Woher kommt der Strom? Zu viel regenerativ erzeugter Strom
23. Analysewoche 2025 von Rüdiger Stobbe
Am Sonntag, den 8. Juni 2025 kam es zu einem noch seltenen Phänomen. Über die Mittagsspitze importierten unsere europäischen Nachbarn teilweise günstigen Strom aus Deutschland. Zum Abend allerdings wurde diese Strommenge nicht wie sonst zu hohen Preisen nach Deutschland exportiert, sondern es wurde weiter Strom importiert. Zu Preisen die so um die Hälfte des sonst üblichen Preisniveaus lagen. Es ist davon auszugehen, dass Deutschland insgesamt zu viel regenerativ erzeugten Strom produzierte, so dass dieser unbedingt exportiert werden musste.
Und in der Tat zeigt der Blick auf den Übersichtschart der regenerativen und konventionellen Stromerzeugung, dass nach dem Wegfall des PV-Stroms die Windstromerzeugung so stark war, dass der Bedarf zusammen mit der notwendigen fossilen Stromerzeugung zwecks Netzstabilisierung auch zum Abend überschritten wurde. Also musste der überschüssige Strom exportiert werden. Sonst wäre das Stromnetz zusammengebrochen. Unsere Nachbarn haben „ausgeholfen“. Glücklicherweise konnten sie es. Wird allerdings die erneuerbare Stromerzeugung auch in den anderen Ländern Europas weiter ausgebaut, wird es einen Punkt geben, an dem die „Luft“ zum „Aushelfen“ ziemlich dünn wird. Immer dann, wenn die regenerative Erzeugung europaweit so stark ist, dass sie von keinem Land, von den Ländern insgesamt in ausreichendem Maß übernommen werden kann, gibt es ein gewaltiges Problem. Kurz: Sollten unsere Nachbarn regenerativ per Wind und Solar im Ausbau so weit kommen, wie Deutschland heute ist, wird ein europaweiter Stromausfall wahrscheinlich unvermeidlich sein.
Der Spanien/Portugal-Blackout war ein Warnsignal, das nicht ignoriert werden sollte. Keine Abnehmer für zu viel PV- und/oder Windstrom und anschließende Panikreaktionen mit unabsehbaren Folgen werden auch in anderen Ländern immer wahrscheinlicher. Zumal die Grenzkuppelstellen (Interkonnektoren) zu Deutschlands Nachbarn insgesamt für Im- und Export zusammen lediglich 24 GW „verkraften“. Das entspricht etwa einem Drittel des durchschnittlichen Strombedarfs pro Stunde. Je mehr Windkraft- und PV-Anlagen zugebaut werden, desto unsicherer wird die Stromversorgung Deutschland. Bis es dann mal richtig knallt. Angesichts dieser Tatsache ist der geplante Windparkneubau in Brandenburg mit bis zu 29 Windkraftwerken im Wald mit 240 und mehr Metern Höhe neben vielen anderen Projekte ein Unterfangen, das ausschließlich der Profitmaximierung von Projektierern, Verkäufern und Gemeinden dient, und dass mit Klima- oder Naturschutz rein gar nichts zu tun hat. Im Gegenteil. Das Projekt schadet – wie viele andere – der Umwelt und konterkariert jede ökologische Vernunft.
Wochenüberblick
Montag 2.6.2025 bis Sonntag, 8.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 62,5 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 76,4 Prozent, davon Windstrom 38,3 Prozent, PV-Strom 24,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,8 Prozent.
- Regenerative Erzeugung im Wochenüberblick 2.6.2025 bis 8.6.2025
- Die Strompreisentwicklung in der 23. Analysewoche 2025.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 23. Analysewoche ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 23. KW 2025:
Factsheet KW 23/2025 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 68 Prozent Ausbaugrad, Agora-Chart 86 Prozent Ausbaugrad.
- Rüdiger Stobbe zur Dunkelflaute bei Kontrafunk aktuell 15.11.2024
- Bessere Infos zum Thema „Wasserstoff“ gibt es wahrscheinlich nicht!
- Eine feine Zusammenfassung des Energiewende-Dilemmas von Prof. Kobe (Quelle des Ausschnitts)
- Rüdiger Stobbe zum Strommarkt: Spitzenpreis 2.000 €/MWh beim Day-Ahead Handel
- Meilenstein – Klimawandel & die Physik der Wärme
- Klima-History 1: Video-Schatz aus dem Jahr 2007 zum Klimawandel
- Klima-History 2: Video-Schatz des ÖRR aus dem Jahr 2010 zum Klimawandel
- Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Wasserstoff plus Zusatzinformationen
- Weitere Interviews mit Rüdiger Stobbe zu Energiethemen
- Viele weitere Zusatzinformationen
- Achtung: Es gibt aktuell praktisch keinen überschüssigen PV-Strom (Photovoltaik). Ebenso wenig gibt es überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es fast keine Überschüsse. Der Beleg 2023, der Beleg 2024/25. Strom-Überschüsse werden bis auf wenige Stunden immer konventionell erzeugt. Aber es werden, insbesondere über die Mittagszeit für ein paar Stunden vor allem am Wochenende immer mehr. Genauso ist es eingetroffen. Sogar in der Woche erreichen/überschreiten die regenerativen Stromerzeuger die Strombedarfslinie.
Was man wissen muss: Die Wind- und Photovoltaik-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie, angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem Jahresverlauf 2024/25 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.
Tagesanalysen
Montag
Montag, 2.6.2025 Anteil Wind- und PV-Strom 62,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 74,6 Prozent, davon Windstrom 34,0 Prozent, PV-Strom 28,5 Prozent Strom Biomasse/Wasserkraft 12,1 Prozent.
Ganztägiger Stromimport. Wenig Wind- und PV-Strom. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo- Tagesvergleich zum 2. Juni ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 2.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten.
Dienstag
Dienstag, 3.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 49,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,5 Prozent, davon Windstrom 22,8 Prozent, PV-Strom 26,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,9 Prozent.
Die regenerative Erzeugung kratzt am Bedarf. Die Strompreisbildung. Fünf Stunden Negativpreise.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 3. Juni ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 3.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten.
Mittwoch
Mittwoch, 4.6.025: Anteil Wind- und PV-Strom 59,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 73,5 Prozent, davon Windstrom 36,3 Prozent, PV-Strom 23,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,0 Prozent.
Erneuter ganztägiger Stromimport. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 4. Juni 2025 ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 4.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten.
Donnerstag
Donnerstag, 5.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 60,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 74,4 Prozent, davon Windstrom 37,4 Prozent, PV-Strom 22,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,0 Prozent.
Zur Mittagsspitze zieht die regenerative Stromerzeugung an. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 5. Juni ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 5.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inklusive Importabhängigkeiten.
Freitag
Freitag, 6.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 73,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 85,1 Prozent, davon Windstrom 53,5 Prozent, PV-Strom 20,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,3 Prozent.
Allein die regenerative Stromerzeugung übersteigt den Bedarf erheblich. Die Strompreisbildung. Sechs Stunden Negativpreise.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 6. Juni 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 6.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.
Samstag
Samstag, 7.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 60,6 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 76,8 Prozent, davon Windstrom 37,3 Prozent, PV-Strom 23,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,3 Prozent.
Starke Regenerativstromproduktion bei wenig Bedarf. Die Strompreisbildung. Eine Stunde Negativpreis.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 7. Juni ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 7.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.
Sonntag
Sonntag, 8.6.2025: Anteil Wind- und PV-Strom 73,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 86,6 Prozent, davon Windstrom 52,2 Prozent, PV-Strom 21,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,3 Prozent.
Zuviel Erneuerbare machen Exporte ab 5:00 Uhr ganztägig notwendig. Die Strompreisbildung. Neun Stunden Negativpreise.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8. Juni ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 8.6.2025: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten.
Die bisherigen Artikel der Kolumne „Woher kommt der Strom?“ seit Beginn des Jahres 2019 mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.
Rüdiger Stobbe betreibt seit 2016 den Politikblog MEDIAGNOSE.