Woher kommt der Strom? 19. Analysewoche 2023 – Stromimporte fast ohne Unterbrechung

19. Analysewoche 2023 – von Rüdiger Stobbe

Das hat es so noch nicht in Deutschland gegeben. Zogen die Stromimporte ab Mai bereits in den vergangenen Jahren aus CO2-Ersparnis und ökonomischen Gründen regelmäßig an, so waren sie doch moderat. Die 19. Kalenderwoche 2023 stellt einen neuen Rekord dar. Praktisch wird die komplette Kalenderwoche fast ohne Unterbrechung Strom aus dem benachbarten Ausland importiert. Wobei es nicht weiter verwundert, dass die Strompreise in den wenigen Stunden, in denen Deutschland Strom exportiert, die geringsten sind, zweimal sogar fast die Null-Linie erreichen. Den deutschen Normalbürgern wird damit ein CO2-Ausstoß vorgegaukelt, der faktisch nicht korrekt ist. Das CO2 des importierten Stroms wird zwar nicht auf den deutschen CO2-Ausstoß angerechnet. Es ist dennoch vorhanden. Genauso wie Strom aus Kernkraft gleichwohl mit fast Null CO2-Ausstoß importiert wird. Hier die Werte für die 19. Analysewoche 2023.

Bemerkenswert und einer tiefergehenden Analyse würdig (wird folgen) ist der FAZplus – Artikel von Joachim Müller-Jung am 17.5 2023 erschienen ist.

„Es ist Monat eins nach dem deutschen Atomkraft-Aus. Vom Kernkraft-Kater keine Spur mehr, von Blackout-Spekulationen sowieso nicht. Stattdessen: fallende Strompreise und nicht etwa steigende Kohlendioxidemissionen aus der Kohleverstromung, die als Atomstromersatz vorgesehen war, sondern sinkende Emissionen – sogar dort, wo das leistungsfähigste der letzten drei Atomkraftwerke, Isar 2 bei Landshut, vom Netz ging.

Was ist da passiert? Die Antwort findet sich in den Datenströmen der Energie-Institute: Sonne und Wind legten zu. Der Anteil der regenerativen Energiequellen am deutschen Strommarkt hat sich noch einmal erhöht, im ersten Quartal laut Agora auf 48 Prozent. Kohle und Kernkraft liegen zusammen bei 32 Prozent. Der Wettlauf ist entschieden: 50 Prozent mehr Strom wurden im Vorjahr aus erneuerbaren Quellen in die Netze gespeist als mit der Kernkraft in nuklearen Spitzenzeiten um das Jahr 2001. Die Schweiz, deren Ökostromanteil vor acht Jahren noch doppelt so hoch lag wie in Deutschland, ist 2022 erstmals überflügelt worden. […] Quelle

Ich werde den Eindruck nicht los, Herr Müller-Jung will damit vermitteln, dass der Anstieg der regenerativen Stromerzeugung ab dem 16.4.2023 sachlich etwas mit dem endgültigen Ausstieg Deutschlands aus der Stromerzeugung per Kernenergie zu tun hat. Das ist in etwa so, als hielte man sich die Augen zu, um nicht gesehen zu werden. Gut, das Beispiel hinkt. Es gibt aber einen schönen Einblick in die mentale Verfaßtheit des FAZ-Journalisten. Um unseren Lesern echte Fakten zu liefern, hier ein korrekt-relevanter Vergleich: 31 Tage vor und 31 Tage nach dem Ausstieg aus der Kernenergie.

Genauere Analysen demnächst. Jetzt nur so viel. Der exorbitante Stromimport (2,72 TWh netto) in den ersten 31 Tagen nach Deutschlands Ausstieg aus der Kernkraft, Stromimport, der nicht auf Deutschlands CO2-Ausstoß angerechnet wird, wurde von Herrn Müller-Jung wahrscheinlich nicht gesehen. Wäre der importierte Strom – man hätte es gekonnt, es war nicht gewünscht – in Deutschland erzeugt worden, hätte dies rein fossil per Kohle und Gas erfolgen müssen. Mit entsprechend prozentualer Senkung des Anteils der „Erneuerbaren“ plus CO2-Anstieg. Mit sehr wahrscheinlichem Anstieg des Strompreises. Dass der Stromimport ausschließlich politischen und ökonomischen Interessen geschuldet ist, darauf kann ein FAZ-Journalist kaum kommen. Er bemerkt den Import erst gar nicht.

Wochenanalyse KW 19/2023

Montag, 8. Mai 2023 bis Sonntag, 14. Mai 2023Anteil Wind- und PV-Strom 38,0 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,5 Prozent, davon Windstrom 19,8 Prozent, PV-Strom 18,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,5 Prozent.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 19. Analysewoche ab 2016

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 19. KW 2023: Factsheet KW 19/2023 – ChartProduktionHandelswocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

  • Der Heizungstipp: Gas-, Ölheizung oder Wärmepumpe? Heinz Fischer, Heizungsinstallateur aus Österreich hier bei Kontrafunk vom 12.5.2023
  • Weitere Informationen zur Wärmepumpe im Artikel 9. Analysewoche.
  • Prof. Ganteförs überraschende Ergebnisse zu Wärmepumpe/Gasheizung (Quelle des Ausschnitts)
  • Neu: Interview mit Rüdiger Stobbe zum Thema Wasserstoff plus Zusatzinformationen
  • Viele weitere Zusatzinformationen
  • Achtung: Es gibt aktuell praktisch keinen überschüssigen PV-Strom. Ebenso gibt es praktisch keinen überschüssigen Windstrom. Auch in der Summe der Stromerzeugung mittels beider Energieträger plus Biomassestrom plus Laufwasserstrom gibt es keine Überschüsse. Der Beleg 2022, der Beleg 2023. Überschüsse werden bis auf sehr wenige Stunden im Jahr immer konventionell erzeugt!

Jahresüberblick 2023 bis zum 14.5.2023

Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023Chart 1Chart 2ProduktionStromhandelImport/Export/Preise/CO2Agora 2030Stromdateninfo Jahresvergleich ab 2016

Tagesanalysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.

Montag, 8. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 42,7 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,9 Prozent, davon Windstrom 24,3 Prozent, PV-Strom 18,4 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,3 Prozent.

Wind- und PV-Stromerzeugung sind zufriedenstellend. Dennoch muss fast den ganzen Tag Strom importiert werden. Der Strompreis ist deshalb in der Tendenz vom Preisniveau her gesehen höher. Er schwankt,  gleichwohl auf höherem Niveau,  gemäß Angebot und Nachfrage.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 8.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Dienstag, 9. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 46,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 60,0 Prozent, davon Windstrom 27,2 Prozent, PV-Strom 19,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,1 Prozent.

Heute, über die Mittagsspitze kein Stromimport. Der Preis fällt auf den drittniedrigsten Stand der Woche. Deutschland exportiert Strom netto. Für 6 Stunden.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 9. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 9.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Mittwoch, 10. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 33,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 48,6 Prozent, davon Windstrom 19,4 Prozent, PV-Strom 14,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,2 Prozent.

Die PV-Stromerzeugung schwächelt, die Windstromerzeugung lässt heute über Tag erheblich nach. Der Strompreis & der ganztägige Stromimport.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 10. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 10.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Donnerstag, 11. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 22,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 38,7 Prozent, davon Windstrom 10,1 Prozent, PV-Strom 12,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,9 Prozent.

Noch weniger PV-Strom. Die Windstromerzeugung ist heute wieder schwach, zieht zur Nacht aber etwas an. Der Strompreis & der ganztägige Stromimport.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 11. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 11.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Freitag, 12. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 38,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,7 Prozent, davon Windstrom 22,0 Prozent, PV-Strom 16,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,8 Prozent.

Zwischen 8:00 und 9:00 Uhr gibt es eine Kurz-Windstromsenke. Danach zieht die Windstromerzeugung kontinuierlich an. Der Strompreis & der ganztägige Stromimport. Die Windstromsenke läßt sofort den Preis ansteigen!

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 12. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 12.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Samstag, 13. Mai 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 43,5 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,0 Prozent, davon Windstrom 21,2 Prozent, PV-Strom 22,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 17,5 Prozent.

Wochenende. Niedriger Bedarf. Deutschland exportiert heute wieder etwas Strom. Selbstverständlich fällt der Preis. Fast in´ s Bodenlose.  Aber eben nur fast. Zweitniedrigster Preis der Woche.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 13. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 13.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Sonntag, 14.2023: Anteil Wind- und PV-Strom 34,9 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,8 Prozent, davon Windstrom 10,1 Prozent, PV-Strom 24,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 19,9 Prozent.

Noch weniger Bedarf. Heute vermeidet Deutschland den Stromexport zum Nulltarif. Der niedrigste Preis der Woche bringt aber für einige Stunden sehr günstigen Importstrom.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 14. Mai ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 14.5.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

In eigener Sache

Leser D. Schmidt schrieb am 16.05.2023 diesen Kommentar:

Ich sehe gerade, daß die Leser hier keine Lust mehr haben ihre Beiträge zu kommentieren. Das liegt aber nicht an den Mühen, die sie sich machen, sondern einfach an der schlichten Erkenntnis, dass eh jeder weiß, woher der Strom gerade kommt, und was dieser kostet. Es macht sich Resignation breit bei unseren Mitbürgern und Lesern hier. Denn Sie wissen, sie können hier eh nichts mehr dagegen unternehmen. Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Selbst die noch so akkuratesten Daten helfen auch nicht mehr aus diesem Dilemma. Für Deutschland ist der Zug mal wieder abgefahren. Nicht nur beim Thema Strom. Trotzdem 1000-facher Dank für ihre Mühen, um uns das Drama in Zahlen darzustellen.

Ich freue mich über die Anerkennung – auch früher durch andere Leser – der in der Tat aufwendigen Analysen. Von Beginn an werden die Analyse-Artikel nicht in dem Umfang kommentiert wie zum Beispiel Meinungsartikel. Was soll man auch schon zu Inhalten schreiben, die nichts anders besagen, dass 1 + 1 = 2 und eben nicht 11 ist. Analysen, nachhaltige und dauerhafte Analysen wie diese Kolumne seit Januar 2019 sind allerdings genauso wichtig wie eine Meinungsvielfalt, die sich aus einem demokratischen Pluralismus ergeben sollte. Aus Grundlagen, welche mittels Analysen und anderer Forschung geschaffen werden, entstehen weiter reichende Erkenntnis und Meinungen.  Wobei bemerkenswert ist, dass eine Institution, eine NGO wie Agora-Energiewende die Werte zur Stromerzeugung in Deutschland sachgerecht aufarbeitet und zur allgemeinen Verwendung (In dieser Kolumne und bei www.stromdaten.info werden die Daten genutzt. Neben denen der Bundesnetzagentur) veröffentlicht, dass die Mitarbeiter bei Agora selbst nicht merken, dass der ´Energiewendeaufwand` in keinem gesunden Verhältnis zum Ergebnis (Dekarbonisierung) steht. ´Energiewendeaufwand` meint nicht nur die direkten Kosten, sondern auch die vielfältigen, die diversen Schäden, die Natur, Umwelt und Menschen hinnehmen oder erleiden müssen.

Bemerkenswert ist ebenfalls, dass erst Robert Habecks „Heiz-Hammer“ (BILD) zu einem Nachdenken in Medien (weniger) und Bevölkerung (mehr) führt, welche den Energiewendeunfug in Frage stellt. Man könnte es aus den Analysen dieser Kolumne schließen. Doch erst der unverschämte Zu- und Angriff auf das Wohn-Eigentum vieler Bürger und damit auch von vielen wohlhabenden Journalisten, lässt das Fass überlaufen. Das Nachdenken entwickelt sich zu einer Art „Bürgerwut“, die das geplante Gebäudeenergiegesetz und später womöglich auch die Ampel in der Versenkung verschwinden lassen wird. Am Ende wird die ´Energiewende` gestoppt werden. Immer mehr Bürger merken, man erfährt und man weiß allmählich, dass ein Spurengas mit einem Anteil von 0,04 Prozent in der Luft plus Zuwachs 0,0X Prozent kaum Temperatursteigerungen von zwei, drei oder mehr Grad C oder gar die Weltenverbrennung verursachen wird. So etwas glauben nur Kinder und solche, die es geblieben sind, sowie Leute, die zu viel vom Klebstoff eingeatmet haben, mit dem sie sich auf der Straße oder sonst wo festkleben.

Der explosivartige Methangasausbruch (25 x „klimaschädlicher“ als CO2) nach den Pipelinesprengungen in der Ostsee jedenfalls hatte keinen meßbaren Temperaturanstieg zur Folge. Wenn dem so gewesen wäre, würde noch heute davon berichtet. Auch eine aktuelle Google-Recherche ergab keinen Treffer. Das aber  von einschlägigen Stellen gewarnt wird, ist selbstverständlich. Das Angst-Level der Menschen braucht schließlich regelmäßig „Futter“.

Doch auch wenn CO2 die Erd-Temperatur nachhaltig steigen lassen würde:

Die Welt wird nicht verbrennen – Die Lösung ist in Sicht …

Dr. habil. Denglers wissenschaftliche Analyse zur CO2-Begrenzung in der Atmosphäre

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier.

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Rüdiger Stobbe betreibt den Politikblog Mediagnose.