Klimafanatismus siegt gegen Schweizer Demokratie
Fred F. Mueller
Die Schweiz hat es seit kurzem Schwarz auf Weiß: Unser Land, das auf seine direkte Demokratie mit Recht stolz ist, wurde wegen angeblichen Verstoßes gegen die Menschenrechte gleich zweifach verurteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wirft der Schweiz vor, sie verletze die Menschenrechte einer kleinen Gruppe von «Klimaseniorinnen». Diese behaupten, als ältere Frauen von einer Klimaerwärmung mehr gefährdet zu sein als andere Teile der Bevölkerung. Der Bundesrat, so wird im Urteil gefordert, müsse mehr für den Klimaschutz tun, indem der Ausstoß von CO2 noch weiter reduziert werde als bisher schon vorgesehen.
Die übergriffige Anmaßung des EGMR
Der EGMR ist auf der Grundlage einer internationalen Konvention für die Einhaltung der Menschenrechte zuständig. Der entscheidende Punkt ist also zunächst, dass der EGMR sich unter Missachtung seiner eigentlichen Zuständigkeit das Recht zuspricht, den angeblich möglichen «Schutz» des Klimas als Menschenrechtsfall einzustufen und damit einzelne Staaten verurteilen zu dürfen. Gegen dieses eigenmächtige Vorgehen hat nur einer der Richter in einem Sondervotum protestiert. Er argumentiert, der EGMR missbrauche das Konzept des «Opferstatus», um den Ländern Europas einen neue «Hauptpflicht» aufzuerlegen, nämlich «Maßnahmen zu beschließen,…[welche]…«geeignet sind,….die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen». Dies unter Hinweis darauf, dass es für diese Auffassung in der Europäischen Menschenrechtskonvention, welches die Aufgaben des EGMR definiert, keine Grundlage gibt.
Diese Tendenz, sich eigenmächtig Kompetenzen zuzusprechen, die in den Verträgen nicht enthalten sind, ist für europäische Institutionen typisch. Hier wie in anderen Fällen zeigt sich, dass die Schweiz gut beraten wäre, sich diesen deutlich erkennbaren Tendenzen in allem, was mit «EU», «EU-Kommission» und «europäische Gerichtsbarkeit» zu tun hat, möglichst nicht auszuliefern.
Der EGMR ignoriert die Wissenschaft
Eines der grundsätzlichen Prinzipien unserer Rechtsprechung lautet, dass bei einem Verfahren auch die Gegenmeinung zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch dann, wenn die beklagte Seite selbst eine irrige Auffassung vertritt. Der EGMR hat etwas getan, wovor sich die Rechtsprechung seit hunderten von Jahren sorgsam hütet: Er maßt sich an, eine strittige naturwissenschaftliche Frage per Gerichtsurteil zu entscheiden. Die schandbare Verurteilung von Galileo Galilei, eines der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen exakten Naturwissenschaften, hat gezeigt, dass sich Gerichte – weltliche genauso wie die damals dominierenden kirchlichen – aus den Naturwissenschaften heraushalten sollten. Heute fragt man sich erschüttert, wie blind die – damals kirchlich dominierte – Gerichtsbarkeit gegenüber den Erkenntnissen von Geistesgrößen wie Galileo, Kopernikus, Kepler und Giordano Bruno war. Letzterer kam sogar auf den Scheiterhaufen, Galilei wurde jahrelang unter Hausarrest gestellt und erst 1992 (!) rehabilitiert. Seither ist jeder Jurist gut beraten, sich nicht für berufen zu halten, naturwissenschaftliche Fragen qua Urteil zu entscheiden. Die damalige Gelehrtenmehrheit hatte unrecht, die wenigen Aufrechten hatten Recht. Die Juristerei hatte eine Lehre erhalten, an die sich die meisten Richter seither tunlichst hielten.
Das IPCC ist ein politisches und kein wissenschaftliches Gremium
Diese Lehre hat der EGMR ignoriert, indem er die Auffassungen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zur einzig verbindlichen Grundlage der Klimawissenschaften hochstilisierte. Das IPCC ist ein politisches Gremium, das der Beeinflussung durch die Politik der mächtigsten Mitgliedsstaaten unterliegt. Die politische Natur seiner internen Abläufe zeigt sich beispielsweise daran, dass die Schlussfolgerungen der Gremien nicht mit wissenschaftlicher Eindeutigkeit, sondern mit Wahrscheinlichkeiten angegeben werden. Diese Wahrscheinlichkeiten werden nach aktuellen Mehrheiten und nicht nach naturwissenschaftlicher Korrektheit ausgekungelt. Die für die Politik entscheidenden Aussagen des mehr als 4.000 Seiten umfassenden Gesamtwerks werden in den separat erarbeiteten «Zusammenfassungen für Entscheidungsträger» nochmals von politisch motivierten Gruppen in ihrem Sinne beeinflusst.
Die CO2-Hypothese steht auf wackligen Füssen
Das ganze Konstrukt «Klimawandel allein durch CO2» ist unter Naturwissenschaftlern erheblich umstritten. Es gibt Tausende namhafte Wissenschaftler, darunter auch eine ganze Reihe von Nobelpreisträgern, die dies bezweifeln. Die Politik und die Medien haben sich allerdings des Themas bemächtigt und schreien jeden nieder, der nicht ihrer Meinung ist. In Büchern, Zeitschriften, Filmen, in der Schule und sogar schon in den Kindergärten wird uns eingehämmert, dass sich unser Klima katastrophal verändern würde, wenn wir den CO2-Anstieg in der Atmosphäre nicht begrenzen. Wer nicht daran glaubt, findet keine Anstellung.
Gletschervorstösse in historischer Zeit. Noch heute finden sich Aufzeichnungen darüber, dass die Kirchen damals Bittprozessionen abhielten, um diese Gefahren abzuwenden.
Der EGMR ist befangen
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist in Klimafragen darüber hinaus befangen, da er den Standpunkt des IPCC trotz klarer Hinweise auf Mängel zur Grundlage seines Urteils gemacht hat. Damit verstößt er eklatant gegen die Pflicht jedes Gerichts, sich im Falle offenkundiger Unstimmigkeiten der Beweisführung auch Gegenmeinungen zu berücksichtigen. Dass der Schweizer Staat selbst der Klimaargumentation des IPCC folgt, spielt hierbei unter juristischen Aspekten keine Rolle. Kein Richter darf einen Unschuldigen verurteilen, selbst wenn dieser sich aus welchen Gründen auch immer selbst eines Vergehens bezichtigt. Normalerweise wäre dies allein schon ein Grund, das Urteil anzufechten. Da der EGMR jedoch keine übergeordnete Instanz hat, können seine Urteile selbst angesichts solch offenkundiger Mängel nicht mehr angefochten werden. Ein Grund mehr für die Schweiz, sich nicht den diversen „unfehlbaren» europäischen Institutionen auszuliefern. Dieses Urteil ist nichts weiter als ein Frontalangriff auf die direkte Schweizer Demokratie, die den machtbesessenen Bürokraten aus Brüssel schon lange ein Dorn im Auge ist.
Dass die Schweiz zu diesen Themen eigenständige demokratische Entscheidungen, sogar gestützt auf Volksentscheide, getroffen hat, ist den Herren im Straßburger Gericht egal: Eine Anwältin, ein Häuflein älterer Damen und die gut gepolsterte Kriegskasse von Greenpeace genügen, um dem Land per EGMR-Urteil eine fremde Sicht der Dinge aufzuzwingen, egal was das Staatsvolk dazu denkt oder will. In Ziffer 560 der Urteilsbegründung wird sogar ausdrücklich erwähnt, dass es einen Volksentscheid gegen die Neufassung des CO2-Gesetzes gegeben hatte.
Die Lächerlichkeit der Klage
Die sogenannten „Klimaseniorinnen» behaupten, als ältere Frauen vom Klimawandel gesundheitlich besonders betroffen zu sein und verlangen, dass der Schweizer Staat mehr gegen den «Klimawandel“ unternehme als bisher von Regierung und Volk gemeinsam beschlossen.
Das groteske an dieser Angelegenheit ist die Tatsache, dass die Schweiz im internationalen Vergleich in Sachen CO2-Emissionen geradezu ein Musterknabe ist. Laut Auflistung der englischsprachigen Wikipedia stösst die Schweiz weniger CO2 pro Kopf aus als der Weltdurchschnitt und gehört diesbezüglich unter den europäischen Nationen mit deutlichem Abstand zu den sparsamsten. Unter den mehr als 200 in der Wikipedia-Aufstellung aufgeführten Ländern ist die Schweiz mit Rang 75 weit unterhalb fast aller europäischen Industrienationen angesiedelt, Bild 3.
Greenpeace extra aus übriggebliebenen alt-68erinnen zusammengestoppelte Verein es mit Klimafragen ernst meinen würde, müsste er sich zunächst einmal damit beschäftigen, wie es den älteren Frauen in den Ländern in Äquatornähe geht. Die Schweiz hat ein ausgesprochen mildes Klima, das höchstens im Tessin moderat mediterran ist. Die Menschheit ist weltweit genetisch recht homogen. Wenn es den älteren Frauen in Indien möglich ist, die dortigen Sommer lebend zu überstehen, sind die «Klimaseniorinnen» ganz bestimmt nicht in der behaupteten Lebensgefahr. Diese Argumentation ist so offenkundig an den grauen Haaren herbeigezogen, dass klar zu erkennen ist, dass es hier einzig darum geht, die Schweiz international an den Pranger zu stellen.
Gefahr für Demokratie und Wohlstand der Schweiz
Im täglichen Leben zeigt sich immer wieder die tiefe Wahrheit des Spruchs von Schiller, dass auch «der Frömmste nicht in Frieden bleiben» kann, «wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt». Die Schweiz hat durch ihre direkte Demokratie von ihren Altvorderen ein politisches Erbe erhalten, um das uns unsere Nachbarn reihum beneiden. Auch haben wir dank der intelligenten Kombination von Wasserkraft und Kernenergie einen Energiemix, der uns einen hohen Wohlstand bei zugleich weitgehender Autarkie ermöglicht. Selbst mit Blick auf die aktuelle Klimabewegtheit rundherum sind wir im Prinzip ein Musterknabe. Das Ausland sieht das mit Neid und Missgunst und möchte uns auf Biegen oder Brechen der Zwängerei der Brüsseler EU-Behörden unterwerfen. Und nach jahrelanger Vorbereitung hat man jetzt einen neuen Hebel gefunden, uns der Brüsseler Willkür zu unterwerfen. Dazu genügen: Der winzige Greenpeace-Verein, eine aktivistische Anwältin und das unerschöpfliche Geldsäckel der «Klima»-Bewegung.
Wie macht man ein störrisches Land fertig?
Schon Cäsar hat vorgemacht, wie man die reichen, aber untereinander uneinigen Gallier – zu denen auch unsere helvetischen oder argovischen Vorfahren gehörten – übertölpeln konnte. Dazu suchte er sich unter den zerstrittenen Stämmen Bundesgenossen und kam diesen dann bei den unausweichlichen Streitfällen mit der Übermacht seiner Legionen «zu Hilfe». Die Folge waren Elend und Sklaverei für die Besiegten.
Heute funktioniert das immer noch, wenn auch das Schwert durch die Juristerei ersetzt wurde. Wichtig ist, dass man in einem Land eine kleine, fanatische Gruppe als Verbündete gewinnen kann. Mit diesem Hebel kann man anschließend das Land insgesamt einkassieren. Schauen wir uns doch einmal die inländischen Akteure an, die in einem weiteren Beitrag des SRF vorgestellt wurden.
Die Advokatin
Da ist zum einen die Anwältin Cordelia Bähr, zu der folgendes geschrieben wird: «Mit 20 begann sie sich für Klima und Umweltprobleme zu interessieren». Und dabei sei ihr «die riesige Diskrepanz aufgefallen», sagt Cordelia Bähr: «Die große Kluft zwischen dem, was aus ihrer Sicht getan werden müsste, und dem, was effektiv getan werde». «Das hat mich immer angetrieben.» Wenn sie ein Problem sehe, dann mache sie etwas dagegen. «Ich kann nicht einfach die Ohren und Augen verschließen und das ignorieren und weiterleben wie vorher.»
Man beachte: Laut dieser Aussage interessiert sich die Anwältin nicht dafür, was der Rest der Bürger ihres Landes weiss oder möchte. Sie will vielmehr unbedingt das durchsetzen, was sie selbst für richtig hält. Demokratische Mehrheitsmeinungen sind für eine solche Mentalität eher hinderlich. Angesichts einer solchen Denkweise könnte einem fast das hässliche Wort «Fanatismus» in den Sinn kommen. Arm scheint sie dadurch auch nicht geworden zu sein.
Die vorgeschobenen «Aktivistinnen»
Zu den von ihr vertretenen «Klimaseniorinnen» weiß der Artikel folgendes zu berichten: «Manche der Seniorinnen, die sie vertritt, sind doppelt so alt wie Cordelia Bähr, haben in der 68er-Bewegung politisiert und sind seit Jahren als Aktivistinnen unterwegs. Trotz dieser Gegensätze: Die Sache verbinde sie. «Ich habe selten so engagierte Frauen erlebt, die wirklich mit Herzblut für ihr Recht kämpfen», sagt die Klimaanwältin. Und: «Das Kämpferische verbindet uns, ja.»
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass es sich hier um Personen handelt, die offenkundig bereit sind, ihre Heimat vom Ausland aus in die Knie zwingen zu lassen. Es geht ihnen nur um ihre ganz persönlichen Vorstellungen, wenn sie vom Bundesrat fordern, er müsse «mehr für den Klimaschutz tun und das Leben von Seniorinnen besser schützen, denn ältere Frauen würden unter Hitzewellen besonders leiden».
Auch hier wird danach getrachtet, einen vermeintlichen persönlichen Vorteil ohne Rücksicht auf die demokratische Mehrheit der Bevölkerung und Belange des Landes durchzusetzen. Diese Damen sind in Wirklichkeit Feinde der Demokratie. Zur Demokratie gehört nämlich, dass man zwar streiten kann und soll, aber einmal mit Mehrheit getroffene Entscheidungen dann auch für alle gelten. Holt der Verlierer sich stattdessen «ausländische Legionen» zu Hilfe, dann haben wir nicht Demokratie, sondern Anarchie und verlieren unsere nationale Souveränität.
Die Nachteile für unser Land
Die großen Nachbarn der Schweiz und deren oberste EU-Behörde in Brüssel streben seit Jahren danach, der Schweiz ihre Vorstellungen aufzuzwingen. In Deutschland gilt beispielsweise seit Jahren als eiserne Regel, dass Gesetze aus dem europäischen Parlament ohne Abstriche übernommen werden müssen. Auch die Neutralität der Schweiz und ihre Handhabung der Zuwanderung sind der EU zuwider. Wenn wir dem nachgeben, können wir uns von unserer direkten Demokratie verabschieden. Ausländische Großkonzerne würden uns daraufhin mit ihren Waren und Dienstleistungen rücksichtslos in Grund und Boden konkurrieren.
Vielleicht sollten wir den «Klimaseniorinnen» und ihren Mitstreiter*Innen raten, einmal für ein halbes Jahr mit dem Lebensstil vorlieb zu nehmen, der in Ländern mit «vorbildlich tiefem» CO2-Ausstoss geboten wird. Beispiele gefällig? Demokratische Republik Kongo (0,04 tCO2/Kopf und Jahr), Niger (0,1) oder Afghanistan (0,14).
Fred F. Mueller