Der Industriestandort auf dem absteigenden Ast- Die Zielgerade zum Abgrund?

Alles wird gut, wenn wir uns nur etwas beeilen, sagt Klimaminister Habeck. Der Netzausbau müsse „ratzfatz“ gehen. Ideologisch ungefestigte Netzbetreiber, Versorger und Institute machen schlechte Stimmung. Selbst der Bundesrechnungshof weicht vom Regierungskurs durch unbotmäßige Kritik ab. Zweifel allerorten. Werden wir ein klimaneutrales Industrieland oder ein industrieneutrales Klimaland? 

Von Frank Hennig

In hoher Schlagzahl erreichen uns Meldungen über den Verlauf der Energiewende in Form von Verlautbarungen des Klimaministeriums und von fachlich kundigen Organisationen. Selbst aufmerksamen Beobachtern droht der Überblick verloren zu gehen. Für eine fundierte Darstellung der gegenwärtigen Situation sollte im Grunde ein Verweis auf den Bericht des Bundesrechnungshofes vom 7. März des Jahres ausreichen. Wer sich die Zeit nimmt, die mehr als 50 Seiten in Ruhe zu lesen, weiß im Wesentlichen Bescheid darüber, wo wir stehen und warum der Kurs nicht erfolgreich sein wird. Dabei hat der Bundesrechnungshof nur das gemacht, was in seinem Namen steht – gerechnet. Das bringt am Ende Konkretes und lässt sich nicht mit wegdiskutieren. Im zuständigen Ministerium wird weniger gerechnet, man hält sich an die üblichen politischen Plattitüden wie Energiewendeturbo oder Wasserstoffrevolution.

Was im Bericht steht war absehbar in Fortführung des Berichts von 2021, in dem zahlreiche Risiken genannt worden waren. Als wesentliche Schwerpunkte werden diesmal benannt: Die unzureichende sichere Kraftwerksleistung, das Nichterreichen der Ausbauziele von „Erneuerbaren“ und das fehlende Monitoring der Kosten. Die Annahmen des Ministeriums zur Versorgungssicherheit seien „wirklichkeitsfremd“. Den nachhängenden Netzausbau gibt man wahlweise in den Maßeinheiten Jahre Verzug beziehungsweise fehlende Tausendkilometer an. Die Bezahlbarkeit wird in Frage gestellt, allein die Kosten des Netzausbaus werden auf schwindelerregende 460 Milliarden Euro bis 2045 beziffert. Im Grunde gäbe es einen Verstoß gegen den Paragrafen 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, die Verpflichtung zur Versorgung mit preiswerter, sicherer und umweltfreundlicher Energie. Erstmalig mahnt man das Monitoring der Umweltauswirkungen an, mithin die Beantwortung der Frage, ob nicht mehr Schaden als Nutzen entsteht. Die Inanspruchnahme von Flächen und die Beeinträchtigung der Biodiversität seien zu beachten.

Minister Habeck reagierte auf den trockenen und faktenreichen Bericht wie ein trotziges Schulkind mit einem „schönen Dank auch“, den Umgang mit zahlenbasierter Kritik sind Grüne schlicht nicht gewöhnt. Auf einer BDEW-Veranstaltung in Cottbus schätzte er ein, dass man nun auf die Zielgerade der Energiewende eingebogen sei. Dass es eine Sackgasse ist, an deren Ende eine Wand steht, hat er noch nicht realisiert. Es sei notwendig, dass der Netzausbau nunmehr „ratzfatz“ gehen müsse. Diese kinderbuchgerechte Formulierung zeigt, dass neben dem Netzausbau auch die Realitätswahrnehmung des Ministers nachhängt. Wann in jüngerer Vergangenheit ging ein staatlich induziertes Projekt in Deutschland „ratzfatz“?

Ein Blick zurück: Der Flughafen BER brauchte 14 Jahre statt geplanter 6, der Stuttgarter Hauptbahnhof wird es auf 15 Jahre bringen statt geplanter 9, das neue Schiffshebewerk in Niederfinow brauchte 14 Jahre, während sein Vorgänger in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts nach 7 Jahren Bauzeit in Betrieb ging. Die Sanierung einer vierspurigen Ausfallstraße in Cottbus, einen reichlichen Kilometer lang, soll drei Jahre in Anspruch nehmen. Ein Zeitraum, in dem die Chinesen einen mittelgroßen Flughafen bauen. Der Neubau der Köhlbrandbrücke in Hamburg ist nunmehr beschlossen, als Fertigstellungstermin wird 2046 genannt. Sollte der Termin gehalten werden, lade ich zum Neujahrstag 2047 zum Frühschoppen ein.
Vielleicht hatte Minister Habeck bei seiner „ratzfatz“-Geschwindigkeit die „Deutschlandgeschwindigkeit“ des Kanzlers im Ohr, die sich auf die neuen LNG-Terminals bezog. Mit Verlaub – wir haben immer noch keines, nur Schiffsanleger für die gemieteten Regasifizierungsschiffe (FSRU) und ein paar Kilometer Pipeline.

Der Regionalversorger Eon-edis veranschlagt für Planung, Genehmigung und Bau einer 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung 8 bis 12 Jahre. Zu langsam für Tesla, jedenfalls für die Herstellung der üblichen so genannten n-1-Sicherheit (n-minus-eins). Die fehlende zweite Einspeisung führte deshalb zum Totalstillstand des Werkes nach dem Anschlag auf einen einzigen Masten. Zur Standortentscheidung Elon Musks soll das Versprechen der Brandenburger Landesregierung beigetragen haben, den Standort mit Ökostrom versorgen zu können. Eine spätere Anfrage im Landtag brachte allerdings die Aussage, dass die Strombeschaffung Sache des Investors sei und ein Industriestromvertrag mit dem regionalen Versorger bestehe.
Die Zeit reichte jedenfalls nicht für eine zweite Einspeisung. Den Bau eines eigenen Gaskraftwerkes aus Unzufriedenheit über den Strompreis scheint Tesla indes nicht weiter zu verfolgen. So konnte die revolutionäre Vulcan-Gruppe aktiv werden. Dass sich so genannte Klimaschützer zunehmend radikalisieren, hatte ich im Buch „Klimadämmerung“ im Kapitel „Future for Fridays“ schon beschrieben:

„Die Etablierung einer »Das Ende ist nah«-Kultur gefährdet den inneren Frieden und somit das ganze Land. Fähnchen schwenken wird den Kindern und Jugendlichen bald nicht mehr reichen. Greta Thunberg zeigte sich im Hambacher Forst mit Vermummten. Aktivitäten sind angesagt, gefährliche Sekten haben Zulauf. »Ende Gelände«, »Extinction Rebellion« und weitere nehmen gewalttätig pro forma den Klima-Umweg, um das System zu ändern.“

Hendryk M. Broder hatte es schon vorher auf den Punkt gebracht:

»Wer es schafft, mit Hilfe apokalyptischer Visionen eine globale Massenhysterie zu entfachen, der wird sich auf die Dauer nicht mit dem Kampf gegen das CO2 zufrieden geben.«

Minister Habeck sieht die Senkung von Emissionen als seine Hauptaufgabe an. So feiert er als Wirtschaftsminister die Erreichung der CO2-Ziele als Erfolg, obwohl dies vor allem durch wirtschaftlichen Abstieg erreicht wurde. Der seltsame Begriff eines Standortpatriotismus, gerade aus seinem Munde, weckt Irritation. Patriotismus und Wirtschaft sind verschiedene Kategorien, egal ob es sich um energieintensive Industrie oder den Ausrüster der Fußball-Nationalmannschaften handelt. Die Solarindustrie einschließlich des damit verbundenen Solarglasherstellers in Tschernitz (Brandenburg) wandern auf Grund hoher Energiepreise und Arbeitskosten ab oder droht damit. Immerhin sinken dann die Emissionen.

Einen Zielkonflikt kann der Minister offenbar nicht erkennen. In seinem Übermut fordert er sogar wieder den Rückbau der Gasnetze unter dem Vorwand, Fehlinvestitionen müssten „bis zur Klimaneutralität“ vermieden werden. Anstelle diese abzuwarten und die Gasleitungen zur Sicherheit bestehen zu lassen, folgt er der grünen Methode, zuerst abzuschalten und rückzubauen, bevor Alternativen belastbar zur Verfügung stehen. Der Geist Graichens schwebt offenbar noch immer durch die Flure des Ministeriums und treibt den Minister vor sich her.
Habeck erklärt die Energiekrise für beendet und die Versorgung für sicher, wohl aus dem Grund, dass derzeit die Gasspeicher noch zu über 65 Prozent gefüllt sind. Dass die jüngste Ausschreibung „Wind an Land“ wieder unterzeichnet war und die ehrgeizigen und unrealistischen Ideen aus dem „Osterpaket“ des vergangenen Jahres Makulatur sind, dringt offenbar nicht zum Minister vor. Sichere Erzeugung und der Bedarf von Energie laufen weiter auseinander, nicht einmal der Zubau von Zufallsstromerzeugern läuft nach grünen Wunschvorstellungen.

Von der Seitenline

Derweil kommen massiv Einwürfe unangenehmer Art von der Seitenlinie, so von McKinsey mit der Studie „Zukunftspfad Stromversorgung“. Dort errechnet man ein Sparpotenzial von 20 Prozent bei einem viel geringeren Zubau an Photovoltaik (PV). Das wäre genau das Gegenteil vom exzessiven Ausbau, der von der Regierung verfolgt wird.

Während Eon-Chef Leonhard Birnbaum aussagt, dass die Reserven im System aufgebraucht sind, kündigte RWE-Chef Krebber die nächsten fünf Abschaltungen an. Das ist an sich keine Überraschung, denn es handelt sich bei dreien um die Braunkohlekraftwerke, die ehemals in die so genannte Sicherheitsbereitschaft versetzt worden waren, aber aus Anlass des Ukraine-Krieges reaktiviert wurden. Sie werden nun endgültig stillgelegt, plus der zwei bei LEAG in der Lausitz. Bei zwei weiteren waren die Laufzeiten verlängert worden. Etwa 3.100 Megawatt gesicherte Kapazität entfallen, zusätzlich nehmen Steinkohlekraftwerke ihre ersteigerten Stilllegungstermine wahr. Inbetriebnahmen neuer Blöcke gibt es nicht.
Stromimporte von 15 Gigawatt und mehr sind im Tagesverlauf inzwischen häufig der Fall und wir schalten weiter ab.

Doktor Werner Götz von TransnetBW, dem Übertragungsnetzbetreiber im Südwesten, sieht es für nötig an, dass das Netz nicht nur ausgebaut, sondern auch betreibbar bleiben muss. Offenbar ist das heute nicht mehr selbstverständlich. Mirjam König ist ebenfalls bei TransnetBW angestellt und weist auf die Studie „Systemstabilität heute und bis 2030“ hin. Es seien bei der Untersuchung Zustände gefunden worden, in denen ein n-1-Fehler für ein Systemversagen ausreichen würde – siehe Tesla. Das heißt, schon bei Ausfall einer Leitung könnte das Netz aus dem Gleichgewicht geraten. Dabei ist die n-1-Sicherheit ein Grundprinzip der Netzplanung.

Katherina Reiche, Chefin des größten Verteilnetzbetreibers Westnetz, warnt vor enormen Versorgungslücken bei einem Kohleausstieg 2030. Bis zu hundert Abschaltungen pro Jahr seien möglich, die über 20 Stunden dauern könnten. Bis 2050 würden Investitionen von rund fünf Billionen Euro auflaufen, um Klimaneutralität zu erreichen.

Eon-Chef Leonhard Birnbaum macht das Erreichen der Ausbauziele der Windkraft vom Netzausbau abhängig. Im Grunde fordert er eine Ausbaubremse, ein Moratorium des Zubaus der „Erneuerbaren“, um den Netzausbau zu synchronisieren. Man könnte es auch „Moratorium“ nennen, wie ich es im Buch „Dunkelflaute“ vor sieben Jahren beschrieb.

Dem Morgengrün entgegen

Unbeirrt davon hielt Minister Habeck eine einigermaßen verwirrende Rede auf dem Kongress „Zukunft Mittelstand 2024“ mit der Aussage, dass der Staat keine Fehler mache. Er feierte den Bürokratieabbau bei der Photovoltaik, in anderen Branchen scheint er dies nicht als nötig anzusehen. Im Gegenteil, über „Klimaschutzverträge“ sollen Subventionen versteigert werden. Ein erstes Gebotsverfahren ist eingeleitet worden. Nötig sind also Ausschreibungsunterlagen, Gebote, Entscheidungen, Personal. Das ganze zusätzlich zu den bürokratischen Aufwänden für den Emissionshandel und diversen Subventionstatbeständen. Der postulierte Bürokratieabbau ist nur Ablenkung.

Zwei Drittel der Deutschen haben Zukunftsängste, und das sind keine Klimaängste.
Der Europarat konstatiert eine hohe Armutsquote, Wohnungsnot und Obdachlosigkeit in Deutschland. Ein merkwürdiger Chor singt im Hintergrund immer noch vom Land, in dem wir gut und gern leben, wo alle reich sind und wo alle noch etwas abgeben könnten. Auch hier sagen die Zahlen anderes. Viele verlassen das Land, um gut zu leben. Auch die Präambel des Grundgesetzes, wonach Deutschland dem Frieden der Welt dienen wolle, hat keinen Wert mehr.
An die Stelle der Artikel des Grundgesetzes ist das mystisch überhöhte Ziel einer „Großen Transformation“ getreten. Kanzlerin Merkel sagte vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2020:

„Aber, meine Damen und Herren, das sind natürlich Transformationen von gigantischem, historischem Ausmaß. Diese Transformation bedeutet im Grunde, die gesamte Art des Wirtschaftens und des Lebens, wie wir es uns im Industriezeitalter angewöhnt haben, in den nächsten 30 Jahren zu verlassen . . .“

Einzelheiten nannte sie nicht, hatte aber vermutlich den „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“ im Blick, den ihr Haus- und Hofklimatologe Schellnhuber und andere bereits 2011 verfasst hatten. Auch hier lohnt sich die Lektüre, die zur Erkenntnis führt, dass eine solche Transformation inklusive einer brutalen Dekarbonisierung auf dem Boden des Grundgesetzes nicht möglich ist. Die Leerformel „wir schaffen das“ hilft mit solcher Zielbeschreibung nicht weiter.

Wo geht es hin? Ein Land, in dem Kinder und Katzen primär als Klimaproblem gesehen werden, ist nicht zukunftsfähig. Die Zuwanderung wird ab- und die Abwanderung zunehmen. Ausländische Konzerne werden holen, was noch zu holen ist, die einheimischen gehen ins Ausland. Nun werden sie halt weg sein, die Arbeitsplätze. Zurück bleiben aussterbende Boomer und eine in Teilen begrenzt lebenstüchtige Generation Z. Früher glaubte jede neue Generation, sie werde die erste sein, die die Welt wirklich verbessert. Heute glauben einige der neuen Generation, mit ihr gehe sie zu Ende.

Wir werden weiter verunsichernde Informationen aus der deutschen Energiewendewunderwelt erhalten. Wie das Ende der Habeckschen Zielgerade genau aussehen wird, ist noch unbekannt.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier

Anmerkung der Redaktion

Nicht zu vergessen, dass wir bereits heute unterhalb der Schwankungsbreite der Frequenzgradienten bewegen. Bis 2030 wir es nach einer Studie der 4 Netzbetreiber haben sie sie in einer Analyse vom September 2023 berechnet (hier)  Bei der dazu alles bestimmenden Momentanreserve mit Frequenzgradienten von 1 Hz/s fehlten schon bis 2030 bereits 90 %. Von mindestens 496 GWs oder 19,8 GW die benötigt wurden, sind dann nur noch 52,7 GWs vorhanden.(Bild 1), oder 2,1 GW Und weiter nach deren Angaben, dürfen wir bis zu 2030 mehr als 4000 h ohne diesen Ausgleich dastehen.

Näheres dazu hier

 




Umkehr ist immer noch möglich

Edgar L. Gärtner

Sind die Anhänger des gesunden Menschenverstandes („Klimaskeptiker“) dazu verurteilt, in der Wüste zu predigen? Diese fatalistische Haltung klingt meines Erachtens an im zweiten Teil der Abhandlung meiner Freunde Raimund Leistenschneider und Werner Eisenkopf. (Mit Werner Eisenkopf bin ich im Jahre 2007 in dessen SUV nach Hannover zur Gründung von EIKE gefahren.) Dabei ziehe ich deren Einschätzung Sarah Wagenknechts und der Partei BSW nicht in Frage. Ich finde aber den verallgemeinernden Ton bedenklich, in dem sie ihre Skepsis formulieren: „Soll eine Zelle/Zellverbund z.B. eine Neigungshaltung ausführen, so müssen die Zellen dazu veranlasst werden, ihren Zustand zu ändern. Dies machen die Zellen nur dann, wenn sich ihre interne „Mixtur“ (Zellproteine) verändert oder sie Signale von außen erhalten, die aber auch (in anderen Zellen) letztendlich über Genomabschriften entstehen. Zellproteine werden durch Abschriften eines bestimmten Abschnittes im Genom (Gen genannt) erzeugt. Dabei bestimmen Steuerungssequenzen und Botenstoffe die Abschrift. Haben sich die (plastischen) Steuerungssequenzen für die Gene (ein Gen selbst ändert sich frühestens in einem Zeitraum von etwa 10.000 Jahren), die Steuerungssequenzen also, die darüber entscheiden, welche Gene für Zellproteine und in welcher Häufigkeit generiert werden und damit das Verhalten der Zellen/Neuronen bestimmen, nicht verändert, dann hat sich die Person (Alterungsprozesse nicht berücksichtigt), in ihrem Verhalten, Denken, Weltanschauung,… nicht verändert und ist immer noch ein und dieselbe Person wie z.B. vor 30- oder 40 Jahren…“

Hier wird das „Ich“ politischer Führungspersönlichkeiten ausschließlich molekularbiologisch erfasst. Die „Selbsttranszendenz“ im Sinne des späten Freud-Schülers Viktor Frankl, der es geschafft hat, als Jude Hitlers KZs geistig gesund zu überstehen, wird ausgeblendet. Frankl schrieb: „Der grundlegende anthropologische Tatbestand, dass Menschsein immer über sich selbst hinaus auf etwas verweist, das nicht wieder es selbst ist – auf etwas oder auf jemanden: auf einen Sinn. Und nur in dem Maße, in dem der Mensch solcherart sich selbst transzendiert, verwirklicht er auch sich selbst: im Dienst an einer Sache. Ganz er selbst wird er, wo er sich selbst übersieht und vergisst.“ (zit. n. Raphael M. Bonelli: Die Weisheit des Herzens, 2023)

Der Dominikaner Thomas von Aquin, einer der größten Philosophen aller Zeit, sagte: „Dem Weisen ist es eigen, zu ordnen.“ In der Tat ist Ordnung mehr als das halbe Leben. Selbst um den Status quo aufrecht zu erhalten, muss immer gezielt Energie gegen die universelle Tendenz der Entropiezunahme aufgewandt werden. Nach der Einführung der grundlegenden physikalischen Größe Entropie durch den deutschen Physiker Rudolf Clausius im Jahre 1865 betonte der französische Gewaltheoretiker Georges Sorel (1847-1922) : “Die Bewegungen gegen die Größe hin sind immer erzwungen, und die Bewegungen dem Verfalle zu sind stets natürlich.“ (zit. n. Bruno Bandulet: Rückkehr nach Beuteland, 2023, S. 9) Deshalb ist es fraglich, ob man die Ordnung eines Gemeinwesens auf individuelle Rechte statt auf Pflichten bauen kann, wie das die amerikanische und die französische Revolution versuchten.

Beide Revolutionen samt den Proklamationen der Menschenechte wiedersprechen dem Ordnungsruf Thomas von Aquins, wonach wir Menschen die Welt zwar im Detail erkennen, die Welt als Ganzes aber nicht verstehen können. Ordnung machen bedeutet für Thomas von Aquin in erster Linie zu unterscheiden zwischen Prozessen, die wir gezielt beeinflussen können, und Prozessen, die sich unserem Willen entziehen. Es bedurfte einer wirklich mutigen und unabhängigen Stimme, um den republikanischen (= gnostischen) Illusionen entgegenzutreten.

Simone Weil, jene hochintelligente, klassisch gebildete französische Philosophin jüdischer Herkunft, die zur republikanischen Widerstandskämpferin und christlichen Mystikerin wurde, ist in ihrem im britischen Exil geschriebenen und 1949 posthum von Albert Camus veröffentlichten Werk „L’enracinement“ (Die Verwurzelung) kategorisch: Rechte gibt es nur, soweit ihnen Verpflichtungen, Obligationen gegenüberstehen. Das Primat kommt also nicht den Rechten, sondern den Pflichten zu. Es gibt deshalb keine allgemeinen Menschenrechte, sondern nur Pflichten gegenüber Gott, sich selbst und gegenüber den Mitmenschen.

Als Angehörige der Widerstandsbewegung um General Charles de Gaulle ging es Simone Weil vor allem um die Wiederaufrichtung der französischen Nation nach dem selbst verschuldeten Debakel von 1940. Dennoch bleibt dieses Buch eine Fundgrube für all jene, die nach Alternativen zur festgefahrenen Politik des Parteien-Kartells suchen. Weil setzt sich darin sogar schon mit dem Problem der Zähigkeit des „deep state“ auseinander, lange bevor dieser Begriff aufkam. Simone Weil hatte bereits an anderer Stelle gezeigt, dass die Bibel eigentlich kein theologisches, sondern ein anthropologisches Werk ist. Denn wir erfahren darin so gut wie nichts über Gottvater, dafür im Neuen Testament umso mehr über das vorbildliche Leben und Sterben des Gottmenschen Jesus Christus und über die Schwächen der irdischen Menschen. Im Alten Testament spricht Gottvater zu den Juden (und zu uns) durch die Verkündigung der Zehn Gebote am Berg Horeb. Von Rechten ist darin nicht die Rede, sondern nur von Verboten und Pflichten. Bis vor etwa einem Jahrzehnt glaubte ich noch, die Menschen hätten, dem liberalen Credo entsprechend, durch Versuch und Irrtum allmählich auch selbst darauf kommen können. Das glaube ich heute nicht mehr.

Gesellschaftliche Selbstorganisation, Marktwirtschaft als Entdeckungsverfahren im Hayekschen Sinn führt meines Erachtens nur dann zu vernünftigen Ergebnissen, wenn dieser Prozess auf vernünftigen Regeln (Geboten und Verboten) fußt. Das siebte Gebot „Du sollst nicht stehlen!“ schließt zum Beispiel alle Formen des Wirtschaftens aus, die auf Raub oder Diebstahl fremden Eigentums beruhen. Wer den Dekalog ernstnimmt, landet folgerichtig bei der auf freiwilligem Tausch beruhenden kapitalistischen Marktwirtschaft und nicht beim Sozialismus in welcher Form auch immer. Eine auf Dauer angelegte Ordnung – sei es in der außermenschlichen Natur oder im Zusammenleben der Menschen – kann nicht durch Zufall entstehen. Es bedarf hierzu des Anstoßes durch die richtige Information, den λόγος im Sinne des Johannes-Evangeliums, wobei lógos eine Relation bezeichnet. Erst durch die Anerkennung des Tötungs-, Diebstahls- und Neid-Verbots verlassen die Menschen das barbarische beziehungsweise kannibalische Stadium der Kulturentwicklung. So sieht das auch Simone Weil und beginnt ihren Katalog der Menschenpflichten mit dem Bedürfnis nach Ordnung. Erst an zweiter Stelle kommt die Freiheit, die sie als Grundnahrung der menschlichen Seele bezeichnet.

Der Mensch (…) hat mit dem Neokortex das Potenzial zur Selbstprägung bekommen, das Potenzial, in sich Ordnung zu verwirklichen – oder eben nicht. Sein Herz kann, ist der Wille richtig ausgerichtet, Bauch und Kopf veredeln. Darin besteht die Freiheit des Menschen“, folgert Rhaphael M. Bonelli in seinem neuen Bestseller „Die Weisheit des Herzens. Wie wir werden, was wir sein wollen“ aus den Forschungen des US-amerikanischen Psychiaters und Genetikers Robert Cloninger. Als leuchtendes Beispiel für eine willentliche Umkehr (Metanoia) zitiert Bonelli die von Steven Spielberg verfilmte Geschichte des Unternehmers Oskar Schindler, der sich in kurzer Zeit vom Profiteur der Judenvernichtung zum Retter Tausender von Juden wandelte.

Die Metanoia ist allerdings nicht planbar. Nichts ließ erahnen, dass Oskar Schindler zum Helden werden würde. Doch man sollte die Möglichkeit einer solchen individuellen Umkehr nie ausschließen. Andernfalls hätte der geduldige Kampf des Europäischen Instituts für Klima und Energie für die Wahrheit keinen Sinn.

 




Die Stromversorgung wird immer unsicherer

Das Abschalten der Braunkohlekraftwerke zwischen Köln und Aachen verteuert den Strom weiter und führt zu Versorgungslücken. Stromausfälle rücken näher.

von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz

Die Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke (RWE) haben über viele Jahrzehnte mit ihren Kraftwerken sicher und preiswert das Ruhrgebiet und größere Teile von Deutschland mit Strom versorgt. Energieträger war vor Ort gewonnene Braun- und Steinkohle. Mit dem Auslaufen der unrentablen Steinkohleförderung (Erdöl und Importkohle wurden viel preiswerter) wurden die Steinkohlekraftwerke zunächst mit Importkohle weiter betrieben. Die Energiewende, die CO2-Emissionen verteufelt und mit teuren CO2-Zertifikaten die Stromerzeugung aus Kohle verteuert, verringerte die Rentabilität. So wurden die Steinkohlekraftwerke vorwiegend an einen tschechischen Investor verkauft und massiv in Windstromanlagen weltweit investiert. Damit konnte man sich auch als ergrünendes Energieunternehmen brüsten. Die Braunkohlekraftwerke, die den günstigsten Strom erzeugen, blieben bis heute bei RWE.

Gesicherte Leistung fehlt 

Nun soll ein Teil der Braunkohlekraftwerke stillgelegt werden, wie es im Kohleausstiegsgesetz gefordert wird. Dazu gehören auch Kraftwerksblöcke, die als Notreserve in den letzten Jahren zur Stabilisierung des Stromnetzes wieder angefahren wurden. Für ein stabiles Netz wird 45 Prozent installierte Leistung aus Kraftwerken gebraucht. Die Kraftwerke können im energetisch ungünstigen Teillastbereich laufen, wenn über 55 Prozent Wind- und Solarstrom (Fakepower) eingespeist wird. Wichtig ist die Momentan-Reserve, die als Rotationsenergie in den großen Massen der Turbinen und Generatoren gespeichert ist. Sie bremst Netzschwankungen, bis Regelkraftwerke einspringen.

Die Netzleistung schwankt zwischen 50 und 75 Gigawatt (GW). Mit der Abschaltung von mehr als 3 GW sicherer Leistung fehlen dann 9 Prozent zum Ausgleich des schwankenden und nicht regelbaren Wind- und Solarstroms.

RWE verdient an „erneuerbaren Energien“ zweimal

Laut Presseberichten über die Jahreshauptversammlung hat RWE im letzten Jahr den Gewinn deutlich erhöht. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden, Markus Krebber, hat dazu die Stromerzeugung aus Braunkohle nur wenig beigetragen. Die Gewinne würden im Wesentlichen aus den „erneuerbaren Energien“ und der Stromverteilung an die Kunden gespeist. Im Klartext dürfte das heißen: RWE verdient zweimal. Zunächst an den lukrativen Einspeisevergütungen aus den Fakepower-Anlagen, die vom Steuerzahler nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) subventioniert werden, dann aus den Rückkauf des eingespeisten Stroms über die Börse zu viel geringeren Preisen. Bei Starkwind und Sonnenschein gibt es den Strom oft umsonst. Letztes Jahr wurde sogar über mehr als 300 Stunden die Abnahme des Überschussstroms noch vergütet (negative Börsenpreise).

Teure Netze

RWE braucht sich um die Netzstabilität nicht mehr zu sorgen. Die Aufgabe haben die 4 Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz für Ostdeutschland,  Amprion für das erweiterte Ruhrgebiet, Tennet für die Mitte Deutschlands von der See bis nach Bayern und TransnetBW  für Baden Württemberg bekommen. Die Netzbetreiber sind zuständig für die Vergütung der Fakepower-Einspeisung und für die Netzstabilität. Sie haben Zugriff auf die Kohle- und Gaskraftwerke zum Regeln der Netzleistung auf den Bedarf. Seit Beginn der Energiewende sind die Regelkosten von 100 Millionen im Jahr auf 4.200 Millionen Euro gestiegen. Für jeden Einwohner sind das über 50 Euro Mehrkosten im Jahr. Mit der Abschaltung der Kohlekraftwerke steht immer weniger Regelleistung zur Verfügung, die immer mehr schwankende Fakepower im Netz stabilisieren soll. Das muss schiefgehen. 

Bundesrechnungshof wird ignoriert

Der Bundesrechnungshof hat diese Entwicklung, die zum Zusammenbruch des Stromnetzes führen muss, vor wenigen Wochen scharf kritisiert. Doch das stört den zuständigen Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck nicht. Er bejubelt die Reduktion der CO2-Emissionen durch den Niedergang der deutschen Industrie als Erfolg seiner Politik. Gestützt wird er von dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, und den Vorstandsvorsitzenden von RWE und E-on, die bei Bedarf sichere Leistung aus dem Ausland importieren wollen.

Deutschland wird noch mehr erpressbar  

Das Abschalten der mit heimischer Braunkohle betriebenen Kraftwerke in West und Ost macht Deutschland voll abhängig von importierten fossilen Brennstoffen und damit beliebig erpressbar. Die Deindustrialisierung wird beschleunigt. Stromimporte mit gesicherter Leistung aus den Nachbarländern werden unsicherer, weil auch die EU die fossilen Brennstoffe verdammt. Der weitere Ausbau von Fakepower-Anlagen lässt die Stromkosten steigen und schwächt das Stromnetz bis zum Zusammenbruch. Trotz Warnung des Bundesrechnungshofes  wollen alle Bundestagsparteien (bis auf die AfD) die Energiewende zur Weltklimarettung weiter treiben. Muss erst ein tagelanger Blackout die Politiker zu der Einsicht bringen, dass wir noch Jahrzehnte auf die fossilen Brennstoffe angewiesen sind?

Die heimischen Braunkohlekraftwerke müssen ausgebaut und nicht stillgelegt werden. Die Steinkohlekraftwerke müssen als preiswerte Stromerzeuger mit gesicherter Leistung weiter betrieben werden. Kohle ist weltweit in großen Mengen verfügbar. Die Erpressbarkeit verringert sich. Und Kohle kann problemlos im Freien auf Halde gelagert werden. Ist das den Politikern nicht bekannt?

 

 

 




Der Gasalarm – Warum hält die Regierung daran fest?

Am 23. Juni 2022 gab es den Gasalarm. Grund waren die Befürchtungen vor einer drohenden Gasmangellage. Die Gefahr ist zunächst gebannt. Den Alarm gibt es weiter.

Von Frank Hennig

Unter großer medialer Beachtung wurde im vergangenen Sommer der Gasalarm ausgerufen. Nicht der ganz große, der Notfall, sondern die im „Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ (basierend auf der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010) festgelegte Stufe b:

„b) Alarmstufe: Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt, der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen.“

Damals waren die Speicher nur zu 58 Prozent gefüllt, wann LNG-Terminals fertig sein würden und ob dann Tanker anlegen würden, wusste zu dieser Zeit niemand. Auch nicht, ob das Sparverhalten der Bevölkerung den Forderungen entspricht und ob die Industrie voll weiter produziert oder eher runterfährt. Auch das Wetter im jetzigen Winter war unbekannt, trotz behaupteter Erderhitzung hielt man Frost für möglich. Der Weihnachtswünsche des Klimaministers Habeck gab es eigentlich nur zwei: eine sparsame Bevölkerung und mildes Wetter.

Damals und heute

Beides ist nun, mehr oder weniger, eingetreten. Und natürlich war die Regierung nicht untätig. Viele Flugmeilen der Regierungsstaffel führten nach Katar, Kanada und Namibia, um nur einige Stationen zu nennen. Dort gab es den Kotau vor den Repräsentanten möglicher künftiger Lieferländer für verflüssigtes Erdgas (LNG) und noch künftigerer Lieferungen von grünem Wasserstoff.

Die Erkenntnis nebenbei ist, dass die Frackingtechnologie im Ausland vertretbar und akzeptabel ist, in Deutschland aber nicht. Ebenso spielte die Tatsache keine Rolle, dass die Emissionen des LNG insgesamt das Niveau der deutschen Kohle erreichen. Das weiß sogar ein Grüner wie der klimavorreitende ehemalige Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell.

Weiterhin gab es ein Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG), es wurden Kraftwerke aus der Sicherheitsbereitschaft (Braunkohle) und solche, die bereits den Zuschlag zur Stilllegung bekommen hatten (Steinkohle), wieder aktiviert. Nie gekannte Strompreise am Markt machten den Aufwand der Unternehmen zur Reaktivierung lässig wett.

Eine dreieinhalbmonatige Laufzeitverlängerung der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke (KKW) blieb einem Machtwörtchen des Kanzlers vorbehalten. Dieses war sorgsam mit der grünen Führung austariert hinsichtlich der Frage, was man der grasfarbenen Basis und den Altkommunisten unter den Funktionären zumuten kann.

Die Verstaatlichung des Gaskonzerns Uniper ist vollzogen (in Finnland knallten die Champagnerkorken), er wird jetzt mit Steuergeld zwangsbeatmet ob seiner immensen Verluste, liefert aber weiter Gas.

Die Industrie fuhr aus wirtschaftlichen Gründen die Produktion teilweise zurück, die Bevölkerung sparte heftig, weniger aus Folgsamkeit, sondern durch den immensen Preisdruck. Die Drohung der Gasumlage drehte sich über Nacht um 180 Grad zur Gaspreisbremse. Dann kam ein milder Herbst und von Weihnachten bis mindestens Mitte Januar mildes und windiges Wetter.

Die Gasspeicher sind nun immer noch zu über 90 Prozent gefüllt, zwei LNG-Terminals sind in Betrieb und vor Westeuropa stauen sich die LNG-Tanker. Der Gaspreis hat fast das Vorkriegsniveau wieder erreicht. Es gibt derzeit keinen Mangel an Gas, die Versorgungslage ist nicht gestört, sondern entgegen den Erwartungen außerordentlich entspannt.

Die nicht gestellte Frage

Den Gasalarm gibt es immer noch. Warum? Und warum stellt niemand diese Frage? Weder die anderen Ampelparteien noch die Opposition haken nach. Die Medien auch nicht, obwohl sie doch die kritische Begleitung sein sollen. Hier wird deutlich, warum es bei uns kein „Miniwahr“ zu geben braucht. Wir erinnern uns an das „Ministerium für Wahrheit“ aus Orwells „1984“, in dem Geschichte umgeschrieben wurde, damit sie zur Gegenwart passt. Die ach so investigativen Journalisten der „Qualitätsmedien“ vergessen einfach die Geschichte, selbst die von vor einem halben Jahr und fragen nicht nach. Es könnte die Bevölkerung verunsichern. Es könnte die Regierung verunsichern. Noch schlimmer: Es könnte das Vertrauensverhältnis der Medien zur Regierung verunsichern.

Das Festhalten am Gasalarm könnte symptomatisch sein für eine überforderte Bundesregierung, die ihre eigenen und die EUSpielregeln nicht mehr überblickt. Es könnte auch Absicht sein, denn wem nutzt es?

Der Paragraf 31k des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) enthält eine Klausel, die im Falle dieser ausgerufenen Notfallstufe festgelegte Einschränkungen des Betriebs von Windkraftanlagen aufhebt. So kann die Abschaltung zu Nachtzeiten oder zur Vermeidung von Schattenwurf entfallen. Mit Aufheben der Alarmstufe würde der Normalbetrieb nach Genehmigungsbescheid wieder einsetzen, Produktion und Gewinn würden wieder sinken. Da die energiepolitischen Entscheidungen der vergangenen Jahre immer im Sinne der Erneuerbaren-Branche erfolgten, würde dies das Festhalten am Gasalarm zwecks Gewinnsteigerung der Windkraftbetreiber erklären.

Idealerweise Krieg

An anderer Stelle sind die Grünen deutlich flexibler. Auch wenn eine Kohlekommission über zwei Jahre tagte und sie ein Ausstiegsgesetz mit Zieltermin 2038 beschlossen, hat das nicht viel zu bedeuten. Keine drei Jahre nach dem Beschluss wird kräftig dagegen angearbeitet. Die Klausel im Koalitionsvertrag, wonach ein Kohleausstieg „idealerweise“ auf 2030 vorgezogen werden kann, wird nun mit Verve verfolgt.

Fassen wir die gerade herrschenden Bedingungen zusammen: Es gibt eine Gasmangellage, jedenfalls den Alarm, es ist Krieg in Europa – das größte Land hat das zweitgrößte überfallen –, wir haben eine latente Strommangellage, erkennbar an noch nie gesehenen Börsenpreisen, es herrscht Inflation und der Atomausstieg geht weiter. Der im Kohleausstiegsgesetz vorgeschriebene Zwischenbericht zum Stand des Kohleausstiegs ist überfällig, man hat entweder keinen Überblick oder will die Rückschritte beim Kohleausstieg nicht eingestehen. Aus grüner Sicht sind die Bedingungen aber so „ideal“, dass man den Kohleausstieg nun auf 2030 vorziehen könne.

Wenn dann schon ein Kompromiss entsteht, wie im Fall Lützerath, wird auch das instrumentalisiert. NRW-Umweltminister Krischer fordert im Deutschlandfunk die gewaltaffine Basis zum Marsch in die Lausitz auf, um dort den Braunkohleausstieg „vorzuziehen“. Was kümmert mich mein Gesetz von gestern?

Auch hier gibt es kaum Echo. Die drei Ministerpräsidenten der Ost-Kohleländer und einige Landräte wiesen das Vorziehen des Termins zurück. Von ihren Parteien, den Gewerkschaften und Medien gibt es nichts als dröhnendes Schweigen zu der offen versuchten Aushebelung eines lange beratenen Gesetzes. Wie in NRW soll die Kohle eher raus, ohne das dazugehörige Strukturstärkungsgesetz, das den Ausstieg wirtschaftlich und sozial begleitet, zu ändern. Das Land wird nicht bedroht von den Grünen, sondern von jenen, die ihre Politik zulassen.

Die Folgerung aus der bigotten grünen Politik kann nur lauten, ihren Zusagen und selbst Unterschriften nicht zu trauen. Kompromisse mit ihnen sind wertlos. Sie maßen sich an, „fürs Klima“ alle anderen Regelungen über den Haufen werfen zu können und sich wie ihr militantes Fußvolk nicht an bestehende Gesetze und Regelungen halten zu müssen. „Dem Klima“ helfen Gasalarm und LNG wie auch die Grünen nicht – im Gegenteil.

 




EIKE wünscht allen Lesern frohe Ostern!

EIKE wünscht allen Leser ein frohes Osterfest und viele glückliche Gedanken. Es wird alles gut werden. Das ist die Osterbotschaft.