„Energie-Dominanz“ der USA: Ein Schlüssel zu Trumps Friedensbotschaft
Die Energiepolitik der USA und Europas gegenüber Russland ist durch eklatante Widersprüche gekennzeichnet. Einerseits schickt die Regierung Biden, flankiert von ihren NATO-Partnern, Hunderte Milliarden Dollar an Militärhilfe an die Ukraine und kündigt Sanktionen an, die die russische Wirtschaft lahmlegen sollen. Andererseits beziehen die gleichen Länder weiterhin russisches Öl, Gas und Flüssiggas und füllen damit genau die Kassen, die sie angeblich leeren wollen. Diese Heuchelei wird durch Präsident Bidens eigene Energiepolitik noch verstärkt, schränkt diese doch die amerikanische Produktion genau zu dem Zeitpunkt ein, an dem Europa in seinem Bestreben ins Straucheln gerät, sich aus der Abhängigkeit von russischer Energie zu befreien.
Vor diesem Hintergrund stellt die „Energiedominanz“-Agenda der neuen Trump-Regierung eine notwendige und wirkungsvolle Neuausrichtung dar. Durch die Ausweitung der US-amerikanischen Öl- und Gasproduktion schlägt Trump eine Strategie vor, welche die amerikanische Energiepolitik mit den geopolitischen Imperativen der USA in Einklang bringt. Ein solcher Rahmen erhöht nicht nur die transatlantische Energiesicherheit, sondern versetzt Trump auch in die Lage, bei seinen Bemühungen um ein Friedensabkommen mit Russland aus einer Position der Stärke heraus zu verhandeln. Dieser ebenso ehrgeizige wie pragmatische Plan verdient nichts Geringeres als vorrangige Aufmerksamkeit – sowohl wegen seines unmittelbaren Nutzens als auch wegen seines Potentials, wieder Kohärenz in einen Bereich zu bringen, in dem sie bisher schmerzlich vermisst wurde.
Wenn man sieht, wie die NATO-Staaten Milliarden an die Ukraine zahlen, während sie gleichzeitig die Kriegsmaschinerie des Kremls durch Energiekäufe finanzieren, wird einem die schiere Absurdität dieses Doppelspiels bewusst. Dies ist kein bloßes bürokratisches Versehen, sondern vielmehr das Fehlen einer großen Strategie. Die Sanktionen, die angeblich die russische Wirtschaft ausbremsen sollen, sind wirkungslos, wenn Europa sich umdreht und Moskaus Kassen durch direkten und indirekten Energiehandel auffüllt.
Angeblich von den europäischen Märkten ausgeschlossen, findet russisches Rohöl Zuflucht in Drittländern – vor allem in Zentral- und Ostasien – wo es umgeschichtet, raffiniert und mit einem Hauch von plausibler Bestreitbarkeit zu einem angenehmen Aufschlag nach Europa zurückverkauft wird. Nehmen wir Indien: Einst ein unbedeutender Akteur bei den russischen Ölimporten, ist es nun plötzlich der Nutznießer von fast 40 % der Moskauer Exporte. Indische Raffinerien verarbeiten dieses Rohöl zu Diesel und anderen Derivaten, um sie dann wieder nach Europa zu exportieren. Im Grunde handelt es sich um eine saubere Geldwäsche, die Russland einen stetigen Strom von Einnahmen sichert, während Europa für seine vorgetäuschte selbstgerechte Isolation gut bezahlt. Die Ironie wäre amüsant, wenn der Einsatz nicht so hoch wäre.
Die Amtszeit von Präsident Biden ist von einer fast schon doktrinären Abneigung gegen eine zuverlässige Energieentwicklung in den Vereinigten Staaten geprägt, ein Vermächtnis, das weniger eine Frage der Politik als vielmehr ein Punkt des Stolzes zu sein scheint. Seine Absichten wurden bereits im Jahr 2020 deutlich, als er mit dem Slogan „Fracking verbieten“ in den Wahlkampf zog – ein ebenso verkürzender wie entlarvender Slogan. Gleich an seinem ersten Tag im Amt hat Biden die letzte Phase des Keystone-XL-Pipelineprojekts, einer wichtigen Verkehrsader für die Energieversorgung Nordamerikas, kurzerhand gestrichen. Am Ende seiner ersten Woche hatte er alle Anträge auf Öl- und Gaspacht auf öffentlichem Land eingefroren und bestehende Pachtverträge mit einer zusätzlichen Ebene bürokratischer Überprüfung belegt.
Dann legte Biden noch einen drauf und setzte sich für neue Klimagesetze zur Regulierung von Methanemissionen ein – ein Tribut an Barack Obamas unverhohlenen Ehrgeiz, die Produktion fossiler Brennstoffe durch den Regulierungsapparat zu ersticken. Für die europäischen Verbündeten, die nach Alternativen zu russischer Energie suchen, ist es vielleicht am beleidigendsten, dass Biden die Genehmigungen für LNG-Exporte im Januar 2024 aussetzte. In einem Moment, in dem die amerikanischen Energieressourcen ein Bollwerk gegen wirtschaftliche Instabilität und geopolitische Verwundbarkeit hätten bilden können, entschied sich Biden stattdessen, den ideologischen Zwängen seiner politischen Basis nachzugeben.
Es stimmt zwar, dass die LNG-Exporte der USA nach Europa seit Beginn des Krieges im Jahr 2022 auf einen historischen Höchststand gestiegen sind, doch muss man sich darüber im Klaren sein, dass dies eine Reaktion des Marktes war und trotz, nicht wegen, Bidens Energiepolitik geschah. Bidens Priorität bestand immer darin, die Regierung zu benutzen, um die Entwicklung von Erdgas zu behindern, selbst wenn die europäischen Verbündeten mit einer Krise der Angebotsverknappung und Unsicherheit konfrontiert waren.
Der Gegensatz zwischen Donald Trump und Joe Biden in der Energiepolitik ist eine Studie der Gegensätze. Trumps Schlachtruf „Drill, Baby, Drill“ verkörpert eine Vision von „Energiedominanz“, die kompromisslos ehrgeizig, kompromisslos entwicklungsfördernd und unverkennbar amerikanisch ist. In seiner ersten Amtszeit hat Trump die Genehmigungen für die Pipelines Keystone XL und Dakota Access beschleunigt, das bürokratische Dickicht durchbrochen, um Öl- und Gaspachtverträge zu erleichtern, und eine bemerkenswerte Vervierfachung der LNG-Exporte durchgesetzt.
Jetzt, wo Milliarden von Dollar an Kapital in der Schwebe hängen, erwartet der Energiesektor sehnlichst eine Rückkehr zu diesem Ethos des entschlossenen Handelns. Der Rückstau bei den Genehmigungen, ein Klotz am Bein der Regierung Biden, hat dazu geführt, dass Projekte monatelang, ja sogar jahrelang ins Stocken geraten sind, weil Washington zaudert. Unter Trump florierte die Energiebranche nicht durch die wachsame Erbsenzählerei der Regierung, sondern durch ihre Befreiung von ihr. Mit der Wahl von Chris Wright und Doug Burgum zum Energie- bzw. Innenminister kann man davon ausgehen, dass die neue Regierung wieder die freien und kreativen Kräfte freisetzen wird, welche die amerikanische Industrie antreiben.
Auch in Europa gibt es einige, die sich darauf freuen, dass Trump in der Energie- und Außenpolitik eine neue Richtung einschlägt. Sein Freund und politischer Verbündeter Viktor Orban hat sich gegen den europäischen Status quo gestellt, um auf dem Verhandlungswege ein Ende der Gewalt in der Ukraine zu erreichen. Orbans Ungarn importiert fast 100 % seines Erdgases, das zum Heizen, zur Stromerzeugung und für die Industrieproduktion verwendet wird, aus Russland. Für diesen realpolitischen Ansatz, normale Beziehungen mit dem einzigen Lieferanten einer unverzichtbaren Ressource aufrechtzuerhalten, für die es in seinem Binnenland derzeit keine Alternative gibt, wird Orban im Westen heftig kritisiert. Aber selbst die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula Von der Leyen, die sowohl Trump als auch Orban lautstark kritisiert hat, hat kürzlich ihre Meinung geändert und ihre Begeisterung für eine neue Trump’sche Energiepolitik zum Ausdruck gebracht.
Nach dem Wahlsieg von Donald Trump wandte sich der Dialog zwischen Trump und von der Leyen rasch strategischen Fragen zu, darunter einem Vorschlag zur Ausweitung der US-LNG-Exporte nach Europa. „LNG ist eines der Themen, die wir angesprochen haben“, sagte von der Leyen. „Wir bekommen immer noch eine ganze Menge LNG über Russland. Und warum sollte man es nicht durch amerikanisches LNG ersetzen, das billiger ist und unsere Energiepreise senkt?“ Die Analyse von Politico kommt zu dem Schluss, dass es sich hierbei lediglich um ein Vorgeplänkel für die bevorstehenden Zollverhandlungen handelt, ein gesichtswahrender Vorschlag, mehr LNG zu importieren, um Handelsdefizite auszugleichen, die Von der Leyen nicht wirklich durchsetzen kann. Das ist eine durchaus plausible Interpretation, aber es gibt noch eine andere anstehende Verhandlung, die direkt von diesem Thema betroffen ist: ein Friedensabkommen mit Russland über die Ukraine.
Energie ist nämlich keineswegs nur eine mikroökonomische Angelegenheit, die sich auf die Belange der eigenen Industrie beschränkt; sie ist die unabdingbare Voraussetzung für die moderne Wirtschaft. Als solche ist sie ein wesentlicher Faktor für die staatliche Sicherheit und die soziale Stabilität. Mit der Neuausrichtung der europäischen Energieabhängigkeit auf amerikanisches LNG verfügt Trump nicht nur über ein wirtschaftliches Druckmittel, sondern auch über ein Instrument der geopolitischen Neuausrichtung, das sich als unverzichtbar für die Gestaltung des Friedens erweisen könnte. In diesem Zusammenhang ist die LNG-Diskussion nicht nur transaktional, sondern steht für eine größere, folgenreichere Strategie.
Die Annahme, dass der Energiehandel allein Russland zum Einlenken bewegen könnte, wäre ein ungerechtfertigter Optimismus. Als Verhandlungsgegenstand ist er jedoch nicht uninteressant. Auch wenn Ursula von der Leyens Vorschlag für einen verstärkten LNG-Handel kaum mehr als rhetorische Ausschmückung ist, so dient er doch einem taktischen Zweck: Er signalisiert die Art von Ernsthaftigkeit, die Aufmerksamkeit erregt und den Verhandlungstisch zugunsten der Vereinigten Staaten verschiebt. Verhandlungen sind schließlich ein kompliziertes Ballett aus Finten, Andeutungen und verschleierten Drohungen, die jeweils darauf abzielen, den Gegner zu verunsichern und das Gleichgewicht der Kräfte neu zu bestimmen.
Angesichts von 1 Million Toten oder Verletzten, Russlands jüngster Liberalisierung der Nukleardoktrin und der Stationierung einer neuen nuklearfähigen Hyperschallrakete auf dem Schlachtfeld stand noch nie mehr auf dem Spiel, und die Gründe für Deeskalation und Frieden waren noch nie so klar. Wenn man einen Stellvertreterkrieg gegen eine „Tankstelle, die sich als Land ausgibt“ führt, wie John McCain Russland treffend charakterisierte, ist die Energiepolitik von großer Bedeutung. In Trumps Vision sieht man nicht nur ein transaktionales Spiel, sondern eine Bekräftigung des Prinzips der Stärke, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch, das der Dreh- und Angelpunkt effektiver Diplomatie ist.
Matthew Roy is an energy industry professional with over a decade of experience in corporate management and strategy. He is currently the Visiting Research Fellow for the Budapest Fellowship Program at the Danube Institute, focusing on energy policy.
This article was originally published by RealClearEnergy and made available via RealClearWire.
Link: https://wattsupwiththat.com/2024/12/04/u-s-energy-dominance-a-key-to-trumps-peace-bid/
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE