Wie man Teures billig und Kleines groß redet.
Spektrum übt sich im Großreden des winzigen CO2 Beitrages Deutschlands
Von Michael Limburg
Zu den seit langem bekannten psychologischen Tricks die Verkäufer lernen, bevor sie auf ihre Kundschaft losgelassen werden, gehört das sogenannte Mathematisieren. Dahinter verbirgt sich eine semantische Verkaufs-Technik, erhebliche Preisunterschiede zweier vergleichbarer Güter so klein zu reden, dass sie dem potenziellen Käufer letztendlich als unerheblich für seine Kaufentscheidung erscheinen. Ist eine Ware bei vorhandener Vergleichbarkeit sagen wir um 50 % teurer, werden nur diese 50 % genommen und in kleine und kleinste Stücke zerhackt. Die 50 % mögen 50 € sein. Also sagt der Verkäufer, was sind schon 50 €? Wenn Sie jede Stunde evtl. 1 € durch die Verwendung meiner Ware einsparten, dann hätten Sie die Mehrkosten schon in einer guten Arbeitswoche wieder raus, und dann beginnt das große Verdienen. Man bezieht also die schon relativierte Summe von 50 € auf irgendeine beliebige andere große Zahl – hier die vielen Stunden der Woche – und macht aus den 50 € damit nur noch 1 €. Das ist schon sehr viel kleiner und eher zu vernachlässigen.
Das funktioniert in der Praxis meistens sehr gut, und geht natürlich auch anders herum. Man kann auf diese Weise kleine Zahlen zu großer Wichtigkeit aufblasen. Und genau das versucht ein Autor namens Christian Schwägerl im SPEKTRUM mit diesem Psychotrick aus dem Handbuch der Verkaufswissenschaft. Er wird uns dort als „Autor, Journalist, Buchautor und Mitgründer von »RiffReporter« „ vorgestellt. Und wir erfahren, dass so denkwürdige Bücher wie »Menschenzeit« über das Anthropozän, »11 drohende Kriege« über globale Konfliktrisiken und »Analoge Revolution« über die Zukunft digitaler Technologien von ihm stammen. Und, auf diese Weise als kompetent vorgestellt, darf er in einem Beitrag vom 26.8.23 behaupten: “Und zwei Prozent retten doch die Welt“ womit die kläglichen CO2 Emissionen Deutschlands gemeint sind. Offenbar schwant der Alarmistengemeinde der Kirche von der globalen Erwärmung, dass immer weniger Menschen damit einverstanden sind Hemd und Hose zu verlieren, Haus und Hof abgeben zu sollen, um die mickrigen – es sind auch nur noch 1,8 % – CO2 Emissionen Deutschlands immer weiter zu senken. Kaum jemand glaubt offenbar, dass Deutschland damit die Welt retten kann.
Also muss der Experte ran dies zu verhindern.
So schreibt der Autor im ganz richtig:
„Auf das bisschen Kohlendioxid, das wir Deutschen in die Atmosphäre pusten, kommt es doch nicht an, oder?
Um dann trotzig entgegen zu halten:
„Doch. Das populärste Argument gegen mehr Klimaschutz – und seine Entkräftung.“
Nun denn! Hugh, ich habe gesprochen.
Dann beginnt er – im Stile von Shakespeares Julius Caesar – in der Grabrede von Marc Anton an Caesars Grab: „ Doch Brutus ist ein ehrenwerter Mann, und ehrenwerte Männer sind sie alle“ … um sie dann Strophe für Strophe immer weiter zu verdammen, mit der klaren Erkenntnis:
“ »Deutschland verursacht doch nur zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen – wenn wir die einsparen, retten wir damit nicht die Welt! Das klingt im ersten Moment überzeugend. Was sollte das kleine Deutschland, in dem nur jeder hundertste Mensch lebt, schon weltweit ausrichten können? Was soll es ändern, wenn ein so verschwindend geringer Anteil an den globalen Emissionen ein bisschen weiter schrumpft?
Das Argument ist beliebt und funktioniert gut, weil es das eigene Handeln bedeutungslos erscheinen lässt. Gleichzeitig stellt es Menschen und Organisationen, die sich für Klimaschutz einsetzen, als realitätsfern dar“
Soweit so richtig, soweit so klar, dann aber schreibt der Autor weiter:
“ Von allen mehr als 200 Nationen weltweit gehört Deutschland mit einem Anteil von zwei Prozent an den derzeitigen Treibhausgasemissionen nicht in die Kategorie »bedeutungslos«. Vielmehr belegt es beim energiebedingten CO2-Ausstoß unter allen Ländern den siebten Platz nach China, den USA, Indien, Russland, Japan und dem Iran – noch vor Saudi-Arabien und Indonesien“
Haben Sie den Trick bemerkt? Aus einer harmlosen Zahl von weniger als 1/50 (2 %) der weltweiten Emission, macht er eine lineare Rangfolge bei der Deutschland zur Nummer 7 der weltweiten Emissionssünder aufsteigt. Das klingt schon viel dramatischer. Um dann das Ganze noch weiter aufzublasen, indem er die geringen knapp 2 % in Millionen Tonnen umrechnet und schreibt:
„Weil Treibhausgase unsichtbar sind, fällt es schwer, sich unter den 746 Millionen Tonnen etwas vorzustellen. Doch es handelt sich bei den deutschen Emissionen um eine beachtliche Menge. Sie wiegt zum Beispiel 20-mal mehr, als Deutschland als wichtigster Produzent in der EU im Jahr 2022 an Rohstahl hergestellt hat. Ein drei Meter tiefer und 20 Meter breiter Swimmingpool, der dieses Gewicht an Wasser aufnehmen soll, wäre rund 12 400 Kilometer lang. Man könnte in so einem Pool von Deutschland aus nach Santiago de Chile oder bis knapp vor die Nordspitze von Australien schwimmen.“
… oder genauso durchsichtig:
“ Wenn man die deutschen CO2-Emissionen des vergangenen Jahres als reines Gas in einen Behälter packen wollte, bräuchte man dafür eine Kugel mit einem Durchmesser von knapp neun Kilometern. Das imposante Gebilde würde fast bis hinauf zur Flughöhe von Passagiermaschinen reichen“
.. wobei sich der aufmerksame Leser die Frage wird nicht verkneifen können, festzustellen, dass wohl nur ein Idiot auf die Idee kommen würde, solche Vergleiche anzustellen, womit beleibe nicht gemeint ist, dass ich den Autor für einen Idioten halte. Nein, ganz im Gegenteil, ich halte ihn, wenn auch verzweifelt, für ziemlich gerissen.
Denn er hätte natürlich auch schreiben können, dass die gesamten anthropogenen Emissionen von rd. 37.000 Megatonnen CO2 äqivalent von denen Deutschland mickrige 748 Megatonnen besteuert, auch nur nur 1,2[1] bis 5 % der gesamten Emissionen dieser Gase im natürlichen Kreislauf ausmachen. Was bedeuten würde, dass auch die 37.000 Megatonnen insgesamt bei der globalen Bilanz unerheblich sind. Und die knapp 2% damit natürlich erst recht. Jedenfalls dann, wenn man seriöse Wissenschaft betreiben wollte. Aber das ist offensichtlich nicht die Absicht des Autors, Journalist, Buchautor und Mitgründer von RiffReporter.
Er will etwas Winziges riesig erscheinen lassen. Und deshalb schreitet er im Folgenden zur Verwendung von Relativzahlen, denn er bezieht sich dann auf die großen Bevölkerungszahlen und schreibt: ..
„Wichtig ist zudem, die Zahlen ins Verhältnis zu setzen. China und Indien haben jeweils 1,4 Milliarden Einwohner, Deutschland dagegen nur 84 Millionen. Wenn Klimaschutz-Gegner hier zu Lande ihr 2-Prozent-Argument bemühen, dann können Inder und Chinesen darauf hinweisen, dass in ihren beiden Ländern zusammen 35 Prozent aller Menschen leben, in Deutschland nur ein Prozent. Indien kann zudem argumentieren, dass der Pro-Kopf-Ausstoß des Landes mit 2,5 Tonnen dreieinhalbmal niedriger ist als der in Deutschland. Die historischen Gesamtemissionen Indiens aus der Verbrennung von Erdöl, Kohle und Erdgas betragen mit 57 Milliarden Tonnen sogar nur 61 Prozent der bisherigen deutschen Gesamtmenge. China kann mit seinem Pro-Kopf-Ausstoß von 9,9 Tonnen vorbringen, dass der deutsche Wert auch erst seit 2019 unter diese Marke gesunken ist.“
Das ist zwar sachlich alles nicht falsch, aber in Bezug auf die behauptete Treibhauswirkung des CO2 völlig unerheblich, ja gewollt irreführend. Denn wenn die Hypothese von der Treibhauswirkung denn stimmte, würde Mutter Natur sich einen Dreck darum scheren, ob Inder, Chinesen, Fidschi Insulaner oder böse weiße alte Männer das CO2 emittierten. Nur die Summe macht es. Und davon auch nur die Summe, welche die Konzentration erhöht, zu der die anthropogenen Emissionen wohl geringfügig beitragen. Wie geringfügig das in Wirklichkeit ist, zeigt der kürzlich erfolgreich abgeschlossene Großversuch die Emissionen drastisch abzusenken. Gemeint ist hier der Großversuch weltweiter Lockdowns im Jahr 2020.
Nach Daten des Global Carbon projects gab es in 2020 einen Einbruch der weltweiten Emissionen um 1,8 Gt oder 1.800 Mt. Andere Quellen ermittelten sogar 2,4 Gt. Das ist das 2,4 bis 3,2 fache des gesamten deutschen Ausstoßes. Und hatte diese riesige Absenkung, die zu schwersten ökonomischen Schäden – gerade in den ärmeren Ländern- geführt hatte, eine Auswirkung auf die allein entscheidende Konzentration? Nein! Nicht die Geringste, wie die folgende Grafik zeigt.
Und bevor irgendein Schlaumeier anmerkt, man müsse auch die Trägheit des Systems berücksichtigen, was zu einer Verschleifung der Reaktion führen müsse, sei festgestellt, dass das System offensichtlich sehr schnell reagiert, weil es auf die aktuellen jahreszeitlichen Schwankungen defacto spontan reagiert, wie auch auf Vulkanausbrüche etc.
Doch dieses Großexperiment zeigt auch noch etwas anderes, viel Wichtigeres. Nämlich, dass der anthropogene Anteil am gesamten CO2 Kreislauf noch viel, viel kleiner sein muss, als gegenwärtig angenommen. Sogar noch kleiner als die vermuteten 1,2 % des UBA. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sämtliche Anstrengungen die Emissionen zu senken, zwar unausweichlich in die Armut des Mittelalters führen müssen, aber keinerlei wirksamen Einfluss auf die Konzentration dieses Gases in der Atmosphäre haben.
Um auf den Beitrag von Christian Schwägerls in SPEKTRUM zurückzukommen. Der bemüht in seiner windigen Argumentationskette dann auch noch eine lange – vom IPCC so behauptete – Verweilzeit des CO2 in der Atmosphäre und rechnet auf diese Weise eine Altschuld vor, die Deutschland, weil es viel früher viel pfiffiger war als die Völker weiter Teile der Welt, einen „Rucksack“ zu verantworten hätte.. so schreibt er:
“Deutschland hat Analysen des Global Carbon Project zufolge seit 1871 insgesamt knapp 98 Milliarden Tonnen zu diesen Gesamtemissionen beigetragen – also etwa so viel wie die ganze Welt heute in drei Jahren. Das sind knapp vier Prozent der so genannten »historischen Emissionen«. Jedes 25. zusätzliche Kohlendioxidmolekül (genauer: CO2-Äquivalent) in der Atmosphäre stammt also aus Deutschland. Im internationalen Gesamtranking steht die Bundesrepublik damit bei den energiebedingten historischen Emissionen auf Platz vier nach den USA, China und Russland – also wieder ganz weit vorne“
Leider stimmt auch das nur insofern, als das die emitierte Gesamtmenge so groß ist, wie angegeben, aber die Verweilzeit stimmt nicht, denn sie beträgt nur in etwa 4- 7 Jahre, wie mehrere Autoren unabhängig von einander herausfanden. Und damit ist die Rucksackbehauptung zwar gut geeignet, um ahnungslose Klimajünger der letzten Generation zu beeindrucken, aber wissenschaftlicher Nonsens.
Früher war die Zeitschrift Spektrum mit der einzigen Version „Spektrum der Wissenschaft“ eine geachtete Institution in der interessierte Laien gut aufbereitete und verständliche Artikel zu komplexen Wissenschaftsthemen fanden, und darauf vertrauen konnten, dass diese objektiv und neutral im Ton, aber in sich stimmig, den aktuellen Stand der Wissenschaft – gelegentlich auch kontovers – darstellten. Das ist leider vorbei.
- 1,2 % ist Schätzung des UBA in einer Mitteilung von Dr. Claudia Golz vom 10.08.05 „Wissenschaftler schätzen jedoch, dass etwa 1,2% der Emission von Kohlendioxid durch menschliches Handeln bedingt ist, der Rest ist natürlichen Ursprungs.„ ↑