April 2023 in Deutschland – schon der dritte kühle Knospenmonat in Folge
Geht der April-Erwärmung die Puste aus?
Stefan Kämpfe
Nach den oft rekord-sonnigen, warmen Aprilmonaten der 2000er und 2010er Jahre erlebten wir letztmalig 2020 einen freundlichen, warmen, anfangs aber in den Nächten noch kalten April. Schon in den vergangenen Jahren waren Spätfröste zwischen März und Mai ein häufiges Thema, doch zeigte sich der April wenigstens bis 2020 meist sehr sonnig. Aber in den letzten Jahren schwächelte der zweite Frühlingsmonat, welcher auch „Knospenmonat“ oder „Grasbrüter“ genannt wird. Nach dem kältesten April seit gut 40 Jahren (2021) waren die 2022 und 2023er Ausgaben nur schlechter Durchschnitt. Deutet sich da vielleicht das Ende der April-Erwärmung an?
Zeitweise Aprilkälte 2023, wieder recht häufige Nord- und Ostlagen – die meteorologischen Hintergründe
Warum zeigt sich ausgerechnet der zweite Frühlingsmonat oft wechselhaft und zeitweise noch winterlich? Über der Arktis wird jetzt nach der winterlichen Polarnacht Polartag – mit der einsetzenden Eisschmelze vermindert sich aber das Temperaturgefälle zwischen niederen und hohen Breiten; was den oft wintermilden, beständigen Westwetterlagen die Grundlage entzieht – es häufen sich so genannte Meridionale Lagen (Nord- oder Südlagen und der Sonderfall Ostlagen, die allesamt zu Extremen neigen). Und weil sich auch der die Westlagen stabilisierende, kalte stratosphärische Polarwirbel nun aufgelöst hat, erfolgen oft jähe, dramatische Witterungsumbrüche. Außerdem setzt die Erwärmung der riesigen Landmassen Eurasiens ein, während die Meere (Wasser erwärmt sich nur sehr langsam!) noch sehr kalt sind. Letzteres begünstigt aber den Aufbau von Hochdruckgebieten auf dem Nordatlantik, bei Großbritannien und dem Nordmeer, und als „Ausgleich“ strömt Polar- oder gar Arktikluft aus Nordwest bis Nord ins sich erwärmende Festland. Das daraus resultierend „klassische“ Aprilwetter schien aber in den letzten Jahrzehnten seltener zu werden – eine mögliche Ursache könnte die aktuelle AMO-Warmphase sein, welche den Nordatlantik erwärmte und den Temperaturkontrast zwischen Ozean und Festland verringerte. Wie wir gleich noch in einem gesonderten Abschnitt sehen werden, wurde der April in Deutschland seit etwa drei Jahrzehnten ganz markant sonniger und wärmer – die kalten von 2021 bis 2023 könnten, müssen aber nicht zwangsläufig Vorboten der endenden AMO-Warmphase sein; denn die Intensität und Dauer des „klassischen“ Aprilwetters schwankt auch aus unerklärlichen Gründen von Jahr zu Jahr stark; ob es vielleicht in Zeiten geringer Sonnenaktivität begünstigt wird, bedarf noch genauerer Untersuchungen; der Autor berichtete über die seit 2018 verstärkt auftretenden Zirkulationsstörungen hier. Besonders von Ende März bis Mai sind Lagen mit hohem Luftdruck über dem Nordmeer und Skandinavien typisch; aber nicht immer bringen sie Spätwinter- oder Aprilwetter, weil die Intensität der Kaltluftvorstöße unterschiedlich ausfällt, und bei antizyklonalen Varianten, welche 2023 seltener auftraten, wärmt tagsüber die Aprilsonne; nachts herrscht Boden- und Luftfrostgefahr.
Anders, als 2021, bewahrten uns 2023 neben häufigeren Hochdruckwetterlagen auch kurze Warmluftvorstöße aus Süd vor Dauerkälte und viele tiefe Wolken vor sehr kalten Nächten; trotzdem wurden an der DWD-Station Erfurt/Weimar 6 Frostnächte im 2023er April registriert; zum Glück ohne wesentliche Vegetationsschäden zu verursachen.
Erwärmte Kohlendioxid (CO₂) den April langfristig?
In verschiedensten Einzelbeiträgen hatten KOWATSCH/KÄMPFE das Temperaturverhalten der Monate in Deutschland untersucht. Bei den meisten folgte einer mehr oder weniger langen Erwärmungsphase zwischen dem Aufzeichnungsbeginn (1881) und etwa der Mitte des 20. Jahrhunderts eine Abkühlung; diese wurde durch einen Klimasprung, der, je nach Monat, zwischen Ende 1987 und spätestens 1995 begann, jäh beendet. Während im ersten Jahresviertel und im Dezember die in dieser Zeit markant steigenden NAO-Werte die Ursache waren, kommt für die übrigen Monate die einsetzende AMO-Warmphase in Betracht; im Sommerhalbjahr zusätzlich die deutlich zunehmende Sonnenscheindauer. Das gilt, wie wir gleich noch in einem gesonderten Abschnitt sehen werden, besonders für den April; und die steigenden CO₂-Konzentrationen können die um 1970 sehr markante Abkühlungsphase auch beim April nicht erklären:
Einen Hinweis auf die möglicherweise schon endende April-Erwärmung liefert auch das Verhalten der meist im April einsetzenden Apfelblüte (Beginn des Vollfrühlings). In der seit 1990 vorliegenden Beobachtungsreihe des Autors für den Standort Weimar erkennt man nur noch eine geringe Verfrühung um knapp 3 Tage, die nicht signifikant ist. Dabei spielen neben den Apriltemperaturen auch die der Monate von Januar bis März eine wesentliche Rolle; welche in den letzten Jahrzehnten kaum noch wärmer wurden.
Den Blütenreigen der wilden Orchideen eröffnet stets das thermophile Blasse Knabenkraut (Orchis pallens). In sehr warmen Frühjahren erblühte diese seltene Orchidee in Thüringen mitunter schon um den 20. April; dieses Jahr aber erst am 27. April.
Gegen eine wesentliche Erwärmungswirkung durch Kohlendioxid (CO₂) spricht auch das Verhalten der Mittleren April-Monatsminima. Für diese liegt leider kein DWD-Flächenmittel vor; doch konnten 25 nahezu ortsfeste DWD-Stationen ermittelt und aus deren Daten die mittleren Monatsminima berechnet werden; Näheres dazu hier.
Der April als „Sunny Boy“ unter den Monaten – wie lange noch?
Betrachtet man nur die Zeit ab 1988, wurde kein anderer Monat des Sommerhalbjahres sonniger, als der April, was auch einen wesentlichen Teil der seitdem eingetretenen April-Erwärmung erklärt. Leider haben Langfrist-Aufzeichnungen der Sonnenscheindauer Seltenheitswert. Ein deutsches Flächenmittel ist erst seit 1951 verfügbar; aber an der Station Potsdam kommt man immerhin bis 1893 zurück:
Näheres zu den Hintergründen der stärkeren April-Besonnung hier. Den engen Zusammenhang zwischen Sonnenscheindauer und Temperaturen im April verdeutlicht die folgende Grafik:
Weil die offenbar für die zunehmende Sonnenscheindauer wesentlichen Luftreinhaltemaßnahmen nahezu ausgereizt sind, ist von dieser Seit keine weitere Zunahme mehr zu erwarten – könnten deshalb die sehr sonnigen Aprilmonate schon bald Geschichte sein? Seit dem Jahre 2000 erwärmte sich der April in Deutschland nicht mehr, obwohl er (noch) etwas sonniger wurde.
Wie in Abbildung 6 sichtbar, ist es in AMO-Warmphasen sonniger; doch dürfte die aktuelle AMO-Warmphase bald enden. Denn wie ein Blick nach Großbritannien zeigt, ähnelt sich das Verhalten von Sonnenscheindauer und AMO auch dort (Werte seit 1919 vorliegend):
Selbst wenn solche Prognosen mit Vorsicht zu genießen sind – die sonnigsten Zeiten liegen, zumindest im April, vielleicht schon hinter uns.
Aprildürre ade – wird 2023 ein sehr fruchtbares Jahr?
Temperaturmäßig unterschied sich dieser 2023er April zwar kaum von seinen zwei Vorgängern – aber dafür verlief er, anders als diese, erfreulich niederschlagsreich. „Ein trockener April ist nicht des Bauern Will‘ “ – diesmal können sich Landwirte und Gärtner über ausreichende Niederschläge freuen. Sollte es bis mindestens Ende Juni weiter regelmäßig regnen, so könnte dieses Jahr ein sehr ertragreiches werden und die alarmistische Behauptung, angesichts des Klimawandels würden die Erträge sinken, mal wieder Lügen strafen. Und schaut man sich die langfristige Entwicklung der Aprilniederschläge an, so fallen außer der aktuellen, um die Mitte der 1990er Jahre begonnenen Trockenperiode noch zwei weitere um 1890 und von den 1940er bis in die frühen 1960er Jahre auf – alles schon mal dagewesen! Ob mit dem mäßig feuchten 2023er April aber schon die Wende zu wieder mehr Niederschlag eingeleitet ist, bleibt abzuwarten.
Mai 2023 – durchwachsen und verhalten temperiert?
Im Frühjahr erweisen sich Langfristprognosen als besonders schwierig; deshalb ist auch eine zuverlässige Vorhersage der Maitemperaturen unmöglich. Nach den sehr kühlen Maien 2019, 20 und 21 verlief der Mai 2022 sehr warm und sonnig – aber diesmal scheint wieder die Maikühle zu dominieren; selbst gebietsweise Spätfröste sind möglich. Auch könnte es zeitweise wechselhaft sein. Für das Ende der ersten Maiwoche deuten sich leider nach den meisten Modell-Läufen des GFS vorgezogene Eisheilige an; doch wird die Intensität des Kaltluftvorstoßes noch sehr unterschiedlich simuliert. Mit etwas Glück fällt der Kaltluftvorstoß zu schwach aus, um Frostschäden zu verursachen.
Langfristig wieder etwas kühlerer April in Deutschland?
Wie wir schon gesehen hatten, unterliegen die hiesigen Apriltemperaturen periodischen Schwankungen, welche überwiegend von der AMO und der Sonnenscheindauer gesteuert werden. Es wäre äußerst fahrlässig, anzunehmen, die steigende CO₂-Konzentration könnte diesen Rhythmus außer Kraft setzen. Vielleicht hilft zur realistischen Zukunftsbewertung ein Blick in die fernere Vergangenheit. In Zentralengland (Midlands) liegt ein halbwegs vertrauenswürdiges Flächenmittel der Apriltemperaturen bis 1659 zurück vor; es erfasst damit sowohl die (vermutlich) kälteste Klimaphase der letzten 2.000 Jahre – das „Maunder-Minimum“ um 1690 innerhalb der „Kleinen Eiszeit“ – als auch die aktuelle Warmphase:
Diese Erkenntnisse lassen sich im Großen und Ganzen auch auf Deutschland übertragen – in naher Zukunft sind Stagnation oder gar Abkühlung viel wahrscheinlicher, als eine weitere Erwärmung.
Die Deutsche Stromerzeugung im April nach der Abschaltung der Kernkraftwerke – zeitweise sehr viel fossile Quellen erforderlich
Von einer längeren Flaute um den fünften April und am Monatsende einmal abgesehen, verlief dieser April recht windig; allerdings war die Sonne nicht besonders fleißig. Und so mussten – trotz aller politischen Beteuerungen für so genannte Erneuerbare Energien, noch immer 30 bis 50% des Stroms konventionell erzeugt werden; in den Nächten teils auch erheblich mehr (fehlende Solarenergie).
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher