„Die Freiheit und die Demokratie können nur bewahrt werden, wenn das Klima gerettet wird!“

von AR Göhring

Schon wieder ein Klimabuch! Diesmal kommen wir von EIKE wie bei in der „Massenradikalisierung“ leider nicht vor. Aber der politisch-mediale Komplex will das Thema in allen Varianten in den Markt drücken – und in die Gehirne. Übertreiben sie nicht etwas mit der Menge?

Sie glauben, Sie haben sich beim Titel verlesen? Nicht ganz – der Titel ist die Grundthese des nagelneuen Werkes Demokratie im Feuer – Warum wir die Freiheit nur bewahren, wenn wir das Klima retten – und umgekehrt. Autor ist der SPIEGEL-Redakteur Jonas Schaible (Fleischhauers Zeiten sind lange her…), der seine Ideen auf satten 300 Seiten ausbreitet. Wer kauft so etwas noch in der Ära der Klimakleber, Heizungsverbote, CO2-Steuer, Desindustrialisierung und Kraftwerkabschaltung? Wohl dieselben (steuerfinanzierten?) Organisationen, die mutmaßlich auch schon Klimarassismus, Massenradikalisierung und Klimagefühle en gros kauften und dann verteilten.

Worum geht es in Schaibles Buch? Zunächst entwirft er ein apokalyptisches Bild für 30 Jahre in der Zukunft, wie es das PIK nicht schöner hätte erfinden können: Um Berlin brennen im Sommer die Nadelwälder, in der Stadt hat es 45°C im Schatten, der Strom fällt laufend aus, in Frankreich können selbst die Kernkraftwerke wegen zu warmer Flüsse nicht mehr arbeiten, das Trinkwasser wird rationiert, Sturzfluten (Ahrtal!) zerstören E-Auto-Ladesäulen und Häuser, Renten und Sozialleistungen fallen, 700 Millionen Klimaflüchtlinge sind global unterwegs und in Deutschlands Nachbarländern brechen Revolutionen aus.

Hier will man als kritischer Bürger eigentlich schon aufhören zu lesen, so platt und zugleich überzogen ist der Unfug – sogar für Alarmistenkreise. Man fühlt sich an die peinlichen Prognosen von Paul Ehrlich in den 70ern („Bevölkerungsbombe“) oder an die Spiegel – und Stern – Enten der 80er erinnert („in drei bis fünf Jahren ist er Wald tot“). Aber Schaibles Panorama ist auch perfide: Bis auf die Naturkatastrophen beschreibt er genau das, was passieren wird, wenn die unfähigen Klimaretter in der Ampel-Regierung ihr wahnwitziges Programm weiter durchziehen: Die Industrie wird aus Deutschland fliehen, ohne Kern- und Kohlekraft wird es wie in Südafrika laufend zu Stromabschaltungen kommen, die Sozial-, Kranken-und Rentenkassen werden wegen der enormen Immigration kollabieren, und die Hausbesitzer werden wegen „CO2-Einsparung“ praktisch enteignet.

Immerhin gibt der Autor zu: „Dieses Buch ist ein politisches Buch.“ Ja, und zwar nur. Und was ist Politik? Interessensvertretung – in seinem Fall die der steuerfinanzierten NGOs, rotgrünen Parteien, von NGOs finanzierten Medien, Panik-Wissenschaftler und EE-Industriellen.

Sagt er aber nicht, stattdessen schreibt er von „Menschen“, und „Institutionen, die die Freiheit zu bewahren suchen“.

Und: „Demokratie in dieser Zeit muß etwas anderes bedeuten können und vielleicht auch anders aussehen können als bisher“.

Wer „1984“ von George Orwell gelesen hat, hört jetzt ganze Alarmglockenkonzerte – das ist Neusprech vom Feinsten. Es ist genau das, was EIKEs Gründer 2007 befürchteten: Daß die „Demokratie“ der elitären Irgendwas-Retter etwas ganz anderes bedeutet und ganz anders aussieht. Einen Vorgeschmack auf die „ganz andere“ Demokratie der Irgendwas-Retter haben die Bürger Europas und der Welt zwischen 2020 und 22 während der „Rettung“ vor dem Corona-Sars2-Virus bekommen.

Wir lesen also widerwillig weiter. In den ersten Kapiteln des Buches leiert Schaible auf über 70 Seiten die üblichen PIK- und IPCC-Narrative herunter: Wir lebten in einer Zeit des „Epochenbruchs“, weil der Mensch dafür sorge, daß sich das Klima so schnell und radikal wie noch nie ändert. Das sei neu – denn vor rund 12.000 Jahren sei der Planet Erde „zur Ruhe“ gekommen, weil das stabile Klima des Holozäns begonnen habe und der Mensch in einer sich nicht mehr verändernden Umwelt seine Hochkulturen entwickeln konnte.

Der konstruierte „Hockeyschläger“ von Michael E. Mann läßt grüßen – früher sei es immer angenehm kühl gewesen, erst seit 1850 würde es ordentlich heiß. Völliger Unfug – tatsächlich war es im Holozän mehrfach schnell erheblich heißer geworden als heute, wovon Christan Schlüchters Gletscherholz-Funde in den Alpen zeugen: Da, wo heute Gletscher liegen, standen vor Jahrtausenden dichte Fichtenwälder. Und die sensationellen Funde, die noch heute von einer seitdem mindestens zwei Mal ergrünten Sahara zeugen, einschließlich eines einsamen, noch lebenden Krokodils in einer Oase inmitten der Wüste, verschweigt er ebenso – oder er hat davon noch nie etwas gehört (Spiegel 20/2013). Weil er nicht einmal den „Spiegel“ liest?

Neben den apokalyptischen Öko-Geschichtchen über versinkende Inseln, hungernde Menschen und häufigere Naturkatastrophen, die wir seit Ende der 60er kennen – was schreibt der Mann zu Demokratie und Freiheit – oder schlicht zur Politik? Unter anderem, daß der bekannterweise mit seiner Demenz kämpfende US-Präsident Joseph Biden schon 78 Jahre sei,

„nicht mehr jung, aber noch jung genug für den mächtigsten Job der Welt“.

Wenn ein Spiegel-Autor so etwas allen Ernstes niederschreibt, wie vertrauenswürdig sind dann seine anderen Behauptungen im Buch?

Er behauptet, daß die Versorgung der Bürger in „komplexen Beziehungsgeflechten“ gegeben sei, und daß diese Geflechte durch die Klimakollaps-Folgen gestört würden – nicht aber durch die zeitgeistige Politik der westlichen Regierungen mit ihrer Immigrations-, Gender-, Klima- und Corona-Agenda oder die Intrigen von Russen und Chinesen, die erwähnt er gar nicht, oder nur am Rande. Die Freiheit der Bürger würde unter den Klimakollaps-Bedingungen „zu einem knappen Gut“, nicht aber wegen der Klimaschutzpolitik mit Verteuerung der Lebenshaltungskosten durch CO2-Steuer, Heizungsverbote, E-Auto-Förderung, Windkraftausbau und vieles andere.

Wegen der klimabedingt zu erwartenden enormen Freiheitseinbußen solle man lieber heute ein paar Einschränkungen freiwillig und klaglos hinnehmen –

also „Erbsenburger statt Hackfleischpatty, Fahrrad statt Auto, Zug statt Flugzeug, Wohnung statt Haus, Windrad statt Kohlebergbau“.

Solche Forderungen sind in der grünen Haute volée nichts Neues – wobei die einfachen Steuerzahler genau wissen, daß es gerade die grüne Haute volée ist, die sich nicht an so etwas hält. Selbst „einfache“ Klimakleber wie das Studentenpaar, das bei Stuttgart die Bundesstraße blockierte, flog danach für Monate nach Thailand.

Seine Forderung nach mehr „Erbsenburgern“ ist besonders aufschlußreich, denn sie zeigt, wie wenig sich der Autor überhaupt mit dem Thema befaßt hat: Würde man alles Rindfleisch in Hamburgern durch eiweißreiche Hülsenfrüchte ersetzen, würden die Anbaumengen in Deutschland und Nachbarstaaten nicht ausreichen – Ergebnis wäre verstärkter Anbau in Südamerika, für den ganz sicher riesige Waldflächen abgeholzt werden müßten. „Nicht von der Wand bis zur Tapete gedacht“, wie Vloggerin Carolin Matthié gern ätzt – und dieser rote Faden zieht sich durchs ganze Buch.

Auch zur Energieversorgung des Landes weiß der Autor nichts Realistisches beizutragen: Er behauptet regierungskonform,

die „wichtigste technische Regel der Klimakrise“ laute: Electrify everything! – elektrifiziere alles!

(Da denkt der geneigte Leser unwillkürlich an ein Lenin-Zitat…) Der Strom müsse natürlich „sauber“ sein, wofür auch Kernfusion oder „müllfreie“ Kernfission erlaubt sei, und „weltweit herrscht kein Mangel an Windkraft und Sonnenlicht“. Kein Wort über explodierende Strompreise und Grundlastfähigkeit oder doppelte Infrastruktur – der Mann hat schlicht keine Ahnung, oder will nichts über technische Grundlagen wissen.

Ähnlich fundiert ist die politische Argumentation Schaibles: Mehr Extremwetter etc. führe zu gestörten Lieferketten und damit Knappheit, was wiederum zu Revolten oder „Machtgewinn autoritärer Parteien“ führe – einen Vorgeschmack lieferten politisch-militärische Ereignisse, die mit dem Klima nichts zu tun haben: Coronapolitik, Ukraine-Krieg, syrischer Bürgerkrieg; letzterer habe via Massenimmigration zum Erstarken der AfD geführt. Eigentlich beschreibt er damit endlich einmal die Realität: Politischer Irrsinn der Machtelite in den jeweiligen Ländern, und nicht „das Klima“, führt zu den Problemen, die unsere Versorgung und damit unser politisches Gemeinwesen gefährden. Zu diesen Eliten gehört auch die Ampel-Regierung in Berlin, deren grünen Teil Schaible vermutlich besonders knorke findet. Es ist genau deren Inkompetenz und ideologische Verbohrtheit, die das Vertrauen der Bürger in die Politik und das System nachhaltig erschüttert.

Davon will der Autor aber nichts wissen und warnt stattdessen vor der AfD, den Regierungen in Budapest und Warschau, und natürlich vor Donald Trump, der durchaus der 45. und 47. Präsident der USA werden könnte. Daher weht also der Wind: Unter „Demokratie retten“ versteht Schaible den Kampf gegen die nicht-rotgrünen Kräfte in den westlichen Staaten, die andere Interessen vertreten als die der Corona- und Erneuerbare-Energien-Lobby. Das altbekannte Muster:

„Demokratie = unsere Politik“, „rechts und autoritär = die anderen“.

Auch wenn im Buch mehrfach betont wird, daß „Ökodiktatur keine Option“ sei, sagt Schaible doch in zahlreichen euphemistischen Formulierungen das Gegenteil:

„Die demokratische Prämisse, daß allein die freien, gleichen Bürger*innen (sic!) gemeinsam in einem geordneten Prozeß entscheiden, was gut und richtig ist, ist heute nicht mehr korrekt.“

Weil: Wir haben Notstand, Demokratie ist Luxus, da muß schnell durchregiert werden – die klassische Argumentation eines jeden autoritären Regimes.

Um das schnelle Durchregieren demokratisch aussehen zu lassen, empfiehlt der Autor à la „Letzte Generation“ Bürgerräte, die teils das Parlament ersetzen. Und Wahlrechtsreformen: „Gegen die Alten geht nichts“ in einer alternden Gesellschaft – daher böte sich die gezielte Privilegierung jüngerer Wähler an, weil diese die Klima-PR schon ihr ganzes Leben eingetrichtert bekamen. Auch schön gruselig: „Verfassungsvorbehalte“, also die Festschreibung der Klimaschützer-Interessen in den Konstitutionen; und „Personifizierung“ von Elementen der Natur (z.B. Gewässer), die dann Menschenrechte (?) bekämen – Klimaschützer und NGOs hätten damit noch mehr Rechte als einfache Bürger.

Fazit: Das Buch strotzt vor Unkenntnis der Physik, oder ignoriert absichtlich die auf dem Tisch liegende Kritik an CO2-Theorie und Klimaschutztechnologie. Dazu kommt noch eine Prise Realitäts- und Technologieverweigerung. Erstaunlich offen und in einer Art von religiösem Furor wird für eine Machtumverteilung zugunsten der selbsternannten Klimaschützer und deren Parteien und NGOs getrommelt. Echter Naturschutz kommt in Schaibles Gleichung hingegen nicht vor. Mark Twain würde sagen:

„Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich!“

Oder, wie EIKE es ausdrückt: Nicht das Klima ist bedroht – sondern unsere Freiheit!

Lesetipp: NGO-Interview mit Autor Schaible

Demokratie im Feuer: Warum wir die Freiheit nur bewahren, wenn wir das Klima retten – und umgekehrt – Ein SPIEGEL-Buch
Deutsche Verlags-Anstalt (29. März 2023)
Gebundene Ausgabe: ‎ 304 Seiten
ISBN-13 : ‎ 978-3421070142
Jonas Schaible, geboren 1989, ist Redakteur im SPIEGEL-Hauptstadtbüro. Er studierte Politik- und Medienwissenschaft in Tübingen und Berlin und absolvierte seine journalistische Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Er schreibt regelmäßig über die Klimaschutzbewegung und beobachtet Klimapolitik seit 2018. Für seinen Text »Wer von Ökodiktatur spricht, hat das Problem nicht verstanden« wurde er 2020 mit dem »Deutschen Reporterpreis« für den besten Essay ausgezeichnet.

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