Das Riesenkabel zum Riesenakku
Jüngst feierten deutsche Journalisten einen „Riesenakku“ als Durchbruch für die Energiewende, obwohl ein Nachrechnen höchstens einen Riesen-Flop ergibt. Jetzt ist es ein „Riesenkabel“, das den „Energiewende-Turbo“ bringen soll.
von Manfred Haferburg
Vor einer Woche berichtete die Achse über eine Jubelmeldung des FOCUS-Online:
Hurra, er ist endlich da, der Durchbruch für das Speicherproblem der Energiewende: der „Riesenakku“ der Gemeinde Diespeck. FOCUS Online jubelt: „Superakku“ kann trotz Dunkelflaute 10.000 Haushalte mit Strom versorgen“. Man muss zu Ende lesen, um herauszufinden, dass er das allerdings nur für eine Stunde kann. FOCUS: „Mit 24 Megawattstunden kann der Superakku sogar 2,4 Millionen Handys laden“. 13 Millionen Euro hat der Spaß gekostet. 13 Millionen fürs Handy laden während der Dunkelflaute? Um Deutschland durch eine echte, eher kleine Dunkelflaute von einer Woche zu bringen, benötigte man ungefähr 50.000 solche Batteriespeicher, die etwa 650 Milliarden Euro kosten würden. Für diese Summe könnte man 50 große Kernkraftwerke bauen. (Link zum Fundstück)
Leider ist dem Autor dabei ein dummer Rechenfehler unterlaufen. Ein aufmerksamer Leser rechnete nämlich nach und fand heraus:
Jahresstromverbrauch Deutschland 2022: 490 TWh
Stromverbrauch pro Woche (/52): 9.423 GWh
Benötigte Anzahl Speicher der Klasse 24 MWh (= 0.024 GWh): 9.432 / 0,024 = 392.628
Es sind also nicht 50.000, sondern fast 400.000 Riesenbatterien für eine Woche Dunkelflaute nötig. Das wäre dann der Investitionswert einer Flotte von 400 großen Kernkraftwerken. Die könnten ganz Europa mit Strom versorgen. Der Rechenfehler ist aber insofern von wenig Belang, dass weder 50 noch 400 Kernkraftwerke gebaut werden können, genauso wenig wie 400.000 Riesenbatterien.
Ohne Riesen geht es wohl nicht
Jetzt setzt der FOCUS in seinem Enthusiasmus noch einen drauf: „Riesenkabel zu den Briten soll Deutschland den Energiewende-Turbo bringen“. Offensichtlich wollen die Energiewender vom FOCUS die Riesenbatterie an ein Riesenkabel ankoppeln. Ohne Riesen geht es wohl nicht. „Interkonnektoren“ und gigantische Kabel: Deutschland und Großbritannien wollen ihre Energie-Partnerschaft vertiefen. Die Verbindung könnte die Energiewende für beide Seiten beschleunigen. Und auch eine Zusammenarbeit beim schwierigen Thema Wasserstoff ist geplant. Eine Zusammenarbeit bei Windparks in der Nordsee über sogenannte hybride Interkonnektoren soll künftig substanzielle „grüne“ Strom- und Wasserstoffimporte generieren, hieß es… Laut Habeck könnten bis zu 1,5 Millionen Haushalte mit „zuverlässiger, erschwinglicher und sauberer“ Energie versorgt werden.“
Da passt folgende Meldung des Spiegel vom September ins Bild: „Britische Ausschreibung für Offshore-Windparks endet ohne Gebot. Bis 2050 will Großbritannien seine Stromproduktion auf hoher See nahezu verdreifachen. Doch bei einer Ausschreibung für subventionierte Windparks fand sich kein einziger Bieter. Schuld soll die Inflation sein. Das bestätigte die Regierung in London nach Ablauf des Bewerbungszeitraums am Freitag“.
Und als kleine Ergänzung von der TAZ: „Neues Atomkraftwerk in Großbritannien: Atomkraft doch bitte? Großbritannien plant ein zweites AKW der neuen Generation – nur ein paar Hundert Kilometer Luftlinie von Deutschland entfernt.“
Zum schwierigen Thema Wasserstoff werde ich mich in einem gesonderten Beitrag auslassen. Doch zum Thema „Riesen“: Ein neues Kernkraftwerk in Großbritannien vom Typ EPR kann vier Millionen Haushalte versorgen. Sollte ich da nicht besser auf der Achse titeln: „Großbritannien plant mehrere Riesenkernkraftwerke“.
Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier