Three Mile Island soll wieder ans Netz

von Hans Hofmann-Reinecke

Ein Block des Kernkraftwerks von Three Mile Island, in dem es 1979 zur ersten nuklearen Kernschmelze kam, soll wieder in Betrieb genommen werden. Seine Leistung ist angeblich zur Versorgung der Welt mit künstlicher Intelligenz notwendig.

Beginn einer Feindschaft

Three Mile Island ist eine langgestreckte Insel im Susquehanna-River nahe der Stadt Harrisburg in Pennsylvania, etwa 150 km westlich von Philadelphia. Man hätte von diesem Ort nie gehört, wäre es dort nicht zur ersten schwerwiegenden Havarie in einem nuklearen Kraftwerk gekommen.

Auf der Insel steht eine Anlage mit zwei Druckwasserreaktoren zu je 850 MW elektrischer Leistung. Block 2, der im März 1974 ans Netz gegangen war, erlitt fünf Jahre darauf, am 28. März 1979, eine partielle Kernschmelze. Obwohl niemand durch diesen Unfall zu Schaden kam, weder im Kraftwerk selbst, noch in der Umgebung, löste das Ereignis in der westlichen Welt eine Welle von Hysterie und atomarer Verteufelung aus. Die von den 68ern gesäte Technologiefeindlichkeit hatte bereits damals breite Teile der Gesellschaft ideologisch infiziert.

Der havarierte Reaktorblock wurde inzwischen weitgehend zurückgebaut, der andere Block aber, Block 1, war noch bis 2019 am Netz, war also insgesamt 45 Jahre in Betrieb. Auch sein Rückbau wurde nun geplant. Es wurden aber noch keine Kühltürme gesprengt oder Rohrleitungen durch Säure zerstört.

Es sollte anders kommen. Vor einigen Tagen verkündete der aktuelle Eigentümer und Betreiber, die Constellation Energy, man wolle 1,6 Milliarden US-Dollar investieren, um den stillgelegten Reaktor wieder in Betrieb zu nehmen. Im Jahr 2028 soll Block 1 die Produktion erneut aufnehmen.

Ein Quantensprung

Nun ist die Welt all die Jahre auch ohne den Strom aus Block 1 ausgekommen – wird Constellation jetzt Abnehmer für sein zusätzliches Angebot an Elektrizität finden? Sind es die Fahrer der Tesla-Limousinen in Pennsylvania? Weit gefehlt! Zur Erklärung ist da ein Gleichnis hilfreich.

Der Mensch hat ja, im Vergleich zu anderen Lebewesen, etwa zur Gans, einen relativ großen Kopf. In dem hat ein relativ großes Gehirn Platz, welches dennoch nur etwa 2% des gesamten Körpergewichts ausmacht. Nichts desto trotz ist das Gehirn für 20% unseres Energieverbrauchs verantwortlich! Bei der Gans ist das vermutlich weniger.

Denken braucht also Energie (wurzelt hier die Strategie der Grünen zum Energiesparen?) und Intelligenz ist ein energieintensives Geschäft. Und wie ist das bei der künstlichen Intelligenz? Schon der Betrieb der elementarsten neurologischen Funktionen unseres Worldwide Webs braucht gigantische Mengen an Energie. Allein das Download von 1 Gigabyte Daten verbraucht, nach Angaben von 2021 immerhin 1,8 Kilowattstunden. Damit könnte man einen richtigen Kuchen backen. Die Kilowattstunden werden natürlich nicht in unseren Handys oder Modems verbraucht, sondern in den gigantischen Datenzentren und „Hyperscales“, die, über die Welt verstreut, den globalen Transport der Bits und Bytes möglich machen.

Und jetzt kommt dieser „Quantensprung“, der Sprung vom Web zur künstlichen Intelligenz, sozusagen der Sprung von der Gans zum Homo sapiens. Und dieses künstliche Gehirn hat seine Neuronen über den ganzen Globus verteilt , und es wird einiges mehr and Strom schlucken, als das gute alte Web. Und so hat Microsoft, in weiser, strategischer Voraussicht, einen Vertrag mit Constellation über die Abnahme von 100% der Leistung aus Block 1 über den Zeitraum von 20 Jahren unterzeichnet.

Wenn wir den Leuten von Microsoft und Constellation unterstellen, dass sie nicht nur über künstliche Intelligenz verfügen, sondern auch über strategischen geschäftlichen Weitblick, dann kann man zwei Lehren aus dieser Entwicklung ziehen: man kann stillgelegte AKWs wiederbeleben, und ohne verlässliche Energie gibt es keine Intelligenz.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.

 

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