Zweigeteilter Januar auch wieder 2024 in Deutschland – der Namensgeber lässt grüßen

Einmal ab in den Winter und wieder zurück – Was beeinflusst unsere Januar-Temperaturen wirklich?

Stefan Kämpfe

Auch 2024 sehr gegensätzliche Januar-Witterung – warum?

Abbildung 1: Die nahe der geografischen Landesmitte Deutschlands liegende DWD-Station Dachwig zeigt drei Witterungsabschnitte; einen sehr milden ersten und letzten, dazwischen einen kalten mit diesmal auch strengen Nachtfrösten. Solche dramatischen Temperatursprünge, wie bei dem Warmluftvorstoß vom 21. auf den 22. Januar, als die Minimum-Temperatur um mehr als 20 K (°C) stieg, kennt nur der Winter.

Janusköpfigkeit auch bei der deutschen Stromproduktion

Wie stark die deutsche Energiewende durch die meteorologischen Gegebenheiten in Frage gestellt wird, hat der Autor unter anderem hier beschrieben. Der Januar 2024 zeigte nahezu lehrbuchhaft: Erneuerbare Energien sind tatsächlich Freiheitsenergien – sie liefern äußerst unzuverlässig nur, wann sie wollen. Während in den ersten Tagen und um den 23.01. ein recht kräftiger Wind, von kurzen Schwächephasen abgesehen, oft beträchtliche Strommengen erzeugte, herrschte vom 6. bis zum 18. sowie zum Monatsende oft Flaute – mit katastrophalen Folgen für die Strompreise und die deutsche CO₂-Bilanz. Zwar schien oft die Sonne, aber astronomisch bedingt, konnte sie die morgendlichen und abendlichen Lastspitzen nicht abdecken.

Abbildung 2: Zeitweise kaum Wind- und Solarenergie im Januar; die eigentliche Kalamität begann am 6. und dauerte bis zum 18. Januar, aber auch davor und danach waren die „Erneuerbaren“ nicht immer produktiv. Nur anfangs und nach Monatsmitte wehte mehr Wind – aber auch da reichte er bei weitem nicht aus. Und die Solarenergie (gelbliche Spitzen) erbrachte nur mittags etwas oft überflüssigen Strom. Selbst eine Verzehnfachung der Wind- und Solaranlagen hätte über längere Zeiträume nicht genügend Strom geliefert. Bildquellen: energy-charts.info, ergänzt, Daten bis 30.01. vorliegend.

Das langfristige Temperaturverhalten – der Januar hat (vermutlich) die wärmsten Zeiten schon hinter sich

Abbildung 3: Verlauf der Januartemperaturen im Deutschland-Mittel seit 1881 mit drei Entwicklungsphasen. Einer bis 1921 dauernden, starken Erwärmungsphase folgte eine unwesentliche Abkühlung bis in die 1980er und um 1988 der „Sprung“ auf das heurige, sehr milde Niveau. In den gesamten 143 Jahren der Reihe betrug der Temperaturanstieg etwa 2,4 Kelvin (°C). Mit WI-Bereinigung hätte es eine geringere Erwärmung um etwa 1,7 Kelvin gegeben. Der letzte, extrem milde Januar (2007) liegt nun schon 17 Jahre zurück.

Es lohnt sich, die letzten 37 Jahre genauer zu betrachten.

Abbildung 4: Keine Januar-Erwärmung mehr seit über dreieinhalb Jahrzehnten in Deutschland – trotz stark steigender CO₂-Konzentrationen.

Abbildung 5: Mit etwa 1,8 Kelvin (°C) nur ein sehr mäßiger Januar-Temperaturanstieg seit über 360 Jahren in Zentralengland; auch diese Daten sind vermutlich WI-belastet.

Auch hier zeigt sich für die letzten gut dreieinhalb Jahrzehnte keinerlei Erwärmungstrend:

Abbildung 6: Keine Januar-Erwärmung mehr seit gut dreieinhalb Jahrzehnten auch in Zentralengland. Mit etwa 4,7°C zählte dort der Januar ebenfalls nicht zu den mildesten der letzten Jahrzehnte.

Spannende Grenzwetterlage am 17. Januar 2024 mit gebietsweisem Schneechaos

Temperaturkontraste von 15 Kelvin (°C) auf kaum mehr als 200 Kilometern Entfernung – solch spannende Geschichten schreibt nur der Winter. Auch wenn der 17. Januar 2024 nicht mit dem berühmten Silvester-Blizzard 1978 oder dem Blizzard vom 7. Februar 2021 mithalten konnte – erwähnenswert ist er schon. Die folgenden beiden Karten zeigen das enorme Temperaturgefälle dieses Tages und die zugehörige Bodenwetterkarte (Ausschnitt).

Abbildungen 7a und 7b: 7a (oben): Beobachtete Höchsttemperaturen am 17. Januar 2024. Während nördlich einer Linie Saarland-Erzgebirge nur minus 2 bis +1°C erreicht wurden, herrschten am Oberrhein verbreitet 12 bis 14, vereinzelt um 15°C. Bildquelle: wetterzentrale.de. Unten (7b) die Bodenwetterkarte dieses Tages von 19 Uhr. Man erkennt einen breiten Warmsektor mit subtropischer Meeresluft (mS) über dem Alpenraum, während am Rande des Skandinavien-Tiefs arktische Meeresluft (mA) nach Norddeutschland strömte. Bildquelle: wetter3.de, ergänzter Ausschnitt.

Es kam an dieser Luftmassengrenze zu reichlichen Niederschlägen, welche auf der Nordseite als Schnee, Eiskörner oder gefrierender Regen fielen und in Teilen Mittel- und Süddeutschlands ein Verkehrschaos auslösten. Verglichen mit den Blizzards in Nordamerika, handelte es sich freilich nur um harmloses Winterwetter mit Schneehöhen von 5 bis 15, vereinzelt bis um 20cm im Flachland. Mehr zur spannenden Thematik der Grenzwetterlagen hier.

Abkühlung höherer Luftschichten im Januar

Abbildung 8: Entwicklung der Januar-Temperaturen seit 1988 in einem Rechteck, welches ganz Deutschland einschließt, nach Aerologischen Daten des NOAA (USA-Wetterdienst) für zwei unterschiedliche Luftdruck-Niveaus, das bodennahe 1000-hPa-Niveau und das 850-hPa-Niveau (etwa 1500 Höhenmeter). Daten für 2024 anhand einiger DWD-Stationen geschätzt, da noch nicht vorliegend.

Die NAO als wesentlicher Treiber der Januar-Temperaturen

Abbildungen 9a und 9b: Oben eine Lage bei stark positiver NAO im extrem milden Januar 1983. Es herrschte an jenem 10. Januar 1983 zwischen hohem Luftdruck über SW-Europa und tiefem über dem Nordatlantik/Nordmeer/Skandinavien eine rege Westströmung über West- und Mitteleuropa. Unten spiegelbildliche Verhältnisse am 14.01.1987 bei stark negativer NAO mit hohem Luftdruck von Island über Skandinavien bis ins nördliche Osteuropa und tiefem über dem Mittelmeer; selbst im sonst wintermilden Britannien und in Irland zitterte man vor Kälte. Bildquellen: wetterzentrale.de

Abbildung 10: Verlauf der NAO seit Oktober 2023 mit Vorhersage für die erste Februarhälfte 2024 (rot). Während der bisherigen Kältewellen Ende November/Anfang Dezember und um den 10. Januar herrschten die niedrigsten NAO-Werte. Anfang Februar sollen diese wieder fallen, aber nicht auf ein sehr niedriges Niveau. Bildquelle: NOAA, ergänzt.

Abbildung 11: Merkliche zeitliche Übereinstimmung der NAO nach Met.Office (violett) und der Januar-Temperaturen in Deutschland. Die in der Abb. 3 besprochenen Entwicklungsphasen der Januar-Temperaturen (schwarz) gingen grob mit einem entsprechenden Verhalten der NAO-Werte einher: Merklicher Anstieg bis in die 1920er, dann wieder ein Rückgang bis in die 1940er, dann mäßige Schwankungen, besonders 1988 und kurz danach wieder sehr hohe Werte, abschließend ein Verharren bei nur noch geringen Schwankungen auf einem hohen Niveau.

Man beachte in der Grafik, dass NAO und Temperaturen seit den 1990er Jahren nur noch geringe Schwankungen aufwiesen – ein gänzlich anderes Verhalten, als in den gut einhundert Jahren zuvor. Bei jährlicher Korrelation von 1881 bis 2023 wurden stattliche 42,2% der Temperaturvariabilität von der NAO verursacht, das ist deutlich signifikant. Ob auch die Atlantische Mehrzehnjährige Oszillation, ein Index für die Wassertemperaturen im zentralen Nordatlantik (grün) hierbei eine Rolle spielte? Sie hat zwar nur einen geringen, nicht signifikant positiven Einfluss auf die Januar-Temperaturen, könnte aber in Einzelfällen das hohe Temperaturniveau der Gegenwart doch gefördert haben, so auch in der letzten Januar-Dekade 2024. Daten für Jan. 2024 lagen noch nicht vor.

Weil sich die meisten NAO-Indizes auf den östlichen Nordatlantik beziehen, haben sie nicht immer einen Einfluss auf die mitteleuropäische Januar-Witterung. Der Autor hat deshalb einmal aus den seit 1948 vorliegenden Aerologischen NOAA-Daten einen einfachen Index für den 10. Längengrad Ost unter Verwendung der Luftdruck-Daten (Meeresspiegel-Niveau) zweier Koordinaten als Differenz berechnet – es ergab sich ein noch etwas engerer Zusammenhang:

Abbildung 12: Berechnete Luftdruck-Differenzen in Hektopascal zwischen den zwei Punkten 10°E, 40°N und 10°E, 65°N; diese liegen im nordwestlichen Mittelmeer bzw. bei Nordnorwegen.

Fast normaler Januar – Deja vu-Erlebnis im wechselhaften Februar und Kälterückfälle im Lenz?

Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher