Kanonenboot-Diplomatie
Nichts würden unsere Regierenden empörter von sich weisen, als eine Tendenz zu Imperialismus oder Kolonialismus. Und doch, dank blindem grünen Fanatismus, monistischer Weltsicht und totaler Ignoranz historischer Zusammenhänge, ergeben sich in der aktuellen Politik Parallelen zur Geschichte Deutschlands vor hundert Jahren
von Hans Hofmann-Reinecke
Der Feind heißt CO2
Die deutsche Kanonenboot-Diplomatie im ersten Weltkrieg war ein einziges Desaster. Der Kreuzer “Dresden” versenkte sich selbst im März 1915 vor der chilenischen Küste, in der Skagerrak-Schlacht an Dänemarks Nordspitze wurde der Stolz der kaiserlichen Marine vernichtet, und, wenn wir Humphrey Bogart glauben können, dann hat er mit seiner “African Queen” die Corvette “Königin Luise” im Tanganjika-See erledigt (früher Rudolfsee).
Ausgerechnet in diesen drei Regionen – Chile, Afrika und Dänemark – versucht die deutsche Regierung nun abermals, gut hundert Jahre später, mit einer neuen Strategie den Sieg zu erringen. Gekämpft wird diesmal nicht mit Kanonenbooten, sondern mit Windmühlen, statt Torpedos werden Milliarden an Steuergeldern verschossen, und der Feind heißt CO2.
Ist das nicht Wahnsinn?
Millionen Tonnen aus Dänemark
So wurde kürzlich mit Dänemark eine Vereinbarung über die Lieferung von “grünem” Wasserstoff an Deutschland unterzeichnet. Erzeugt werden soll die Ware mit Windmühlen, geliefert werden soll sie per Rohrpost, angestrebt wird ein Umfang von einer Million Tonnen pro Jahr. Ja, hier soll nicht gekleckert werden sondern geklotzt! Wie realistisch ist diese Zielsetzung? Ich schlage vor, wir schauen uns das mal an.
Windmühlen erzeugen Strom, mit dessen Hilfe man per Elektrolyse den begehrten Wasserstoff (H2) gewinnen kann. Pro Kilogramm (kg) H2 braucht man rund zehn Liter Wasser und 55 Kilowattstunden (kWh).
Die geplante Million Tonnen an H2 ist nichts anderes als eine Milliarde kg H2. Man bräuchte für die Elektrolyse nach Adam Riese also 55 Mrd. kWh pro Jahr. Kraftwerksfritzen würden hier von 55 Terawattstunden (TWh) sprechen. Ist das viel? Es ist rund die Hälfte der jährlich in Deutschland aus Windenergie erzeugten Elektrizität. Da müssten die Dänen dann für uns zehn bis zwanzigtausend Windmühlen hinstellen – die haben ja sonst nichts zu tun, und Platz haben sie auch – oder?
Kopenhagen ohne Trinkwasser?
Bräuchte man da sonst noch etwas? Allerdings: man bräuchte zehn Milliarden Liter Wasser, genauer gesagt Süßwasser. Das ist vielleicht so viel wie die Bürger Kopenhagens pro Jahr verbrauchen. Sollte man denen jetzt das Wasser abgraben? Die Deutschen würden sich das vielleicht gefallen lassen, aber die Dänen wohl kaum. Man betreibt die Elektrolyse deswegen mit Seewasser, denn da stehen die Mühlen ja sowieso mitten drin. Allerdings senkt das den Wirkungsgrad erheblich.
Und noch etwas nagt an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Man will den H2 ja per Rohr, à la Nordstream, nach Deutschland pusten, so mit etwa 1.000 km/h. Das kostet auch Energie. Es geht zwar auch langsamer, wenn man den H2 erst komprimiert, aber auch das kommt nicht zum Nulltarif. Anders gesagt, mit den erwähnten 55 TWh pro Jahr ist es nicht getan. Man bräuchte noch mehr Elektrizität! Das geht dann schon in Richtung Größenwahn – wie vor hundert Jahren.
Den eigenen Märchen Glauben schenken
Wie kann man sich auf solch ein unrealistisches Projekt überhaupt einlassen? Das kann passieren, wenn Kinderbuchautoren an die eigenen Märchen glauben, und wenn man ihnen Zugang zu Milliarden an Spielgeld gibt. Und wenn man sie mit Experten umgibt, deren Expertise darin besteht, das Richtige zu sagen, um weiterhin gut bezahlte Berateraufträge zu bekommen – um das zu erreichen darf man dann alles sagen, nur nicht die Wahrheit.
Stoppt denn niemand diesen Wahnsinn? Aber eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass die Ampel bei grünen Projekten auf Rot schaltet. Nach grünem Benzin aus Patagonien und nach grünem Ammoniak aus Namibia soll nun also grüner Wasserstoff aus Dänemark kommen. Auch diese Kanonenboot-Diplomatie wird scheitern, wie schon vor hundert Jahren; und vielleicht hatte ja auch damals jemand an seine eigenen Märchen geglaubt und niemand traute sich zu widersprechen.
Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.