Kanzleramt an Strompreis: Nicht steigen. Befehl von oben!

Im Jahre 2009 sagte der damalige Umweltminister Röttgen (CDU): Es ist falsch, erneuerbare Energien für Strompreiserhöhungen verantwortlich zu machen. Er prognostizierte: „Richtig ist, dass der Förderanteil der erneuerbaren Energien am Strompreis äußerst gering ist. Für einen vierköpfigen Haushalt macht das im nächsten Jahr 5,95 Euro an der Stromrechnung aus“. Ein Jahr später schon verteidigte derselbe Herr Röttgen die Strompreiserhöhung um 70 Euro pro Jahr und Familie durch den Solarboom als „alternativlos“ und wichtig zur Schaffung von 340.000 Arbeitsplätzen in der Solarindustrie. Die entstanden vielleicht auch – aber leider im fernen China.

Im Juni 2011 sagt Angela Merkel (CDU) in ihrer Regierungserklärung einen Satz, der ihr vorsichtshalber von den grünaffinen Medien lieber nicht vorgehalten wird: „Die EEG-Umlage soll nicht über ihre heutige Größenordnung hinaus steigen; heute liegt sie bei etwa 3,5 Cent pro Kilowattstunde.“ Leider führ der obige Link nirgendwohin, weil auf der Webseite der Bundesregierung der entsprechende Artikel gelöscht wurde. Wer mag schon gerne an gebrochene Versprechen erinnert werden.

Im Jahre 2012 forderte Bundesumweltminister Altmaier(CDU) niedrigere Strompreise für die Verbraucher. Und seine Chefin tönte: „Die Bundesrepublik sollte international ein nachahmenswertes Beispiel liefern. Dazu gehöre, dass der Ausbau erneuerbarer Energien für Bürger und Unternehmen bezahlbar bleibt. Wir müssen es effizient und vernünftig machen“ Damals betrug die EEG-Umlage 5,27 Cent/KWh. Und Herrn Altmaiers damalige grandiose Idee: „die Bürger sollten dem Strompreis ein Schnippchen schlagen“ – nämlich einfach weniger verbrauchen. Dazu sollten sie eine Beratung bekommen. Auch das hat nicht so richtig geklappt.

Im Jahre 2013 war Wahlkampf und Herr Altmaier war immer noch Bundesumweltminister und somit immer noch zuständig für den Strompreis.  „Strompreis-Sicherung“ hieß das Konzept, mit dem er die Kosten der Energiewende für die Verbraucher begrenzen wollte. Sein Eckpunktepapier soll dafür sorgen, dass die sogenannte EEG-Umlage bis Ende 2014 nicht mehr steigt – und ihr Anstieg ab 2015 auf 2,5 Prozent pro Jahr begrenzt wird. Bekanntlich hat das auch nicht so ganz funktioniert.

In einem Zeit-Artikel aus dem Jahre 2014 prophezeite der Berliner Thinktank Agora Energiewende, über die damalige Umlage von 6,24Cent/KWh „dass die Ökostromumlage bis 2017 relativ konstant bleibe. Und Zeit Online legte euphorisch begeistert noch einen drauf und prophezeite gar ein Sinken der Strompreise durch ein Absinken der Umlage auf 5,8 Cent/KWh. Die AGORAS lassen sich beim Jubelprophezeien aber nicht weiter von ihren gestrigen Fehlleinschätzungen beeindrucken und prophezeien heute unverdrossen: „Bei einem weiterhin ehrgeizigen Erneuerbaren-Ausbau steigen die Stromkosten für die Verbraucher bis 2023 noch um 1-2 ct/kWh an, sinken dann aber kontinuierlich um 2-4 ct/kWh bis 2035“. Doch wie das so ist mit den Prognosen, sie sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Und das ist wieder nach der Wahl, sogar nach der übernächsten.

Altmaier und das Blaue vom Himmel

Heute, im Jahre 2017 ist wieder mal Wahlkampf. Und folgerichtig kommt der Herr Altmaier wieder daher und verspricht das Blaue vom Himmel herunter: „EEG-Umlage darf nicht weiter steigen“. Darf nicht! Befehl vom Kanzleramt, Punktum, jawoll! Die Politik müsse dafür sorgen, „dass der Strompreis auch künftig nicht durch die Decke schießt.“ Der Herr Altmaier ist selbst vergesslich oder rechnet mit der Vergesslichkeit seiner Wähler. Wie das Nichtweitersteigen des Strompreises geschehen könne, werde „nach der Wahl Thema der Koalitionsverhandlungen“ sein. Altmaier ließ offen, welche anderen Finanzierungsquellen als die Umlage auf den Stromverbrauch nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz er für möglich hält. Aha, nach der Wahl also? Will er die Verbraucher entlasten und dafür die Steuerzahler zur Kasse bitten? Heute liegt die EEG Umlage bei 6,88 Cent/KWh. Selbst die Erneuerbare Energie-Lobby-Organisation Agora rechnet mit steigender Umlage bis 2023 und keiner weiß, um wieviel.

Altmaiers Strompreis, der „auch künftig“ nicht durch die Decke schießen soll, ist ein rhetorischer Trick. Er will verschleiern, dass der Strompreis längst durch die Decke geschossen ist. Im Nachbarland Frankreich bezahlen die Verbraucher die Hälfte. Deutschland hat den zweithöchsten Strompreis Europas, das drittgrößte Parlament der Welt und gute Chancen auch Weltmeister bei den Strompreisen zu werden. Die Energiewende kostet jede Familie bis 2025 den Preis eines Mittelklassewagens. Altmaier hat es selbst prognostiziert – bis 2050 löhnen die Bürger 1000 Milliarden Euro, eine Billion. Strompreise lassen sich aber nur bremsen, wenn Altmaier & Co aufhören, Energie wenden zu wollen. 330.000 Haushalten wurde der Strom abgeschaltet, weil sie ihn nicht mehr bezahlen können.

Altmaier, hat 2013 geschrieben: „Hinter der Energiewende verbirgt sich nichts weniger als die größte wirtschaftspolitische Herausforderung seit dem Wiederaufbau und die größte umweltpolitische Herausforderung überhaupt“. Seine Chefin Angela Merkel, sagte im November 2015 hingegen: „Die Flüchtlingskrise ist die größte Herausforderung nach der deutschen Einheit„. Der Finanzminister Schäuble sah wiederum schon 2011 in der Rettung Europas aus der Schuldenkrise „eine historische Herausforderung“. Nun, alle drei Herausforderungen sind ungelöst und kosten das hart erarbeitete Geld der Bürger, während es im Land an vielem fehlt.

Alle drei  sind in derselben Partei. Vielleicht können sie sich innerhalb der CDU wenigstens darauf einigen, welcher der drei Weltrettungsvorhaben sich die Steuerzahler vorrangig stellen müssen? Bis dahin heißt es für die Bürger:  Die Hälfte des Nationaleinkommens wird in hausgemachte „historische Herausforderungen“ investiert, von denen sie nicht das geringste haben. Ich bin gespannt, wie sich das am 24.September auswirkt.

Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haftmit einem Vorwort von Wolf Biermann

Übernommen von ACHGUT hier




Der Kohleausstieg – ein ganz normaler Wahnsinn!

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen im Juni wurde der Kohleausstieg mit Beschluss versehen und auf das Jahr 2030 terminiert. Zeitgleich soll der Verbrennungsmotor in Kraftfahrzeuge nicht mehr eingebaut werden. Politische Willensbekundungen und Konferenzbeschlüsse sind nun mal wunschgetragen und hoch gesteckt, denn um Wirkung zu erreichen, bedarf es „ehrgeiziger“ oder „ambitionierter“ Ziele. Inwieweit die Delegierten über ihren Beschluss nachgedacht oder sich mit Realitäten beschäftigt haben, ist nicht bekannt. Es steht eher zu vermuten, dass in bewährter ideologischer Art die Welt, wie sie ihnen gefällt, grün angestrichen wurde.

Dabei wäre es nicht schwer gewesen, sich zu informieren. Kundige Leute wie Dr. Wolfgang Rasim aus Forst und andere haben sich die Mühe gemacht, was-wäre-wenn-Rechnungen anzustellen:

Angenommen, zwei Drittel (221 Terrawattstunden) des wegfallenden Kohle- und Atomstroms sollen durch Windenergie ersetzt werden, ein weiteres Drittel durch Solar, Erdgas, Geothermie und anderes, so wären dafür etwa 44.200 Windkraftanlagen (onshore) der 3,2-Megawattklasse notwendig. Für zwei Drittel Ersatz der Kohle im Wärmemarkt (737 Terrawattstunden thermisch) bräuchte es, wenn hälftig Wärmepumpen und Elektroheizungen zum Einsatz kämen, 98.300 Windkraftanlagen. Da die Verbrenner-Autos ab 2030 durch E-Mobile ersetzt werden sollen, braucht man auch hier Strom: Für unsere betrachteten zwei Drittel des Strombedarfs (321 Terrawattstunden) wären theoretisch 64.200 Windkraftanlegen nötig.

Rein rechnerisch geht es also um eine Größenordnung von zusätzlich über 200.000 bis 2030 neu zu errichtende Windkraftanlagen im Land. Gegenwärtig drehen sich bei uns (zeitweise) 27.270 Rotoren. Der Fantasie der Leser sei jetzt Raum gegeben.

Da Wind und Sonne den Strom nur fluktuierend liefern, entstünde ein gigantischer Speicherbedarf in der Größenordnung einiger Tausend theoretischer herkömmlicher Pumpspeicherwerke. Speicher fressen über ihren Wirkungsgrad einen Teil der eingelagerten Energie wieder auf. Pumpspeicherwerke eher weniger, bei Power-to-Gas sollte man nicht den Begriff Speicher gebrauchen, sondern das entstehende Gas anderweitig nutzen. Bereits 2010 stufte die Deutsche Physikalische Gesellschaft P2G als Stromspeicher als „energetisch uninteressant“ ein. Es gilt weiter der Spruch: Ohne Speicher ist diese Energiewende nicht machbar, mit Speichern nicht bezahlbar.

Auch ein bodenständiger grüner Ministerpräsident wie Kretschmann findet offenbar in der abgehobenen Gilde kein Gehör mehr. So gleitet die Heilige Grüne Dreifaltigkeit aus Kohleausstieg, E-Mobilität und Ehe für alle dem Wahlkampf entgegen und mag belächelt werden. Wenn die Grünen aber gebraucht werden für Machterhalt oder Machterlangung, wird nicht mehr gelächelt, sondern koaliert.




Die Science Fiction des Jeremy Rifkin oder: die schöne neue Welt der Öko-Kollektive

Nicht auszuschließen, daß er dabei den selbsternannten Visionär Jeremy Rifkin im Auge hatte, der auch damals schon in Europa herumgeisterte, der aber erst in jüngerer Zeit zu einem Berater der EU und Kanzlerin Merkels aufsteigen konnte. Zu Schmidts Zeiten war es dagegen noch üblich, daß Politiker sich Wissen und Ratschlag bei Fachleuten holten.

Besonders in Asien ist längst aufgefallen, daß fundiertes Fachwissen in Deutschland, vielleicht auch in ganz Europa, zunehmend an Bedeutung verloren hat. Statt Sachverstand zählen heute Glaubensformeln und Redefluß. Es ist hinlänglich bekannt, daß bei dem immerhin lebenswichtigen Thema Energieversorgung in Deutschland schon lange keine Fachleute mehr das Sagen haben, sondern Ideologen, die über CO2– Emissionen schwadronieren und die Rettung des Planeten zu ihrem Lebensziel gemacht haben. Das Kanzleramt, die Kirchen, die Parteien, Schulen, Kindergärten, selbst wissenschaftliche Institute haben seit Jahrzehnten ihre Mitarbeiter zunehmend nach politisch korrekten Ideologien durchleuchtet und ausgesucht.

Nun treten die peinlichsten Resultate dieser allseits vergrünten Gesellschaft zutage. Wie die gesamte Industrie langsam zu ahnen beginnt, daß dramatisch steigende Stromkosten ein Resultat wetterabhängiger Windmühlentechnik sind, so muß auch die Autoindustrie zur Kenntnis nehmen, daß die Physik sich nicht nach den Wünschen ideologiegetriebener Grenzwerte verbiegen läßt. Und auch die kürzlich in England durch übertriebene Fassadendämmung zu Tode gekommenen Menschen seien uns eine Warnung.

Zitat von Prof. Schellnhuber, Bild swr

Folgt man den jüngsten Aussagen des schon etwas bekannteren Merkel-Beraters Prof. John Schellnhuber vom WBGU (Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen), dann müßte man diesen einmal eingeschlagenen Holzweg erst noch richtig auskosten. Anläßlich der Verabschiedung Trumps vom Klimawahn sagte Schellnhuber am 15.3. 2017 in einem Interview in der Deutschen Welle:

„… Es ist ziemlich umwerfend – zum Beispiel bis 2030 müssen wir den Verbrennungsmotor auslaufen lassen. Und wir müssen den Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung komplett ausschalten. Bis 2040 müssen wir wahrscheinlich Beton und Stahl für den Bau durch Holz, Ton und Stein ersetzen… Und tun wir das nicht… Es wäre das Ende der Welt, wie wir es wissen, und ich habe alle Beweise.“

Jeder normale Mensch würde sagen: „Hier stimmt was nicht!!“

Gleiches trifft auf den anderen Berater zu, der in Berlin und auch in Brüssel unterwegs ist. Der in Deutschland weniger bekannte Jeremy Rifkin bezeichnet sich als Visionär und Zukunftsforscher. Wie Schellnhuber ist auch er als Öko-Aktivist mit der Rettung des Planeten beschäftigt, aber im Unterschied zu ihm will er uns offiziell zumindest keine Holzhütten andrehen (am Ende sind es dann doch welche), sondern preist seine Vision an als die größte Entdeckung aller Zeiten, nämlich als „Die Dritte Industrielle Revolution“.

In einem Vortrag, den er 2014 bei der amerikanischen Akademie in Berlin hielt, erzählt er, daß Merkel ihn, als sie zur Kanzlerin gewählt wurde, um Beratung bat. Er habe ihr gesagt, daß das alte kapitalistische System mit seinem veralteten Kommunikations- und Verkehrssystem am Absterben sei, daß das Bruttosozialprodukt bei steigenden Kosten fossiler und nuklearer Brennstoffe unweigerlich schrumpfen und die Arbeitslosigkeit beständig ansteigen werde. Kurz, man könne der Tatsache nicht ausweichen, daß wir die Entropiezeche eines auf fossiler Energie bestehenden Systems jetzt nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht zahlen müßten, sondern auch durch die davon verursachte Klimakatastrophe.

Was dagegen hoffnungsvoll im Entstehen sei, sei ein völlig neues System, eine „Dritte Industrielle Revolution“ auf der Grundlage erneuerbarer Energien, neuer Transportwege und eines Super-Internets der Dinge. In einer jüngsten Film-Ankündigung vom April 2017 bezeichnet er Deutschland als das Epizentrum dieser Revolution; Merkel wird darin zitiert, wir würden diese dritte industrielle Revolution in Deutschland haben, und mehr noch, sie wolle auch die Zentralregierung Chinas davon überzeugen.

Um dem Leser die Vorstellung zu erleichtern, was seither im Kopf dieser Kanzlerin spukt, sei aus Rifkins Buch zitiert. Die fünf Säulen seiner Vision sind folgende:

* „Umstieg von einer auf kohlenstoffhaltigen fossilen Brennstoffen basierenden Energieordnung auf erneuerbare Energien.“

* „Umbau der weltweiten Bausubstanz zu Mikrokraftwerken, die vor Ort erneuerbare Energien zu erzeugen imstande sind.“

* „Installation von Wasserstoff und anderen Speichermöglichkeiten in jedem Gebäude und über die ganze gesellschaftliche Infrastruktur verteilt, um schwankende Energien zu speichern und damit einen kontinuierlichen, zuverlässigen Nachschub an grüner Energie zu garantieren.“

* „Die Nutzung der Internettechnologie zur Umstellung des Stromnetzes auf ein intelligentes Versorgungsnetz, in das Millionen Menschen selbst erzeugten grünen Strom einspeisen können, um ihn – nach dem Vorbild des Informationsaustausches im Internet – mit anderen in einer Art quelloffener Allmende zu teilen.“

* „Die Umstellung der globalen Transportflotte – Pkws, Busse, Lkws, Züge – auf elektrische, von erneuerbaren Energien aus Millionen von Gebäuden angetriebenen Steckdosen- und Brennstoffzellenfahrzeuge und die flächendeckende Einrichtung von Ladestationen, an denen sich Elektrizität über ein dezentrales Stromnetz kaufen und verkaufen läßt.“

In dieser schönen neuen Welt werden Milliarden von Menschen die großen Kraftwerke ersetzen. Sie werden den von Sonne und Wind kostenlos gelieferten Strom innerhalb ihrer vier Wände speichern und per Internet verkaufen. Vor dem Haus steht eine Flotte von gemeinschaftlich benutzten E-Mobilen, die mit dem kostenlos gelieferten und gespeicherten Strom fahrerlos in der Gegend herumkutschieren. Auch für den Fall, daß das Internet der Dinge doch keine Dinge produziert, ist vorgesorgt. Alle, selbst fünfjährige Kinder, werden über 3-D-Drucker verfügen, mit denen man die Dinge drucken und verkaufen kann, von Spielzeug über Kochtöpfe bis hin zu E-Mobilen. Wer sich das nicht vorstellen kann, ist eben nicht auf der Höhe der Zeit.

Man bräuchte über Visionen dieser Art kein Wort zu verlieren, wenn nicht tatsächlich der gefährliche Zustand erreicht wäre, daß ganze Institutionen wie die Europäische Union und die Verantwortlichen der großen Energieerzeuger Deutschlands zwischen Science Fiction und Wissenschaft nicht mehr unterscheiden können. E.ON und Google gründeten kürzlich eine Partnerschaft zur Ermittlung des Solarpotentials von weiteren sieben Millionen Gebäuden in Deutschland. Welches Interesse sollte daran bestehen, wenn die Verantwortlichen der Firmen nicht tatsächlich den flächendeckenden Umbau der Bausubstanz in Deutschland zu Mikrokraftwerken im Schilde führten? Wie Rifkin in seinem Buch über die Dritte Industrielle Revolution preisgibt, habe auch der ehemalige Chef von EnBW, Utz Claassen, zur Überraschung seiner Belegschaft selbst versprochen, beim Weg in die neue Ära dezentraler Energie ganz vorne mit dabei zu sein.

Ist die Autoindustrie vielleicht auch gerade dabei, mit dem E-Mobil der letzten der fünf notwendigen Säulen den Weg zu bereiten? Wenn selbst die Führung unserer Industrie sich an der Zerschlagung eines der besten und sichersten Energiesysteme der Welt beteiligt und sich stattdessen mit fragwürdigen Visionären einläßt, dann ist es höchste Zeit, auf die eigentlichen Pläne dieser Propheten hinzuweisen. Denen geht es nämlich nicht um technische Herausforderungen gegenwärtiger oder zukünftiger Machbarkeit, sondern um Bevölkerungsreduktion mittels Wiedereinführung kollektiver Subsistenzwirtschaft. Was Rifkin vorschwebt und jeder in seinen Büchern nachlesen kann, sind Modelle, mit denen sich die Umweltökonomin Elinor Ostrom beschäftigt hat, Modelle, die in die vorindustrielle Zeit, teils nicht weniger als tausend!!!! Jahre zurückreichen.

Bevor wir dahin kommen, wollen wir uns zunächst mit der Frage beschäftigen: Wer ist eigentlich dieser Jeremy Rifkin?

 

Wer ist Jeremy Rifkin?

Geboren 1945 in Denver/Colorado. Bereits 1978 gründete er seine Stiftung „Foundation On Economic Trends“ (FOET) und war seither als Ökoaktivist sowohl in den USA als auch international tätig. Egal, ob es sich um Themen wie Gentechnik, Fleischverzehr oder Klimawandel handelte, Rifkin mobilisierte auf allen Ebenen, was seine Stiftung für die Ökolobby interessant machte. Sie wird bis heute von großen Geldgebern wie Arca Foundation, Oak Foundation, Rockefeller Family Fund, Kellogg Foundation, Warsh-Mott Legacy und Nathan Cummings Foundation unterstützt, um nur einige zu nennen.

Während er in den USA in Sachen Klimawandel wegen der dort existierenden Opposition weniger erfolgreich war, wurde er seit 2000 Berater der Europäischen Union und beriet in dieser Funktion Prodi, Barroso und Juncker, seit 2005 nach eigenen Angaben auch Merkel und verschiedene Vorstände großer Unternehmen in Europa. Gegenwärtig hat er eine Beraterfunktion in Sachen „Dritte Industrielle Revolution“ in der Region Hauts-de-France, sowie Rotterdam und Den Haag und ist für den Großherzog von Luxemburg tätig. Seit ein paar Jahren soll er auch einzelne Vertreter chinesischer Institutionen beraten haben.

Rifkin schrieb im Laufe seiner Karriere etwa 20 Bücher, von denen einige in 30 Sprachen übersetzt wurden. Die beiden letzten sind Die Dritte Industrielle Revolution von 2011 und das neueste Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft von 2014.

In seinen umfangreichen Ausführungen, die alle möglichen Gebiete streifen, findet sich nirgends fundiertes Wissen, nur Behauptungen, teils der absurdesten Art. Aus diesem Grund wollen wir hier auf weitere Details zu seiner Vision nicht näher eingehen, und uns lediglich auf eine Kostprobe beschränken, um dann die Betonung auf das zu legen, worauf das ganze zwangsläufig hinauslaufen soll, nämlich die Dekonstruktion der Industriegesellschaft. Eine Kostprobe aus Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft:

„Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen und Uran für Atomkraft, wo bereits der Rohstoff Kosten verursacht, sind erneuerbare Energien nahezu kostenlos zu haben: die Sonne, die Sie auf Ihrem Dach einfangen, der Wind, der die Wände Ihres Hauses hochstreicht, der anaerobe Kompost in Ihrer Küche, die Wärme in der Erde unter Ihrem Büro.

Und schließlich sind die Kosten für den Betrieb eines dreidimensional gedruckten Wagens mit lokal geernteter erneuerbarer Energie so gut wie umsonst. Die Brennstoffkosten eines Urbee liegen bei nur 0,02 Dollar pro Meile – mit anderen Worten: bei einem Drittel der Kosten eines Toyota Prius.“ (Campus-Verlag, S.391 f.)

Die unsichtbare Hand des Marktes habe die Entdeckung des Null-Grenzkosten-Prinzips freigegeben und trete ihren Triumphzug an.

Auf dieser wunderbaren Entdeckung basiert die ganze Vision des Jeremy Rifkin, und die Granden der europäischen Politik applaudieren. Ganz Recht hatte er, der alte Helmut Schmidt: Da hilft nur der Gang zum Arzt!

 

Die autarken Öko-Kollektive

Kommen wir noch einmal zurück auf den oben schon zitierten Vortrag 2014 in Berlin. Nach den großen Lobreden auf die angeblich extrem steigende Produktivität in einer mit erneuerbarer Technik vernetzten Welt läßt er schließlich die Katze aus dem Sack.

Besser als alle Formen kapitalistischer oder sozialistischer Wirtschaft sei die soziale Wirtschaft, die tausend Jahre vor dem Kapitalismus existierte und von der man nur nichts gehört habe, weil die moderne Geschichte das auslasse. Es bedurfte erst der Wirtschaftswissenschaftlerin Ostrom von der Indiana-Universität Bloomington, die schließlich das Prinzip einer wahrhaft demokratischen und sozialen Gemeinschaft in den kleinsten Gebirgsdörfern der deutschen Alpen, auch der Schweizer und italienischen Alpen wiederentdeckt habe.

Elinor Ostrom bekam für ihre Arbeit auf dem Gebiet der Umweltökonomie 2009 im Alter von 76 Jahren den Nobelpreis verliehen und starb zwei Jahre danach. Sie befaßte sich unter Anwendung der Spieltheorie mit der Frage, wie eine wachsende Bevölkerung mit knappen Ressourcen umgehe, wobei der Hauptgegenstand ihrer früheren Forschungstätigkeit die Wasserknappheit in Kalifornien war.

In ihrem Buch Die Verfassung der Allmende kommt sie zu dem Schluß, daß die von Rifkin erwähnten Bergdörfer (genannt werden Törbel in der Vistatalklamm im Kanton Wallis und die japanischen Dörfer Hirano, Nagaike und Yamanoka) die erfolgreichsten selbstverwalteten und langlebigsten Gemeinden waren. Zitat:

„Die Schweizer und japanischen Gebirgsallmenden haben trotz intensiver Nutzung die Jahrhunderte überdauert oder sind sogar verbessert worden. Ökologische Nachhaltigkeit in einem fragilen Milieu von Lawinen, unvorhersagbaren Niederschlägen und wirtschaftlichem Wachstum ist für jede Aneignergemeinschaft, die seit Jahrhunderten zusammenarbeitet, ein eminenter Erfolg.“

Über die japanischen Dörfer schreibt sie:

„Das Bevölkerungswachstum war extrem niedrig (0,025 % im Zeitraum von 1721 bis 1846) und die Besitzverhältnisse in den Dörfern waren stabil… Wie in den Schweizer Dörfern waren auch hier die Regeln und Vorschriften zugeschnitten auf das spezifische Ökosystem, auf die besondere wirtschaftliche Rolle der diversen Waldprodukte in der Dorfökonomie sowie auf die notwendige Minimierung der Überwachungskosten für Arbeitsinputs, Ressourceneinheiten-outputs und für die Regeleinhaltung… Jedes Dorf entwarf auch sein eigenes Überwachungs- und Sanktionssystem. Da der Berg bis auf bestimmte Perioden geschlossen war, verstieß offenkundig jeder gegen die Vorschriften, der zu anderen Zeiten in gemeindeeigenen Territorien ertappt wurde. Die meisten Gemeinden stellten ,Detektive’ ein, die zu zweit täglich die Allmenden abritten, um Regelbrecher aufzuspüren…“

Es folgen noch lange Berichte über die Handhabung von Strafen, die bei Übertretung der gemeinschaftlich beschlossen Regeln wirksam wurden.

Man kann aus alledem nur schließen, daß Rifkin die These vom „nachhaltigen Füllhorn“ seiner angeblichen Revolution selber bezweifelt und stattdessen wie alle heimlichen oder bekennenden Malthusianer fasziniert ist von der Idee, daß das Leben erst unter der Bedingung eines ständigen Überlebenskampfes bei äußerster Ressourcenknappheit eine Würze bekommt. Woher sonst die Begeisterung für solche Gebirgsdorf-Modelle des 18. und 19. Jahrhunderts?

Will man diese Modelle tatsächlich auf das heutige Deutschland und darüber hinaus ausdehnen, dann muß man auch zur Bevölkerungsdichte aus der Zeit von Robert Malthus zurückkehren. Das wären in Deutschland höchstens 15 Millionen Menschen, und maximal eine Milliarde weltweit.

Und, in der Tat, man müßte, wie er tatsächlich vorschlägt, das Erziehungssystem für diese „Kulturrevolution“ gründlich umkrempeln. Zitat aus Die Dritte Industrielle Revolution:

„Folglich müssen Lehrer in aller Welt ihren Schülern von klein auf beibringen, daß sie ein enger Teil der Biosphärenprozesse sind und alle ihre Entscheidungen – was sie essen, was sie tragen, welches Auto sie fahren, welchen Strom sie benutzen – sich auf ihre Klimabilanz auswirken und diese wiederum auf alle anderen Menschen und Kreaturen.“ (Fischer Taschenbuch, S. 255)

Und dann, unter der Überschrift „ Das dezentralisierte und kollaborative Klassenzimmer“:

„Eine neue Generation von Erziehern macht sich daran, die schulischen Lernprozesse, die sich während der ersten beiden industriellen Revolutionen etabliert haben, zu dekonstruieren. Ziel des neuen Lernerlebnisses ist die Förderung eines erweiterten, von Biosphärenbewußtsein erfüllten ökologischen Ichs. Der vorherrschende hierarchische Unterrichtsansatz, dessen Ziel darin besteht, ein autonomes Wesen zu schaffen, das in Konkurrenz zu anderen lebt, beginnt einer dezentralen und kollaborativen Lernerfahrung zu weichen, die ein Gespür für das soziale Wesen unseres Wissens zu vermitteln vermag.“ (ebenda, S. 257)

Abschließend stellt sich die Frage: Was planen Angela Merkel nebst Barroso, Prodi, Juncker, Theyssen, Claassen und andere für Europa?

Durchsetzen können sich solche rückwärtsgewandten Modelle sicherlich nicht, weil sich schon heute ein Teil der Welt fragt, was mit Europa los ist. Anderswo setzt man gerade auf die Verwirklichung einer Industriegesellschaft, und in China ist man froh, daß die Erfahrungen der schrecklichen Kulturrevolution der Vergangenheit angehören. China hat unter Einbeziehung des Ausbaus der Kernenergie und der Fusionsforschung einen beispielhaften Weg zur Entwicklung der Weltgemeinschaft aufgezeigt und in Form des Konzeptes der Neuen Seidenstraße den Weg in die Zukunft gewiesen.

Aber es stellt sich die Frage, welchen Preis Europa dafür wird zahlen müssen, daß unsere Politiker auch nur versuchsweise dem Ratschlag von Scharlatanen folgen?

 

 

 




Vehicle-to-Grid (V2G)

Dieses Techno-Kürzel beschreibt keine Energiewandlung wie zum Beispiel “P2H” (Strom zu Wärme) oder “P2G” (Strom zu Gas), sondern meint ein Konzept zur Stromspeicherung. Eine Vielzahl mit dem Netz verbundener E-Fahrzeuge könnte überschüssigen Strom kurzfristig einspeichern und bei Bedarf als Schwarmstrom auch ans Netz zurückgeben. „Bidirektionales Laden“ lautet dafür der Fachbegriff.

Ein großer Vorteil wäre, dass dadurch der aufwändige Bau großer zentraler Stromspeicher reduziert werden könnte. Auch E-Mobile stehen zu über 90 Prozent der Zeit unbenutzt herum. Da könnte man doch deren Akkus nutzen?

Der visionäre Ansatz offenbart Schwächen durch seine Komplexität. Zunächst bedarf es einer Vielzahl an Fahrzeugen, die am System teilnehmen, um tatsächlich Wirkung im Netz zu erzielen. Die Speicher im Auto können nicht im vollen Umfang entladen werden, weil der Nutzer höchstwahrscheinlich auch fahren will. Und damit kommen wir zum kritischen Punkt der Vision, dem Nutzer des E-Mobils, der als Verbraucher auftritt. Also dem mithin unbekannten Wesen. Es legt ein Nutzerverhalten an den Tag, das uneinheitlich und unberechenbar ist. Zunächst wird sich niemand einen Stromer kaufen, um dessen Reichweite durch einen Vertrag mit dem Netzbetreiber einzuschränken und einen Teil der Fahrzeugbatterie als tote Masse durch die Gegend zu fahren. Für das Netzmanagement wird sich der E-Fahrer nicht zuständig fühlen, und das zu Recht.

Die Freiheit des Individualverkehrs besteht nun mal darin, nicht stets zu fahren, sondern stets fahren zu können. Dazu kommt, dass jetzt und wohl auch künftig ein großer Anteil der E-Mobile zu Firmenflotten und Car-Sharing-Verbünden gehören, so dass ihre Nutzung in der Regel nicht vorhersehbar ist und sie stets „vollgetankt“ zur Verfügung stehen müssen.

 

Vision und Preis

Man könnte die Batterie- (korrekt natürlich Akkumulatoren-) nutzung durch den Netzbetreiber finanziell anreizen, durch Vergütung für den gespeicherten Strom oder durch Rabatte beim Ladestrom. Dann wäre allerdings die sinnvollere Variante, sich einen möglichst großen Akku in den Keller oder die Garage zu stellen, was von einer täglichen Kalkulation der geplanten Fahrstrecke oder der Startzeit am Folgetag entbinden würde. Damit kommen wir zum Grundproblem – wer zahlt? Speicher generieren per se keine Wertschöpfung, sie sind verlustbehaftete Stromparkplätze und müssen irgendwie über den Preis abgerechnet werden. Dazu kämen Kosten für Ladesoftware und Leittechnik für die Steuerung hunderttausender Ladestationen in Abhängigkeit der Netzsituation. Schaut man sich die Kosten normaler Ladestationen an, ist der Aufwand beträchtlich und geht pro Stück schnell in die Tausende. Hinzu kommen Kosten für die Elektronik und Vernetzung für das bidirektionale Laden. Möglich ist die Abrechnung über die Netzgebühren, die mit dem weiteren Fortgang der „Wende“ ohnehin der am stärksten steigende Kostenfaktor sind.

Wie ist die technische Realisierbarkeit? Mit dem Projekt „e-SolCar“ gelang bereits 2014 an der Brandenburgisch-Technischen Universität in Cottbus der Nachweis, dass bidirektionales Laden und somit die Nutzung von E-Fahrzeugakkus zur Kurzzeitspeicherung möglich sind. Speziell die Steuerungstechnik für das Ein- und Ausspeichern wurden am Lehrstuhl von Professor Schwarz entwickelt und getestet.

Seitdem gibt es keine weiteren Schritte in Richtung einer breiten Anwendung. Die Voraussetzung einer existierenden großen Anzahl an E-Fahrzeugen ist einfach nicht gegeben. So fehlen natürlich auch die Steuerungstechnik für die Schwarmspeicher beim Netzbetreiber und entsprechende Tarife.

Die Frage, warum in Deutschland trotz der Subventionen so wenig E-Autos verkauft werden, bringt uns zu einer völlig schräg geführten Diskussion. Permanent prügeln Politiker und Journalisten auf die Autoindustrie ein und verlangen höhere Verkaufszahlen ihrer E-Modelle und Hybride. Entscheidend ist jedoch das Käufer- und Verbraucherverhalten und speziell im automobilen Bereich wird niemand eine Kaufentscheidung treffen, die zu einem Neuwagen führt, der teuer ist und schlechtere Gebrauchseigenschaften hat als das Altfahrzeug. Potenzielle Käufer führen die bekannten Gründe an, die vom Kauf eines Stromers abhalten:

  1. Preis, 2. Reichweite, 3. Verfügbarkeit der Ladestationen, 4. Noch unklare Batterielebensdauer und damit unklarer Wiederverkaufswert. Die Hersteller bauen, was der Kunde möchte. Für ausbleibende Kaufentscheidungen die Konzerne verantwortlich zu machen, zeugt vom nur partiell vorhandenen Wirtschaftsverständnis von Politikern und Journalisten.

 

Nachfrage und Angebot oder Quote

Manche Medien machen die bösen Autokonzerne verantwortlich dafür, dass durch ihre aggressive Werbung die Käufer die SUV´s bevorzugen würden. Zweifellos besteht unsere Bevölkerung, wie in anderen Ländern auch, aus einem nicht unerheblichen Anteil von Deppen. Eine Kaufentscheidung zugunsten eines Automobils, die zu den größten Haushaltsausgaben gehört und manche Haushalte an die finanzielle Schmerzgrenze bringt, wird in aller Regel aber gut abgewogen und bedacht. Der 3-Liter-Lupo wurde seinerzeit umfangreich beworben und medial sehr positiv begleitet, ohne dass es der VW-Bestseller wurde. Früher wurde der Kunde sogar König genannt, heute spricht man ihm eigenes Denken ab. Um das Kundenverhalten zu umgehen, sinniert man im Bundeswirtschaftsministerium über eine Quotenregelung für die Hersteller. Adäquat entschied seinerzeit auch die staatliche Plankommission der DDR, dass Weiterentwicklungen des „Trabant“ unterbleiben, da dieser für den Bevölkerungsbedarf ausreichend sei.

Der regelmäßige Verweis auf höhere Verkaufszahlen von E-Mobilen in Asien oder Norwegen ist pauschal und auf unsere Verhältnisse nicht übertragbar. Auch anderswo lebt die Elektromobilität von Subventionen und wenn diese wegfallen, bricht der Boom zusammen. Im März endete in Hongkong die staatliche Förderung, wonach der Absatz im April auf null zurückging – nach noch einigen hundert in den Vormonaten. Auch in Dänemark brach der Absatz nach Subventionskürzungen ein und deren gänzliche Streichung wurde vorerst ausgesetzt.

Gern wird Norwegen als Beispiel angeführt und hier macht die E-Mobilität auch Sinn, zumindest in den Städten. Zum Einen ist die Staatskasse prall genug gefüllt, um üppig zu fördern, zum anderen besteht der Energiemix zu 99 Prozent aus Wasserkraft. Hier werden also tatsächlich Emissionen vermieden. Was kaum erwähnt wird: Die E-Mobilität konzentriert sich auf Oslo und andere Städte, im dünn besiedelten und kalten Land zwischen Gletschern, Schären und Küste wird man noch sehr lange fossil fahren, denn das Reichweitenproblem haben auch die Norweger. Zudem kann man das Verkehrsaufkommen im 5,3–Millionen-Einwohner-Land mit wenig Großindustrie nicht mit Deutschland vergleichen.

Lernen kann man trotzdem, zum Beispiel, dass eine generös geförderte individuelle Mobilität die Straßen in Oslo verstopft und die Fahrgastzahlen im ÖPNV reduziert.

Was für norwegische Emissionen gut ist, erweist sich für die chinesischen als eher kontraproduktiv. Der dortige Energiemix beinhaltet 63 Prozent Kohlestrom und die

Elektromobilität wird gefördert, um lokale Emissionen zu senken. In Summe steigt der Strombedarf und wird überwiegend aus Kohlekraftwerken gedeckt.

 

Kohle im Tank

Wo kommt bei uns der Strom zum Fahren her? Bei Bilanzrechnungen zur Emission von Stromern wird üblicherweise der Mix im Netz zugrunde gelegt. Kann man machen, ist aber nicht korrekt.

Dazu ein Gedankenexperiment: Mario Mustermann biegt nach getaner Arbeit am späten Nachmittag auf den Stellplatz seines Eigenheims ein. Lässig und im tiefen Bewusstsein ökologischer Reinheit klappt er die Wagentür zu, schreitet zum Ladekabel und führt dieses in Richtung der Steckdose.

Halt! Genau jetzt stoppen wir den Gedankenfilm und machen uns ein Bild vom Zustand im Netz. Nehmen wir einen durchschnittlichen Strommix von 70 (konventionell) zu 30 (regenerativ) an und eine vorbildliche Frequenz von 50,000 Hertz. Gemäß Einspeisevorrang im EEG sind alle regenerativen Erzeuger, also hauptsächlich Wind, Sonne und Biomasse, mit der ganzen verfügbaren Kapazität am Netz.

Film weiter: Mustermann steckt den Stecker und startet den Ladevorgang. Damit ergibt sich im Netz eine Frequenzabweichung nach unten, die bei einem einzelnen Fahrzeug vermutlich nicht registrierbar ist. Machen in diesen Minuten aber hunderte oder tausende Mustermänner das gleiche wie Mario, geht die Frequenz merkbar für die Leittechnik der Kraftwerke nach unten. Einige tausendstel Hertz reichen aus, die (vertraglich vom Netzbetreiber gebundene) Primärregelleistung der konventionellen Kraftwerke aufzurufen. Automatisch erhöhen diese ihre Leistung innerhalb eines vorgegebenen Regelbandes und sorgen dafür, dass die Frequenz wieder 50 Hertz erreicht. Fazit: Der Ladestrom kann bilanziell nur konventionellen Ursprungs sein, da der regenerative Strom nicht hochgeregelt werden kann. Natürlich könnte zufällig in diesen Minuten der Wind auffrischen, wahrscheinlicher ist aber, dass am späten Nachmittag die Sonne untergeht und nachts nicht scheinen wird. Zusammen mit der Ökobilanz für die Herstellung der Batterien ist ersichtlich, dass bezogen auf die Gesamtemissionen die E-Fahrzeuge heute kein Fortschritt sind.

Der Traum vom emissionsfreien Elektroverkehr ließe sich nur erfüllen, wenn 100-Prozent-Erneuerbar – wie in Norwegen – schon Realität wären. Solange aber die Sektorkopplung im jetzigen Energiemix vorangetrieben wird, stabilisiert dies die Grund- und Regellast der konventionellen Erzeuger – was ich wiederum gut finde. Ein gut belastetes Netz regelt sich besser und ist damit sicherer.

Was bei der „Energiewende“ schon vor Unausgewogenheit, Wunschdenken und Verdrängung der Realitäten nur so strotzt, erfährt bei der „Verkehrswende“ noch eine Steigerung. Sachliche Diskussionen und pragmatische Lösungsvorschläge sind Mangelware. Die übliche Schwarz-Weiß-Malerei meinungsführender NGO`s wird politisch und medial übernommen. Der Hype ist allerdings nicht neu und kehrt alle paar Jahre wieder. Schon der Halbgott der Journalisten und ehemalige Chef der Hamburger Journalistenschule, Wolf Schneider, schrieb während seiner Zeit bei der „Süddeutschen“ unter der Überschrift „Tod dem Verbrennungsmotor“: „Die Zukunft kann nur dem Elektroauto gehören! . . . Der Verbrennungsmotor ist vermeidbar. Nach der Vernunft wie nach unseren technischen Möglichkeiten gebührt ihm der Tod.“

Das war am 5. Februar 1966.

 

Vision statt Plan

Nüchtern betrachtet wird auch der Verkehr der Zukunft aus einem Mix an Antriebssystemen bestehen. Natürlich kann man Diesel-Pkw zunächst durch Benziner ersetzen, allerdings stehen diese als nächste am Pranger auf Grund ihres höheren CO2-Ausstoßes. Dass Stickoxide giftig sind, CO2 dagegen nicht, spielt dabei keine Rolle. Sicher wird im Kurzstreckenverkehr und in Ballungsgebieten mehr elektrisch gefahren werden. Für den Fernverkehr ist nur die Elektrotraktion auf der Schiene erste Wahl. Was auf Gummi rollt, wird Brennstoff brauchen, der in Teilen natürlich synthetischen oder biogenen Ursprungs sein kann. Beim Schwerlastverkehr führt am Diesel vorerst kein Weg vorbei, desgleichen auf der Schiene im nichtelektrifizierten Bereich.

Will man Emissionen senken, sind Gasantriebe die erste Wahl. Sowohl LPG- (Flüssiggas) als auch CNG- (Erdgas)-Motoren sind technisch ausgereift und bezahlbar. Die Verdichtung des entsprechenden Tankstellennetzes würde Peanuts kosten, verglichen mit einem flächendeckenden Ausbau stromfressender E-Ladestationen, der mit einem notwendigen Netzausbau im Niederspannungsbereich einhergeht. Merkwürdigerweise spielen die Gasantriebe bei allen Visionen zur Verkehrswende keine Rolle.

Anstelle eine realisierbare Strategie zu entwickeln, hantiert die verantwortliche Politik mit Subventionen und Verboten und denkt auf dem Weg zur Planwirtschaft über vorgegebene Quoten nach. Jeder profilneurotische, meist grün lackierte Hinterbänkler im Politikbetrieb und der Großteil der Journalisten vom Fachgebiet Weltrettung hält sich für weiser als Wissenschaftler und die Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen der Hersteller. Die verantwortlichen Manager winden sich im Appeasement und im Wissen, dass ihr möglicher Fall ein sehr weicher sein wird.

Sicher ist, dass P2V (Power to Vehicle) wachsen wird. Sinnvolle Anwendungen gibt es zuhauf: Paket- und Pflegedienste, Taxis, Car-Sharing-Fahrzeuge, lokaler Kurier- und Warenverkehr. Dagegen ist V2G nicht mal am Horizont zu sehen.

 




SPIELER AM WERK? Die Energiewende und Grünsprech – Die Kaskadierung

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

K wie

Kaskadierung, die

Unter einer Kaskade versteht man einen treppenartig ablaufenden Wasserfall, heute auch in der Elektrotechnik eine Hintereinanderschaltung von Bauteilen im Sinne einer Kette. In Reihe geschaltete Batteriezellen kaskadieren, bilden also eine Kaskade und sorgen für höhere Spannung. Unfälle und Havarien können kaskadenförmig ablaufen. Der Bruch des Banqiao-Staudamms im August 1975 in China gilt als das größte Unglück als Folge eines kaskadierenden Schadensereignisses. Auch in der Akrobatik kennt man den Begriff für eine Abfolge wagemutiger Sprünge, ausgeführt vom „Kaskadeur“.

Die hier gemeinte Kaskadierung bezieht sich auf kritische Situationen im Stromnetz, wenn die Maßnahmen eines Übertragungsnetzbetreibers zum Redispatch nicht ausreichen und nachgelagerte Netzbetreiber helfen müssen. Abschaltungen von Verbrauchern oder Erzeugern können so lokal begrenzt bleiben. Dieses Kaskaden-Prinzip ist seit Jahren bewährt, es bedeutet die situative Abkehr vom Normalbetrieb hin zum Störungsmanagement. Ziel ist, einen flächendeckenden Blackout als Folge einer Einzelstörung mit folgendem Dominoeffekt zu verhindern.

Damit sich alle Netzbetreiber auf eine solche Situation vorbereiten können, sind klare Regeln notwendig. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) erließ dazu mit Wirkung zum 1. Februar 2017 die Anwendungsregel „Kaskadierung von Maßnahmen für die Systemsicherheit von elektrischen Energieversorgungsnetzen“. Ziel ist, den Betrieb auf weiter steigende Aufnahme von Strom aus regenerativen Energieanlagen vorzubereiten.

ANSPRUCH UND WIRKLICHKEIT

„Energiewende“ trifft frostige Wirklichkeit

Neben der Beschreibung der Aufgaben für die Beteiligten und der Kommunikationsstruktur lassen neu gesetzte Vorbereitungs- und Umsetzungszeiten die Stadtwerke und Betreiber von Mittel- und Niederspannungsnetzen ins Grübeln kommen. Der VDE verschärft nicht aus Spaß die Bedingungen, sondern aus Umsicht und Vorsorge in der Kenntnis, wie sich die Schwankungen im Netz vergrößern werden. Auch dieser Verband erkennt, dass weiterer Zubau volatiler Einspeisung die Schwankungen verstärkt und keinesfalls glättet.An die unteren Spannungsebenen sind rund 95 Prozent der regenerativen Erzeugung und der elektrischen Verbraucher angeschlossen. Für fünf Szenarien (vom Netzengpass über die Systembilanzabweichung bis zum schleichenden Spannungskollaps) werden Handlungsfolgen festgelegt, bei denen es zu keinen Verzögerungen kommen darf. Nicht nur Engpässe im Sinne von Mangel müssen beherrscht werden, sondern auch lokaler Überschuss durch (zu) hohe Einspeisung. Für jede Stufe der Kaskade bleiben 12 Minuten. Dieser kurze Zeitraum, in dem einzelne Großkunden oder Netzgebiete abgeschaltet werden müssen, stellt vor allem für kleinere Stadtwerke und Netzbetreiber eine große technische und organisatorische Herausforderung dar. Ist der Finger in dieser Zeit nicht am Knopf oder die Hand nicht auf der Maus, droht die Kaskadierung und die Abschaltung auf der nächsthöheren Spannungsebene – mit weiter reichenden Folgen.

Überlast und Unterlast

Absehbar ist, dass die Maßnahmen zum Redispatch auf der Höchstspannungsebene bald nicht mehr ausreichen werden, auch wenn Erfahrungen und Handlungssicherheit wachsen.

Bisher hatten Stadtwerke und Verteilnetzbetreiber eine Stunde Zeit zum Handeln, nun muss neu organisiert werden. Die Netzbetreiber der unteren Spannungsebenen verfügen nicht über ständig besetzte Leitwarten. Wie man nun lokal den Meldefluss und die Schalthandlungen organisieren soll, ist noch offen. Für die Planspiele läuft seit Februar eine zweijährige Frist. Eventuell können externe Dienstleister herangezogen werden. In jedem Fall sind 12 Minuten zu kurz, den zur Abschaltung anstehenden Kundenkreis, der vorher „diskriminierungsfrei“ nach Kapazität auszuwählen ist, zu informieren. Es können auch Krankenhäuser oder Altenheime sein. Schadenersatzansprüche sind ausgeschlossen. Verbraucher sollten Vorsorge treffen, wie unser Innenminister in seinem „Zivilschutzkonzept“ bereits anregt (s. auch „Dunkelflaute“, S. 24).

Die Umsetzung der neuen VDE-Anwendungsregel wird Kosten verursachen, die in die Netzgebühren einfließen werden. Ein Schluck mehr zu den indirekten Kosten der Energiewende, von denen nicht so gern gesprochen wird.

Niemand weiß, wann, wo und wie oft diese Kaskadierung eintreten wird. Mit den weiteren Außerbetriebnahmen regelfähiger Kraftwerke steigt das Risiko.
Kaskadeuren in der Arena schaut man gern zu, Kaskaden im Netz werden keine Freude verbreiten.

Übernommen von Tichys Einblick hier


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt.