Die Sprache der Energiewende Teil 2 – Über „Erneuerbare“ und Klima
Die Sprache des dekarbonisierenden Zeitgeistes versucht, das Denken der Bevölkerung zu prägen. Wendeenergie und Wandelklima beherrschen die sogenannten Qualitätsmedien und nehmen Einfluss auf das Denken in der Bevölkerung. So entsteht das passende Framing.
Von Frank Hennig
Nachdem in „Die Sprache der Energiewende“ Teil 1 von Lügen, Gebetsmühlen, Halbwahrheiten und falschen Bildern die Rede war, geht es hier um „Erneuerbare“, Klima und Grundsätzliches.
Der Hype um „Erneuerbare“
Auch in ökonomischer Sicht sollen die Leute hinters Licht geführt werden. Von niedrigen erneuerbaren Strompreisen ist die Rede, was schon sprachlich kompletter Unfug ist. Der Gedanke soll insinuieren, dass mehr „Erneuerbare“ zu niedrigen Preise führen würden. Das Gegenteil ist der Fall, wie wir seit mehr als 20 Jahren Energiewende auch persönlich erfahren und wie von Konzernchefs inzwischen mehr oder weniger offen zugegeben wird. Gern verweist man auf die Gestehungskosten der Ökostromanlagen, die sehr niedrig seien. Zum einen stimmt das nur für Anlagen an günstigen Standorten, zum anderen sind die Gestehungskosten für die Preisbildung wenig interessant. Für die am Markt erzielbaren Preise kommt es darauf an, zur richtigen Zeit zu produzieren, also wenn der Strom gebraucht wird.
Dies ist mit Zufallsstrom nur zufällig der Fall. Im Gegenteil muss der Strom zu jeder Zeit abgenommen und bezahlt werden, auch wenn er nicht gebraucht wird. Dazu kommen Systemkosten für die Redispatchmaßnahmen, die Entschädigung des Phantomstroms, das Vorhalten des Backups und den zunehmenden Netzausbau. Über alle Kostenfaktoren hinweg sind die grünen Lieblingstechnologien teuer. Um sie trotzdem in Marktnähe zu bringen, wird Konkurrenzstrom teurer gemacht durch steigende CO2-Zertifikatepreise. Die EU forciert gern diesen Prozess, denn Deutschland ist wie kaum ein anderes Land von den Fossilen abhängig, egal ob diese Kraftwerke laufen oder in Reserve stehen. Damit lässt sich die wirtschaftliche deutsche Dominanz beenden und das deutsche Außenhandelssaldo umkehren.
Im Begriff „erneuerbar“ ist „neu“ enthalten, was das Narrativ gut pflegen lässt, wir hätten es bei Wind- und Solarenergien mit neuer Technologie zu tun. Man müsste sie eigentlich „alte Erneuerbare“ nennen. Die Windkraft wurde bereits vor viertausend Jahren, beginnend in Persien, genutzt. Die Photovoltaik begann mit ihren praktischen Anwendungen in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, sie zählt mithin auch schon mehr als 70 Lenze. Zweifellos haben beide Technologien eine starke Entwicklung hinter sich und heutige Anlagen sind mit denen der Anfangszeit nicht mehr zu vergleichen (das gilt übrigens für Kohlekraftwerke genauso). Heute sind sie allerdings ausentwickelt, das heißt, Technologiesprünge mit großen Wirkungsgradsteigerungen sind zumindest bei der Windkraft nicht mehr drin. Bei der Photovoltaik (PV) könnte die Werkstoffentwicklung noch einen gewissen Schub bringen. Jedenfalls bis zum Sonnenuntergang.
Erwähnenswert ist auch die Nichtverwendung bestimmter Begriffe für die geliebten „Erneuerbaren“. Der Begriff Konzern ist im Grunde neutral, er beschreibt einen Zusammenschluss von Betrieben oder Unternehmen, aber er ist negativ konnotiert. Kohlekonzerne, Ölkonzerne, Lebensmittelkonzerne tragen den Vorwurf der Ausbeutung durch das Großkapital in sich, sie werden als menschlich anonyme Stätten der Ausbeutung dargestellt, obwohl sie aufgrund ihrer Größe und Kapitalmacht technischen Fortschritt realisieren können, der in kleineren Unternehmen kaum möglich ist.
Aber sie sind schlecht beleumdet, weshalb man die Bezeichnungen „Windkonzern“ oder „Solarkonzern“ kaum finden wird. Das sind ja die Guten, nur selten hörte man von Streiks im Vestas-Konzern, als es um einen Tarifvertrag ging. Von den Arbeitsbedingungen in der chinesischen Solarindustrie ist im deutschen Blätterwald nichts zu lesen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wird mit der Textilindustrie in Bangladesch in Verbindung gebracht, nicht mit der Förderung Seltener Erden in Xinjang, dem Land der Uiguren.
Völlig unkritisch ist dagegen der Begriff Dreckschleuder zur Bezeichnung von Kohlekraftwerken in den allgemeinen journalistischen Gebrauch übergegangen. Dass diese dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) unterliegen und im internationalen Maßstab bei uns sehr niedrige Grenzwerte einhalten müssen, wird ignoriert. Mit „Dreck“ scheint eher das CO2 gemeint zu sein, aber dieses unterliegt nicht diesem Gesetz, weil es kein Gift ist, sondern Lebensbaustein, technisches Gas, Lebensmittelzuschlagsstoff (E290) und Löschmittel.
Beliebt und meist sinnbefreit benutzt man gern die Wende. Die „Energiewende“ wird oft falsch verwendet, wenn nur die Stromwende gemeint ist, denn meistens geht es nur um diese. Aber auch Wärme, Mobilität und Ernährung sollen gewendet werden. Wohin? Wir wollen uns ja nicht davon abwenden mit der Folge von Kälte und Hunger. Gemeint ist, dass es künftig anders vonstatten gehen soll, also eher ein Umbau. Das klingt aber zu langweilig und lässt erahnen, dass Zeit dafür gebraucht wird. „Wende“ klingt revolutionär und entschieden, ehrgeizig, ambitioniert und was man noch so sagt, wenn man schnelle Entscheidungen zugunsten einer bestimmten Lobby erreichen will. Nimmt man die Baerbocksche 360-Grad-Wende hinzu, bleibt man allerdings ratlos zurück. Sie könnte aber in Erfüllung gehen, wenn sich herausstellt, dass die „Erneuerbaren“ samt Wärmepumpen und E-Mobilität die Erwartungen nicht erfüllen und wir zu fossiler Stromerzeugung, ebensolchen Heizungen und Verbrennungsmotoren zurückkehren beziehungsweise diese beibehalten.
Perlen aus der Klimawortpanschküche
Jede Menge sprachlicher Unfug wird mit dem Begriff Klima veranstaltet. Ruft man sich in Erinnerung, dass es sich schlicht um eine Wetterstatistik über einen längeren Zeitraum, 30 Jahre und mehr, handelt, so verlieren einige Kompositionen völlig ihren Sinn. Einen Klimakollaps kann es nicht geben, solange die Erde eine Lufthülle hat. Auch auf Mars und Venus gibt es Klima, für uns ungemütlich, aber vorhanden. Es kann also nicht zusammenbrechen oder sterben, es kann sich nur wandeln, so wie es in der Erdgeschichte schon oft und teils drastisch der Fall war.
Gleiches gilt für die Klimakatastrophe, stets bemüht, aber nicht abzusehen. Die Menschen leben seit tausenden von Jahren mit der Anpassung an Klimaänderungen. Heute gibt es deutlich bessere Voraussetzungen, sich anzupassen, als sie unsere Vorfahren je hatten. Beide Begriffe werden übrigens vom IPCC nicht verwendet, dort heißt es korrekt „Klimawandel“.
Das verhindert nicht den politisch getriebenen Alarmismus von Grünenpolitikern wie der brandenburgischen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher, die rundweg behauptet, der Klimawandel sei schlimmer als eine Kriegslage in Europa. Hoffen wir für sie und uns, dass wir keinen Krieg erleben müssen. Den Klimawandel werden wir und die Grünen mit Sicherheit überleben.
Als Klimamanager könnte man jemanden vermuten, der Wetterstatistiken erstellt oder auswertet, das ist aber mitnichten gemeint. Schlicht geht es um jemanden, der vorrangig Energie sparen und damit Emissionen verringern soll, sei es in einer Firma oder im Öffentlichen Dienst. Zahlreiche Stellen wurden so geschaffen und geben Lohn und Brot.
Auch Klimagerechtigkeit ist nicht herstellbar. Die Klimazonen der Welt sind grundverschieden und zum Teil so extrem, dass man sich wundert, dass dort Menschen leben können. Wie will man dem Nordsibirier in Eiseskälte und den Menschen in Mali in brütender Hitze Gerechtigkeit wiederfahren lassen? Hintergrund ist hier eine interessengeleitete Schuldzuschreibung mit dem Vorwurf, wir würden die Existenz dieser Menschen gefährden, wenn wir nicht mehr CO2 einsparen. Wer sich schuldig fühlt, akzeptiert eher Einschränkungen.
Gefordert wird Klimaneutralität, aber kann Wetter neutral sein? Gemeint ist eine Absenkung von Emissionen auf ein gewünschtes Niveau, bei dem der CO2-Gehalt der Atmosphäre gleich bleibt. Eine Wetterstatistik ist neutral, das Klima als ihre langfristige Statistik ohnehin.
Politische Klimawissenschaften
In anmaßender Weise äußern sich politische Klimawissenschaftler wie Professor Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK): Wir hätten die Kontrolle über das Klima verloren. Wann bitte hatten Menschen jemals Kontrolle über das Klima, was ja mit einer Kontrolle über das Wetter beginnen müsste? Jan Minx vom „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change“ (MCC) in Berlin will „ … die Atmosphäre irgendwann mal aufräumen …, weil wir nicht mit Klimaschäden von 1,5 Grad leben wollen …“.
Der Gedanke, der Mensch sei Verursacher des Klimawandels, er könne es maßgeblich beeinflussen und könne die Atmosphäre „aufräumen“, negiert den natürlichen Klimawandel. Solche Leute sind die wahren Klimawandelleugner, die den Wandel menschlicher Schuld zuschreiben, aber die natürlichen Veränderungen der Vergangenheit meist nicht erklären können und stattdessen den Eindruck erwecken, das Klima wäre konstant gewesen, bevor der Mensch eingriff. Ich kenne niemanden, der den Klimawandel leugnet, wie auch die „Corona-Leugner“ nicht die Krankheit leugneten, sondern gegen Maßnahmen protestierten.
Politische Klimawissenschaftler haben mit abgehobenen Politikern vor allem eines gemein: Sie wähnen sich im Besitz überragender Fähigkeiten, die Welt zu verändern. Dabei werden positive Folgen der Erderwärmung verschwiegen, sei es die Vergrößerung der Blattmasse auf der Nordhalbkugel oder die zunehmende Begrünung Afrikas. Höhere Temperaturen und mehr Pflanzenfutter (CO2) bewirken mehr Photosynthese, soweit genug Wasser vorhanden ist. Das widerspricht dem gängigen Schwarz-weiß- oder Gut-böse-Schema des verbreiteten Klimapopulismus. Dieser reduziert die hohe Komplexität von Wetter und Einflüssen auf die Erdatmosphäre auf die einfache Proportionalität „je mehr (menschliches) CO2, desto wärmer“, was schon durch die Klimageschichte der Erde widerlegt wird.
Klimaangst wird als Instrument gebraucht, zu viel Nachdenken ist unerwünscht. Schuld wird zugesprochen für den persönlichen CO2-Fußabdruck, die Erfüllung des 1,5-Grad-Vermeidungsziels wird „uns“ zugeschrieben, obwohl es auf der Pariser Weltklimakonferenz als globales Ziel formuliert wurde. Als Methode werden „Erneuerbare“ und Verzicht propagiert. Deutschland belegt 0,08 Prozent der Erdoberfläche, stellt ein Prozent der Weltbevölkerung und nur noch 1,7 Prozent der anthropogenen Emissionen, soll aber durch individuellen Verzicht die Weltklimarettung bewirken. Selbst wenn unser Land schlagartig vom Globus getilgt würde, die Wirkung auf die Erdatmosphäre wäre etwa Null. Unser ehemaliger Außenminister Heiko Maas, von dem außer seinen schicken Anzügen nicht viel in Erinnerung blieb, äußerte dazu treffend, man könne globale Probleme nicht durch nationale Maßnahmen lösen. Aber hier hörten nicht mal die linksgrünen Genossen auf ihn.
Permanent wird der Eindruck erweckt, die ganze Welt würde sich in einem Wettlauf um sinkende Emissionen befinden. Das ist falsch. Wir leben in einer globalisierten kapitalistischen Welt und der Wettlauf findet um wirtschaftliche Vorteile und Profite statt. Dazu braucht es immer neue und bessere Produkte, so findet Technik- und Technologieentwicklung statt. Politische Vorgaben und Verbote, welches die künftig anzuwendenden Techniken und Verfahren sein sollen, sind zum Scheitern verurteilt.
Sicherlich hatten die Unterzeichnerstaaten des Weltklimagipfels 2016 den ehrlichen Vorsatz, Emissionen senken zu wollen. Für fast alle gilt aber die Einschränkung, dass dies nicht die Bekämpfung der Armut des Landes und seine wirtschaftliche Entwicklung behindern darf. Nur in Deutschland sieht man das anders, hier geht es um die Klimarettung um jeden Preis.
Aber – wir ahnen es – es geht gar nicht ums Klima, sondern um Macht und Geld. Angst ist ein probates Mittel der Politik, die Wirkung ist bei manchen Kindern und Jugendlichen schon zu beobachten. Sie kleben sich auf Straßen, um das Klima zu „retten“. So soll politischer Druck entstehen, um noch schneller noch mehr weiterhin subventionierte „Erneuerbare“ aufstellen zu können. Um welche Geldmengen geht es? Ein Beispiel: Im Jahr 2018 betrug die EEG-Umlage in Summe netto (nach Abzug des Marktstrompreises) über 25 Milliarden Euro. Damit hätten wir den Schweizern zwei Gotthard-Basistunnel schenken können – in diesem einen Jahr. Danach ging die Umlage zurück, weil der Strompreis im Großhandel stieg, inzwischen ist das EEG-Umlagekonto wieder stark im Minus und der Steuerzuschuss muss im laufenden Jahr wohl von 10 auf 18 Milliarden Euro angehoben werden.
Einen Teil des Geldes kann die Branche für Werbung, PR und Politikbeeinflussung einsetzen. Bestechung ist nicht nachweisbar, aber gut bezahlte Jobs zum Beispiel an der Spitze des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE) oder des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) als Anerkennung für entsprechendes Wirken im Bundestag sind dann für grüne Politikerinnen schon drin.
Fundamentale Sprache
Sprache trägt viele Funktionen. Sie dient der Wissensvermittlung, der Lüge, der Aufklärung, der Poesie, der Indoktrination, der Einschüchterung, der Ermutigung. Sprache zeigt Denken, einfache Sprache einfaches Denken. Das muss nicht schlechter sein, aber wenn ein hoher staatlicher Repräsentant vom „Doppelwumms“ spricht, stellt sich schon die Frage nach der Komplexität seines Denkens. Alternativ schätzt er das Niveau der Empfänger als sehr niedrig ein.
Sprache lebt und entwickelt sich durch den Gebrauch weiter. Sie lässt sich nicht „von oben“ ändern. Das versuchten schon Nazis und Kommunisten, aber auch heutigen abgehobenen Eliten wird es nicht gelingen. Der Fortschritt führt zu neuen Begriffen, andere werden neu beatmet. Die „Kriegsmüdigkeit“ kommt wieder zur Anwendung, sie war in Deutschland etwa ab 1943 in Gebrauch. Danach durfte in keiner Rede das „nie wieder“ fehlen. Wie schlecht kann das Gedächtnis eines Volkes sein? Heute sind die gratismutigen Ostermarschierer abgetaucht und die, die Frieden wollen, nennt man „Friedensschwurbler“ oder „gefallene Engel“.
Das Ziel der Sprache der Energiewende ist die offene oder subversive Vermittlung der deutschen Energiewende als Erfolgsgeschichte. Dekarbonisierung und Große Transformation werden zu Oberzielen ernannt, obwohl sie weder im Grundgesetz noch in den Amtseiden von Kanzler und Ministern enthalten sind. Die Interessen der Energiewendegewinner, einer Minderheit, geben die politische Richtung vor.
Wir sollten genau hinhören. Sprache kann gefährlich sein. Halten wir es wie Dushan Wegner: Glaube wenig, prüfe alles, denke selbst.
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