Grüne Politik erfolgreich – BASF packt ein
Deindustrialiserung Deutschlands nimmt Fahrt auf
In Ludwigshafen will der Chemiekonzern BASF wesentliche Betriebsteile und Werke schließen. Bestehende Anlagen sollen abgebaut und verlagert werden. In Deutschland soll es keine Neuinvestitionen mehr geben. Die Grünen können sich rühmen, langsam das Ziel ihrer Politik erreicht zu haben.
von Holger Douglas
Nicht viele haben offenbar jenen Knall gehört, der aus Ludwigshafen von der BASF kam. Der größte deutsche Chemiekonzern macht langsam, aber sicher dicht in Deutschland. Der Chemie-Riese BASF hat jetzt mit International Process Plants (IPP) einen Vertrag geschlossen, um die Ammoniak-, Methanol- und Melaminanlagen in Ludwigshafen zu verkaufen, Kernstücke der chemischen Grundstoffproduktion. International Process Plants ist ein Anbieter, der verfahrenstechnische Anlagen und Ausrüstungen erwirbt und veräußert. Er soll jetzt die Produktionsanlagen für Ammoniak, Methanol und Melamin vermarkten, also ein Käuferunternehmen finden.
Die Anlagen sollen also nicht nur verkauft, sondern auch aus Ludwigshafen komplett abgezogen und an anderer Stelle im Ausland wieder aufgebaut werden. Es handelt sich dabei um hochmoderne Anlagen mit einem hohen Grad an Energie- und Rohstoffeffizienz.
„Wir freuen uns, diese Weltklasse-Anlagen in unser Portfolio aufzunehmen“, erklärt denn auch hochgestimmt Ronald Gale, Präsident von IPP. „Sie bieten signifikante Chancen für Firmen, die bestehende Produktionskapazitäten mit hocheffizienten Anlagen ausbauen möchten.“
Die neuen Standorte sollen dafür sorgen, dass die Anlagen entweder im Rahmen von umweltfreundlichen Ammoniak- oder Methanolprojekten oder an Orten mit kosteneffektiver sowie ausreichender Gasversorgung weiterhin produktiv genutzt werden können.
Grund dafür sind die im Februar 2023 angekündigten strukturellen Maßnahmen des Chemiekonzerns. „Die Situation ist ernst!“ Sagte der bisherige Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller immer wieder. „Daher schließen wir keine Maßnahmen aus.“ So zuletzt bei der Bilanzpressekonferenz am 25. April: „Bis Ende 2026 wollen wir die Kosten um eine weitere Milliarde Euro senken.“ Die Zahlen der BASF am Standort Ludwigshafen sind eindeutig: 21 Prozent Umsatzrückgang von 87 auf 69 Milliarden Euro.
Konsequenz: Weg mit den Industrieanlagen. Genau das passiert jetzt. In Ludwigshafen will der Chemiekonzern BASF wesentliche Betriebsteile und Werke schließen. Bestehende Anlagen sollen abgebaut und verlagert werden. In Deutschland soll es keine Neuinvestitionen mehr geben.
BASF will große Betriebsteile in Ludwigshafen schließen
Bereits mehrfach in den vergangenen Monaten hatte BASF seinen Rückzug aus Deutschland angekündigt und erklärt, Investitionen nicht mehr in Deutschland vornehmen zu wollen – niemand aus der Politik nahm das ernst und reagierte. Für das Unternehmen ist es ein profitabler Vorgang. Für den Standort Deutschland je nach Sichtweise eine Katastrophe – oder Erfolg: Jetzt wird die Abwicklung des Industriestandorts Deutschland spürbar, wie ihn viele Politiker der Grünen und SPD verfolgen.
Schon seit längerem spart die BASF und baut Arbeitsplätze ab – in Ludwigshafen. Gleichzeitig investiert das Unternehmen allein 10 Milliarden Euro in den Bau eines neuen riesigen Werkes im Süden von China für chemische Grundstoffe.
Zu hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie und Überregulierung hierzulande seien mitverantwortlich dafür, dass der Standort Deutschland immer unattraktiver werde, so Brudermüller auf der letzten Hauptversammlung im April. Die Investitionen in Länder wie China seien wichtig, um Marktchancen zu steigern und im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Er hatte sich zuletzt mehrfach kritisch über die Politik der Ampel geäußert. BASF arbeite überall profitabel – nur in Deutschland wegen hoher Energiekosten und Überbürokratisierung nicht.
Nach außen hin unbekannt ist, wie hart der Realitätsschock Brudermüller getroffen hat. Er saß früher als „Lieblingsmanager“ der Grünen sogar in deren wirtschaftspolitischem Beirat und hörte sich geduldig die Worte zum Beispiel der Grünen Kerstin Andreae an, die ihn als „Vorbild für andere Manager“ bezeichnete. Bis zuletzt beharrte er darauf, jenen Green Deal umzusetzen, bemängelte allerdings, dass die Vorgaben für die chemische Industrie 14.000 Seiten umfassen. Er bezeichnete die grüne Transformation nicht als größtmöglichen Unsinn und als Hindernis, sondern als Wachstumschance. Gut, BASF produziert jene Schaumstoffe, die tonnenweise an Häuserwände gepappt werden und die Brandlast erhöhen.
Er hoffte vermutlich, dass man in grünen Kreisen auf ihn hört. Ein fundamentaler Irrtum; die grünen Jakobiner treiben alle vor sich her. Was Brudermüller zu seinem grünen Schmusekurs getrieben hat, ist unklar. Als studierter Chemiker muss er gewusst haben, zu welchen Konsequenzen leere Modeworte wie „nachhaltig“, „klimaneutral“ und dergleichen letztlich führen.
Den Gewerkschaftsvertretern fällt nichts anderes ein, als auf die Sicherheit der Arbeitsplätze zu pochen. „Statt einem Sparprogramm nach dem nächsten braucht es Zukunftsinvestitionen und eine klare, nach vorne gerichtete Perspektive … Es ist mir schleierhaft, wie der Konzern eine stabile Wachstumsumgebung generieren will“, so Gunter Kollmuß, Bezirksleiter der IGBCE Ludwigshafen, nach der Bilanzpressekonferenz. Bei seinen mit „nachhaltig“ und „klimaneutral“ gespickten Sprüchen fällt ihm nicht auf, dass es gerade diese Ideologie ist, die dem Standort Deutschland den Garaus macht. Wie Habeck sagen würde: BASF produziert weiter, nur nicht mehr in Deutschland.
Regulierung, Wut und hohe Energiekosten hat Brudermüller als Grund für die desolate Lage in Ludwigshafen genannt. Es kommt ein weiterer entscheidender Faktor hinzu.
Neben den hohen Energiepreisen kommt erschwerend hinzu, dass Erdgas knapp und teuer geworden ist, seitdem es nicht mehr in großen Mengen und preiswert aus Sibirien kommt. Der Ausstieg aus den Erdgaslieferungen aus Russland bricht dem BASF-Standort Ludwigshafen das Genick. Denn Erdgas dient nicht mehr nur als Wärmeenergie, sondern hat zu wesentlichen Teilen Erdöl als Rohstoff verdrängt.
Erdgas besteht hauptsächlich aus kurzen Kohlenwasserstoffketten wie Methan und Ethan mit einem geringen Anteil an Kohlenstoffatomen. Anders Erdöl: Dies ist ein Gebräu aus vielen unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffketten. Aus den Bestandteilen des Erdgases dagegen lassen sich im großen Legokasten der Chemie elegante neue Moleküle zusammensetzen.
Umso fataler, wenn mit dem Stopp der Erdgaslieferungen nicht nur die Energiequelle, sondern auch Rohstofflieferungen eingebrochen sind. Teure LNG-Flüssigerdgasimporte sollen in großen Mengen bedenkenlos in Gaskraftwerken für die Erzeugung von Strom verfeuert werden, weil ja Kern- und Kohlekraftwerke abgewürgt werden.
Dabei müsste Erdgasknappheit nicht sein: Allein Deutschland verfügt noch über solch hohe Mengen an Erdgas, dass noch auf viele Jahrzehnte die Versorgung des Landes damit gesichert wäre. Doch die im Untergrund vor allem Norddeutschlands lagernden erheblichen Mengen sind igitt und dürfen nicht angetastet werden. Grüne Ideologie eben.
Den Knall haben noch nicht viele wahrgenommen, weder die derzeit herrschende SPD in Rheinland-Pfalz noch in Berlin. Dabei ist der folgenschwerer als jener vor 100 Jahren in Oppau im Norden von Ludwigshafen. Am 21. September 1921 explodierte ein mit Dünger gefüllter Silo, riss einen knapp 20 Meter tiefen Krater, und machte die weitere Umgebung dem Erdboden gleich. Die Druckwelle deckte noch im 25 Kilometer entfernten Heidelberg Häuser ab, schlug Scheiben ein und hob sogar eine Straßenbahn aus den Schienen. Der Knall war noch bis Zürich und München zu hören.
Die Grünen können sich rühmen, langsam das Ziel ihrer Politik erreicht zu haben. Der derzeitige Klima-Minister Robert Habeck auf dem grünen Parteitag 2022 in Bonn: „Wir lehnen Nordstream ab. Wir nehmen die Erderwärmung ernst und wollen aussteigen aus den fossilen Energien und zerstören damit fossile Geschäftsmodelle.“
BASF packt ein. Die Herzkammer der deutschen Chemieindustrie hört auf zu schlagen.
Ob das tatsächlich folgenlos im Wahlverhalten der Bürger für die Verursacher dieser wirtschaftlichen Vernichtung bleiben wird, wenn sich das einmal herumgesprochen hat?
BASF erklärt dazu:
„BASF wird weiter in Erhalt, Modernisierung und Ausbau des Standorts Ludwigshafen investieren – in den nächsten Jahren etwa 2 Mrd. Euro jährlich. Beispiele für Investitionen sind die Erweiterung des Vitamin-A-Verbunds und der Ausbau der Citral-Wert-schöpfungskette mit zwei neuen Anlagen. Zudem investieren wir kontinuierlich in die grüne Transformation des Standorts Ludwigshafen und entwickeln ihn zum führenden emissionsarmen Chemiestandort in und für Europa. Wie im Februar 2023 angekündigt, sind durch die Anpassung der Verbundstrukturen am Standort Ludwigshafen rund 700 Stellen in der Produktion betroffen. Aufgrund vieler offener Stellen in diesem Berufsfeld bei der BASF SE und der demografischen Entwicklung gehen wir davon aus, dass wir den Großteil der betroffenen Mitarbeiter auf andere Stellen in Produktion und Technik vermitteln können. Für diejenigen, deren Arbeitsplätze bereits im Jahr 2023 entfallen sind, bestätigt sich diese Einschätzung, und wir konnten der überwiegenden Zahl der Betroffenen bereits eine neue Perspektive bieten.“
Der Beitrag erschien zuerst bei TE hier