Empörungsrituale der Elektro-Apostel
Die Klima-Apologeten erleben, wie ihre Hegemonie unter der Realität zerbröselt. Deshalb wird das geringste Abweichlertum mit allen Mitteln bekämpft. Selbst das Lavieren von Friedrich Merz beim Verbrennerverbot wird zum Dammbruch erklärt.
Von Michael W. Alberts
Der Eiertanz der Berliner Koalition um das Verbrennerverbot ist schon eine peinliche Vorstellung, und nicht nur wegen der Gründe, die Dirk Maxeiner aufgezeigt hat. Man sieht ein, dass man den EU-Zwang nicht bestehen lassen kann, traut sich aber nicht wirklich, ihn abzuräumen. Man feilscht kleinkariert um Details, versteckt sich hinter rhetorischen Formeln, um irgendwann (als könnte man das Thema nicht innerhalb eines halben Tages abhandeln) einen faulen, halbherzigen Kompromiss als hart errungene Lösung zu verkaufen (deren Durchsetzung in der EU ungewiss ist).
Selbst Markus Söder (Regent über Audi in Ingolstadt, BMW in Dingolfing und München), der allen Anlass hat, angesichts der kommenden Bayern-Wahl, das Ruder umzulegen, beteuert markig, wie sehr er nach wie vor zur Elektromobilität stehe, selbst nachdem ihm vermutlich bekannt ist, dass der Marktanteil der Stromer bei den Neuzulassungen immer noch nur bei einem Fünftel liegt (hierzu dieser kürzliche Beitrag).
Man sollte meinen, selbst abgesehen vom dramatischen Niedergang der Industrie, die Konsumenten und ihr Votum seien nur schwer misszuverstehen mit ihrer klaren Ansage „Danke für die Option, aber im Wesentlichen Nein Danke“. Die Politik bräuchte eigentlich nur hierauf zu verweisen und ihre Volksnähe herauszustellen: „Wir haben verstanden“, könnten sie sagen zu Verbrauchern, Arbeitnehmern, Steuerzahlern. Aber der größte Teil der Berliner Blase glaubt natürlich, schlauer zu sein als das dumme Volk, die ehemalige Volkspartei SPD allemal.
Empörungsrituale der Elektro-Apostel
Gerade angesichts der Mutlosigkeit der Regierung, die in Treue fest zur Elektromobilität steht und nur lächerliche Zugeständnisse zu machen bereit ist, erstaunt umso mehr, wie die grünen Tugendwächter der Energie- und Mobilitätswende sich im Internet auslassen: als sei die Bundesregierung ganz und gar verrückt geworden, als lasse sie alle Vernunft fahren. Die Argumentationsmuster sind kennzeichnend für ein Weltbild und ein Politikverständnis, die einer tatsächlichen Demokratie mit freiheitlicher, aufgeklärt bürgerlicher Orientierung unwürdig sind – heimisch in den Köpfen ausgerechnet derjenigen, die „unsere Demokratie“ für sich gepachtet haben, ausgrenzend besitzergreifend.
„Die Zukunft ist elektrisch“, so wird vollmundig festgestellt (und zwar flächendeckend, als hätte jemand die Parole ausgegeben). Die Schlichtheit der Ansage, als Weltformel zur Beschreibung einer hoch komplexen technischen Zivilisation und ihrer möglichen Entwicklung, ist ohnehin atemberaubend. Aber das grüne Energiewende-Idyll beruht in der Tat darauf, dass alles nur noch elektrisch betrieben wird, und zwar mit „erneuerbaren“ Energien – nebenbei bemerkt eine absurde Orwell’sche Prägung: Die Sonne ist nicht erneuerbar, sie ist ein nicht mal besonders großer Stern, wo durch Kernfusion ungeheure Energien freigesetzt werden, aber irgendwann ist das Material erschöpft und der Stern verglimmt. Zugegeben, das sprengt menschliche Zeithorizonte, aber trotzdem ist da nichts „erneuerbar“. Auch ein Windrad ist nicht erneuerbar, man muss es schon verschrotten (weit früher als ein „fossiles“ Kraftwerk) und ein ganz neues bauen. Die Vokabel macht null Sinn.
Die Schlichtheit der Parole ist auf demselben astronomischen Niveau wie die der Energiewende-Politik, die ein simples, primitives Patentrezept über alles stülpt – und was nicht passt, wird passend gemacht. Sie ist auch ebenso verlogen, denn die elektrische Zukunft verweigert sich der Orientierung am tatsächlichen Bedarf, der Nachfrage, was nicht progressiv ist sondern rückschrittlich, und sie hebt sich gleichzeitig selbst auf durch die Negation, die darin liegt, dass die Elektrizität, die doch die Zukunft wesenhaft definieren soll, zur exklusiven und unbezahlbaren Ware wird. Würde man postulieren „Die Zukunft gehört den Akademikern“, sollte man keine Bildungspolitik erwarten, die Universitäten abschafft und unerreichbar macht.
Religiöse Anbetung des Klimas
Aber selbst wenn man die Ansage im aktuellen Kontext nur auf die Antriebsstränge von Autos bezieht: Sie kommt ja nicht als politische Forderung daher. Sie wird vielmehr dargeboten als prophetische Enthüllung. Da haben welche erkannt, wo die Reise hingeht, und zwar aus beinahe schicksalhafter historischer Notwendigkeit. Der dialektische Weltgeist will, dass wir mit Batterie-Autos fahren. Diese Art des Denkens ist nicht wirklich überraschend, denn die ganze grüne Weltanschauung fußt immer schon, ideologisch wie Aktivisten-soziologisch, auf dem Marxismus.
Das grüne Establishment ist die Avantgarde, die auf wissenschaftlicher Grundlage erkannt hat, welche Revolution jetzt notwendig und unvermeidlich ist. Das große Ziel ist die Klimaneutralität, dazu bedarf es der Energiewende mit Öko-Strom als Allheilmittel, und daraus folgt die Mobilitätswende bei der Kfz-Technik. Das Vorhaben als revolutionäre, komplette Umwälzung der gesamten Zivilisation zu begreifen, ist keine unfaire Zuschreibung von außen, von Seiten der störrischen „Klimawandelleugner“, sondern Selbstverständnis der Aktivisten, und der offizielle Kampfbegriff ist „Transformation“. So heißt das, wenn eine Technokratie die Revolution mit bürokratischer Borniertheit umsetzt.
Es ist durchaus kein Widerspruch zum marxistischen Denken, bei den Akteuren eine regelrecht religiöse Inbrunst wahrzunehmen, einen missionarischen Eifer, denn das „Klima“ ist offensichtlich eine Ersatzreligion, mit kultischen Elementen, Geboten, Sündern, auch rituellen Opfern, Selbstkasteiung, Hohepriestern und bezopften Prophetinnen aus Schweden.
Die klimaneutrale Zukunft ist natürlich eine Utopie und als solche niemals erreichbar, so wie eine klassenlose, einschränkungslos gerechte Gesellschaft. Der Marxist wie der Klimaprophet ziehen daraus aber nicht den Schluss, es sei vergeblich, sondern fordern umso größere Hingabe. Kompromisslertum und Halbherzigkeit können nicht geduldet werden. Deshalb wird das ängstliche Lavieren der Merz-Truppen schon als kompletter Verrat in der Luft zerrissen, als gehe es an die Grundfesten. Das tut es für die Klima-Vorkämpfer auch; wie in jedem religiös aufgeladenen Kult ist nichts weniger als das Maximum akzeptabel.
Das Unvermeidliche braucht doch den Zwang
Die nächste Parallele liegt darin, dass die kommunistische Avantgarde (akademisch sozialisierte Bürgerkinder) zwar vorgibt, für die breite Masse der unterdrückten Arbeiter zu kämpfen, von diesen aber leider nicht allzu freiwillig als Anführer akzeptiert wird. Ebenso scheint der normale Autofahrer in Deutschland es bisher nicht so richtig zu verstehen, die Weltrettung durch Batterie-Autos – und nur einer von fünf Käufern folgt der Avantgarde bei seiner Auswahl. Die anderen vier haben leider noch das falsche Bewusstsein und müssen daher an die Leine genommen werden.
Zwischen der behaupteten Unvermeidlichkeit der „elektrischen Zukunft“ und dem Käuferverhalten klafft ein Abgrund. Die Avantgarde muss letztlich die breiten Massen zu ihrem Glück zwingen, das ist nun mal ihre geschichtliche Aufgabe. Und sofern der Zwang sich noch ein wenig schämt, ein solcher zu sein, wird nun lamentiert, die Verwässerung des Verbrenner-Verbots werde die Verbraucher „verunsichern“: Die Bundesregierung riskiert selbst mit ihrem zögerlichen Herumfummeln schon die nötige Klarheit und Eindeutigkeit in der Kommunikation mit dem gemeinen Bürger.
Solange formal noch Freiwilligkeit besteht, darf aber doch zumindest kein Zweifel aufkommen daran, was die einzig richtige Lösung darstellt. Auch (und gerade) wenn es keinen Impfzwang gibt, muss der Verweigerer zumindest eindeutig als Volksfeind angeprangert werden. Immer das gleiche Muster. Undenkbar, dass der Autokäufer abhängig von seinen persönlichen Bedürfnissen selbst entscheidet, was die beste Technik ist. Optionen sind nur verwirrend und daher von Übel. Freiheit? Nur die Freiheit der Einsicht in die Notwendigkeit. Oder, in Merkel-Deutsch: Alternativlosigkeit ist Trumpf. Sie hat ihren Marx eben gelernt und verinnerlicht.
Eine gewisse Ironie liegt darin, dass die Firma SAP offenbar beschlossen hat, nur noch BEV als Dienstwagen für die sicher hoch qualifizierten Beschäftigten zu erlauben. Selbst kluge Software-Experten würden sonst womöglich die falsche Entscheidung treffen. Man sieht, die Avantgarde ist ein ziemlich exklusiver Zirkel nur für Ausgewählte. Ganz normale Bürger, die ihr Geld als Facharbeiter oder Dachdecker verdient haben, dürfen dann natürlich erst recht nicht die freie Wahl überlassen bekommen, und solange doch, darf die Politik keinen Zweifel bestehen lassen, dass alles außerhalb von BEV-Technik übel ist: vorgestrig und verstaubt.
Von der Avantgarde-Überzeugung, dass nur BEV den Weg in die Zukunft weisen, lassen sich weitere erstaunliche „Einsichten“ ableiten. Denn wenn die Zukunft elektrisch ist, dann lassen sich eben auch nur mit BEV Gewinne erzielen – so ergibt sich das zwingend im grünen Bauchgefühl. Alles, was nicht BEV ist, gefährdet im Umkehrschluss den Bestand der Hersteller und der Arbeitsplätze. Das wird von prominenten Experten-Darstellern allen Ernstes so behauptet.
Nur das unbeirrte Festhalten am Verbrenner-Verbot verspricht in dieser Logik den ökonomischen Erfolg, denn wie gesagt: „Zukunft!“ – auch wenn die konkreten Erfahrungen der deutschen und anderer europäischer Hersteller offensichtlich das Gegenteil belegen. Gewinneinbrüche und Absatzprobleme werden einfach ignoriert – oder dreist wegerklärt. Dass bei VW jeder fünfte Neuwagen ein BEV ist, beweist angeblich die Großartigkeit des Konzepts und die Richtigkeit des eingeschlagenen Kurses. Die verbleibenden 80 Prozent sind unbeachtlich. Mit gleicher Logik müsste man eigentlich schlussfolgern, dass ein Viertel AfD-Wähler die Zukunft Deutschlands vorwegnehmen.
Das Narrativ – nur närrisch-naives Wunschdenken
Empirisch unverkennbare Realitäten der Gesellschaft und Wirtschaft spielen für Marxisten und Öko-Maoisten keine Rolle. Alles muss dem „Plan“ folgen, und wenn es nicht funktioniert, dann waren es feindliche Elemente, Abweichler und Klassenfeinde. Wenn von VW bis Mercedes keine Gewinne mehr erzielt werden, obwohl doch die Zukunft elektrisch ist und die Konzernlenker der Utopie beflissen auf den Leim gegangen sind, dann nur, weil der Weg noch nicht energisch genug gegangen wurde. Wenn die Blutegel die Krankheit noch nicht geheilt haben, dann müssen mehr Blutegel her. Noch ist Windkraft unzuverlässig, aber zehnmal so viel funktioniert!
Eine phantasievolle Variante des Arguments ist, dass die deutschen Hersteller nicht rechtzeitig auf den BEV-Zug aufgesprungen und deshalb technologisch noch nicht so weit seien. Dabei ist weder an Elektromotoren noch an Batterien viel technologisch aufregend Neuartiges. Diejenigen, die sich ein BEV zulegen, sind auch offensichtlich nicht der Meinung, nur die technologisch so fortgeschrittenen Chinesen wüssten so ein Ding richtig zu bauen. In Wahrheit beherrschen die hiesigen Traditionshersteller auch den BEV-Markt erdrückend: Zumindest die realen Autofahrer scheinen insoweit zu glauben, dass Audi und BMW durchaus attraktive Batterie-Autos drauf haben, aber aus Sicht der Avantgarde mag auch das auf falsches Bewusstsein deuten.
Dass die Kundschaft weit überwiegend beim Verbrenner bleibt, war für die Energiewende-Experten-Elite schon ärgerlich, wie immer, wenn das Volk nicht richtig spurt, aber noch erträglich, solange das Establishment die Reihen fest geschlossen hielt. Aber nun schert der Merkel-Ersatzkanzler doch tatsächlich aus, sogar mit markigen Worten. Da ist zwar wie immer weit weniger dahinter, als es erst klingt, aber postmoderne Marxisten glauben, durch ihre klugen Worte die Welt neu zu definieren und durch Kontrolle des Sagbaren die Verhältnisse zu bestimmen – insoweit ist man schon bei den Vokabeln hellhörig und alarmiert.
Die sichtliche Nervosität, wenn nicht gar Panik auf Seiten der BEV-Apostel, der Avantgarde der „elektrischen Zukunft“, beruht nicht darauf, dass man in seinem naiv-utopistischen Weltbild inhaltlich erschüttert würde. Die vorgetragenen „Sach“-Argumente sind im Grunde nur Platzhalter für etwas ganz anderes, eben die skizzierte ideologische Grundhaltung, den Machtanspruch darin, Pädagogik für vermeintlich niederes Volk und politische Sophisterei, um rhetorisch die Debatte zu kontrollieren und zu gewinnen.
Die Apologeten wissen durchaus, dass sie der Allgemeinheit nur vortragen, was man heute ein „Narrativ“ nennt. Es ist auch kaum vorstellbar, dass sie sich nicht bewusst wären, dass Deutschland und Europa so oder so nicht das Weltklima retten werden, ob nun mit Solarmodulen oder Batterie-Autos. Ihr echtes Problem ist vielmehr: Sie müssen nun erkennen, dass ihre Hegemonie unter dem Druck der Realität zerbröselt, ihre Deutungshoheit darüber, was gut und richtig sei. Sie waren gewohnt, als Klasse der „Experten“ und Meinungsführer die Berliner Politik vollständig zu kontrollieren. Selbst das lächerliche Lavieren von Merz und Söder ist für sie ein Dammbruch. Was erlauben die sich eigentlich?
Der Energiewende-Rigorismus als revolutionärer Impuls
Es ist aber noch viel schlimmer. Wenn selbst ein grüner Ministerpräsident Kretschmann in Stuttgart so viel sagt wie „Klima schön und gut, aber uns bricht hier die Industrie weg“, dann legt er damit die Axt an das Fundament der grünen Herrschaft, denn in der Klimareligion gibt es keinen weiteren Gott neben dem CO2, das in der Negation angebetet wird. In dem Moment, wo das Klima nur noch eines von vielen politischen Zielen darstellt, wo es sich pragmatisch kompromissbereit mit konkurrierenden Notwendigkeiten arrangieren muss, ist es erledigt.
Der Krieg um das Verbrenner-Verbot ist ein Stellvertreter-Krieg. Wer die reine Lehre vom BEV infrage stellt, und sei es nur zögerlich, dem ist auch sonst bei der Energiewende und der notwendigen „Transformation“ der Gesellschaft nicht zu trauen. Die Debattenbeiträge und Motive der jetzt so aufgeregt-aufgescheuchten Meinungsführer und Gesinnungswächter sind nicht verstehbar ohne Beachtung ihrer religiös-fanatisch aufgeladenen, extremistischen Haltung. Die Klimareligion verhält sich nicht anders als die neuere linke Bewegung des „woken“ Bewusstseins. Das Verrückte wird abrupt zur Normalität erklärt („new normal“!) und das Normale als praktisch Nazi. Wer die deutsche Fahne gut findet, wird wohl auch heimlich Hitler verehren. Wer „Zwangsgebühren“ sagt, ist rechtsextrem.
Der grünlinke Eifer ist eben bei allen Themen im Kern revolutionär, auch wenn er an der Oberfläche etablierte bürgerliche Verhaltensmuster an den Tag legt. So wie führende Politiker dieser Republik nichts dabei finden, der „Antifa“ und ähnlichen Horden moralische und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Klimawahn und Energiewende sind insoweit nur Teil der Agenda einer fanatischen Bewegung, die außerhalb von Maximalzielen und Extremismus nicht existieren kann. Könnte sie es, würden sich die Protagonisten anders verhalten, nämlich tatsächlich tolerant und gesprächsoffen. Mäßigung und Kompromiss sind dem Revolutionären aber wesensfremd.
Die wohlbestallten „Experten“ und Klima-Apologeten, die sich jetzt so empört und belehrend aus ihren Wohlfühlblasen melden, weil die reine BEV-Lehre infrage gestellt wird, haben aus dieser Perspektive ganz recht, sich so aus dem Fenster zu lehnen. Es ist erstaunlich genug, dass Alt-Maoist Kretschmann sich so wahrhaft vernünftig-pragmatisch äußert. Selbst wenn sein Motiv mit den kommenden Landtagswahlen zu tun haben sollte – das ist in einer Demokratie ja Sinn der Sache. Oder es ist abgeklärte Altersklugheit – jedenfalls scheint er zu erkennen, dass fanatische Energie- und Mobilitätswende den Fortbestand Deutschlands im Kern bedrohen. Und das ist ein Paradigmenwechsel.
Der Anfang vom Ende der Klima-Verabsolutierung
Die grünen Klimafanatiker haben bisher immer suggeriert, die Energiewende werde automatisch und wie durch Zauberhand alles zum Guten wenden, denn „Wind und Sonne schicken keine Rechnung“, und als Vorreiter werden wir mit unserem Öko-Know-how Profit machen ohne Ende. Die Hardcore-Avantgarde sieht gar nicht ein, an diesem Narrativ etwas zu ändern. Sie behauptet einfach weiterhin, das sei der Weltgeist, auch wenn 90 Prozent der Welt sich gegenteilig verhalten. Das wollen wir doch mal sehen.
Das neue Narrativ aus Berlin, vom Kanzler-Verein, lautet: wir müssen weitermachen beim Klima, aber zugleich brauchen wir wieder Wachstum und Wohlstand, und so, wie wir es bisher versucht haben, scheint es nicht zu funktionieren. Das ist nicht nur eine Kritik an den Grünen oder an wem auch immer, der die bisherige Politik praktisch betrieben hat, sondern damit ist auch der grün behauptete Automatismus weg, wonach Klimaschutz wie von selbst Wohlstand produziert, regelrecht damit identisch sei.
Das ist schon mal ein Schlag ins Kontor. Nicht weil die Erkenntnis so sagenhaft originell wäre, sondern weil sie offiziell deutsche Politik wird. Aber man ist eben in den politisch maßgeblichen Kreisen, personifiziert durch mehr als einen Ministerpräsidenten, schon weiter, noch viel kontra-revolutionärer: Wenn es hart auf hart kommt, hat der Wohlstand Vorrang vor dem Klima. Klima wird zum „nice to have“ Artikel, abhängig davon, ob man es sich leisten kann.
Nichts anderes als das bedeutet das Lavieren beim Verbrenner-Verbot mit der ganzen politischen Begleit-Folklore, einschließlich Nebelkerzen und Phantomlösungen. Es ist in der Sache zu wenig, es ist absurd, es ist nervtötend. Aber es bedeutet trotzdem, dass das Klima keinen exklusiven, unantastbaren Alleinstellungs-Anspruch mehr hat. Wozu Berlin sich durchringen kann, ist nur eine kleinliche Fummelei – und doch genau der Dammbruch, der nötig war. Die Avantgarde des Klimawahns zetert zu Recht, denn für sie ist es der Anfang vom verdienten Ende.
Der Paradigmenwechsel ist offiziell auf der Tagesordnung. Klima sticht nicht mehr automatisch alles andere wie der Kreuzbube beim Skat. Und die grüne Expertenblase mit ihrem satt subventionierten Umfeld hat nicht mehr die Definitionsgewalt, nicht mal innerhalb des Berliner Establishments. Es kommt was ins Rutschen.
Michael W. Alberts hat langjährige Erfahrung in der Politikberatung und in politischer Kommunikation und sich für Achgut schon häufig mit Fragen der Klima-, Energie- und Verkehrspolitik auseinandergesetzt.
Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier