Klima-Gesetz in BaWü: Schnellschuß mit gravierender Auswirkung auf Wirtschaft und Bürger
von Klaus Hellmuth Richardt, zuerst veröffentlicht in der EPOCH Times
Hochwasser wie im Ahrtal kann es auch in Baden-Württemberg geben. Obwohl sie sich im Zuge des „Klimawandels“ häufen sollen, taucht das Wort Hochwasser im neuen „Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz“ nicht einmal auf, dafür aber die Spesenregelung des neuen Expertenrats.
Im Ländle – neudeutsch „The Länd“ – ticken die Uhren etwas anders. Hat man in der Schule nach dem vierten oder fünften Jahr Englisch gern einmal „Denglisch“ versucht und sich nach der nächsten Arbeit wegen gravierende Fehler wieder abgewöhnt, ist das Staatsministerium Baden-Württemberg stolz darauf und wirbt auf seiner Website damit.
Außer diverser Sprachen kann man im Südwesten auch im Renntempo Gesetze machen. Das zeigt die Verabschiedung des neuen Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes vom 1.2.2023. Es wurde zweimal kurz im Umweltausschuss sowie in einer zweistündigen Anhörung besprochen und in zwei 40-minütigen Lesungen im Parlament behandelt, bevor es mit allen Stimmen der grün-schwarzen Regierung verabschiedet wurde.
Betrachtet man den Gesetzentwurf genauer, kommt man nicht umhin zu erkennen, daß es – ähnlich dem denglischen Hausaufsatz – handwerklich schlecht gemacht und undurchdacht ist.
Gesetz versucht Rettung der Welt
Mit dem Gesetz sollen Klimaschutz und die Anpassung an die „unvermeidbaren Folgen des Klimawandels“ fortentwickelt und die Vorgaben des BVerfG aus dessen Urteilen aus den Jahren 2021 und 2022 umgesetzt werden.
Im Gesetzeswortlaut laut Drucksache 17/4015 liegt der Fokus von vornherein auf menschengemachten Treibhausgasen beziehungsweise (§ 3) auf der CO₂- und Treibhausgas-Vermeidung, -Verringerung oder zumindest -Versenkung (Carbon Capture and Storage, CCS). Der deutsche Welt-CO2-Anteil 2021 betrug laut Statista 1,82 Prozent, ein Bruchteil im Vergleich zu China (30,9 Prozent), den USA (13,5 Prozent) und Indien (7,3 Prozent).
Zum einen sollen bei uns die natürlichen Kohlenstoffspeicher (§ 4: Moore, Wälder, Humus und Grünland) erhalten, geschützt und aufgebaut werden. Auf der anderen Seite sollen so weit wie möglich Windkraftwerke und Photovoltaik überall aufgestellt und die entsprechenden Flächen dafür freigemacht werden.
Die öffentliche Hand soll Vorbildfunktion übernehmen (§ 5). Zudem wird jede Person verpflichtet (§ 6), die Ziele des Gesetzes zu verfolgen und Bildungseinrichtungen sollen darüber aufklären. Der Zweck des Gesetzes ist bei Planungen und Entscheidungen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen (§ 7).
Bei der Planung von staatlichen Baumaßnahmen ist je Tonne CO₂ ein CO₂-Schattenpreis nach UBA (§ 8) anzusetzen, was die Verwendung von CO₂-freien Materialien oder Verfahren künstlich verbilligt, aber Bauten nochmals verteuert.
Spesenregelung für Sachverständigenrat
Das Gesetz (§ 10) will bis spätestens 2040 Treibhausgasneutralität erreichen, bis 2030 eine Minderung um 65 Prozent der Werte von 1990. Die entsprechenden Sektorziele sind in Anlage 1 des Gesetzes festgelegt.
Dazu sollen sich Privatunternehmen nach § 13 freiwillig ambitionierte Klimaschutzziele geben und dem Umweltministerium regelmäßig berichten. Landesunternehmen bekommen ihre Ziele vorgegeben.
Das Land führt zudem ein Klima-Maßnahmen-Register (§ 14) ein, das die erforderlichen Maßnahmen im Detail vorschreiben soll. Der Klima-Sachverständigenbeirat überprüft dies im jährlichen Rhythmus und schlägt in seiner Klimaberichterstattung Strategien zur Anpassung (§ 15) vor. Mittels Klimamonitoring (§ 16) werden die Maßnahmen regelmäßig überprüft und in den genannten Jahresbericht eingebracht.
Diesen Klima-Sachverständigenrat berief die Landesregierung (§ 17). Er umfasst sechs Mitglieder, die „formell unabhängig“ sein sollen und für fünf Jahre berufen werden. Ganz wichtig in § 17, Absatz (4): Aufwandsentschädigung, Reisekostenerstattung und Spesenregelung!
Die Erfahrungen dieses Sachverständigenbeirats beschränken sich jedoch nur auf Teilaspekte des Klimawandels: Anwendung erneuerbarer Energien und deren Speicherung, Klimawandelforschung, nachhaltige Mobilität, dezentrale Energiesysteme, Wärmemarkt und Gebäudesektor. Keiner von ihnen hat praktische Verantwortung für sichere Energieerzeugung eines Landes getragen oder zur Vorsorge gegen Umweltkatastrophen beigetragen.
Sachverständige für klimatische Teilprobleme beraten Laien
Gemeinden und Gemeindeverbände müssen nach § 18 den Energieverbrauch aller ihrer Liegenschaften erfassen und jährlich in einem Energiebericht aufführen, um Zielerreichung/ Einsparmöglichkeiten erkennen zu können.
Zur Beschleunigung des Ausbaus von Wind- und Solarkraft werden gemäß §§ 19, 20 und 21 Teilflächenziele für die einzelnen Regionen festgelegt mit 0,2 Prozent für Freiflächensolaranlagen und 1,8 Prozent für Windkraft (vgl. Gesetz, Anlage 2).
Etwas merkwürdig ist dabei die Formulierung in § 20, Absatz (1): „zur Umsetzung der Flächenbeitragswerte [werden] sowohl für den zum 31. Dezember 2027 als auch für den zum 31. Dezember 2032 zu erreichenden Wert 1,8 Prozent der jeweiligen Regionsfläche als verbindliche regionale Teilflächenziele […] festgelegt.“
Das heißt entweder, daß 2 x 1,8 = 3,6 Prozent der Landesfläche für die Windkraft geopfert werden – oder, dass bis Ende 2027 1,8 Prozent der Fläche mit Windkraftanlagen bebaut werden und in den Folgejahren kein weiterer Ausbau erfolgen soll. Beides klingt unwahrscheinlich. Zur Veranschaulichung der Windkraftpläne: 3,6 Prozent der Fläche Baden-Württembergs sind 1.287 km². Das entspricht einem Quadrat mit knapp 36 Kilometer Seitenlänge – oder mehr als der sechsfachen Fläche Stuttgarts.
Bestehende Windkraftanlagen (Kreise) in Baden-Württemberg. Bis zu 3,6 Prozent der Landesfläche (blaues Quadrat) sollen der Windkraft gewidmet werden. Das entspricht mehr als dem sechsfachen der Landeshauptstadt.
Bezogen auf die Landeshauptstadt selbst würde etwa die doppelte Fläche von Stuttgart-Mitte der Windkraft umgewidmet – oder das Naturschutzgebiet „Rotwildpark bei Stuttgart“. Selbst wenn nur die Hälfte gemeint ist, ist der Flächenverbrauch riesig:
In Stuttgart müsste knapp die doppelte Fläche der Stadtmitte für Windkraft herhalten – oder fast das gesamte Naturschutzgebiet im Westen der Stadt.
Zwangsmaßnahmen für den Klimaschutz
Zudem betont das Gesetz die generelle Bedeutung von Energieeinsparung, -effizienz, erneuerbarer Energie und des Verteilnetzausbaus (§ 22), um die Energie überallhin zu verteilen, einschließlich Laden von Elektrofahrzeugen. Bei Neubauten besteht gemäß § 23 die Pflicht zur Installation von Photovoltaik- und Solaranlagen, genauso wie bei grundlegender Dachsanierung. Landeseigene Gebäude müssen gemäß § 24 mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden, landeseigene Parkplätze teilweise mit Lademöglichkeiten versehen werden.
Neue offene Parkplätze abseits der Straße mit mehr als 35 Plätzen müssen mit Solarpaneelen ausgestattet werden. Befreiung von diesen Pflichten ist nur möglich, bei unverhältnismäßig hohem Aufwand. Landeseigene Verkehrsflächen sind gemäß § 25 mit Photovoltaik zu versehen, sofern Strombedarf besteht und der Verkehr nicht behindert wird.
Die kommunale Wärmeplanung (§ 27) soll bis 2040 für alle Gebäude die klimaneutrale Wärmeversorgung sicherstellen. Hierzu wird eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Gebäudetypen und Heizverfahren erstellt und danach ermittelt, mit welchen alternativen Methoden die klimaneutrale Wärmeversorgung sichergestellt werden kann. Der daraus resultierende Wärmeplan, zu erstellen bis 31.12.2023, bildet die Grundlage für eine energetische Gebäudesanierung und klimaneutrale Wärmeversorgung. Zudem erstellen die Gemeinden (§ 28) Klimamobilitätspläne für die Klimaschutzziele im Verkehr.
Schon heute sind Eigentümer von Gebäuden, die ihre Heizung erneuern oder modernisieren gemäß dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, das auch an das Klimaschutzgesetz angepasst wurde, verpflichtet, ihr Haus ganz oder teilweise wärmetechnisch zu ertüchtigen bzw. auf grün-anerkannte erneuerbare Energie (Photovoltaik, Wärmepumpen, Biomasse, Fernwärmeanschluss) umzustellen.
Mit anderen Worten: Verbraucht ein Straßenzug „zu viel“ Energie, werden alle Anwohner verpflichtet, eine neue Heizung zu installieren, auch wenn sie erst im Vorjahr modernisiert haben.
„Klimaschutz“ um jeden Preis
Im Anhang zum Gesetz werden weitere, mitgeltende Gesetze und Vorschriften angepasst, wobei die gravierendsten Änderungen in folgenden Vorschriften enthalten, sind:
- Der Gemeindeordnung, die durch Satzung der Gemeinde in nichtöffentlichen Gebäuden die Verwendung von umweltfreundlichen Heizungen oder Fernwärmeanschlüssen zwingend vorschreiben kann,
- Dem Denkmalschutzgesetz, dem Naturschutzgesetz, dem Landeswaldgesetz und dem Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz, bei denen Energieeinsparung und Nutzung Erneuerbarer Energien fast überall Vorrang eingeräumt wird,
- Dem Straßengesetz, bei dem Photovoltaikflächen überall neben der Straße angebracht werden dürfen, solange die Sicherheit und Barrierefreiheit für Behinderte nicht gefährdet ist.
Das Gesetz beschränkt sich auf die Einsparung von Energie und gasförmigen Schadstoffen aus Öl und Kohle. Die Verhinderung von übermäßiger Abwärme alternativer Prozesse (Fotovoltaik, Wasserstofferzeugung und -nutzung) spielt keine Rolle, genau wie die gesicherte Energieversorgung bei Dunkelflaute.
Ein Fernwärmeanschluss an Biomassekraftwerke ist technischer Nonsens, da sie jeweils nur über geringe Leistung verfügen. Im Gegensatz dazu erzeugt ein modernes Kohlekraftwerk ein Vielfaches an Strom und Wärme. Das der Energiewende zum Opfer gefallene Kraftwerk Moorburg in Hamburg würde reichen, um 1.650 MW Strom und Fernwärme für 65.000 Haushalte zu erzeugen. Das ist die zweifache Menge des zurzeit netztechnisch nicht lieferbaren Windstromes – bei einem Bruchteil der Kosten der Erneuerbaren. Der Netzausbau für schwankenden Windstrom kostet 120 Milliarden Euro, das einst modernste Kohlekraftwerk Hamburgs etwa drei.
Gesetz ohne „Klimawandelanpassung“
Mehr Windräder, mehr Photovoltaikpaneele, Zwangsanschluss von Privathäusern an noch zu bauende Wärmenetze und Umrüstung auf Wärmepumpen sind die einzigen, unkoordinierten Maßnahmen. Ein schrittweiser Masterplan, der die bisherige Energieversorgung erst dann ersetzt, wenn die neue funktioniert, existiert nicht, es gibt nur bundesweite Fahrpläne für Abschaltungen.
Grundwasserbildung soll gefördert werden, während die Landschaft für Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie deren Zuwegung zubetoniert wird. Kohlenstoffsenken sollen geschaffen werden, aber Wälder im Umfang des Großraumes Stuttgart werden abgeholzt. Flora und Fauna werden dauerhaft geschädigt durch verhinderte Sonneneinstrahlung und fehlende Zuführung von CO₂. Windräder bremsen den Wind und sorgen für Austrocknung, zusammen mit der Abstrahlung von technischen Flächen (Solarpaneelen, Straßen, Siedlungen […]) entstehen massive Wetterveränderungen.
Vorsorge vor Natur- und Flutkatastrophen wird im „Klimawandelanpassungsgesetz“ überhaupt nicht getroffen, obwohl es auch in Baden-Württemberg immer wieder bedeutende Überflutungen und Stürme gab. – Laut Wikipedia im Jahr 2021 in Tübingen, Reutlingen, Karlsbad, Remchingen, Distelhausen, BAB 6, Donaubahn, Lorch (Ostalb) und Biberbahn.
Was bleibt, ist ein Gesetz, von dem weder einzelne Maßnahmen noch seine Auswirkungen bekannt sind und das erst ein funktionierendes System abschafft, bevor Alternativen geschaffen werden. Es scheint wie ein Gesetz von und für die Zielgruppe der eingangs erwähnten Website, „für alle Träumer*innen, die sich ihre eigene Zukunft aufbauen wollen“.
Über den Autor
Dipl.-Ing. Klaus Hellmuth Richardt (Jahrgang 1951) war 38 Jahre an der Entwicklung, dem Vertrieb, dem Bau, dem Betrieb und der Modernisierung von Wasserkraft- und thermischen Kraftwerken beteiligt. Seine Arbeit umfasste Nuklear-, Kohle-, Öl-, Müll-, Gas-, Kombi- und Solaranlagen weltweit. Er veröffentlichte bisher zwei Bücher „Damit die Lichter weiter brennen“ und „Grüne Volkswirtschaft“.