Deutsch-Südwest-Wasserstoff-Afrika 2.0

von Hans Hofmann-Reinecke

In Namibia läuft derzeit ein Projekt zur Herstellung von „Grünem Wasserstoff“ an, welches Wohlstand und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes fördern soll. Doch das ist fraglich, denn das Vorhaben übersteigt hinsichtlich Finanzierung und technischer Durchführung die eigenen Kapazitäten des Landes um Größenordnungen. Es wäre nur mit massiver Unterstützung aus dem Ausland möglich, genauer gesagt aus Deutschland, welches auch Hauptkunde für das Produkt wäre, das auf dem freien Markt keine Chance hätte. Ist das nicht eine neue Form von deutschem Kolonialismus – ausgerechnet im ehemaligen „Deutsch-Südwest“?

Ein Geschäftsmann aus Bremen

Mein bevorstehender Besuch in Lüderitz veranlasst mich dazu, einen Blick auf das deutsch – namibische Wasserstoff Projekt zu werfen, dessen Startlöcher in besagter Kleinstadt im Süden des Landes derzeit gegraben werden.

Vorab jedoch ein paar Worte zu Namibia: Es ist zweieinhalbmal so groß wie Deutschland, mit nicht mehr Einwohnern als Hamburg. Ich habe das Land sowohl im Auto als auch auf eigenen Schwingen bereist. Mein Resümee: Es ist das Land der gigantischen Entfernungen. Von A nach B sind es immer mindestens 500, meist aber 1000 km. Es ist eine riesige Wüste, über die ein paar bewohnbare Flecken verteilt sind, an denen Städte entstanden. Es sind aber so wenige, dass es genügt, jeweils die erste Hälfte des Namens zu sagen, und jeder weiß was gemeint ist: „Swakop“, „Otji“ oder „Walvis“. Die unendlich lange Atlantikküste hat nur wenige Häfen und der Name „Skeleton Coast“ spielt auf die sterblichen Überreste von Besatzungen gestrandeter Schiffe an, die sich hier zwar an Land retten konnten, dann aber verdursteten statt zu ertrinken.

Im Mai 1883 nun kaufte der Geschäftsmann Adolf Lüderitz aus Bremen dem Häuptling Josef Frederiks II. von Bethanien einen Ankerplatz plus acht Kilometer Land im südlichen Abschnitt dieser Küste ab. Dort entstand dann die Stadt namens Lüderitzbucht, die nach Manier des Landes kurz Lüderitz genannt wird.

Wasserstoff – leicht und entflammbar

Es war ein guter Kauf, denn nicht nur wurden in der Gegend kostbare Diamanten gefunden, der Hafen war auch idealer Stützpunk für die Kolonisierung des Landes durch die kaiserlichen deutschen Truppen. Diamanten werden noch heute, anderthalb Jahrhunderte später geschürft; aber wie steht es mit der Eignung von Lüderitz als Anlaufpunkt für Kolonisatoren? Werden wir da vielleicht bald ein déjà vue erleben?

Im heldenhaften Kampf gegen CO2 will Deutschland jetzt die Wunderwaffe Wasserstoff einsetzen. Das ist ein chemisches Element, und als solches besteht es aus nur einer Sorte von Atomen. Die haben die Tendenz, sich unter einander paarweise zu binden, welches zu dem Kürzel H2 geführt hat, wobei die Ziffer für die Anzahl der beteiligten Atome steht und das „H“ für das lateinische Wort Hydrogenium.

Atome und Moleküle, so klein sie auch sein mögen, haben dennoch ein Gewicht, wobei H2 das leichteste von allen ist. Deswegen steigt ein mit H2 gefüllter Luftballon nach oben, so wie ein Stück Holz unter Wasser. Dieses Phänomen benutze man früher in Luftschiffen.

Der „Hindenburg“ wurde nun eine andere Eigenheit des Wasserstoffs zum Verhängnis, denn noch lieber als unter einander gehen die H Atome eine Verbindung mit Sauerstoff ein. Da genügt ein Funke, das H2-Molekül bricht auf und die jetzt freien H Atome werfen sich dem nächstbesten Sauerstoff Atom an den Hals, um mit ihm eine Ménage à trois zu bilden, nämlich das Hydrogenoxid – auch bekannt unter dem Namen Wasser. Bei dieser Reaktion wird Energie frei, etwa in Form von Flammen. In kontrollierter Form kann diese Energie sehr nützlich sein, und zwar nicht nur als Flamme, sondern auch in Form von Elektrizität. Und das allerbeste: es entsteht kein unerwünschtes CO2, so wie beim Verbrennen von Kohle oder Erdgas.

Her damit

Worauf warten wir noch? Warum haben wir nicht längst alles auf H2 umgestellt? Das hätte doch nur Vorteile – oder? Nun, da ist ein kleines Problem: es gibt keinen Wasserstoff auf unserem Planeten. Vielleicht gab es ihn einmal, aber seine Affinität zu Sauerstoff hat dazu geführt, dass er praktisch nur noch in Verbindung mit diesem, also in Form von Wasser vorliegt. Das H2O-Molekül kann man zwar wieder in seine Bestandteile zerlegen, aber dazu braucht man mehr Energie, als man dann zurück bekommt. Das ist kein gutes Geschäft. Aber, wie lautet doch das Motto unserer Regierung: Wenn man CO2 sparen will, dann darf nichts zu teuer sein. Es geht ja um die Rettung der Welt.

H2 lässt sich herstellen, indem man Gleichstrom durch Wasser leitet. Letzteres wird dabei in seine Bestandteile gespalten und der Wasserstoff kann eingefangen werden. Natürlich muss der Strom bei diesem Prozess – genannt Elektrolyse – aus einem CO2-freien Kraftwerk kommen, sonst könnte man sich die Prozedur ja sparen. In Deutschland haben wir keinen Strom dafür übrig, wir müssen ja jetzt schon importieren. So entstand die Idee, in dünn besiedelten, aber windreichen Teilen der Erde Windgeneratoren zu installieren, um mit deren elektrischer Leistung per Elektrolyse H2 herzustellen. Einen griffigen Namen für das Produkt hat man schon: „grüner Wasserstoff“, denn weder bei seiner Herstellung noch bei seinem Verbrauch entsteht CO2.

Der grüne Wasserstoff „GH2“ muss jetzt allerdings noch nach Deutschland gebracht werden. Ein Transport im Zeppelin hat sich nicht bewährt, aber auch per Schiff in Gasflaschen wäre es zu ineffizient. Man macht statt dessen aus H2 und dem Stickstoff der Luft ein anderes Gas: Ammoniak. Das lässt sich verflüssigen und kann bei tiefer Temperatur per Tanker transportiert werden.

Am Ziel der Reise angekommen wird der Ammoniak wieder in seine Bestandteile zerlegt, der Wasserstoff wird in so genannten Brennstoffzellen zu Elektrizität verwandelt und die wird in unser Stromnetz eingespeist. Das ist eine weite Reise! Wie viel von dem ursprünglich aus Windkraft erzeugten Strom kommt dann letztlich bei uns an? Zwischen 10 und 20%. Und noch etwas: so richtig „grün“ ist die Sache jetzt nicht mehr, denn ein Tanker verbraucht von Lüderitz nach Bremerhaven gut und gerne seine 1000 Tonnen Schweröl und pustet ganz gewaltig CO2 in die Luft – aber das passiert ja außerhalb Deutschlands Grenzen.

Ein paar Zahlen

Sie haben es erraten, Namibia soll für die Sache herhalten. Man beginnt derzeit mit einem bescheidenen Pilotprojekt namens „HYPHEN Tsau Khaeb“, welches in der Gegend von Lüderitz angesiedelt ist. Hier sollen erst einmal 300.000 Tonnen H2 pro Jahr produziert werden. Ist das viel? Bei permanentem Betrieb wären das 34 Tonnen pro Stunde. Für eine Tonne H2 sind 48 Megawattstunden erforderlich, die Windgeneratoren müssten dann also 34 x 48 = 1632 Megawatt liefern.

Deutschlands 30.000 Windgeneratoren haben im Jahr 2023 pro Stück eine durchschnittliche Leistung von 0,433 MW erbracht. Für die erforderlichen 1632 MW bräuchte man dann 3769 Windgeneratoren diesen Typs bei „deutschem Wind“. Der mag in Namibia durchaus stärker sein, aber mit weniger als 1000 Generatoren käme man wohl auch hier nicht aus.

Aber außer Strom braucht man auch noch Wasser für die Elektrolyse. Bei diesem Durchsatz wären das 34 Tonnen x 10 = 340 Tonnen = 340.000 Liter pro Stunde; und zwar Süßwasser, kein Meerwasser.

Das Pilotprojekt ist derzeit in der Vorphase. Da werden, unter anderem, die Windgeschwindigkeiten an verschiedenen Standorten gemessen. Dafür hat die deutsche Regierung schon mal 40 Millionen spendiert. Das sind Peanuts im Vergleich zu den Kosten, die noch kommen werden. Und nicht nur für das Pilotprojekt. Das Land hat nämlich eine „Green Hydrogen Strategy“ verabschiedet, mit dem Ziel, bis 2050 in der Lage zu sein 12 Millionen Tonnen GH2 pro Jahr zu produzieren. Das wäre also das 40-Fache der Kapazität des Pilotprojekts.

Hochgerechnet käme man dann auf 40 x 1000 = 40.000 Generatoren, 10.000 mehr als in Deutschland derzeit stehen.

Grünes Petroleum

Auch wenn diese Zahlen grob geschätzt sein mögen, es wird sofort klar, dass weder die Finanzierung noch das Engineering des Vorhabens durch Namibia geleistet werden können. Namibia würde nur sein Land zur Verfügung stellen, das dann von ausländischen Unternehmen ausgebeutet wird. Aber das geschieht ja schon heute. De Beers gräbt im namibischen Boden nach Diamanten und die Guangdong Nuclear Power Group nach Uran. Soll das Land noch tiefer in die wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen Nationen sinken? Und will Deutschland hier erneut als moderne Kolonialmacht aufs Spielfeld treten? Und das ausgerechnet vom Hafen Lüderitz ausgehend?

Es könnte allerdings auch ganz anders kommen. Deutschland könnte demnächst eine Regierung haben, die andere Ziele verfolgt als die Ampel. Und die würde vielleicht die Milliarden nicht mehr so freudig verschleudern. Das Pilotprojekt HYPHEN Tsau Khaeb würde dann in eine frühen Phase verenden und die ersten Installationen würden von Wind und Sand malerisch begraben, so wie die historischen Hütten der ersten Diamantensucher von damals.

Namibia könnte sich dann auf ein ganz anderes, ein wirklich nachhaltiges und krisenfestes Geschäftsfeld konzentrieren: auf die riesigen Erdölfelder, die gerade vor Lüderitz unter dem Meeresspiegel entdeckt wurden. Das Zeug kann man ja dann „Green Petrol“ taufen.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.




Ein Besuch auf dem Heidelberger Narrenschiff „Windkraft im Wald“ im DAI am 21.Juni 2024

von Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke

Alle, nur sehr naive Zeitgenossen ausgenommen, wissen, dass die deutsche Energiewende gescheitert ist, hier, hier, hier, hier, hier. Insbesondere der bekannte Wirtschaftsexperte Prof. Dr. Hans-Werner Sinn bestätigte dies bereits am 29.3.2011 im Handelsblatt „Wer meint, mit alternativen Energien eine moderne Industriegesellschaft betreiben zu können, verweigert sich der „Realität“. Die Energiewende strebt „Dekarbonisierung“ oder „Klimaneutralität“ Deutschlands an, die gemäß des ehemaligen „grünen“ Umweltministers Jürgen Trittin nur eine Kugel Eis pro Kopf der deutschen Bevölkerung kosten soll.

Leider hat sich Herr Trittin ein wenig verrechnet, denn diese Kostenfrage wurde vor Kurzem von Prof. Dr. André Thess mit einer korrekten Abschätzung erschöpfend beantwortet. Die Begründung seiner Antwort passt auf das berühmte Bierplättchen. Die Antwort selbst lautet schlicht, dass die Dekarbonisierung Deutschlands 10 Billionen = 10 000 000 000 000 Euros kostet. Zu hören ist die Begründung von ca. 13 Minuten im Podcast von Tichys Einblick , 23.Juni 2024 (hier), einfach „Abonnieren“ (man abonniert damit nichts) und dann „iTunes“ anklicken. Diese13 Minuten sind extrem lehrreich. Man kann die Aussage von A. Thess aber auch in der WELT vom 12.April 2024 finden. Falls jemand an der fachlichen Zuständigkeit von Prof. Thess zweifeln sollte, kann er (hier) überprüfen.

Die Energiewende stützt sich vorwiegend auf die so genannten erneuerbaren Energien Wind und Sonne, die sich wie asiatische Schädlingspflanzen hierzulande verbreiten – nur mit wesentlich höheren Schäden. Windräder und Photovoltaik kranken unheilbar an mikroskopisch kleinen Leistungsdichten, verglichen mit denen der Stromerzeugung aus Kohle, Gas, Erdöl, oder gar Uran. Ihr zweiter ebenso großer Nachteil ist die extreme Flatterhaftigkeit ihrer Stromlieferung, weil der Wind nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint – zumindest bei Nacht nicht. Wissenschaftlich ist der Erntefaktor EROI als gewonnener zu aufgewandter Energie zuständig, um sich ein detailliert begründetes Bild zu Windkraft und Phovoltaik zu machen.

EROI ist die Gesamtertrags-Kennzahl jeder Stromerzeugungsanlage vom Windrad über Kohlekraftwerk bis hin zum Kernkraftwerk. Über die Gesamtlebenszeit der Stromerzeugungsanlage dividiert man einfach die von der Anlage gelieferte Energie durch den gesamten Energieaufwand angefangen mit der Materialgewinnung, dem Bau und Betrieb der Anlage, den Betriebskosten, bis hin zu ihrer Entsorgung und Verschrottung. Der EROI muss größer als 1 sein, sonst ist die Anlage ein Verlustgeschäft. Er muss gemäß wirtschaftlicher Schwelle der OECD-Richtlinien aber noch höher sein und zwar mindestens 7.

Und nun raten Sie einmal wie die EROI-Werte hierzulande mit „buffering“ aussehen! Mit buffering ist gemeint, dass korrekterweise auch der Energieaufwand für die Stromspeicherung im EROI enthalten sein muss, denn Wind oder Sonnenstrom müssen bei Flauten durch Strom aus Anlagen mit fossilen Brennstoffen ersetzt werden. Speicher im benötigten Umfang gibt es nicht, sie sind aus Skalierungs- und Kostengründen nicht möglich. Eine industrielle Fertigungsanlage kann schließlich nicht stromlos zuwarten, bis der Betrieb pleite ist – Verzeihung, gemäß Robert Habeck keine Produkte mehr verkauft. Das aus der Originalarbeit (Weißbach, D. et al., 2013. Energy intensities, EROIs (energy returned on invested) and energy payback times of electricity generating power plants. Energy, 52, 210-221) zum EROI entnommene Bild gibt die Antwort für alle Anlagen, sie lautet insbesondere für Windräder EROI = 3,9 (buffered), also ein Wert unter 7!

Die Originalveröffentlichung erhalten Sie kostenlos und frei als pdf, wenn Sie den Titel der Arbeit im Suchfenster von Google Scholar eingeben und sich dann rechts unten aus „Alle 22 Versionen“ ein Ihnen genehmes pdf, alle haben identischen Inhalt, aussuchen.

Nachdem nun klar sein dürfte, was es insbesondere mit dem Windradunsinn aus wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Sicht auf sich hat – von ihrer Natur-, Landschafts- und Anrainerschädigung durch Infraschall war dabei noch gar nicht die Rede –, dann lassen Sie sich den folgenden Einladungstext der Stadt Heidelberg auf der Zunge zergehen, der die Veranstaltung „Windkraft im Wald am 21. Juni 2024 im Heidelberger „Deutsch Amerikanischen Institut“ DAI zur Podiumsdiskussion 21. Juni bewarb:

Die Stadt Heidelberg unterstützt grundsätzlich den Ausbau der Windenergie als wichtigen Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung und zum Klimaschutz. Heidelberg möchte die Potenziale, die die Waldflächen auf ihrer Gemarkung bieten, nutzen, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen. Der Gemeinderat hat sich mit der Verabschiedung des 30-Punkte-Aktionsplans für den Klimaschutz Ende des Jahres 2019 zum Ziel gesetzt, dass Heidelberg bis zum Jahr 2030 weitestgehend klimaneutral wird. Durch die Energiewende wird der Strombedarf steigen – zum Beispiel für Wärmepumpen und E-Mobilität. Um den höheren Bedarf zu decken, ist ein Mix aller erneuerbaren Quellen erforderlich. Eine Stadt wie Heidelberg muss daher auch bei der Stromproduktion ihren Beitrag zur Energiewende leisten. (hier).

Nebenbei: Der Träger des DAI ist die Schurman-Gesellschaft e.V., dessen Gremien (hier) sich wie die Liste des Heidelberger Gemeinderats mit Oberbürgermeister Eckart Würzner an erster Stelle liest. Die Zeiten, in denen das DAI politisch unabhängiger war und kontroverse Vorträge veranstaltete, sind vorbei. Auch ich sprach ehemals im DAI über die Klimafrage bei vollem Saal und nachfolgender konträrer interessanter Diskussion. Der DAI ist dagegen heute konsequent auf Mainstream gebürstet, kontroverse Diskussionen sind unerwünscht. Die nachfolgende Schilderung dieser Veranstaltung gibt meine persönlichen Eindrücke als Experte (hier und hier) für Klima und Energie wieder und widerspricht mit Sicherheit den Eindrücken des überwiegenden Publikums der DAI-Veranstaltung.

Der Saal des DAI war vollgefüllt, ich schätzte ca. 120 Zuhörer, die Vorbereitung war professionell. Die gezeigten Folien der Veranstalter waren fachlich in Ordnung, insbesondere das übliche Weglassen der Zuordnung „elektrischer Strom“ bei den Energieangaben gab es nicht mehr. Natürlich wurde nicht der Anteil von Windstrom an der Gesamtenergie Deutschlands gezeigt, der nur mickrige 5% beträgt (weltweit beträgt er 1%). Aber was nun, 30% oder 5%? Die Auflösung ist einfach: Elektrische Energie beträgt nur 1/6 aller in Deutschland erzeugten Energie, daher wurde auf der Folie 6 x 5% = 30% Windenergie als Strom korrekt angegeben.

Wie weit diese 30% infolge der Windfluktuation überhaupt technisch brauchbar sind, welche Probleme und Milliardenkosten die notwendigen redispatch-Maßnahmen von Wind- und Photovoltaik-Flatterstrom bereiten, wie Infraschall Anrainer den Wert ihrer Häuser wie Schnee im Frühling dahinschmelzen sehen und zusätzlich auch noch durch Infraschall gesundheitlich geschädigt werden, wie die inzwischen immer massiveren Widerstände der Bürger gegen Windräder Boden gewinnen, wie die Frage zu beantworten ist, ob die Energiewende überhaupt wirtschaftlich vertretbar ist (s. oben die Kosten der Energiewende) etc., all dies wurde von den Vortragenden des Podiums ignoriert.

Es ging tatsächlich nur um Windstrom im Wald als sozusagen „gottgegebenem Muss“, weil nur dort noch Platz ist. Und es war von den Veranstaltern nicht vorgesehen, dass mit Fragen aus dem Publikum die ganze Windrad-Aktion mit guten Sachgründen womöglich in Frage gestellt wird. Natürlich wurde bei den Folien trotz scheinbarer Korrektheit auch „geframed“. So wurde beispielsweise zur Braunkohleförderung ein Bild mit zerstörten Böden gezeigt, nicht aber die später daraus entstandenen Badeseen als Naherholungsgebiete, die sich heute die Leipziger nicht mehr nehmen lassen. Aber solche Kleinigkeiten seien geschenkt. Nun zur Sachkritik an den Referenten:

Die Begrüßung durch Nicolei Ferchl, sprachlich etwas unbeholfen, war glücklicherweise kurz und inhaltlich bedeutungslos, im Einladungsflyer stand bereits alles.

Danach sprach „Klimabürgermeister“ Raoul Schmidt-Lamonataine, als Repräsentant neuer Berufsbilder  wie z.B. auch Genderbeauftragte, die in den immer aufgeblähteren Verwaltungsapparaten Deutschlands ohne jedweden Nutzen den Steuerzahler belasten. Er erläuterte ausführlich, verständlich und mit guter Diktion seine Position, so wie sie oben im Einladungsflyer steht. Und er sprach auch ehrlich über die behördlichen Schwierigkeiten im Windradgeschäft. Etwaige Glaubenserschütterungen über die Windnutzung im Wald kamen freilich nicht einmal als Spurenelemente in seinem Vortrag vor. Wenn man dies akzeptiert, war sein Vortrag informierend und gar nicht schlecht.

Raoul Schmidt-Lamonataine vertritt die Position, dass sich Windräder und Artenschutz nicht ausschließen. Doch, doch, lieber Herr Schmidt-Lamonataine, sie schließen sich aus und zwar zu 100%! Naturschutz und Windräder passen so zusammen als wolle man das Wohlergehen von Hühnern neu in Hühnerställen einquartierten Füchsen übertragen. Was mehr Tiere tötet, mehr Landschaften entstellt, mehr Anrainer mit Infraschall in den Wahnsinn treibt und mehr unsere Stromwirtschaft ruiniert als Windräder, ist nicht denkbar! Wer die Augen davor einfach verschließt, ist unehrlich und macht sich zum Vertreter einer verhängnisvollen Ideologie. Immer mehr Bürger lehnen Windräder ab. Über die möglichen touristischen Auswirkungen von sichtbaren Windrädern in unmittelbarer Waldnähe von Heidelberg verlor Herr Schmidt-Lamonataine übrigens kein Wort.

Die etwas verquerte Logik von Leuten wie Schmidt-Lamonataine, die Windkraft im Walde sei uns eben politisch vorgeschrieben und folgerichtig dagegen kein entschiedener (demokratischer) Widerstand mehr möglich, bedeutet zumindest einmal die Sicherheit unserer Stromversorgung aufs Spiel zu setzen. Das ist im höchsten Maße verantwortungslos. Außerdem wirkt entschiedener (demokratischer) Widerstand immer. Zustände in Deutschland, bei denen strikter blinder Gehorsam gegen den größten Wahnsinn als einzige Lösung angesehen wurde, hatten wir schließlich historisch schon öfter, ihre Folgen auch.

Nicolai Fercels Vortrag ließ danach schwarzen Humor aufkommen. Ich befürchtete, dass bei dem mit lockerer und guter Diktion in freier Rede vorgetragenen sachlichen Unsinn dieses Herrn die sich schon biegenden Balken der Decke des Saals brechen würden. Fercels sachlich grottenfalsche Behauptungen von enormen CO2-Einsparungen durch Windräder (den EROI kannte er wohl nicht) und seine Unverzichtbarkeit von Windrädern ausgerechnet im Wald sowie seine noch abstruseren „so gut wie unspürbaren“ Belastungen des Waldes und seiner Tierwelt durch Windräder ließen fragen wie so etwas vorgebracht werden kann, ohne vor Scham im Boden zu versinken. Aber es funktionierte erstaunlicherweise, im Publikum kam’s an, es klatschte begeistert Beifall.

Nach einer gewissen Zeit wurde die befremdliche Struktur dieses Beifalls deutlich: Seine Intensität hing nur von der Geschmeidigkeit der Diktion sowie davon ab, wie geschickt vom Vortragenden das Gefühl erzeugt wurde einer „guten Windradmehrheit“ anzugehören. Der Beifall hing nicht im Geringsten vom sachlichen Inhalt des Gesagten ab. So wurde beispielsweise für den auf Fercel folgenden, leider etwas zu langen Vortrag von Frau Amany von Oehsen nur relativ kurz applaudiert. Die Gläubigen von Windrädern im Wald, die sie als Silberkugeln der deutschen Energiewende anbeten, wollten unverkennbar mit dem unguten Gefühl massiver Morde an Vögeln, Fledermäusen, Insekten und auch mit den gesundheitlichen Schädigungen von Menschen durch Windrad-Infraschall nicht belästigt werden.

Der Vortrag von Frau Amany von Oehsen vom Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg, kurz ifeu, war als einziger fachlich orientiert. Und er war im ersten Eindruck gut. Sie vertrat den angeblichen Naturschutz bei Windradinstallationen und vermittelte sogar einen Überblick, wie sehr dieser Schutz inzwischen gesetzlich und sogar ungesetzlich eingeschränkt wird. Ihr etwas schwaches Bedauern darüber klang ehrlich. Sie ist Dr.-Ing., und nach Eingabe ihres Namens im Suchfenster von Google Scholar findet man von ihr auch begutachtete Fachpublikationen. Ihr Spagat zwischen Windenergie und Naturschutz versuchte unverkennbar zu suggerieren, dass sie das Beste für den Naturschutz mache, was möglich sei.

Windenergie und Naturschutz sind aber nicht kompatibel. Ihr Vortrag konnte für den etwas besser Informierten nicht verbergen, dass sie die grundsätzlichen Nachteile der Windenergie bewusst ignorierte, wie etwa die zu geringe Leistungsdichte. Dieser Nachteil bewirkt, dass Windräder bei rechnerisch gleich erzeugter elektrischer energie 4000-mal mehr Bodenfläche als ein großes Kohlekraftwerk brauchen, nur rechnerisch, weil Flatterstrom aus Wind auch noch maßgebende technische Nachteile gegenüber dem stetigem Strom aus fossilen oder Kernkraftwerken aufweist). Alle weiteren Nachteile, wie sie bereits weiter oben genannt wurden, kamen in ihrem Vortrag natürlich auch nicht vor.

Insbesondere waren Frau von Oehsen die Zerstörungen ganzer Landschaften mit Windrädern (Beispiel Märchenwald der Gebrüder Grimm in Hessen) kein Wort wert. Das nimmt man einer Dr. Ing., die sich für Naturschutz stark macht, nicht ab. Sie sollte sich vielleicht einmal bei der Biologin Dr. Beate Skalé fachlich informieren (hier), bevor sie Beruhigungspillen gegen Tiermorde verkauft. Sich als Naturschutz-Vertreterin zu verkaufen mit affiliation zum BUND, der mit echtem Naturschutz nichts mehr am Hut hat und zum ifeu-Institut (beide anrüchige Institutionen) und schlussendlich  auch noch im Einklang mit der Windradindustrie zu agieren, ist abenteuerlich.

Wenn man aber einmal dabei ist, muss man bei diesem „windigen“ Geschäft wohl weiter mitmachen, ausscheren wird teuer und kann massiv die berufliche Existenz schädigen. Wer dabei war und nicht mehr bei der üblen Ideologie und den Geschäftemachereien der „Grünen“ mitzieht sowie wirtschaftlich abhängig ist, hat schlechte Karten. Die Gemeinderatswahl Heidelbergs brachte als Ergebnis 26% für Grün, da erübrigen sich alle weiteren Erläuterungen. Wie es Frau Amany von Oehsen daher charakterlich fertig bringt, sich als ehrliche(?) Naturschützerin mit der Windradindustrie zusammen zu tun, weiß nur sie selbst.

Die von Nila Gengatharan schließlich geleitete „Publikumsdiskussion“ war erwartungsgemäß keine. Unverkennbar wurde auf peinliche Einhaltung grünpolitischer Korrektheit geachtet. Als Vorsicht vor gefährlichen Fragen wurde eine zusätzliche Dame als „Cerberus“ vor dem Podium plaziert, hinter der sich die Fragenden aus dem Publikum gefälligst anzustellen hatten. Die Auffüllung dieser Reihe erfolgte so rasch, dass bei vielen der Verdacht von vorgewählten Fragestellern aufkam. Da ich bereits schon zuvor meine Hand gehoben hatte und meinen Spaß haben wollte, drängelte ich mich entschuldigend in dieser Wartereihe bis Platz 2 vor. Der erste Fragesteller hatte völlig korrekt, aber leider unbeherrscht vor Zorn zu laut angemerkt, dass die von Redner Fercel behaupteten Vorteile von Windrädern im Wald kompletter Unsinn seien. Damit hatte er völlig Recht, aber sein zu emotionaler Auftritt kam beim  Publikum schlecht an, es gab Proteste. Eine vernünftige Antwort seitens des Podiums wurde auf seine sachlich korrekte Anmerkung nicht gegeben.

Nachdem ich sicherheitshalber dem ersten Fragesteller schnell das Mikro aus der Hand nahm und nicht mehr hergab, denn der die Reihe bewachende Cerberus hatte schon ein böses Auge auf mich geworfen, stellte ich nur zwei schlichte Fragen ohne Zwischenpause. Meine erste Frage war, warum die in den Vorträgen geforderten 15.000 neuen Windräder überhaupt nötig seien, das Weiterlaufen der letzten KKW hätte es billiger und völlig überflüssig gemacht: Das Publikum reagierte darauf pikiert wie auf einen unanständigen Witz. Meine zweite Frage war, warum Deutschland nach Polen jetzt den höchsten CO2-Ausstoß der EU verursacht. Beantwortet wurde die erste Frage gar nicht und die zweite falsch, denn ein Mitglied des Podiums zitierte aus seinem Handy das Jahr 2021 mit Deutschland im Mittelfeld. Es ging aber in meiner Frage um heute. Danach hatte ich genug von meinem Spaß auf dem DAI-Narrenschiff und verließ den Saal vorzeitig.

Da vermutlich weitere Vorträge der Windradlobby dieser Art im „Ländle“ geplant sind und ausreichend Widerstand in der Bevölkerung gegen Windräder besteht, muss man diese Propaganda nicht einfach hinnehmen. Ausreichend viele Gegenstimmen bei solchen Veranstaltungen wären hilfreich. Einfach resignieren gegenüber dem geballten Windrad-Wahnsinn ist keine Lösung. Das eigentliche Ziel muss eine gesittete faire Bürger-Diskussion zwischen beiden Gegensätzen sein, die die Bevölkerung aufklärt. Wenn dies verweigert wird, sind Strategien festzulegen, wie man andere Saiten aufzieht. Dies ist aber nur möglich, wenn Windkraftgegner in ausreichender Zahl im Publikum sitzen.

Das Erschreckende an Propaganda wie im DAI ist, dass fester Glaube an den größten Schwachsinn zusammen mit dem Wohlgefühl der Angehörigkeit zu einer Mehrheit (die undenkbar etwas verkehrt machen kann) nicht weniger fest in modernster Bevölkerung verankert ist, als in mittelalterlichen Andächtigen einer Messe über den heiligen Geist. Heute wird man als „Ketzer“ nur nicht sofort dem Feuer übergeben. Und dies alles bei einem angeblich hohen Bildungsniveau. Niemand dieser Gläubigen in DAI Publikum liest offensichtlich etwas Anderes als die Rhein-Neckar-Zeitung, niemand informiert sich woanders als bei ARD und ZDF, obwohl heute fast jeder ein Handy hat. Alternative Information aus hochwertigen unabhängigen Medien wie Tichys Einblick oder Achgut, die korrekte Information zu Klima, Energiewende und Windräder liefern, vermeidet fester Glaube. Von Emanuel Kants „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ war in der DAI-Veranstaltung jedenfalls nichts zu bemerken – Kant rotiert wohl im Grabe.

Mit „Klimaschutz“ und Energiewende wird die deutsche Wirtschaft als unsere Lebensgrundlage nachhaltig geschädigt, falls nicht noch ein Wunder geschieht. Dies bestünde darin, die Verursacher gefährlicher Ideologien wie des Green Deal der EU, der „große Transformation“ und weiteren gefährlichen Entwicklungen per demokratischem Wahlzettel in den Orkus zu schicken. Zarte Anfänge dazu gibt es schon.

Wahrscheinlicher ist es aber leider, dass der so verderbliche Unsinn erst dann auf dem Müllhaufen der Geschichte landet, wenn die volkswirtschaftlichen Schäden so groß und das Vermögen jedes Einzelnen von uns so zerstört sein wird wie nach einem veritablen Krieg. Wir haben dann die weitgehend unbrauchbare Kraftwerkslandschaft mit ihrem weltweit teuersten Strom wieder neu aufzubauen, so dass sie genauso zuverlässig und preiswert funktioniert wie vor dem grünen Irrsinn. Nach diesem Neuanfang sind auch noch je Windmühle 3500 t Material und zusätzlich 3500 t Stahlbeton des Fundaments von dann vermutlich 50.000 Anlagen zu entsorgen. Dagegen war die Beseitigung des Betons des Atlantikwalls nach dem 2. Weltkrieg ein Fingerspiel. Nach dieser Aufräumaktion reicht die deutsche Vernunft leider dann wohl wieder nur für 2-3 Generationen, bis wieder eine neue ideologische Verrücktheit das Ruder in die Hand nimmt.




Wie die Kugel Eis der Energiewende 10 Billionen = 10 000 000 000 000 Euro kostet

von Horst-Joachim Lüdecke

Wer erinnert sich nicht daran, dass uns genau vor 10 Jahren der damalige „grüne“ Umweltminister Jürgen Trittin versprach „Die Energiewende ist nicht teurer als eine Kugel Eis“. Nun ist inzwischen klargeworden, dass diese Aussage grottenfalsch war. Allerdings gingen auch neuere Berechnungen oder Schätzungen über die Kosten der Energiewende – abhängig von der politischen Zugehörigkeit der Aussagenden – stets weit auseinander. Insbesondere die Verlässlichkeit von Berechnungen und Schätzungen waren umstritten. Dass es allerdings „ein wenig“ teurer werden würde als eine Kugel Eis, stand außer Frage.

Da auch über die Randbedingungen der Kostenfrage nicht immer Einigkeit vorlag, sollen diese im Folgenden noch einmal kurz festgehalten werden: Da die Energiewende die komplette Reduzierung von anthropogenen CO2-Emissionen anstrebt – die gängige Bezeichnung dafür ist das Wordungetüm „Dekarbonisierung“ – wird als Kostengröße der Energiewende die komplette Dekarbonisierung genommen. Ein Zeitraum für dieses Vorhaben wird in die Berechnung nicht miteinbezogen. Das aktuelle Ziel der Bundesregierung ist 2045, das wären ab heute 21 Jahre.

Nun hat Prof. Dr. André Thess die Frage vermutlich abschließend mit einer gut fundierten Abschätzung beantwortet, die erstaunlicherweise auf das berühmte Bierplättchen passt. Die Zuständigkeit von A. Thess, Inhaber des Lehrstuhls für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart, dürfte dabei außer Rede stehen https://www.igte.uni-stuttgart.de/institut/team/Thess/. A. Thess stellte seine Abschätzung bei dem bekannten Internet-Blog „Tichys Einblicke“ anlässlich des täglichen Podcast vom Tichy-Journalisten Holger Douglas am 23.Juni 2024 vor (hier), nachdem bereits zuvor seine gleichlautende Aussage in der WELT vom 12.April 2024 beim Interview mit dem Redakteur Bojanowsli zu lesen war. Teilt man die 10 Billionen Euro, die uns die Debarbonisierung kosten würde, durch 100 Millionen (sehr grob die Einwohnerzahl Deutschlands), kommen auf jeden Kopf Deutschlands 100 000 zu berappende Euros zu – vom Baby bis zum Greis. Na dann mal ran ans zahlen.

Beim Aufruf des Tichy-Podcast liest man zuerst einen Kurzüberblick über den Inhalt, darunter sind Hörerkommentare zu finden. Um die Tonaufzeichnung zu hören, ist „Abonnieren“ und danach „iTunes“ anzuklicken. Genießen Sie den kurzen Vortrag von Prof. Thess! Denn danach dürfte klargeworden sein, dass die oft zu lesende Aussage vom Scheitern der Energiewende Realität und nur noch eine Frage der Zeit ist, hier, hier, hier, hier, hier, …




Frankreich: Wenn auch auf die Kernenergie kein Verlass mehr ist

Der unsichere Ausgang der Neuwahlen lässt die Energiepolitik in den Hintergrund treten

Edgar L. Gärtner

De Franzosen haben nach der überraschenden Auflösung ihrer Nationalversammlung nach den für die Präsidenten-Partei „Renaissance“ verlorenen Wahlen zum EU-Parlament offenbar ganz andere Sorgen als die sichere Elektrizitätsversorgung. Das ist wohl die einfachste Erklärung für das Desinteresse an einem viele Jahre lang mit Ungeduld erwarteten Ereignis. Es handelt sich um die Inbetriebnahme des ersten Evolutionary Power Reactors (EPR) mit einer Nettoleistung von 1.600 Megawatt (MW) auf französischem Boden. Zwar arbeiten in Frankreich entworfene EPR-KKW nun schon seit Jahren in der Volksrepublik China. Und ein ebenfalls von französischen Reaktorbaufirmen konzipierter EPR ging inzwischen, wenn auch verspätet, in Finnland in Betrieb. Aber das erste rein französische EPR-Projekt neben älteren Druckwasserreaktoren beim normannischen Flamanville wollte und wollte nicht vorwärts kommen.

Schon im Jahre 2007 wurde mit dem Bau des neuartigen Reaktors begonnen. Seine Baukosten wurden zunächst auf 3,3 Milliarden Euro veranschlagt. Ursprünglich hätte der Reaktor nach fünf Jahren fertig sein sollen. Doch schon bald wurde die Bauzeit um ein Jahr verlängert. Die Inbetriebnahme des EPR wurde zunächst für 2014, dann für 2015 angekündigt. Die Baukosten stiegen auf über 6 Milliarden Euro. Doch das bedeutete noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Zunächst wurde die Inbetriebnahme der EPR auf 2017 verschoben, die Kostenplanung auf 8,5 Milliarden angehoben. Dann schlug die überwiegend von Kernkraftgegnern besetzte französische Atomsicherheitsbehörde ASN wegen Materialfehlern bzw. Rissen im Druckbehälter und mangelhaften Schweißnähten Alarm (siehe meinen inzwischen teilweise überholten Bericht auf dieser Plattform.) Der staatliche Stromkonzern EDF sah sich gezwungen, alle Reaktoren einem Kostspieligen und Zeit raubenden Überprüfungs- und Sanierungsprogramm zu unterziehen. Die Inbetriebnahme des EPR von Flamanville wurde auf Ende 2022 verschoben. Doch auch daraus wurde es nichts. Mit einer Zeitverzögerung von sage und scheibe 12 Jahren begann die Installation der Brennstäbe erst in diesem Frühjahr.

Der Netzanschluss des neuen Reaktors sollte eigentlich im Laufe dieses Frühsommers gefeiert werden. Emmanuel Macrons Berater hatten schon einen Auftritt des Präsidenten im Europa-Wahlkampf im Auge. Doch es kam anders. Die Zuspitzung der politischen Krise und der Zustand der französischen Staatsfinanzen ließen keine Zeit für eine solche Machtdemonstration. Nach einer Schätzung des französischen Rechnungshofes unter seinem sozialistischen Präsidenten Pierre Moscovici hat die Konstruktion des EPR von Flamanville insgesamt über 19 Milliarden Euro verschlungen und damit fast das Sechsfache des ursprünglich veranschlagten Kostenrahmens. Der vom neuen Reaktor gelieferte Strom wird nach den Schätzungen des Rechnungshofes zwischen 110 und 120 Euro je Megawattstunde kosten und damit etwa doppelt so teuer sein wie der von den 56 älteren Reaktoren gelieferte. Die „Neue Zürcher Zeitung (NZZ)“ berichtete darüber am 5. Juni nicht ohne Schadenfreude. Jedenfalls haben Macron und seine Leute allen Grund, die verspätete Inbetriebnahme von Flamanville nicht allzu hoch zu hängen.

Niemand redet heute, wenige Tage vor den von Präsident Macron überstürzt ausgerufenen Neuwahlen zur Nationalversammlung, noch von den Kosten des verunglückten EPR-Projektes in der Normandie. Dann schon eher von den Hunderten von Milliarden, die die Wahlprogramme der aussichtsreichsten Kandidaten kosten würden. Die besten Aussichten hat derzeit das umgetaufte und entdämonisierte Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und dessen jungen Präsidenten Jordan Bardella. Dessen gutes Abschneiden bei den „Europawahlen“ hat Macrons nur für manche überraschende Entscheidung, die Nationalversammlung aufzulösen, ja ausgelöst. Wobei nicht klar ist, ob diese Entscheidung eine Panikreaktion war oder ein wohlbedachter taktischer Winkelzug. (Um Strategie geht es bei Macron ohnehin nicht.)

Nach den letzten Wählerumfragen vor dem Schreiben dieses Berichts kann das immer noch als „rechts“ verteufelte RN im ersten Wahlgang am 30. Juni mit 35 bis 36 Prozent der Stimmen rechnen. Ob das reicht, um in der Stichwahl am 7. Juli die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu erreichen, steht dahin. Gibt es in der Nationalversammlung keine Mehrheit, könnte Emmanuel Macron zurücktreten Das Programm des RN macht einen ausgesprochen sozialdemokratischen Eindruck. In der Energiepolitik würde sich unter einem Premierminister Bardella vermutlich zunächst wenig ändern. RN möchte das von Macron angekündigte Programm zum Bau neuer KKW von Typ EPR noch beschleunigen: 10 neue Reaktoren ab 2031 und noch einmal 10 weitere ab 2036. Kompetente Industrielle halten diesen Rhythmus für unrealistisch. Angesichts der Probleme mit dem EPR von Flamanville sei es nicht einmal sicher, dass der von Macron angekündigte Bau von sechs EPR im vorgesehenen Zeitrahmen gemeistert wird.

Auf dem Wege von Verhandlungen in Brüssel möchte er überdies so schnell wie möglich aus dem europäischen Merit-Order-Tarifsystem herauskommen und dadurch eine Senkung der Strompreise um 30 Prozent bewirken. Überdies könnte der gleichzeitig angekündigte Preisstopp für Güter des täglichen Bedarfs, wozu auch die Elektrizität gehört, durchaus Investitionsentscheidungen im Energiesektor beeinflussen. Die vorgesehene Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Treibstoffe auf 5,5 Prozent würde übrigens zu einem Ausfall von Staatseinnahmen in Höhe von 12 Milliarden Euro führen. Viel bedenklicher ist die angekündigte Rückkehr zur Rente mit 60 (nach 40 Jahren Vollzeitbeschäftigung) und andere Wahlgeschenke an die werktätigen Bevölkerungsschichten. Es wurde berechnet, dass das im Jahre 2022 veröffentlichte Programm des RN zusätzliche Staatsausgaben in Höhe von 120 Milliarden Euro nach sich ziehen, aber nur 18 Milliarden Euro Einnahmen generieren würde. Allerdings haben Jordan Bardella und Marine Le Pen angesichts der zum Greifen nahen politischen Macht schon begonnen, Wasser in ihren Wein zu gießen, denn bislang konnten sie die Unternehmerverbände MEDEF (Großindustrie) und CGPME (Mittelstand) nicht davon überzeugen, dass ihr keynesianistisch begründetes Ausgaben-Programm in der Lage ist, die Wirtschaftskrise zu überwinden. Doch statt mit Fragen der Wirtschaft beschäftigt sich die Wahlpropaganda des RN vorwiegend mit den durch die unkontrollierte Masseneinwanderung ausgelösten Sicherheitsproblemen und plädiert für verstärkte Kontrollen in vielen Bereichen, das heißt letzten Endes für mehr Bürokratie.

Diese Vorsicht wird man in den Forderungen und Ankündigungen der linksradikalen neuen Volksfront (NFP) vergeblich suchen. Die vom Trotzkisten Jean-Luc Mélenchon angeführte bunte Gruppierung aus linken und linksradikalen Gruppen und Grüppchen (von der Antifa über Mélenchons „France Insoumise“ und die übrig gebliebenen Sozialisten des inzwischen kaltgestellten Glucksman-Sohnes Raphaël bis zu den zusammengeschrumpften Grünen) wird im ersten Wahlgang noch immer mit 27 bis 29 Prozent der in Umfragen ermittelten Wählerabsichten hinter dem RN auf dem zweiten Platz, das heißt vor der Präsidentenpartei „Renaissance“ erwartet. Die NFP geht mit der Ankündigung einer veritablen Ausgaben-Orgie auf Stimmenfang: Rente mit 60, Erhöhung des Mindestlohns auf 1.600 Euro im Monat, Indexierung der Gehälter mit der Inflationsrate (Dabei ist der Mindestlohn SMIC längst indexiert), 32-Stunden-Woche für anstrengende Berufe, bezahlte Menstruationspause für die Frauen im gebärfähigen Alter (wer kontrolliert das?), völlige Übernahme der Wärmedämmungskosten ärmerer Familien durch den Staat. Finanzieren möchten die Linksradikalen das Ganze durch eine kräftige Anhebung der Einkommens- und Erbschaftssteuern sowie durch die Einführung einer Sondersteuer auf „Superprofite“. Klare Aussagen zur Energiepolitik und insbesondere zur Zukunft der Kernenergie wird man in den Ankündigungen Mélenchons und seiner Anhänger dagegen vergeblich suchen, denn ein nicht geringer Teil von ihnen träumt von einer zu 100 Prozent „erneuerbaren“, das heißt subventionierten Energieversorgung und einem Verbot der Kernenergie.

Kein Wunder, dass die Pariser Börse nach der Ankündigung dieser „Wohltaten“ in die Knie ging. Der Börsen-Index CAC40 verlor in einer Woche sieben Prozent und der Spread des Zinssatzes zwischen Frankreich und Deutschland wuchs um immerhin 0,2 Prozent. Frankreich steht heute schon mit einer Staatsquote von 57 Prozent des BIP an der Spitze der OECD-Länder. Die Staatsverschuldung macht bereits über 110 Prozent des BIP aus. Die Ausgaben-Pläne der neuen Volksfront würden die Verschuldung des französischen Staates weiter in die Höhe treiben und Ihn von den internationalen Kapitalmärkten abhängig machen. Über allem steht schon jetzt die Drohung internationaler Rating-Agenturen, die Note Frankreichs nach den Wahlen herunter zu setzen. Das würde nicht nur die Finanzierung von Wahlgeschenken, sondern auch des Ausbaus der Kernenergie beeinträchtigen.

Für den Fall, dass das RN am 7. Juli in der Nationalversammlung nur eine relative Mehrheit erringt, hat Marine Le Pen bereits den Rücktritt Emmanuel Macrons vom Amt des Staatspräsidenten vorgeschlagen. So würde der Weg frei für die Etablierung klarer Mehrheitsverhältnisse. Gut informierte unabhängige Rechtskonservative vermuten hingegen, Macron habe längst mit dem ihm persönlich gut bekannten Mélenchon in aller Stille ein Regierungsabkommen geschlossen, denn die Stimmen beider Gruppen zusammengenommen würden wohl noch immer ausreichen, um das RN von der Regierung fernzuhalten.

 




Woher wir wissen, dass die Sonne Motor des Klimawandels ist. Teil 2: Die Gegenwart

Javier Vinós

Teil 2 einer dreiteiligen Reihe. Teil 1 steht hier, in deutscher Übersetzung hier.

Der Einfluss der Sonne auf das Klima ist seit 200 Jahren umstritten. Das Grundproblem besteht darin, dass wir bei der Untersuchung der Vergangenheit starke klimatische Veränderungen beobachten, die mit längeren Perioden geringer Sonnenaktivität einhergehen, während wir bei der Beobachtung der Gegenwart nur geringe Auswirkungen aufgrund des 11-jährigen Sonnenzyklus feststellen können. Es gibt mehrere mögliche Erklärungen für diese Diskrepanz. Die wichtigste Frage ist jedoch, wie die Sonne das Klima beeinflusst.

In diesem Artikel untersuchen wir die Auswirkungen des 11-jährigen Sonnenzyklus‘ auf das Klima in den letzten Zyklen und ihren Zusammenhang mit den jüngsten Klimaveränderungen.

  1. Der IPCC sagt

In seinem 5. Bewertungsbericht hat der IPCC Klimamodelle verwendet, um den Beitrag der Sonne zur Erwärmung zu berechnen. Diese Modelle berücksichtigen nur Veränderungen der Gesamtenergie, die von der Sonne kommt und die bekanntermaßen nur um 0,1 % schwankt. Daher lautet die Antwort des IPCC, dass die Sonne nichts zur Erwärmung beigetragen hat [i]. Dies ist absurd, wenn man unser Wissen über das Klima der Vergangenheit und die Tatsache berücksichtigt, dass wir in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein 70-jähriges Sonnenmaximum erlebt haben, eine der aktivsten Perioden der Sonnenaktivität seit Tausenden von Jahren.

Graphik nach AR5, WGI, Ch. 5, FAQ 5.1, Abbildung 1, Seite 393

Der IPCC ignoriert eine Vielzahl von Beweisen dafür, dass die Sonne das Klima in einer Weise beeinflusst, die nicht allein durch diese Energieänderungen erklärt werden kann. Aus Platzgründen können wir nur auf einige dieser unerklärlichen Auswirkungen eingehen. Beginnen wir mit der Oberfläche.

  1. Auswirkungen der Sonne auf die Oberfläche

Der größte Teil der Sonnenenergie erreicht die Oberfläche des Planeten. Wenn diese Energie um 0,1 % zunimmt, dann erhält jeder Punkt auf der Oberfläche 0,1 % mehr. Man würde erwarten, dass dies zu einer geringen Gesamterwärmung führt, die von Wissenschaftlern auf zwei Hundertstel Grad Celsius geschätzt wird und die nicht nachweisbar ist. Aber das ist nicht das, was beobachtet wird. Mehrere Studien zeigen, dass sich die Oberfläche im Laufe des Sonnenzyklus‘ viermal stärker erwärmt als erwartet, nämlich um 0,1°C, und zwar in äußerst unregelmäßiger Weise mit großen räumlichen Schwankungen [ii].

Abbildung aus Lean 2017. Die Reaktion der Temperatur auf den Sonnenzyklus aus Beobachtungen unter Verwendung multipler Regression vom Minimum 1996 bis zum Maximum 2002. Auf der rechten Seite sind die zonal gemittelten Änderungen dargestellt.

Beim Übergang von einem solaren Minimum zu einem solaren Maximum zeigen einige Gebiete eine Erwärmung von mehr als 1 °C, während andere mehr als ein halbes Grad Abkühlung aufweisen. Dies ist nicht der Effekt, den man erwarten würde. Wenn wir den Durchschnitt für jeden Breitengrad analysieren, stellen wir eine sehr starke Erwärmung um den 60° nördlicher Breite fest. Wenn wir jedoch die Veränderung in 20 km Höhe, in der Stratosphäre, analysieren, stellen wir etwas sehr Merkwürdiges fest. Die Reaktion in dieser Schicht der Atmosphäre ist umgekehrt zur Reaktion an der Oberfläche. Warum ist das wichtig? Der IPCC sagt uns, dass einer der Fingerabdrücke der Erwärmung aufgrund unserer Emissionen darin besteht, dass wir eine Erwärmung an der Oberfläche und eine Abkühlung in der Stratosphäre beobachten. Aber wenn die Sonne ebenfalls eine umgekehrte Reaktion zwischen den beiden zeigt, dann ist die Beobachtung nicht mehr ein Beweis für die Emissionen als Ursache. Es könnte die Sonne sein. Wichtig ist auch, dass der Teil des Globus‘, der sich während der globalen Erwärmung (seit 1976) am stärksten erwärmt hat, die Landoberfläche der nördlichen Hemisphäre ist, also genau die Region, die als Reaktion auf eine aktivere Sonne die stärkste Erwärmung zeigt, während es in den Tropen kaum wärmer geworden ist.

  1. Auswirkungen der Sonne auf den Ozean

Vor Jahren untersuchten einige Wissenschaftler die Erwärmungs- und Abkühlungsraten in der oberen Schicht der tropischen Ozeane. Sie fanden heraus, dass sie einem ähnlichen Zyklus folgen wie die Sonne [iii]. Es gibt jedoch ein Problem: Die Schwankungen der Sonnenenergie sind zehnmal geringer als sie sein müssten, um diese Veränderungen zu verursachen. Anstatt zu akzeptieren, dass dies für eine indirekte Wirkung der Sonne auf das Klima spricht, ignorierten die meisten Wissenschaftler die Studie.

Abbildung aus White et al. 2003. Oben: Anomalie der Wärmespeicherung oberhalb der 22°C-Isotherme von 30°S bis 30°N, ausgedrückt in W (gespeichert)/m². Unten: Anomalie der Sonneneinstrahlung.

Im Pazifik drücken die Passatwinde das warme Oberflächenwasser nach Westen und führen kaltes Tiefenwasser vor der Küste Südamerikas heran. Dies wird als die neutrale Phase bezeichnet. In manchen Jahren werden die Passatwinde stärker und schieben das kalte Wasser in Richtung des Zentrums des Pazifiks, wodurch sich mehr warmes Wasser im Westen ansammelt. Dies ist die La-Niña-Phase. In anderen Jahren wehen die Passatwinde langsamer oder in die entgegengesetzte Richtung, das kalte Wasser hört auf, im Osten aufzusteigen, und das Wasser im zentralen und östlichen Pazifik erwärmt sich. Dies ist die El-Niño-Phase. Diese Oszillation beeinflusst das Wetter in weiten Teilen der Erde, und wir dürfen nicht vergessen, dass sie drei Zustände hat, nicht zwei.

Seit 1990 gibt es unzählige Studien über den Sonnenzyklus und El Niño. In Zeitschriftenartikeln, Büchern oder IPCC-Berichten findet man jedoch keinen einzigen Hinweis darauf.

Ich habe diese Beziehung anhand von Daten über die Sonnenaktivität und den ozeanischen El-Niño-Index untersucht, der in blau die Zeiten anzeigt, in denen der äquatoriale Pazifik kühler als der Durchschnitt ist, und in rot die Zeiten, in denen er wärmer ist. Da die Sonnenzyklen leicht unterschiedlich lang sind, habe ich beide Datenreihen in Segmente eines Sonnenzyklus‘ unterteilt und dann die Länge so angepasst, dass sie für alle Zyklen gleich ist. Dieses statistische Verfahren wird als Epochenanalyse bezeichnet. Auf diese Weise werden der Mittelwert und die Varianz der Daten für Zeiträume ermittelt, die in ihrer Phase des Zyklus‘ übereinstimmen. Dabei zeigte sich ein Muster, das auf eine Reaktion von El Niño auf die Sonnenaktivität hinweist. Ich untersuchte einen Zeitraum, in dem der Zyklus an Aktivität zunimmt, was mit La-Niña-Bedingungen einhergeht. Ich habe die Monte-Carlo-Methode angewandt, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass dieses Ergebnis zufällig ist, und die Antwort war nur 0,7 %. Das bedeutet, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,3 % die La-Niña-Bedingungen zu diesem Zeitpunkt des Sonnenzyklus‘ auf die Sonne zurückzuführen sind.

Die Abbildung zeigt eine Epochenanalyse der Sonnenaktivität und des ozeanischen El-Niño-Index‘. Die X-Achse ist die variable Länge eines vollen Sonnenzyklus‘. Die rechten Kurven zeigen den Mittelwert und die Standardabweichung der linken Kurven. Das rote Rechteck zeigt den Teil der Daten an, der mit der Monte-Carlo-Methode analysiert worden ist.

Da die Antwort für La Niña klarer ist, habe ich die relativen Häufigkeiten der einzelnen Phasen des El-Niño-Phänomens analysiert. Es zeigt sich, dass die Häufigkeit der Jahre mit neutralen Bedingungen dem Sonnenzyklus mit einer Verzögerung von ein oder zwei Jahren folgt. Überraschenderweise ist die Häufigkeit von La Niña das Gegenteil von Neutral. Die Sonnenaktivität bestimmt, ob es sich um ein La-Niña-Jahr oder ein neutrales Jahr handelt. Der Einfluss der Sonne auf El-Niño-Jahre ist weniger eindeutig. El Niño scheint eine andere Ursache zu haben, die in der im Ozean gespeicherten Wärmemenge liegen könnte. Das solare Muster wird durch eine Studie über die Häufigkeit von El Niño seit 1900 bestätigt, denn unter den sich wiederholenden Spitzen gibt es eine 11-Jahres-Spitze, die der Häufigkeit des Sonnenzyklus‘ entspricht[iv].

Die Abbildung zeigt die relative Häufigkeit für neutrale Jahre (orange) und La-Niña-Jahre (blau) aus der offiziellen Klassifizierung (Domeisen et al. 2019), die in den unteren Quadraten dargestellt ist. Die Häufigkeit wurde für ein gleitendes 5-Jahres-Fenster berechnet und nach Gauß geglättet.

Es ist erstaunlich, dass trotz der vielen Beweise und Studien die große Mehrheit der Wissenschaftler nicht erkennt, dass die Sonne das sehr wichtige El-Niño-Phänomen steuert. El Niño ist jedoch ein Produkt der Wirkung der Passatwinde über dem äquatorialen Pazifik. Um El Niño zu kontrollieren, muss die Sonne die atmosphärische Zirkulation steuern.

  1. Atmosphärische Auswirkungen

Wir wissen seit 1988, dass die Sonne die atmosphärische Zirkulation beeinflusst [v], aber wie andere Auswirkungen der Sonne auf das Klima auch ignorieren die meisten Wissenschaftler diese Erkenntnisse. Dieser Einfluss auf die Atmosphäre kann sich auf Hurrikane in einer viel bedeutenderen Weise auswirken als die globale Erwärmung. Das Diagramm der jährlichen Anzahl schwerer Wirbelstürme in der Welt (invertiert) zeigt, dass die Anzahl der Wirbelstürme während oder nach dem Sonnenmaximum tendenziell zunimmt [vi].

Abbildung nach Pielke & Maue 2024. Die Daten für globale schwere Hurrikane (≥94 Knoten) von Ryan Maue sind ein invertierter und zentrierter 3-Jahres-Durchschnitt. Er zeigt eine dekadische Periodizität.

Wie schafft es die Sonne, die Atmosphäre zu beeinflussen? Im Jahr 1959 entdeckte ein Wissenschaftler, dass Veränderungen im Polarwirbel auf die Sonnenaktivität zu reagieren schienen [vii]. Diese Frage wird weiterhin untersucht, und wir beginnen zu verstehen, dass ein Großteil der Auswirkungen der Sonnenaktivität auf die atmosphärische Zirkulation auf diesen Effekt zurückzuführen ist.

In der nächsten Grafik ist die Sonnenaktivität in Rot dargestellt. Die violette Farbe am unteren Rand zeigt die Stärke des Polarwirbels [viii]: Hohe Werte bedeuten einen starken Wirbel, niedrige Werte einen schwachen Wirbel. Diese Werte weisen in der Regel von Jahr zu Jahr große Schwankungen auf. In Blau ist die kumulative Windgeschwindigkeit dargestellt, die den Polarwirbel umweht [ix]. Wenn die Kurve nach oben zeigt, bedeutet dies, dass die Geschwindigkeit die meiste Zeit über dem Durchschnitt liegt und der Wirbel stark ist. Wenn sie nach unten zeigt, bedeutet dies das Gegenteil.

Diese Abbildung zeigt in rot die monatliche Anzahl der Sonnenflecken, in blau die kumulative Anomalie der zonalen Windgeschwindigkeit bei 54,4°N, 10 hPa (Lu et al. 2008) und in lila die mittlere Anomalie dss Geopotentials der 20 hPa-Fläche (NCEP, Christiansen 2010).

Während des Zyklus‘ 20 mit geringer Sonnenaktivität war der Wirbelwind langsamer als normal und die meisten Jahre hatten einen schwachen Wirbel. Dies entspricht den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, als viele Winter kalt waren. Dann kam Zyklus 21, der sehr aktiv war. Die Windgeschwindigkeit nahm zu, und es gab nur zu Beginn und am Ende des Zyklus‘, bei geringer Sonnenaktivität einen schwachen Wirbel. In den späten 1970er und 1980er Jahren waren die Winter wärmer. Zyklus 22 blieb sehr aktiv, und der Wind war weiterhin stärker als normal, was dazu führte, dass es keine schwachen Wirbeljahre gab. In den 1990er Jahren waren die Winter weiterhin mild. Mit Zyklus 23 nahm die Sonnenaktivität wieder ab, was zu einem Rückgang der Windgeschwindigkeit führte. Schwache Wirbeljahre kehrten zurück. Und ebenfalls seit Ende der 1990er Jahre sind kalte Winter zurückgekehrt, was Wissenschaftler, die den Einfluss der Sonne auf das Klima ignorieren, nur schwer erklären können.

Die mir vorliegenden Daten decken die Sonnenzyklen 24 und 25 nicht ab, aber die Korrelation zwischen geringer Sonnenaktivität und kalten Wintern besteht weiterhin, insbesondere im östlichen Nordamerika und in Eurasien. Seit den späten 1990er Jahren sind die Winter in weiten Teilen der nördlichen Hemisphäre tendenziell kälter geworden, während sich die Arktis erwärmt hat, wie die nächste Abbildung zeigt [x]. Der Winter 2024 war der kälteste in der Mongolei seit Jahrzehnten. 6 Millionen Tiere starben, das sind 10 % ihrer Population [xi].

Diese Abbildung zeigt die beobachteten Temperaturtrends für die Monate Januar und Februar im Zeitraum 1990-2015 (Kretschmer et al. 2018).

Ohne den Einfluss der Sonne auf das Klima zu verstehen ist dies nicht nachvollziehbar. Nichts davon hat etwas mit dem atmosphärischen CO₂ zu tun. Die Anerkennung der Tatsache, dass die Sonne die Temperatur der Winter auf der Nordhalbkugel steuert impliziert, dass die Sonne zur beobachteten Erwärmung beigetragen hat, da ein Großteil der Erwärmung auf den Anstieg der Tiefsttemperaturen auf der Nordhalbkugel zurückzuführen ist.

Die Auswirkungen der Sonne auf die Atmosphäre haben auch einen deutlichen Einfluss auf die Erdrotation.

  1. Auswirkungen auf die Erdrotation

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist es möglich, die Geschwindigkeit der Erdrotation mit großer Genauigkeit zu messen. Im Jahr 1962 stellte ein französischer Wissenschaftler fest, dass die Sonnenaktivität die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten verändert [xii]. Seitdem wurde diese Erkenntnis in Dutzenden von Studien bestätigt. Die Klimatologen ignorieren diese Erkenntnis.

Auch ich habe die Daten analysiert, und sie lassen keinen Raum für Zweifel. Die Erdrotation nimmt zweimal im Jahr zu, wenn auf jeder Hemisphäre der Winter eintritt. Ich habe mich für die Analyse der Veränderungen zwischen November und Januar entschieden, weil die Veränderungen kleiner und variabler sind und ich so die Reaktion besser erkennen kann. Diese Grafik vergleicht ein Jahr mit hoher Sonnenaktivität mit einem Jahr mit geringer Aktivität. Bei geringer Aktivität beschleunigt sich die Rotation und jede Umdrehung ist um eine halbe Millisekunde kürzer.

Diese Abbildung zeigt die Veränderungen der Tageslänge in Millisekunden für 2014 (rot) und 2017 (schwarz). IERS EOP C04-Daten mit Glättung.

Meine Analyse bestätigt, was viele Forscher festgestellt haben: Die Erdrotation ändert sich mit der Sonnenaktivität. Wenn die Sonnenaktivität niedrig ist, beschleunigt sich die Rotation zwischen November und Januar stärker, und wenn sie hoch ist, beschleunigt sie sich kaum noch. Der Effekt wird durch andere Phänomene gestört, die sich ebenfalls auf die Rotation des Planeten auswirken, wie z. B. El Niño, aber der 11-jährige Zyklus ist eindeutig. Andere Studien, bei denen die Daten anders behandelt wurden, kommen zu einem ähnlichen Ergebnis [xiii].

Diese Abbildung zeigt in Rot die Sonnenaktivität (10,7 cm-Fluss), in Schwarz die geglättete 3-Punkt-Amplitude der Tageslängenänderung im NH-Winter und in Lila das Ergebnis von Barlyaeva et al. 2014.

Die Auswirkung der Sonne auf die Rotation ist seit 60 Jahren bekannt, ohne dass bisher eine Erklärung dafür gegeben wurde. Seine Ursache muss zwangsläufig in Änderungen des Drehimpulses der Atmosphäre liegen. Der Austausch von Drehimpulsen zwischen der Erde und der Atmosphäre lässt sich mit dem vergleichen, was mit einem Schlittschuhläufer passiert, wenn er sich dreht. Je weiter sich die Arme vom Körper entfernen, desto langsamer wird die Drehung, und je mehr sie sich nähern, desto schneller wird die Drehung. Das Problem besteht darin, dass Änderungen des Drehimpulses, die groß genug sind, um die Erdrotation zu beeinflussen, nicht durch Änderungen von nur 0,1 % der von der Sonne auf der Oberfläche abgegebenen Energie verursacht werden können.

  1. Schlussfolgerungen

Nichts von dem findet sich in den IPCC-Berichten wieder, welche die zahlreichen Beweise ignorieren, die zeigen, dass der Einfluss der Sonne auf das Klima nicht auf eine kleine Energieänderung beschränkt ist. Und nichts davon findet sich in den Klimamodellen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die von der Sonne verursachten Veränderungen an der Oberfläche die umgekehrten dynamischen Muster aufweisen wie die in der Stratosphäre, was denselben Fingerabdruck bei der CO2-bedingten Erwärmung darstellt. Wir haben gesehen, dass die Sonne Temperaturänderungen im Ozean verursacht, die weit größer sind als erwartet, und dass sie die ENSO beeinflusst, ein wichtiges globales Klimaphänomen. Wir haben gesehen, dass die Sonne die Stärke des Polarwirbels reguliert, der die Häufigkeit sehr kalter Winter in großen Teilen der nördlichen Hemisphäre beeinflusst, und wir haben gesehen, dass sie die Rotation des Planeten verändert. Nichts von alledem lässt sich durch eine 0,1 %ige Veränderung der Energie erklären, die die Planetenoberfläche vom Sonnenminimum zum Sonnenmaximum erreicht. Es gibt noch etwas anderes. Etwas, das seit 1987 erforscht wird und diese Effekte erklären kann. Der IPCC weiß davon und erwähnt es in seinem 5. Bericht, ist aber nicht willens oder in der Lage, seine globale Bedeutung zu verstehen.

Man kann argumentieren, dass die von uns analysierten Auswirkungen der Sonnenaktivität auf das Klima periodisch sind. Die Sonnenaktivität schwankt zyklisch alle 11 Jahre, El Niño weicht La Niña, der Wirbel ändert jeden Winter seine Stärke, und die Rotation des Planeten kehrt zu dem zurück, was sie war. Zwei Dinge deuten jedoch darauf hin, dass es einen viel stärkeren Langzeiteffekt gibt und dass die Sonnenaktivität daher eine kumulative Wirkung auf das Klima hat, die wir noch nicht gut verstehen. Zum einen ändern sich, wie wir gesehen haben, die winterlichen Temperaturtrends in der nördlichen Hemisphäre über Jahrzehnte hinweg mit der Sonnenaktivität, was seit den späten 1990er Jahren zu einer Erwärmung in der Arktis und einer Abkühlung in Nordamerika und Eurasien während des Winters führt, was nun schon seit 25 Jahren aufgrund der geringen Sonnenaktivität im 21. Jahrhundert der Fall ist. Zum Anderen ist, dass, wie wir im ersten Teil gesehen haben, die geringe Aktivität über mehr als ein Jahrhundert in der Vergangenheit die Ursache für einige der großen Klimaveränderungen des Holozäns war.

Ich habe die letzten 10 Jahre damit verbracht zu verstehen, wie sich das Klima auf natürliche Weise verändert, ohne vorgefasste Meinungen, indem ich eine riesige Menge an Informationen und Daten untersucht habe. Die Erkenntnisse haben mich zu einer alternativen Theorie des Klimawandels gegenüber der des IPCC geführt. Sie basiert nicht auf Veränderungen der Sonnenaktivität, aber zu meiner Überraschung erklärt sie diese. Beim Klima geht es um viel mehr als um die Sonne, aber die Schlussfolgerung ist, dass das Sonnenmaximum des 20. Jahrhunderts wesentlich zur jüngsten Erwärmung beigetragen hat. Und es ist mir nicht entgangen, dass dies bedeutet, dass die Kontrolle unserer Emissionen, die zum Hauptziel der UNO und der westlichen Welt geworden ist, möglicherweise keinen großen Einfluss auf das zukünftige Klima hat.

Dieser Artikel kann auch in einem 16-minütigen Video mit englischen und französischen Untertiteln angesehen werden.

References

[i] Masson-Delmotte, V., M. et al., 2013. Information from Paleoclimate Archives. In: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Fifth Assessment Report of the IPCC. FAQ 5.1, Fig. 1 pg. 393.

[ii] Lean, J.L., 2017. Sun-climate connections. In Oxford Research Encyclopedia of Climate Science.

[iii] White, W.B., Dettinger, M.D. & Cayan, D.R., 2003. Sources of global warming of the upper ocean on decadal period scalesJournal of Geophysical Research: Oceans108(C8).

[iv] Deser, C., et al., 2010. Sea surface temperature variability: Patterns and mechanisms. Annual review of marine science, 2, pp.115-143.

[v] Labitzke, K. & Van Loon, H., 1988. Associations between the 11-year solar cycle, the QBO and the atmosphere. Part I: the troposphere and stratosphere in the northern hemisphere in winter. Journal of Atmospheric and Terrestrial Physics, 50(3), pp.197-206.

[vi] Pielke Jr., R., & Maue, R. 2024. Global Tropical Cyclones.

[vii] Palmer, C.E., 1959. The stratospheric polar vortex in winter. Journal of Geophysical Research, 64(7), pp.749-764.

[viii] Christiansen, B., 2010. Stratospheric bimodality: Can the equatorial QBO explain the regime behavior of the NH winter vortex? Journal of climate, 23(14), pp.3953-3966.

[ix] Lu, H., et al., 2008. Decadal‐scale changes in the effect of the QBO on the northern stratospheric polar vortex. Journal of Geophysical Research: Atmospheres, 113(D10).

[x] Kretschmer, M., et al., 2018. More-persistent weak stratospheric polar vortex states linked to cold extremes. Bulletin of the American Meteorological Society, 99(1), pp.49-60.

[xi] The New York Times, 2024. A Harsh Mongolian Winter Leaves Millions of Livestock Dead.

[xii] Danjon, A, 1962. La rotation de la Terre et le Soleil calme. Comptes Rendus Hebdomadaires des Seances de l’Academie des Sciences, 254(17), p.3058.

[xiii] Barlyaeva, T., Bard, E. & Abarca-del-Rio, R., 2014. Rotation of the Earth, solar activity and cosmic ray intensity. Annales Geophysicae Vol. 32, No. 7, pp. 761-771.

Link: https://judithcurry.com/2024/05/17/how-we-know-that-the-sun-changes-climate-ii-the-present/#more-31234

Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE