie Öl oder Gas. Die Kohleberge vor den Kraftwerken – das sind die wahren Energiespeicher. Sind die verschwunden und die Kessel erkaltet, ist es vorbei.

Und diese Situation, wenn Putin mit Deutschland böse wird oder auch bloß eine Turbine fehlt. So erklärte Baerbock dem RND über die Lieferung der Turbine aus Kanada  für Nordstream 1: „Die Kanadier haben gesagt, ,wir haben viele Fragen‘, da haben wir gesagt, ,das können wir verstehen, aber wenn wir die Gasturbine nicht bekommen, dann bekommen wir kein Gas mehr, und dann können wir überhaupt keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten, weil wir dann mit Volksaufständen beschäftigt sind“, sagte die Außenministerin wörtlich.

Anschaulicher kann man die verzweifelte Lage nicht schildern, in die Deutschland durch die Energiewende gebracht wurde.

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