Trotz dieser kriegerischen Sprache handelt sich beim Wahlkampf um einen unblutigen Kampf, der überwiegend mit Worten ausgefochten wird, wobei alle Künste der Rhetorik ausgeschöpft und alle Tricks der Demagogie angewandt werden können. Der Wahlkampf ist Meinungskrieg der Worte und Neigungskrieg zugleich. Es kommt darauf an, zu wessen Gunsten sich die Waagschale neigt. Wem es gelingt, sich in einem Wahlkreis die Mehrheit der Wähler oder die Mehrheit an Erststimmen zugeneigt machen kann und von ihnen das ersehnte „Kreuz“ erhält, der hat sein Territorium, seinen Wahlkreis, direkt erobert. Der kann besonders stolz sein, der ein fremdes Revier erobert und den Platzhirsch verjagt hat. Er darf sich als direkt gewählter Abgeordneter fühlen, somit als echter „Volksvertreter“, der nicht über einen Listenplatz ins Parlament aus Parteignade gerutscht ist. Die Listenplätze werden streng nummeriert und schon vor den Wahlen festgelegt. Diesen muss sich jeder Kandidat parteiintern erobern. Mit seiner Zweitstimme wählt der Bürger eine Partei, keine Person.
Wahlen sind Neigungskämpfe, ja Klimakriege
Wenn auch die „Klimapolitik“ weitestgehend im stillschweigenden Einvernehmen zwischen allen konkurrierenden Parteien ausgeklammert wurde, da bezüglich „Klimaschutz“ zwecks Abwendung der „Klimakatastrophe“ ein parteiübergreifender Konsens zu bestehen scheint, ist jeder Wahlkampf, auf welcher politischen Bühne er ausgefochten werden mag, ein Klimakrieg. Das Wort Klima kommt aus dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt Neigung! Und nur um das Gewinnen von Neigung oder Zustimmung geht es bei der Wahl.
In einer parlamentarischen Demokratie ist automatisch jeder Mandatsträger ein Klimakrieger. Will er gewinnen, muss er von Plakaten lächeln, sich von seiner besten Seite zeigen. Er muss auf die Menschen zugehen, kleine Geschenke machen, freundliche Worte finden, Versprechungen machen, alles mit dem einzigen Ziel, ihre Zuneigung zu gewinnen und deren „Kreuz“ zu erhaschen. Politiker sind geborene Klimajongleure, die die Kunst beherrschen müssen, das Vertrauen von Menschen –zumindest vorübergehend- zu gewinnen und den politischen Gegner auszustechen. Ein Wahlkampf ist ein Neigungskampf. Wer die meiste Zuneigung auf sich zieht, gewinnt. Wer kein ausgesprochener Klimaegoist ist und nicht die meisten Stimmen ergattert oder ergaunert, ist Klimaverlierer. Von den 299 direkt zu vergebenden Wahlkreisen hat die CDU/CSU 236 erobert mit weitem Abstand vor der SPD mit 58, der Linken mit 4 und den Grünen mit 1.
Betrachtet man das Endergebnis, so sind die beiden Unionsparteien CDU/CSU die eindeutigen Klimagewinner. Von den 630 Sitzen nehmen sie 311 ein, ein Plus von 72 Sitzen. Ganz klarer Klimaverlierer ist die FDP. Sie hat die 5-Prozent-Hürde nicht genommen und verliert alle 93 Mandate. Die SPD zieht mit 192 Abgeordneten in den Bundestag. Das sind 46 mehr, die aber alle nicht direkt ihren Wahlkreis gewonnen, sondern über einen Listenplatz eingezogen sind. Die Linke wie die Grünen haben in diesem Klimakampf leichtere, wenn auch schmerzliche Verluste hinnehmen müssen. Mit 64 Sitzen hat die „Linke“ einen Sitz mehr als die „Grünen“, ist also drittstärkste Partei. Interessant wird sein, ob nach der Regierungsbildung der Hund mit dem Schwanz oder der Schwanz mit dem Hund wedelt.
Klimapolitik ist Neigungspolitik ist Gesellschaftspolitik
Diesen einfachen Zusammenhang zu erfassen und in der politischen Arena zu artikulieren, wäre die große Chance für die neue Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) gewesen. Sie hätte das feste, von links bis rechts reichende klimapolitische Schweigekartell brechen und damit klar den mit 4,7 Prozent nur knapp verpassten Einzug in den Bundestag feiern können. Dass diese Chance von einer Partei, die sich aus dem gehobenen Bildungsbürgertum entwickelt hatte, nicht genutzt wurde, ist kaum zu verstehen. Es drängt sich als Erklärung die Annahme auf, dass der politische Dressurakt „Klimaschutz“ inzwischen einen gesellschaftspolitischen Kollektivzwang ausübt, der es politisch für gar nicht opportun erscheinen lässt dagegen anzugehen. Es ist offensichtlich die Angst vor den Medienvertretern, die sich als eiserne Sittenwächter des „Klimaschutzes“ aufspielen und jeden, der dieses Politikziel auch nur geringfügig infrage zu stellen sich wagt, massiv des politisch unkorrekten Verhaltens bezichtigen.
Mir fällt hier eine Frage ein, die Mark Twain (1835-1910) stellte: „Manchmal frage ich mich, ob die Welt von einigen klugen Köpfen regiert wird, die uns für dumm verkaufen wollen, oder von einigen Dummen, die ernsthaft reden.“ Die Antwort ist deswegen schwierig, weil eine Regierung sich in unbekannter Mischung aus Klugen und Dummen zusammensetzt. Wir haben diese Dualität auch beim Licht, das sowohl Korpuskel als auch Welle ist. Wenn man wie Mark Twain vom Entweder-Oder-Standpunkt ausgeht, dann hat die AfD als Alternative eine riesengroße Chance verpasst, die Klima-Waagschale zu ihren Gunsten kippen zu können. So hat sie sich als Alternative „alternativlos“ gezeigt und ist trotz Achtungserfolg knapp mit 4,7 Prozent der Zweitstimmen gescheitert. Ob sie die Mutlosigkeit heute bereut?
Klima ist nicht Klima und Klima bestimmt schon gar nicht das Wetter
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist Klima ein sehr häufig gebrauchtes Wort auf und tritt fast immer in Kombination mit anderen Begriffen auf, deren Eigenschaft es ist, nicht konstant sondern stets veränderlich und Schwankungen unterworfen zu sein. „Alles fließt“, wusste schon Heraklit und dazu bedarf es einer Neigung. Das Wort „Klima“ als „Neigung“ ist unbestimmt in der Urbedeutung. Erst mit der Angabe des Neigungswinkels kann man die Stärke des Flusses abschätzen. Das Ziel ergibt sich, wenn auch die Richtung bekannt ist. Das Wort „Klima“ ist so im Sprachgebrauch wie im individuellen wie kollektiven Unterbewusstsein verankert, dass wir uns praktisch keine Gedanken machen und emotional mit Angst reagieren, wenn die „Warnung vor der drohenden Klimakatastrophe“ ausgesprochen wird.
In welchen Wortkombinationen kommt nicht alles das Wort „Klima“ vor. Das beginnt beim Ehe- und Familienklima, es findet sich weiter beim Arbeits- und Betriebsklima. Es steckt im Beschäftigungs- und Konjunkturklima, im Börsen-, Steuer- und Wirtschaftsklima, im sozialen und politischen Klima. Der Erfolg politischer Verhandlungen hängt vom Gesprächsklima, ja von einer freundschaftlichen Atmosphäre ab. Es gibt wohl nichts im Leben, das nicht irgendwie neigungsabhängig ist. Das betrifft den Menschen auch ganz direkt. Wenn der Gleichgewichts-Sinn versagt, der uns aufrecht, in senkrechtem Winkel stehen lässt, dann ist das für jeden Menschen eine „Klimakatastrophe“.
Eine Gleichgewichtsstörung hat wie alle anderen denkbaren „Klimakatastrophen“, sei es ein Börsenzusammenbruch, eine gewaltsame Revolution, ein Bürgerkrieg, eine Geldentwertung nichts aber auch absolut nichts mit dem Wetter zu tun. Schlimmer, das Wetter kann gar nicht vom Klima beeinflusst werden, weil das Klima vom Wetter abgeleitet ist. Das Wetter ist die Ursache dessen, was wir als Klima bezeichnen. Dies besagt allein die international gültige und verbindliche Definition von Klima. Nach Maßgabe der Weltorganisation für Meteorologie in Genf muss man 30 Jahre an einem Ort das Wetter beobachten, die meteorologischen Elemente erfassen und statistisch bearbeiten. Das Rechenkonstrukt nennt man das Klima dieses Ortes. Damit beschreibt man das „mittlere Wettergeschehen“, das allerdings vom wirklichen Wetter beliebig weit abweichen kann. Konkret ist eine 30jährige Mitteltemperatur von 9,5°C ein Wert ohne Wert. Er sagt nichts aus darüber, was alles an Wetter diesen Wert zustande gebracht hat. Solch ein Wert kann nachträglich eingeordnet und gewichtet werden, wenn man sehr lange Zeiträume betrachtet und gleitende 30-Jahresmittel-Werte betrachtet.
So geht man auch an der Börse vor, wo man versucht, das sehr volatile und durchaus von Stimmungen abhängige Verhalten des DAX durch die Konstruktion von gleitenden 90-Tage-Mitteln oder 200-Tage-Mitteln zu glätten, um Zukunftsprojektionen entwerfen zu können. Über die Unsicherheiten und den spekulativen Charakter von Börsenprognosen braucht kein Wort verloren zu werden. Auch hier gibt es einen Spruch von Mark Twain: „Voraussagen sollte man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft.“ Twain warnte zudem: „Wenn du merkst, dass du zur Mehrheit gehörst, wird es Zeit, deine Einstellung zu revidieren.“ Die Mehrheit glaubt bind der politischen Zielvorgabe, das Klima schützen zu können und zu müssen, fragt aber nicht, wie man das Wetter schützen kann, von dem das Klima statistisch abgeleitet wird.
Keiner bemerkt die Schizophrenie des Vorhabens „Klimaschutz“, dass nach entsprechender medialer Konditionierung von 90 Prozent der Bevölkerung gutgeheißen wird, auch wenn die Strompreise in unbezahlbare Höhen steigen. Eine Partei, die sich von der Masse abheben will, kann aber nur erfolgreich sein, wenn sie kritisch dem Zeitgeist gegenüber steht und auch den Mut hat, gegen den Konsensstrom zu schwimmen. Das erfordert Ausdauer, Kraft und Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit. Die Frage hätte lauten müssen: Wie steht es mit dem „Wetterklima“, dem sich ändernden Neigungsverhalten des Wetters. Dieses ist so unbekannt, dass es zwar immer wieder private Versuche gibt, grob die Witterung des kommenden Winters oder Sommers abzuschätzen, aber keine „amtlichen“ Prognosen. Es gibt bisher auch keine Antwort auf die Frage, und kein Weltklimarat beschäftigt sich damit, weshalb Jahr für Jahr bei gleichem Jahreszeitenrhythmus der Wetter- bzw. Witterungsverlauf so erheblich voneinander abweichen.
Das Wetter ist für den Menschen die große Unbekannte in der Natur, nicht das statistisch vom Wetter abgeleitete Klima, das ohnehin immer nur die Vergangenheit betrifft. „Klimaschutz“ ist wie leeres Stroh dreschen. Es kommt nichts dabei raus! Es ist das Wetter, das unser aller Leben bestimmt, das die biologische Artenvielfalt verursacht.
Kann der Mensch das Wetter nach seinen Vorstellungen „machen“?
Dieser Wunschtraum besteht schon lange. Seine Verwirklichung ist eine Frage nach der dem Menschen zur Verfügung stehenden Energie. Insbesondere in Zeiten der „Energiewende“, wo man die Kraft des Windes wie die Strahlung der Sonne nutzen muss, um die Bedürfnisse nach elektrischer Energie zu befriedigen, ist an eine großräumige Wetterbeeinflussung eher nicht zu denken.
Dieser Traum wurde in der Sowjetunion geträumt, wie dem von A. P. Beljakow 1954 in Berlin erschienenen Buch „Elektrizität rings um uns“ zu entnehmen ist. Da wird an die Worte Lenins erinnert: „Kommunismus – das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes“. Dazu heißt es: „Die unter der Leitung der Partei Lenins und Stalins vom großen sowjetischen Volke durch die Elektrifizierung geschaffene gewaltige Technik erlaubt es, die Natur umzugestalten, das Klima zu verändern, die Dürren abzuwenden, aus Wüsten blühende Gärten zu machen und ein schöneres Leben zu schaffen, als es in den Märchen dargestellt wird.“
Der Traum geht weiter: „Mit Hilfe der Elektrizität wird auch der alte Wunsch der Menschheit, das Wetter zu regieren, Wirklichkeit werden: Bei Trockenheit wird man durch starke elektrische Apparate –Konzentratoren– die Wolken verdichten und in Regenwolken umwandeln können. Oder man wird, was noch vorteilhafter ist, gigantische elektrische Regenmaschinen einsetzen. An trüben Tagen wird man den Wolkenvorhang beseitigen können, der die Sonne verdeckt; man wird Regenwolken ableiten und zerstreuen können; die Wissenschaft wird Wege finden, um an heißen Tagen die Schwüle zu vermindern und an kalten Tagen den starken Frost. Es werden einige Jahre vergehen, und durch diese mächtige Elektrotechnik und Elektrifizierung des ganzen Landes wird das Sowjetvolk unter der Leitung der Partei Lenins und Stalins eine nie dagewesene Arbeitsproduktivität erreichen. Damit wird für Millionen Menschen, für die Schöpfer der kommunistischen Gesellschaft, ein Überfluss an allen zu einem glücklichen Leben erforderlichen Gütern vorhanden sein.“
Leider sind die große Sowjetunion und mit ihm das Sowjetvolk untergegangen, bevor diese Wunschträume Wirklichkeit wurden. Zumindest war der Wille, „das Wetter zu regieren“, an der Wirklichkeit ausgerichtet. Der Wille, „das Klima zu schützen“, ist nicht einmal das.
Dipl.-Met. Dr. phil. Wolfgang Thüne