Nachhilfe für Berlin: Die Gesetze der Physik und der Ökonomie sind nicht verhandelbar

Uli Weber

Das deutsche Wirtschaftswunder hatte auf stets verfügbarer fossiler Energie aus den rheinischen und saarländischen Gruben aufgebaut. In den 90-er Jahren des vorigen Jahrhunderts kam dann mit dem Stromeinspeisungsgesetz (1991) die Idee auf, unsere Industrienation auf „erneuerbare“ Energien umzustellen, was schließlich im Jahr 2000 in dem sogenannten „Entsetzlichen Eiskugel Gesetz“ EEG (=Erneuerbare Energien Gesetz“) mündete.

Physik: Nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie weder erschaffen noch zerstört werden, sondern lediglich von einer in eine andere Form überführt werden. Der Ausdruck „erneuerbare“ Energien ist deshalb physikalischer Nonsens, einigen wir uns besser auf „alternative“ Energien.

Diese „alternativen“ Energien aus dem Klimamotor unserer Erde haben gegenüber den fossilen Energien den großen Nachteil, dass sie dort fehlen sowie volatil und deshalb nicht bedarfsgerecht steuerbar sind. MINT-minderbemittelte Glaubenseifer:innen hatten sich daher in der Vergangenheit bereits mit Aussagen wie, „Grundlast war gestern“, „Wechsel von einem bedarfsorientierten [freien Markt] zu einem angebotsbasierten [planwirtschaftlichen] Strommarkt“ und ähnlichen industriellen Selbstmordphantasien hervorgetan.

Physik: Die Energieumwandlung aus der Sonnenstrahlung verhält sich tages- und jahreszeitlich invers zum Strombedarf: Nachts scheint die Sonne nicht und im Winter erreicht sie bei uns nur ein Drittel ihrer sommerlichen Maximalleistung.

Dafür kannibalisiert ihr ausgeprägter Mittagspeak die Gaskraftwerke mit ihren kurzen Anlaufzeiten zu hohen Kosten, deren Hauptaufgabe einstmals darin bestand, diese mittägliche Verbrauchsspitze abzufangen.

Die Umwandlung von Windenergie in elektrischen Strom folgt der 3. Potenz der Windgeschwindigkeit, d.h. die Windgeschwindigkeit wird in dieser Funktion 3-mal mit sich selbst multipliziert. Eine Erhöhung von 3m/s Windgeschwindigkeit auf 6m/s führt also nicht etwa zu einer Verdoppelung, sondern zu ([6x6x6=216] / [3x3x3=27] =8) zu einer Verachtfachung der Stromproduktion – oder umgekehrt, eine Reduzierung von 6m/s auf 3m/s führt zu einem Achtel der Ausbeute. Die Umwandlung von Windenergie in elektrischen Strom ist also höchst sensibel gegenüber Änderungen der Windgeschwindigkeit.

Aufgrund des politisch gewollten Umstiegs unserer Industriegesellschaft auf die volatilen „alternativen“ Energien benötigen wir also zwei Erzeugungssysteme für unseren elektrischen Strom, nämlich zusätzlich immer noch die fossile. Denn die Alternativen können weder die Kontinuität der Nachfrage noch die erforderliche Netzfrequenz von 50 Hertz sicherstellen.

Physik: Die Netzfrequenz wird durch die tonnenschweren Rotoren in den Generatoren der konventionellen Kraftwerke stabilisiert. Deren Masseträgheit sorgt dafür, dass kurzfristige Lastschwankungen keinen Einfluss auf die Netzfrequenz haben. Und so werkeln noch heute die Generatoren längst abgeschalteter Kraftwerke als „Netzstabilisatoren“ im Hintergrund weiter mit, ohne dass es der dafür zahlende Verbraucher auch nur ahnt…

Nachfolgend eine grafische Darstellung der in Deutschland installierten Erzeugungsleistung für elektrischen Strom (Quelle SMARD am 11.11.2024 – kein Scherz!):

Abbildung 1: Installierte elektrische Leistung in Deutschland vom 1. bis 11. November 2024
Quelle: SMARD am 11.11.2024

Man kann also ganz grob feststellen, dass die sogenannten „Erneuerbaren“ bereits bei etwa 150 Gigawatt installierter Leistung liegen und die „Fossilen“ bei etwa 100 GW. Welch eine Überraschung erwartet uns daher, wenn wir uns einmal die tatsächliche Stromerzeugung und den Verbrauch während der aktuellen Dauerdunkelflaute anschauen:

Abbildung 2: Stromerzeugung und -verbrauch in Deutschland vom 1. bis 11. November 2024
(prognostizierte Werte gestrichelt) – Quelle: SMARD am 11.11.2024

Bei der angeforderten Verbrauchslast von 50 bis 70 Gigawatt während der herrschenden Dunkelflaute fallen also die „Erneuerbaren“ mit dem installierten Doppelten der angeforderten Gesamtlast, bis auf dem obligatorischen Mittagspeak, schon einmal aus. Und mit den „Fossilen“, die eigentlich deutlich mehr Strom erzeugen können müssten als erforderlich ist, reicht es aus unerfindlichen Gründen auch nicht. Also hat es die in Deutschland installierte Gesamtleistung von etwa 250 Gigawatt während dieser Dunkelflaute Anfang November doch tatsächlich nicht fertiggebracht, den von uns Verbrauchern angeforderten Lastbedarf von 50 bis 70 Gigawattstunden zu erzeugen. Vielmehr musste man in unseren Nachbarländern auf Einkaufstour gehen, wie die nachfolgende SMARD-Abbildung zeigt:

Abbildung 3: Deutscher Stromhandel vom 1. bis 11. November (der Rücksprung am 6.11. blieb auch in der Grafik vom 12.11. unkorrigiert) – Quelle: SMARD am 11.11.2024

Der Autor hat keine Erklärung für den Abbruch der negativen „Exportkurve“ von knapp 15 Gigawattstunden (GWh) am 6.11.2024, und insbesondere auch für den zeitgleichen Rücksprung der negativen Exporte (=Importe) von knapp 15 GWh auf etwa 5 GWh. Jedenfalls mussten wir Verbraucher den zugekauften Strom aus Kern- und Kohlekraftwerken unserer Nachbarländer teuer bezahlen. Genauso übrigens, wie wir sonst für die Überproduktion von „Erneuerbaren“ gleich zweimal bezahlen müssen, einmal für deren Produktion, auch wenn die Erzeuger abgeschaltet worden sein sollten, und dann noch für die „Verklappung“ der verbliebenen Stromspitzen in unsere alpinen Nachbarländer. Die wiederum verkaufen uns diesen Strom, mit dem sie vorher ihre Speicherkraftwerke aufgefüllt haben, später ein drittes Mal als Ökostrom. Aber gut, dass es Fachleute im Ministerrang gibt, die uns den Strompreis erschöpfend erklären können. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, war am 7. November 2024 bei Markus Lanz und erklärte den Strompreis, Zitat ab 0:17:55:

Ich schließe daraus, dass – emh – die FDP eine Einigung im Haushalt nur zu ihren Bedingungen wollte. Und ihre Bedingungen sind nicht die Bedingungen, die, auch für mich, – gagna – gangbar gewesen wären. Sie haben ja im Kern gesagt, jetzt um mal nicht über den sozialen Teil als erstes zu reden, dass Deutschland die Klimaschutzverpflichtungen, die es eingegangen ist, nicht mehr halten soll. Das hätte zwei Konsequenzen. Länger in der fossilen Industrie oder Energie zu bleiben macht die Produkte teurer und nicht günstiger. Also, die Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher wären höher geworden. (Einwurf Lanz: Weil der CO2-Preis steigt). Weil der CO2-Preis ist wir haben im Moment ja in diesen Tagen kein besonders gute Windlage, das passiert immer mal wieder im November es ist quasi normal und schon sind die Strompreise hoch, weil die Erneuerbaren nicht da sind. Wenn die Erneuerbaren wieder da sind, gehen sie runter. Stoppen wir den Ausbau, werden tendenziell die Strompreise höher.“

Wir halten an dieser Stelle fest: „Stoppen wir den Ausbau [der Erneuerbaren], werden tendenziell die Strompreise höher“.

Schaunmalgenauerhinwaswirklichsacheist:

Aus dem Blickwinkel eines Vorschulkindes ist die Sache eindeutig, denn wenn nicht genügend Süßigkeiten da sind, muss Elter1 oder Elter2 halt noch mal was nachkaufen. Ganz so einfach ist das bei der Stromproduktion allerdings nicht. Denn bei einem solchen „Zukauf“ handelt es sich um ein „Lieferabonnement“, das heißt, es wird auch dann geliefert, wenn noch genügend Süßigkeiten vorhanden sind. Und da Strom, im Gegensatz zu Süßigkeiten, nicht lagerfähig ist, muss man den überschüssigen Strom sofort wieder loswerden, und sei es unter Zuzahlung von Schmerzensgeld an den Abnehmer. Eine ministerielle Durchschnittsbetrachtung für die Stromversorgung unseres Landes mag ihre Vorteile haben, aber in realitas muss ein solches System über Tag und Nacht, Wochentag und Feiertag, Sommer und Winter stabil funktionieren. Die Energieentnahme aus Wind ist gar nicht vorhersehbar, obwohl die Maxima im Frühjahr und Herbst zu erwarten sind. Die Stromerzeugung aus der Sonneneinstrahlung ist im Sommer am höchsten und im Winter am niedrigsten. Für beide gilt aber, dass weder ein Sommersturm bei klarem Himmel noch eine winterliche Dunkelflaute auszuschließen sind. Die damit verbundenen Probleme für die alternativen Energien werden aus dem Vergleich in der nachfolgenden Abbildung deutlich:

Abbildung 4: Stromerzeugung und -verbrauch in Deutschland

Vergleich der Zeiträume vom 1.11. – 11.11.2024 (oben) mit 1. -7. – 7.7. 2024 (unten) – Quelle: SMARD

Physik: Jeder Viertklässler ist in der Lage zu erkennen, dass unsere alternative Stromversorgung schon heute zwischen „fast gar nix“ und dem Doppelten unseres Bedarfs schwankt. Jede Abweichung nach oben oder unten von dem rot dargestellten Lastprofil kostet uns aktuell bereits zusätzliches Geld, entweder durch Zukauf oder als Abnahmeprämie. Und jede Kreuzung zwischen Erzeugung und Bedarf birgt bereits heute das Risiko eines Blackouts in sich. Ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren würde die geschilderte Problematiken also immer weiter verschärfen.

Berlin, Ihr habt da mehr als nur ein Problem:

  • Trotz einer installierten Leistung von knapp 250 Gigawatt kann die tageszyklisch ziemlich genau prognostizierbare Last den Verbrauchern nicht bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden.
  • Vielmehr überkreuzen sich die Erzeugungs- und Verbrauchskurven üblicherweise mehrfach im Tagesverlauf. Ausnahmen gibt es nur dann, wenn der Bedarf dauerhaft über der Erzeugung liegt, und dann wird es richtig teuer.
  • Teuer wird es aber auch, wenn volatil anfallende Strommengen ins Ausland „verklappt“ werden müssen, weil dafür meist auch noch ein „Schmerzensgeld“ für den Abnehmer anfällt.
  • Dieses Hin-und-Her zwischen zu viel und zu wenig Strom erfordert inzwischen jährliche Redispatchmaßnahmen zu Milliardenkosten.
  • Während gerade das modernste Kohlekraftwerk Europas, HH-Moorburg, „plattgemacht“ wird, laufen die preisgestaltenden Merit-Order Gaskraftwerke mit den höchsten Gestehungskosten im Dauerbetrieb. Diese Gaskraftwerke waren noch vor einem Jahrzehnt unwirtschaftlich, weil sie von der solaren Stromerzeugung aus dem Mittagspeak verdrängt worden waren – und heute machen sie teuren „Klimaschutz“ zu Lasten der Verbraucher.

Der Zeitraum 4.7. – 7.7.2024 (Abb. 4 unten) weist nach, dass die alternativen Energiewandler bereits heute in der Lage sind, den Stromverbrauch in Deutschland einige Stunden um die Mittagszeit herum ganz allein zu decken. Ein weiterer Ausbau der solaren Stromerzeugung würde diesen Zeitraum zur Tageszeit zwar verlängern, aber gleichzeitig die kostenpflichtige „Entsorgungsspitze“ im Sommer noch weiter erhöhen, ohne diesen Zeitraum im Winter dann auch nur annähernd halten zu können. Und der Wind kompliziert das Ganze dadurch, dass er sich weder an Tages- noch an Jahreszeiten hält.

So, und jetzt lassen Sie Sich noch mal genüsslich die oben zitierte Aussage unseres Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz durch den Kopf gehen: „Stoppen wir den Ausbau [der Erneuerbaren], werden tendenziell die Strompreise höher“. Und vielleicht kommen Sie dann ganz von selbst auf den Trichter, dass die Strompreise tendenziell noch höher werden, wenn wir den Ausbau [der Erneuerbaren] nicht sofort stoppen…