Volkswagen-Krise: wird die hausgemachte Ideologie am Ende zur Fessel?
Von Andrea Andromidas
Über die Krise der Volkswagen AG, augenblicklich im Mittelpunkt vieler Diskussionen, sagt man, sie sei ernst. In einem FAZ-Interview vom 12. 9. 2024 antwortete Olaf Lies, Niedersachsens Wirtschaftsminister seit über zehn Jahren, auf die Frage, ob der Industriestandort Deutschland in Gefahr sei, folgendes: „…Wir haben grünen Stahl, wir haben grüne Chemie, wir haben Elektroautos. Technisch beherrschen wir das alles, wir sind zukunftsfähig… Aber mit der Wettbewerbsfähigkeit haben wir ein massives Problem.“ Und er fügt noch hinzu: „Da spielen die Energiepreise eine Rolle, aber nicht nur. In der OffshoreWindkraft sehen wir jetzt erste Projekte mit chinesischen Turbinen. Dabei sollten wir doch ganz klar zur Auflage machen, daß wir den Einsatz von grünem Stahl und damit europäischer Technologie erwarten und nicht nur dem finanziell besten Angebot den Zuschlag geben.“ Wo Ideologie immer das Wichtigste ist, spielt Wirtschaftlichkeit keine Rolle mehr, und so schießt man sich mit jeder neuen Entscheidung ins eigene Knie. Auch wird es nicht ganz zufällig sein, daß die Volkswagen AG der Musterschüler der grünen Verkehrswende sein wollte und nun die Folgen zu tragen hat.
Viele werden vergessen haben, daß vor mehr als 50 Jahren eine Landesregierung in Niedersachsen und die Volkswagenstiftung bei der Geburt dieser Ideologie eine wesentliche Rolle spielten. Wir sprechen von Ministerpräsident Albrecht, der CDU und Prof. Dr. Ing. Eduard Pestel. Pestel lehrte Mechanik an der Technischen Hochschule Hannover und spezialisierte sich in Regeltechnik und Kybernetik.1966 wurde er Mitglied im NATO-Wissenschaftsausschuß und 1969 Mitglied im Kuratorium der Stiftung Volkswagenwerk, deren Vorsitzender er von 1977 bis 1979 war. Im Jahr 1968 zählte er mit Aurelio Peccei und Alexander King zu den prominenten Gründern des Club of Rome und war dort auch ab 1969 Mitglied des Executive Komitees. In dieser Funktion initiierte er die Arbeit an Computermodellen zur Erforschung der Wirkung weltweiten wirtschaftlichen Wachstums, was uns die 1972 veröffentlichten Thesen des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums bescherte. Obwohl man wußte, daß die Behauptungen über dramatisch begrenzte Rohstoffreserven extrem falsch waren, erzeugte das Buch eine enorme Diskussion und weltweite Aufmerksamkeit. Um die erkennbaren Schwächen des Weltmodells zu korrigieren, machte er zwei Jahre später mit seinem amerikanischen Kollegen Mihajlo D. Mesarovic ein regionalisiertes Modell, das 1974 als zweiter Bericht des Club of Rome mit dem Titel „Menschheit am Wendepunkt“ erschien.
Diese systemanalytischen Modellrechnungen waren von Anfang an politisch motiviert. Sie sollten einen Wendepunkt ermöglichen, eine Verschiebung von der damals allgemeinen Auffassung des Fortschritts und Wirtschaftswachstums hin zu der Stimmung von den Grenzen des Wachstums. Die CDU Niedersachsens schien für die Verbreitung dieser neuen Thesen sehr geeignet zu sein, denn der CDU-Abgeordnete Herbert Gruhl hatte mit seinem frisch veröffentlichten Buch für entsprechende Stimmung gesorgt. Der reißerische Titel lautete: Ein Planet wird geplündert, und im Bundestagswahlkampf 1976 wurde es großzügig unter die Wähler gebracht. Ministerpräsident Albrecht ernannte schließlich im Februar 1977 Prof. Dr. Ing. Eduard Pestel zum Minister für Wissenschaft und Kunst. Seine Tochter, die spätere Ursula von der Leyen war damals gerade zwanzig Jahre alt.
Die damaligen Forderungen des Club of Rome, die nie und nirgends umgesetzt werden konnten, lauteten so:
1. Der Rohstoffverbrauch weltweit müsse auf ein Viertel gesenkt werden.
2.Verlagerung des volkswirtschaftlichen Schwerpunkts weg von der Industrieproduktion hin zur Dienstleistung.
- Schadstoffemissionen müssen ebenfalls auf ein Viertel beschränkt werden.
- Investitionskapital soll von der Industrie in die Nahrungsmittelproduktion umgelenktwerden. Die Landwirtschaft sei grundsätzlich extensiv zu betreiben.
Apropos Schadstoffemissionen
Anfang der Siebziger Jahre war keine Rede von Erderwärmung und CO2 . Im Gegenteil rechnete man damit, daß eine klimatische Abkühlung im Anzug sei.
1974 kam die Gefahr des Ozon-Lochs ins Spiel. Die Chemiker F. Sherwood Rowland und Mario J. Molina von der Universität in Kalifornien hatten gerade ein Papier darüber veröffentlicht, daß möglicherweise eine Gruppe chemischer Verbindungen – „FCKW“ – in die Stratosphäre gelangen und die lebensrettende Ozonschicht zerstören könnte.
Ab 1984 rückte das Waldsterben in den Fokus, angeblich verursacht durch Abgase der Autos, der Kraftwerke und Industriebetriebe.
Erst danach einigte man sich Schritt für Schritt auf die Gefahr der Klimaerwärmung. Den Gründern des Club of Rome ging es nie um Ozonlöcher, Bäume oder Klimakrisen. Es ging um die Eindämmung des Bevölkerungswachstums und die Sicherung der Rohstoffreserven. Nach fünf Jahrzehnten kann man nur zu dem Schluß kommen, daß diese Politik gescheitert ist. Nicht nur hat sich die Weltbevölkerung seit 1974 auf rund acht Milliarden Menschen verdoppelt, sondern es sind auch Industrienationen entstanden, die auf weiteren Fortschritt setzen, auf wissenschaftliche Zusammenarbeit und wirtschaftliche Kooperation.
Diese Dinge bildeten einst die Grundlage des Erfolgs unserer Wirtschaft, aber die von Pestel und Gruhl geförderte grüne Ideologie brachte uns auf den Weg in den wirtschaftlichen Niedergang, der nun auch die Volkswagen AG in seinen Strudel zieht. Nichts ist wünschenswerter und angemessener, als daß Europa seine selbstgestrickten ideologischen Fesseln abwirft.