Der Sommerregen in Deutschland im Kontext

Es war viel zu hören über Dürre und „Klimakrise“ bei Aktivistenden. Die Pressemitteilung des DWD ist da sachlicher, sie betont u.a. starke regionale Unterschiede.  Wir haben uns interessiert, was die Zahlen im Kontext der vergangenen Jahre aussagen, der DWD stellt sie hier zur Verfügung. Zunächst wollten wir wissen, ob die regionalen Unterschiede im Sommerregen ungewöhnlich waren und berechneten die Standardabweichung als Maß für die Streuung unter den Bundesländern seit 1900:

Abb.1: Die Streuung unter den Bundesländern beim Regen im Sommer (JJA) mit ihrem Trend von nahe null.

Wir sehen: bei den betrachteten 12 Teilgebieten in Deutschland ist die Streuung 2020 nur ganz leicht über dem Mittel, eine Besonderheit ist das bei weitem nicht. Nun haben wir uns die Sommer-Niederschlagsmenge 2020 in den einzelnen Bundesändern angesehen, zusammen mit der normalen Schwankungsbreite 1900…2020, das ist einmal die Standardabweichung nach oben und unten:

Abb.2: Der Regen im Sommer 2020 und die einfache Standardabweichung für einzelne Bundesländer. Der Wert für ganz Deutschland ist der erste im Diagramm.

Hier sieht man, dass es in Bayern überdurchschnittlich regnete, in Rheinland-Pfalz und dem Saarland war es ein wenig weniger als die übliche Schwankungsbreite. Alle anderen Länder außer Thüringen hatten zwar etwas weniger als im Mittel, jedoch völlig im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite, wie wir sie seit 1900 erleben.

Schließlich schauten wir nach Trends in den Jahren 1970-2020, falls klimatische Entwicklungen hier wirken, wären sie in diesem Zeitraum wohl zu erwarten.

Abb.3: Sommerregen und seine Trends in den Bundesländern. Keiner ist statistisch signifikant auf dem 95%-Konfidenzniveau.

Im fraglichen Zeitraum sehen wir für Deutschland gesamt einen zu vernachlässigenden Trend. Interessant ist, dass Berlin/Brandenburg doch einen Zuwachs registriert. Lasen wir doch, dass der Landstrich „versteppt“ mit dem Klimawandel. Das war 2003. Keine Steppe in 2020!

Unser Fazit: Der Sommer 2020 war niederschlagstechnisch völlig normal, auch die regionalen Unterschiede. Man hätte sich einen übernormal feuchten wünschen können nach den trockenen Jahren 2018 und 2019. Aber Wetter ist kein Wunschkonzert. Beim Niederschlag (der zu allererst entscheidend ist für Trockenheit) gibt es keinen Trend, der bemerkenswert wäre. Alles andere was man so hört ist nicht faktenbasiert.

Der Beitrag erschien zuerst bei die kalte Sonne (hier)




Leserbrief zum „Startschuss für Strukturwandel in den Braunkohleregionen, LVZ 28.08.20“

An die Stelle von Braunkohletagebauen und Kraftwerken sollen künftig neue Straßen, Eisenbahnen oder wissenschaftliche Institute treten. Sicher ist beispielsweise die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Dresden-Zittau richtig und notwendig – aber auch ohne den Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung! Offenbar will die Bundesregierung ihren Bürgern den zweiten großen Einschnitt in die Industriestruktur nach der Wende schmackhaft machen, indem sie ihnen einige längst anstehende Wünsche erfüllt. Mindestens zwei Fragen bleiben jedoch völlig offen:

Erstens gibt es keine Klarheit darüber, wie Tausende Bergleute und Kraftwerker neue Arbeitsplätze erhalten, die ihrem Qualifikationsniveau sowie ihrem bisherigen Einkommensniveau entsprechen, und sie nicht zwingen, neue Arbeitsplätze fern ihrer Heimat zu suchen. Außer allgemeinen Versprechungen gibt es keinerlei konkrete Vorstellungen zur Lösung!

Zweitens fallen bis 2038 durch den sog. Kohleausstieg rund 20.000 MW in Braunkraftwerken und rund 25.000 MW in Steinkohlenkraftwerken weg. Wodurch sollen diese Leistungen ersetzt werden? Es ist eine Illusion, dafür Wind- und Solaranlagen einsetzen zu können, denn abgesehen davon, dass dafür nicht genügend Fläche vorhanden ist, sind diese Anlagen nicht in der Lage, ein Industrieland bedarfsgerecht zu jedem Zeitpunkt mit Elektroenergie zu versorgen. Sie müssten dann um Energiespeicher ergänzt werden, für die es hier ebenfalls keinerlei Voraussetzungen gibt. Die effektivsten großtechnischen Energiespeicher sind nach wie vor Pumpspeicherwerke. Eine Überschlagsrechnung ergab, dass man zwei- bis dreitausend (!) Pumpspeicherkraftwerke wie Goldisthal/Thür. – das größte und modernste im Land – benötigen würde, um Deutschland ausschließlich mit Elektroenergie aus Wind und Sonne versorgen zu können. Nicht einmal die topografischen Voraussetzungen hierfür gibt es! Was bleibt? Der Bau von Gaskraftwerken, vielleicht in Verbindung mit einem „Nord-Stream 3“? Damit würde man jedoch das Ziel der „Dekarbonisierung“ des Landes verfehlen, denn auch Erdgaskraftwerke emittieren das angeblich so gefährliche – tatsächlich aber lebensnotwendige – Kohlendioxid! Als weitere Möglichkeiten verbleiben der Import von Strom aus Nachbarländern, der letztlich aus Kohle- oder Kernkraftwerken kommen würde, oder der Neubau von Kernkraftwerken – fürs grüne deutsche Gemüt unvorstellbar! – Das gern gepredigte Energiesparen sollte am Wunsch nach stärkerer Elektrifizierung des Verkehrs oder an der geplanten möglichst durchgehenden Digitalisierung gemessen werden.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass die bisher konzipierten Kosten von 41 Mrd. Euro nur einen Bruchteil dessen darstellen, was der „Ausstieg“ aus der Kohleverstromung tastsächlich kosten wird. Allein der Ersatz der Kraftwerksleistung – ohne Speicher und Leitungen – dürfte mehr als weitere 50 Milliarden Euro verschlingen! Und all das müssen die Bürger, zusätzlich zu den Corona-Folgekosten, mit steigenden Stromtarifen oder höheren Steuern und Abgaben bezahlen – wer sonst?

Die Prophezeiung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, wonach die Kohleregionen „europäische Modellregionen für Wirt­schaft, Innovation und Energieversor­gung der Zukunft“ sein werden (FAZ vom 27.06.20), ist angesichts der ungelösten und absehbar auch kaum lösbaren Probleme nichts als eine Schimäre!

Dr. rer. oec., Ing. Dietmar Ufer

Grünewaldstr. 1

04103 Leipzig




Gutachten: Windenergieanlagen verletzen das Tötungsverbot des Europäischen Rechts

Die Ausnahmen vom Tötungsverbot verstoßen gegen europäisches Naturschutzrecht. Zu diesem Schluss kommt ein rechtswissenschaftliches Gutachten des Hochschullehrers und Rechtsanwaltes Prof. Dr. Martin Gellermann. Der hat sich im Auftrag des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI) angesehen, was die Umweltminister der Länder durchwinken wollen: Ausnahmen vom Tötungsverbot europäischer Vögel zugunsten von Windindustrieanlagen. Eine Lizenz zum Töten für Windräder also – dafür hat sich tatsächlich die 94. Umweltministerkonferenz (UMK) ausgesprochen. Betreiber von Windenergieanlagen sollen danach im Konfliktfall unter bestimmten Bedingungen heimische Greifvögel töten dürfen.

Die Initiative dokumentiert ausführlich die von den Windrädern getöteten Vögel und Fledermäuse, zeigt Rotmilane ohne Hinterleib oder abgehackte Flügel. Resultat: Die Rotoren leisten ganze Arbeit. TE berichtete ebenfalls mehrfach.

Gerade der in Deutschland noch ansässige Rotmilan ist durch die Windkraftanlagen in seinem Bestand gefährdet. Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) kam im vergangenen Jahr bei einer Analyse des Bestands zu dem Ergebnis: In Landkreisen mit einer hohen Dichte an Windrädern gehen die Rotmilanbestände zurück, während sie in Landkreisen ohne Windräder zunehmen. Im Klartext: Windräder sind des Rotmilans Tod. Der Zusammenhang sei »hochsignifikant«.

Prof. Gellermanns Fazit der rechtlichen Situation: Windenergieanlagen, die zwar von den Behörden genehmigt werden, obwohl sie das Tötungsrisiko für Vögel der europäischen Arten in signifikanter Weise erhöhen, erhebliche Störungen der Individuen hervorrufen oder zur Schädigung geschützter Niststätten führen, sind mit dem europäischen Unionsrecht nicht vereinbar. So legt insbesondere der Europäische Gerichtshof EuGH den Art. 9 der Vogelschutz-Richtlinie 2009/147/EG sehr restriktiv aus.

»Die windkraftbedingte Tötung europäischer Vögel darf derzeit aus unionsrechtlichen Gründen nicht auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG zugelassen werden«, so heißt es in schönstem Juristendeutsch in dem Gutachten.

Auch das Argument der Ausnahme im »Interesse der öffentlichen Sicherheit« zähle nicht. Denn Windkraftnutzung sei laut Gutachten keine im ‚Interesse der öffentlichen Sicherheit‘ gelegene Maßnahme. So betone nicht zuletzt das Bundeswirtschaftsministerium, dass die Stromversorgung »weder aktuell noch perspektivisch gefährdet (BMWi, Monitoringbericht Juni 2019)« sei.

Die Naturschutzinitiative will klären lassen, ob es die im Katalog des § 45 Abs. 7 S. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) genannten Ausnahmegründe rechtfertigen können, bei Windenergieanlagen Ausnahmen vom Tötungsverbot zu erteilen.
Während der Naturschutzbund Deutschland NABU bei Windpark-Genehmigungen Ausnahmen vom Tötungsverbot will und tatsächlich erklärt, dass der Artenschutz nicht als vorgeschobenes Argument gegen Windräder dienen dürfe, betont der Umweltverband NI, dass Windkraftindustrie und Naturschutz nicht vereinbar seien: »Auch das Verwaltungsgericht Gießen hatte unlängst im Rahmen einer Klage der NI klargestellt, dass Windenergieanlagen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht genehmigungsfähig sind, wenn ihr Betrieb streng geschützte Greifvögel wie den Mäusebussard einem hohen Tötungsrisiko aussetzen. Der Genehmigungsbescheid wurde daher vom Verwaltungsgericht Gießen aufgehoben.«

Ausnahmen vom Tötungsverbot zugunsten der Windkraftnutzung könnten, so Harry Neumann, Bundesvorsitzender der NI, auch nicht auf § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG („öffentliche Sicherheit“) gestützt werden, weil »Windenergieanlagen die Voraussetzungen dieser unionsbasierten Vorschriften nicht erfüllen.« Der stellvertretende Bundesvorsitzende der NI, Ulrich Althauser: »Da auch der Bundesgesetzgeber dem europäischen Artenschutzrecht den ihm gebührenden Respekt zu erweisen hat, kann er aus eigener Kraft den aktuellen Rechtszustand nicht verändern.«

Das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Gellermann verdeutliche, so die NI weiter, die »strikt zu beachtenden rechtlichen Grenzen, die in einem Rechtsstaat auch dann nicht überschritten werden dürfen, wenn dies von den Lobbyisten der Windindustrie gefordert wird. Was Recht ist, muss Recht bleiben. Eine Lizenz zum Töten darf es nicht geben.«

Der Umweltverband Naturschutzinitiative fordert weiterhin, dass das Investitionsbeschleunigungsgesetz von Wirtschaftsminister Peter Altmaier gestoppt werden müsse, mit dessen Hilfe die Bundesregierung mehr Windräder in Deutschland errichten lassen will. Dazu sollen Einspruchsmöglichkeiten gegen den Bau neuer Windanlagen reduziert und der Instanzenweg verkürzt werden. Das Bundeskabinett hatte eher still und leise dieses Gesetz verabschiedet, mit dem Planungsverfahren einfacher über die Bühne gehen, wenn nicht mehr so viel lästige Einsprüche betroffener Bürger oder unterer Genehmigungsbehörden beschieden werden müssen. Zudem werden Widersprüche und Anfechtungsklagen künftig keine aufschiebende Wirkung für Windräder mehr haben; die können schon gebaut werden, noch während über deren Rechtmäßigkeit verhandelt wird.

Die NI: »Bei diesem Gesetzentwurf auf Druck der Windlobby handelt es sich eher um ein Demokratieabbaugesetz, das nicht hingenommen werden kann. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und die Bundestagsabgeordneten, diesem nicht zuzustimmen.«

Altmaier lobte dagegen den Schritt zu einer wackligen wind- und wetterabhängigen Energieversorgung, wie sie in vergangenen Jahrhunderten stattfand, als gutes Signal für die Energiewende: »Das ist ein wichtiges Zukunftssignal für Deutschland als Investitionsstandort!«

Allerdings werden zur Zeit kaum noch neue Windräder in die Landschaft gestellt. Im ersten Halbjahr 2020 wurden nur noch 178 neue Windräder auf dem Festland gebaut, dagegen steht der Abbau von 88 alten Anlagen. 29.546 Windräder drehen sich derzeit in Deutschland – wenn der Wind weht. Die meisten Anlagen stehen in Niedersachsen. Nicht weiter verwunderlich: Es gibt deutlich weniger staatliche Subventionen für die sogenannten Erneuerbaren. Die Förderung für Windräder wurde drastisch reduziert, und ohne dieses Geld lohnt sich kein Windrad.

Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier




Erster Reaktor in Weißrussland

Die Grundplatte von Reaktor 1 wurde im November 2013 und von Reaktor 2 im May 2014 betoniert (offizieller Baubeginn eines Kernkraftwerks). Damit hat auch die russische Nuklearindustrie gezeigt, daß sie Kernkraftwerke fristgerecht und ohne Kostenüberschreitungen im Ausland fertigstellen kann. Der erste Reaktor dieses Typs ging 2016 (Novovoronezh II-1) in Betrieb. Es folgten 2017 Leningrad II-1 und 2019 Novovoronezh II-2. Auch hier zeigt sich wieder, der Bau von Kernkraftwerken in der vorgesehenen Zeit zu festen Kosten ist keine Hexerei. Das Geheimnis liegt im Bau möglichst baugleicher Kraftwerke in dichter Folge: So hat man stets geübtes Personal im Einsatz und dies ist die beste Garantie vor Termin- und Kostenüberschreitungen.

Preis und Finanzierung

Die Exporterfolge der russischen Nuklearindustrie beruhen auf der gleichzeitigen Finanzierung durch russische Banken. Der Auftragswert für das Kraftwerk betrug 10 Milliarden US$ (entsprechend 4274 US$/kW). Das ist durchaus günstig für ein Kraftwerk der Generation III+ mit allem Schnickschnack, wie doppeltem Beton-Containment und Kernfänger. Bei diesem Typ hat sich der Hersteller eng an europäischen Vorstellungen orientiert, wie sie auch im französischen EPR realisiert werden.

Die Finanzierung erfolgt quasi nach einem Bauherrenmodell: Es gibt einen Zahlungsplan mit festgelegten Raten zu festgelegten Zahlungsbedingungen. Dies ergibt eine interessante Aufteilung des Risikos zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Bis zur jeweiligen vertragsgemäßen Teillieferung trägt der Anbieter das Risiko von Kostensteigerungen durch Bauverzögerungen. Erst ab diesem Zeitpunkt wirken sich für den Auftraggeber zusätzliche Zinszahlungen durch eine verzögerte Inbetriebnahme aus. Wird eine Rate an den Hersteller fällig, wird diese durch eine russische Bank als Kredit für Weißrussland bereitgestellt. Erst ab diesem Moment muß der Kapitaldienst durch den Auftraggeber geleistet werden. Rußland finanziert so etwa 90% der Baukosten vor. Ganz nebenbei, haben die USA inzwischen erkannt, welchen Exportvorteil Rußland gegenüber finanzschwachen Ländern durch dieses Modell hat und streben wieder staatliche Ausfallbürgschaften an. So hat Rosatom im März 2020 veröffentlicht, daß es für die nächsten zehn Jahre über ein Auftragsvolumen im Ausland von US$ 140 Milliarden verfügt. Rosatom besteht aus 400 Unternehmen mit mehr als 250 000 Mitarbeitern. Für Rußland bedeutet dies nicht nur die Einwerbung von Exportaufträgen, sondern auch die Wandlung der stets schwankenden Deviseneinnahmen aus dem Rohstoffgeschäft in stetige langfristige Zahlungsströme – z. B. für Pensionszahlungen.

Die russische kerntechnische Industrie ist seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wie ein Phönix aus der Asche wiederauferstanden. Im Oktober 2015 wurde der erste Reaktordruckbehälter von Atomash in Wolgodonsk – nach 30 Jahren Pause – hergestellt. Das Werk wurde 1973 gegründet und stellte bis 1986 allein 14 Reaktorgefäße her. 1997 ging es endgültig pleite und hangelte sich dann mit Aufträgen aus dem Gas- und Ölsektor durch. Heute ist es wieder das Zentrum für Druckwasserreaktoren und verfügt über die Kapazität von vier kompletten Kernkraftwerken (Druckgefässe, Dampferzeuger etc.) jährlich. Das Werk verfügt über einen eigenen Anschluß an den Wolga-Don-Kanal. In diesem Jahr wurden bereits drei Reaktordruckgefäße und 17 Dampferzeuger für Projekte in Indien, Bangladesch und der Türkei ausgeliefert.

Der Bauablauf

Man bevorzugte in Weißrussland ein zur Errichtung paralleles, abschnittsweises Genehmigungsverfahren. Dies funktioniert sehr gut bei Serienbauweise ohne große lokale Anpassungen. Wie hier gezeigt, kann das die gesamte Bauzeit einschließlich notwendiger Planung und Vertragsverhandlungen vom „Wunsch“ ein Kernkraftwerk zu bauen, bis zur Inbetriebnahme auf rund zehn Jahre begrenzen. Wendet man dieses Verfahren jedoch beim erstmaligen Bau eines Kernkraftwerks (FOAK) an, kann es sehr schnell zu einem wirtschaftlichen Desaster führen. Eindringliches Beispiel hierfür ist die „ewige“ Baustelle des EPR in Finnland.

Auch bei diesem Projekt zeigt sich wieder der grundsätzliche Vorteil von Baustellen mit doppelten Blöcken. Auch die französische Industrie ist nun diesem Weg in Hinkley Point gefolgt. Die gesamte Baustelleneinrichtung, wie z. B. Schwerlastkran, Werkstätten, Unterkünfte usw. halbiert sich automatisch (bezogen auf die spezifischen Kosten). Man kann bei allen Projekten bereits beim zweiten Block eine merkliche Senkung der notwendigen Arbeitsstunden feststellen, da man bereits vor Ort eine geübte und aufeinander eingestellte Truppe im Einsatz hat. Dies gilt um so mehr, je mehr man lokale Unternehmen beauftragt. So kam man in Ostrovets mit angeblich 3000 Fachkräften aus.

Am 10. July 2016 ereignete sich beim Einbau des Reaktordruckbehälters ein Missgeschick: „Der Behälter rutschte langsam etwa 4 m ab und setzte sanft auf den Grund auf, keine Beschädigung, die Aufhängung am Gehäuse wurde verschoben“, so die offizielle Stellungnahme. Auf Wunsch der weißrussischen Genehmigungsbehörde wurde er durch einen neuen ersetzt. Am folgenden 3. April wurde der für Block 2 vorgesehene Behälter in Block 1 eingebaut. Für den Block 2 wurde der ursprünglich für das Kraftwerk Kaliningrad 2 vorgesehene Reaktordruckbehälter ersatzweise geliefert. An diesem Beispiel erkennt man, wie robust die Strategie einer Serienfertigung ist. Der notwendige Ersatz eines Bauteils mit 36 Monaten Lieferzeit wäre bei einem Einzelprojekt zu einer wirtschaftlichen Katastrophe geworden. So konnte der Fahrplan nahezu eingehalten werden und im August 2020 die Beladung mit den 163 Brennelementen abgeschlossen werden.

Der nukleare Friedhof

Es ist eine russische Tradition, die nuklearen Abfälle in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks zu lagern. Man hat deshalb parallel die Genehmigung für ein Endlager durchgeführt. Die erste Stufe für US$ 10 Millionen soll bis 2028 fertiggestellt sein. Man geht bei einer Betriebsdauer des Kernkraftwerks von (erstmal) 60 Jahren aus. In diesem Zeitraum sollen 9360 m3 feste Abfälle (leicht und mittelaktiv) und 60 m3 hochaktive Abfälle anfallen. Beim Abbruch der Anlage sollen noch einmal 4100 m3 leicht und mittelaktive Abfälle und 85 m3 hochaktive Abfälle anfallen. Die leicht und mittelaktiven Abfälle sollen dauerhaft lokal gelagert werden. Für die hochaktiven Abfälle wird ein unterirdisches Zwischenlager geschaffen.

Die Geschichte der VVER-Baureihe

In Rußland werden Druckwasserreaktoren als Wasser/Wasser-Energie Reaktoren (VVER) bezeichnet. Diesem Kürzel wird die gerundete elektrische Leistung in Megawatt und gegebenenfalls eine Fertigungsnummer angehängt. So ist der VVER-1200 ein Druckwasserreaktor mit rund 1200 MW elektrischer Leistung. Erst am 8.9.1964 wurde der erste Druckwasserreaktor als VVER-210 im Kraftwerk Novovoronezh kritisch und blieb bis 1984 in Betrieb. 1971 folgte der erste VVER-440 und 1980 der erste VVER-1000. Die beiden letzten Typen wurden auch exportiert (Ukraine, Armenien, Finnland, Bulgarien, Ungarn, Tschechien., Slowakei, Iran, China).

Alleinstellungsmerkmal aller VVER sind liegende Dampferzeuger und sechseckige Brennelemente. Das grundsätzliche Konstruktionsprinzip wurde bis heute beibehalten und ist ausgereizt. Durch die stetige Leistungssteigerung ergibt sich eine evolutionäre Entwicklung, bei der man die Betriebserfahrungen, technische Weiterentwicklungen (z. B. Werkstoffe) und zusätzliche Sicherheitsanforderungen (Containment, Kernfänger etc.) stets in die nächste Baureihe ohne all zu große Entwicklungsrisiken einfließen lassen kann. Führt man jedoch eine Baureihe über einen solch langen Zeitraum fort, verkompliziert dies irgendwann die Anlage. Dies gilt beispielsweise für die liegenden Dampferzeuger (Durchmesser 4 m, Höhe 5 m, Länge 15 m, Gewicht 340 to). Stehende Pumpen, Druckbehälter usw. mit liegenden Dampferzeugern zu verbinden, führt zu einer sehr unaufgeräumten Konstruktion mit langen und verschlungenen Rohrleitungen. Dies erschwert Wartung und Wiederholungsprüfungen. Das Reaktordruckgefäß wächst auch mit steigender Leistung. Durch die Beibehaltung der Grundkonstruktion mit zwei Anschlussebenen (4 Rücklauf und 4 Vorlaufleitungen plus Noteinspeisung) besteht das Druckgefäß aus 6 geschmiedeten Ringen und einer Kalotte. Die Schweißarbeiten am oberen und unteren Teil dauern jeweils 15 Tage bei einer Temperatur von 200 °C. Anschließend muß jede Hälfte noch bei 300 °C geglüht werden um die Spannungen in den Nähten zu verringern. Nachdem beide Hälften in einem weiteren Schritt zusammengeschweißt wurden, muß das gesamte Gefäß noch komplett mit einer korrosionsbeständigen Legierung plattiert werden. Alles sehr umständlich und damit teuer. Die Fertigungszeit beträgt deshalb etwa 36 Monate.

Hintergründe

Weißrussland ist als selbstständiger Staat aus der Auflösung der Sowjetunion hervorgegangen. Es ist ein relativ kleines und dünn besiedeltes Land mit knapp 60% der Fläche von Deutschland, aber nur 10 Millionen Einwohnern. Durch die enge Verknüpfung der Wirtschaft in der ehemaligen Sowjetunion – die bis heute noch nicht überwunden ist – kommt praktisch die gesamte Kohle, das Rohöl und Erdgas immer noch aus Rußland. Diese extreme Abhängigkeit hat immer wieder zu Spannungen zwischen beiden Ländern geführt. Vereinfacht kann man sagen, daß Putin-Rußland hat immer wieder versucht durch angedrohte Preiserhöhungen und Lieferunterbrechungen Weißrussland seinen Willen aufzudrücken – umgekehrt hat Weißrussland versucht, seine „Kosten“ durch Erhöhung von Transitgebühren erträglich zu halten. Insofern sind die Ostsee-Pipeline und das Kernkraftwerk Ostrovets unmittelbare Produkte dieses Konflikts. Rußland mußte Weißrussland ein Kernkraftwerk bauen und vorfinanzieren, sonst hätte es Weißrussland durch den Bau der Ostsee-Pipeline unweigerlich in die Arme des „Westens“ getrieben. Ein weiterer Satellitenstaat wäre dem „roten Zaren“ – wie schon vorher die Ukraine – davongelaufen.

Ein Kernkraftwerk entzieht sich weitestgehend politischer Erpressbarkeit: Wegen der außerordentlichen Energiedichte von Uran kann es für Monate und Jahre ohne neue Brennstofflieferungen betrieben werden. Auch ein russisches Kernkraftwerk stellt heute kein Problem mehr da. Es gibt für die Reaktoren heute Brennelemente von verschiedenen Herstellern außerhalb der russischen Einflußsphäre. Auch die Versorgung mit Ersatzteilen und „Kow-how“ ist nicht unbedingt ein Problem. Eine enge Kooperation mit der Ukraine, Finnland usw. kann im Ernstfall helfen – es haben schließlich all diese Länder ein Problem mit russischer Technik und Politik.

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Ein Bestseller: Kann der Mensch das „Klima retten“? – 60 Fragen und Antworten zu Klimawandel und Energiewende

Dies war der Grund für vier Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen, einem Leitspruch von Albert Einstein zu folgen: Blinder Respekt vor Autoritäten ist der größte Feind der Wahrheit. Sie sind keine Klimatologen, verfügen aber über umfangreiche Erfahrungen in interdisziplinärer Arbeit. Zu den Themen Klimawandel und Energiewende haben die Autoren 60 Fragen formuliert, deren Antworten den interessierten Leser in die Lage versetzen, sich ein eigenes Urteil über die gängigen Dogmen zu bilden. Die Verfasser suchten vor allem unbestreitbare Fakten und lassen dabei auch die Protagonisten von Klimarettung und Energiewende in 32 Zitaten reichlich zu Wort kommen. Ihre Schlussfolgerungen lauten:
–  Es gibt gegen die vorgeblich wissenschaftlich begründete Behauptung, der heutige Klimawandel sei ganz oder überwiegend durch menschlich erzeugtes CO2 verursacht, schwerwiegende und fundierte Einwände.
–  Klimaprognosen, deren Ergebnisse stark divergieren und für deren Erstellung willkürliche Annahmen getroffen wurden, sind nicht belastbar und taugen keinesfalls als Basis für folgenschwere politische Entscheidungen.
–  Selbst unter Zugrundelegung der These vom anthropogenen Klimawandel sind die bereits umgesetzten und noch geplanten Maßnahmen der „Energiewende“ völlig verfehlt. Mit ihnen wird Deutschland für einen global wirkungslosen Sonderweg seine Wettbewerbsfähigkeit einbüßen und eine dramatische Deindustrialisierung zu erleben.
Die Broschüre wurde anstelle einer eigentlich anstehenden 5. Auflage der Vorgängerpublikation mit ihren 45 Fragen herausgegeben und unterscheidet sich von dieser durch Überarbeitung, Aktualisierung und Erweiterung auf anderthalbfachen Umfang. So wird darin auch ausführlich auf den neuesten Versuch zur Rettung der misslungenen Energiewende mittels grünem Wasserstoff als dem „neuen Erdöl“ eingegangen. Beispielsweise führt eine mit Schulkenntnissen nachvollziehbare Rechnung der Mehrkosten in der deutschen Stahlindustrie durch den Einsatz von grünem Wasserstoff auf die Summe von 23,6 Milliarden Euro – pro Jahr.
Die Autoren werden ihrem Anspruch, das komplexe Thema vielschichtig und sachlich zu beleuchten, durchaus gerecht. Ihr Werk sollten alle lesen, die an den vom Mainstream verbreiteten Dogmen zweifeln – und erst recht jene, die daran glauben. Die 64-seitige Broschüre im DIN A4-Format mit 29 Abbildungen, ISBN 978-3-00-066383-3 ist im Shop des Verlages unter www.kaleidoscriptum-verlag.de für 6,90€ bestellbar.